Die Geschichte von Sittendorf

(in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt von Pater Dr.Augustinus Kurt Fenz)

                Und was ist mit der Kirche von Sittendorf? Ist tatsächlich der älteste Teil der Kirche der Turm? Geht er auf einen römischen Wachturm zurück? Handelt es sich bei den ersten Ursprüngen um eine Taufkapelle aus der Römerzeit oder wenigstens aus der karolingischen Epoche?

                Die Erstlingsnennung von Sittendorf [Sichendorf, Sickendorf, Sickindorf, Sighendorf, Sigchendorf, Sigkhendorff, Sikkendorf], Gerichtsbezirk Mödling, geschah 1114 in einem Klosterneuburger Codex. Der dort genannte "Rupertus de Sichendorf" ist mit dem gleichnamigen Nachbarzeugen der Heiligenkreuzer Gründungsurkunde - auch Stiftsbrief genannt - von 1136 identisch. Dieser Sichendorfer dürfte Nachfahre eines gleichnamigen babenbergischen Ministerialengeschlechtes sein, das schon im 11. Jh. in Sittendorf ansässig ist, vermutlich Rodungsherren im Gebiete der heutigen Orte Dornbach (Dornpach) - mit der wahrscheinlichen Erstlingsnennung des Ortes 1236 - und Grub linksseitig des Sattelbaches, auf dem sie ihre Meierhöfe zu Lindenhof, Frotzenberg, Traxelhof am Mödlingbach errichteten. Neben ihrem Herrschaftsgebiete - dem heutigen Pfarrgebiet Sittendorf und Dornbach - trugen sie das St. Johanns Kirchlein zu Sittendorf von den Landesfürsten zu Lehen.

 Rudger von Sickendorf tritt also 1114 als Zeuge auf, 1123 mit seinem Bruder Rudpert und einem Ansholm de Sickindorf, bei einer Seelgerätsstiftung ihres Bruders Bobpo, 1125 Rupert und Rudger mit ihrem Bruder Rudolf, 1133-35 bewidmet Rupert die neugegründete Zisterze Heiligenkreuz mit Besitz in Füllenberg und erscheint 1136 mit Rudger unter den Nachbarzeugen im Stiftbrief dieses Klosters. Somit ist Sittendorf in der Gründungsurkunde von Heiligenkreuz 1136 zweimal erwähnt: " ... contra medietatem montis, qui dicitur Keizeruche et abhinc per viam, qua vadit ad silvam attinentem ad villam, quae dicitur Sichendorf, abhinc ad locum, ubi oritur rivulus, qui appellatur Marchbach ... Rudegerus et frater eius Rupertus de Sigchendorf". - Sulz wird nicht genannt, es liegt außerhalb des ursprünglichen Gründungsgebietes. Die Gründung von Stift Heiligenkreuz erfolgte bereits 1133. - Ebenso wird in der Stiftungsurkunde der Dornbach genannt, was die Dornbacher erfreut!

Pater Friedrich Hlawatsch schreibt: "Die Gründungsurkunde gab Markgraf Leopold der Heilige vor dem 3. Juni 1136 hinaus, einige Monate vor seinem Todestag, der auf den 15. November desselben Jahres fiel, obschon eine zweifelnde Kritik das Ausstellungsjahr in ein späteres Jahrzehnt versetzt wissen will, ohne die gleichwohl sichere Tatsache des historischen Inhalts anzutasten - Die Urkunde lautet in deutscher Übersetzung, welche zum ersten Mal vollständig im Drucke erscheint, folgendermaßen:

Stiftungsurkunde

Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Allen Christgläubigen, den gegenwärtigen und zukünftigen, mehre sich Friede und Freude für und für! Auf daß die Werke der Fürsten und ihre Schenkungen den ehrwürdigen Stätten fest und unversehrt verbleiben, ist es angezeigt, sie urkundlich zu vermerken, ist es angezeigt, sie mit aller Vorsicht dem Gedächtnis der Nachkommen anzuvertrauen. Deshalb habe Ich L i u p o l d u s, von Gottesgnaden, Markgraf von Österreich in gegenwärtiger Urkunde niederlegen lassen, daß Ich auf Eingebung dessen, von dem alles Gute kommt, und auf Rat Meines lieben Sohnes Otto, der sich zu Morimund dem Zisterzienser-Orden angeschlossen hat, Brüder aus dem genannten Kloster Morimund berufen und ihnen an dem Orte, der bisher Sattelbach hieß, jetzt aber wegen des siegreichsten Zeichens unserer Erlösung zum heiligen Kreuze genannt wird, eine Stätte zur Niederlassung angewiesen habe.

Aus Freude an ihrem Ordensleben und in Vorsorge um ihre Bedürftigkeit habe Ich aus eigener Machtvollkommenheit unter Beistimmung und auf Bitten Unserer Ehegemahlin Agnes und Unserer Söhne Albert, Heinrich, Liupold und Ernest Gott und der seligen immerwährenden Jungfrau, Maria und den Brüdern, die sich im genannten Orte gesammelt haben oder sammeln werden, das ringsumliegende und Unserer Gerechtsame gehörige L a n d geschenkt mit Äckern, Wiesen, Weiden, Gewässern, Wäldern - ob bebaut oder unbebaut - mit den Grenzen, die Wir gegeben haben und die Wir hier zu verzeichnen für dienlich erachten. Es sind aber folgende:

Von dem Zusammenfluß des Sattelbachs und der Swechant bis Murlingen (Mayerling); von da in der Richtung des sogenannten Mühlenweges bis zum Priventan und auf demselben Weg, der durch den Priventan zieht, bis zum Ort, der Husruch (Hausruck) heißt, und von da wieder auf dem genannten; Weg bis zum Sattelbach und von da in gerader Richtung bis zu einer Anhöhe, die gewöhnlich Hoheche (Hocheck) heißt, und von da über ein Bächlein, das Dorinbach (Dornbach) genannt wird, auf die Schneide des Berges, der Keizeruche (Gaisruck) heißt, und von da auf dem Sichendorfer (Sittendorfer) Waldweg und von da bis zu der Stelle, wo ein Bächlein mit Namen Marchbach entspringt, von da auf dem Wege, der zum Draschirchner (Traiskirchner) Wege führt, bis zur Vereinigungsstelle und von da bis zu einer Quelle, die in einem Ort, namens Muchersdorf entspringt, und von da auf einen Berg, dessen Name Ebenberch ist, und von da auf den Weg (Moggergraben), der zum Sattelbach hinabführt, und flußabwärts bis zum Zusammenfluß mit der Swechant.

Wir wünschen, daß diese Unsere Schenkung und desselben Klosters Stiftung nicht nur Unserem Wohlsein und Frieden und Unserer Ruhe, sondern auch dem Heile und Seelenfrieden Unserer in Christo entschlafenen Eltern zum Nutzen gereichen, und hoffen, es werde Unserer Gebrechlichkeit bei der göttlichen Barmherzigkeit einigermaßen zuträglich sein, wenn Wir, da Wir selbst keine Frucht eines guten Werkes tun, wenigstens diejenigen, welche wahrhaft Gott Frucht bringen, von Unserer Habe stützen, wie die Ulme den Weinstock.

Damit jedoch das, was Wir getan haben, umso mehr bekräftigt und verbürgt werde, so sollen der gegenwärtigen Urkunde die Zeugen und Unser Siegel beigefügt werden.

Graf Chunradus de Pilstein (Peilstein), Otto de Lengenbach, Rapoto de Nezta (Nöstach), Sterfrit de Becelinesdorf (Pötzleinsdorf), Otto de Leusdorf (Leesdorf), Ulricus de Gadmen (Gaaden), Ulricus de Sigenvelde, Rudegerus und sein Bruder Rupertus de Sigchendorf (Sittendorf), Anshalmus de Sparwarsbach (Sparbach), Elbergerus de Adelahte (Alland), Hartungus de Ruhenegcke (Rauheneck), Jubort de Tribanswinchele (Tribuswinkel), Ozo und Otfridus de Murlingen, Hartwicus.

So geschehen im Jahre 1136 nach des Herrn Menschwerdung unter Lothars_ Regierung im achten (!) Jahre seines Königreiches, seines Kaisertums im dritten."

Die Präambel dieser Urkunde wendet sich an den dreifaltigen Gott. Welch ein majestätischer Anfang. Daraufhin folgt ein allgemeiner Segenswunsch und die Begründung für die Erstellung dieser Urkunde. Sie ist in sehr persönlichen Worten gehalten. So formuliert ein Heiliger! Auf Eingebung Gottes hin und auf den "Rat" seines Seligen Sohnes Otto, "aus Freude an ihrem Ordensleben und in Vorsorge um ihre Bedürftigkeit", "unter Beistimmung und auf Bitten" seiner Gemahlin Agnes und vier seiner Söhne "Gott und der seligen immerwährenden Jungfrau Maria und den Brüdern, die sich im genannten Orte gesammelt haben oder sammeln werden!" - Weitere Gründe für die Schenkung: das "Wohlsein", der "Friede" und die "Ruhe" des Stifters, "Heil und Seelenfrieden" seiner "in Christo entschlafenen Eltern"!

Noch etwas ist bemerkenswert: Nach der Unterzeichnung der Stiftungsurkunde folgte eine entsprechende Zeremonie_: "Daran schloß sich nun die Investitur des übereigneten Besitzes mit der üblichen Grenzbegehung. Diesen Rechtsakt, der in Gegenwart der im Stiftsbriefe angeführten Nachbarzeugen vollzogen wurde, dürfen wir ... in das Jahr 1135 verlegen." Somit ist der Heilige Leopold durch Sittendorf geritten, zumindest an den Grenzen in etwa Füllenberg - Sittendorf - Dornbach.

Wildegg, im Ortsgebiet von Sittendorf gelegen, Gerichtsbezirk Mödling ist eine der wenigen erhaltenen Ritterburgen des südöstlichen Wienerwaldes, steht auf einem braunroten Kalksteinfelsen, der weiße Einsprenkelungen aufweist, in einem versteckten Seitentale des oberen Mödlingbaches. Man findet auch folgende Angaben: "Die Burg steht auf braunroten Juraschichten (manche meinen, es sei Marmor), die in der Bewegung der Erdkruste nahezu senkrecht aufgerichtet wurden. Jura ist in der Erdgeschichte ein Zeitraum von etwas 30 Millionen Jahren, dessen Ende annähernd 120 Millionen Jahre zurückliegt. Unser Fels bildete sich im Jurameere aus Ablagerungen, in denen es Versteinerungen von Tintenfischarten und verwandten Tiere gibt."

Ersterwähnung von Wildegg

Leopold, der Herzog Österreichs von Gottes Gnaden. Allen Christgläubigen sowohl der gegenwärtigen als auch der zukünftigen Generationen Friede und Freude in alle Ewigkeit. Wer sich für ein religiöses Leben entscheidet und in abgeschiedener Stille Gott dienen will, muß unter den besonderen Fürst der Fürsten gestellt werden, damit niemand zu Unrecht ihre Besitzungen wegnimmt oder durch irgendwelche Störungen die Kraft des Glaubens schwächt. Das ist der Grund, weshalb wir, Leopold, der Herzog von Österreich, in Übereinstimmung mit göttlicher Milde, indem wir dem gegenwärtigen Nutzen der Brüder, die im Kloster Heiligenkreuz Gott dienen, Rechnung tragen und für zukünftige Notwendigkeiten Vorsorge treffen, beschlossen haben, mit dieser unserer Unterschrift sowohl für die jetzige Generation als auch für die späteren Nachkommen bekanntzumachen, daß wir ihr Gut namens Rohreck, daß ihnen zu Unrecht von einem unserer Ministerialen entzogen wurde, frei und unentgeltlich zurückgegeben haben, wobei niemand darauf ein Anrecht hat, dagegen Einspruch zu erheben oder es zu besitzen. Wir verbieten also mit der vorliegenden Erklärung, daß irgendein Mensch an demselben Ort die Möglichkeit hat, eine Feste zu errichten, den Wald zu roden oder in irgendeiner Weise die obengenannten Brüder zu stören, und wir erlassen, daß es überhaupt niemandem erlaubt ist, das oben genannte Gut zu verkaufen, zu verändern oder in irgendeiner anderen Art dem Kloster Heiligenkreuz zu entwenden. Damit das oben genannte Gut auf dem ehrwürdigen Platze für alle Zeiten unveränderlich und unangetastet bleibe, beschreiben wir seine Grenzen, nennen die Zeugen und unterschreiben mit unserem Siegel. Das sind die Grenzen: Über den Anstieg des Weges, der allgemein Rohrwech genannt wird, bis zum Pfad, der aus Wildekk kommt und zum Pfad führt, der aus Lupa_ kommt und über denselben Weg nach Sulz und über den Abhang des Ufer, das Medelich genannt wird bis zum oben genannten Weg, den wir Rohrwech genannt haben. Die Zeugen dafür sind: ... Datiert im Jahre des Herrn 1188, am 31. Mai in Mautern unter dem Kaiser Friedrich,_ Glück und Heil, amen.

Die Erstlingsnennung von Wildegg ist mit Walther de Wildekke vom 18. III. 1187 in einer Babenbergerurkunde für die nahe Zisterze Heiligenkreuz gegeben._ Darüber hinaus ist dieser Walther zweifellos identisch mit jenem Walterus de Sichendorf (Sittendorf) der ca. 1166 bei der Schenkung Siegenfelds an Heiligenkreuz mit seinem Bruder Hartmidus als Zeuge auftritt. Die Wildegger nannten sich demnach vor der Erbauung Wildeggs nach dem nahen Sickendorf. Ob ihr ursprünglicher Sitz in diesem Ort oder auf dem sogenannten Hausberg nordöstlich von Wildegg gestanden hat, ist unbekannt. Walther von Sikkendorf, sein Bruder Rudpert findet sich 1170 und mit Datum 31. III. 1177 im Traditionskodex von Klosterneuburg. Dort ist auch die Generation vor ihnen frühzeitig faßbar. Die Stiftungen des Geschlechts an Klosterneuburg zu Ricendorf bei Himberg und Pfaffstetten lassen auf Besitz in der Wiener Ebene schließen.

Nach Walther von Wildegg ist mit Jänner 1195 in der Pfafferrichtungsurkunde von Sparbach Rutpert, zur familia domini ducis (Herzog Friedrichs I) gehörig faßbar. 1209, 1215, 1232 ist in Babenberger Urkunden als einziger Inhaber der Burg "Chunradus de Wildekke" genannt. Er findet sich auch 1240 in einer Urkunde Wichards von Arnstein für das Kloster Lambach._ 1246 scheint er bereits gestorben zu sein, denn in der Seelgerätsstiftung seiner Tochter Diemud für Zwettl, tritt nur mehr deren Mutter Gertrud handelnd auf. Dieser Chunradus de Wildekke erhielt im Kreuzgang zu Heiligenkreuz seine Grablage; sein Grabstein ist noch erhalten. Mit ihm stirbt die männliche Linie der Sichendorfer-Wildegger aus._

Durch die Doppelheirat seiner Töchter Elisabeth und Gertrud mit den Brüdern Rapoto und Wulfing von Altenburg-Feste zwischen Wilhelmsburg und Lilienfeld - kam Wildegg an die Altenburger, die sich in der Folgezeit nach beiden Sitzen nannten. Nach Hertneid 1340 von Altenburg-Wildegg kam die Feste an Leutold Vensel, dem "alten Forstmeister Österreichs" aus dem Geschlecht der Alachter (Allander), von seinem jung verstorbenen Sohn Leutlin 1362 auf die Verwandten Neuhauser, die Gebrüder Eberhart, Alber, Thoman und Michael. Über Pankraz Neuhauser und dessen Bruder Gilg geht der Besitz an die Töchter des ersteren Walpurg, Giburg und Barbara über. 1455 kommen die Besitzanteile der zwei letzten an Ulrich Eybesbrunner, Kastellan zu Araburg, dem Gemahl der Walpurg und dann in der Folge an deren Sohn Lambrecht Eybesbrunner. 1465 erscheint Andre Greisenecker Wildegg belehnt. 1479 der tschechische Söldnerführer Holubar. Dieser verkaufte am 9. VII. 1486 die Feste Wildegg an Achaz von Neideck. Dadurch kam Wildegg an ein einflußreiches landsässiges Geschlecht, das zwei Jahrhunderte dort saß, die Burg in ein Renaissance-Schloß umgestaltete und einer Blütezeit entgegenführte. Otto von Neideck 1545, Servatius von Neideck und Rastenburg 1568 waren Hofkammerat, Wilhelm von Neideck, Truchseß des Erzherzog Mathias, 1610-1616 Ritterstandesverordneter der niederösterreichischen Landschaft. Ehrenreich Ferdinand von Neideck erlangte 1659 den Freiherrenstand.

Ab Mitte des 16. Jh. gehören die Neidecker zu den eifrigsten Anhängern Luthers. Ab 1579 führte Klara, Wittib nach dem verstorbenen Ulrich von Neideck-Wildegg mit Abt Ulrich Müller von Heiligenkreuz einen erbitterten Kampf um die Kirche in Sittendorf, die bis 1623 im Besitze der Augsburger Konfessionen blieb; immerhin 44 Jahre. Dazu findet sich folgende interessante Notiz: "Vor 1529 sind Veit Steinbeck als Pfarrer und sein Kaplan namens Michael als Seelsorger in Alland bezeugt. Nach Aussage alter Männer des Ortes Alland vom 7. November 1580 sei ‘vor dem Türkenzug (1529) ein Pfarrer in Alland gewesen, der hat Herr Veit Steinbeck geheißen, der hat einen Caplan gehabt. Die haben die auswärtigen Kirchen besungen. Caplan Michael ist im Türkenkrieg auf dem Rehfelde <die Flur gegen Heiligenkreuzer Höhe> erschlagen worden. Als auswärtige Kirchen der Pfarre Alland bezeichnet Jakob Hitz, Pfarrer in Niedersulz, vorher Pfarrer von Alland, am 22. Juli 1579 folgende Gotteshäuser in der Waldmark: Sanct Joannes Babiste zu Sichendorf, Sanct Niclaskhirchen zu Sparbach, Raisenmarkt bei Sanct Jakob, Sanct Gilgen zu Schwarzensee, Sanct Lorenzen zu Meidling_, Sanct Ulrich zu Sigenfeld. Diese Kirchen, die im ausgehenden Mittelalter teils eigene Pfarrer und Pfarrhöfe_ hatten, wurden infolge des Priestermangels, verursacht durch das vom Reiche hereinflutende Luthertum, nunmehr von den Seelsorgern in Alland, der Urpfarre, providiert_, von Weltpriestern, bis schließlich das spärlich mit Mönchen versehene Kloster Heiligenkreuz vom Stifte aus diese Kirchen providieren mußte."_

Der Streit brach im Jahre 1626 mit Maximiliana, Wittib nach verstorbenen Hans Ehrenreich von Neideck abermals los. Abt Christoph Schäfer sagt von ihr, sie habe ihm geschrieben mit "einer spitzen Feder und einem scharfen Züngl"! - Auffällig ist, daß sowohl Klara wie auch Maximiliana Witwen waren und als solche genügend Zeit hatten, einen Streit auszufechten. - Nach Übernahme der Kirche zu Sittendorf durch Heiligenkreuz hielt der evangelische Praedikant seine Predigten in der Schloßkapelle zu Wildegg, das bis zum Übertritt Ferdinand Raimunds von Neideck nach 1650 Sitz des Krypto-Protestantismus blieb. Dieser, schon in schlechtem finanziellem Zustand, erlebte im Juli 1683 die Katastrophe des Türkenkrieges. Die Tataren schlossen die wasserlose Burg ein, versprachen den verschanzten Bauern freien Abzug, bewirteten sie nach der Kapitulation auf dem Schloßanger, metzelten sie aber während des Essens nieder. Ferdinand Raimund außer Stande die vollständig ruinierte, niedergebrannte Herrschaft aufzubauen, verkaufte dieselbe um 26.000 fl an Abt Klemens Scheffer am 1. Feber 1686. Gedrängt wurde dieser dazu von Kaiser Leopold I., der den Wildeggschen Wildbann - eine autochtone Insel im kaiserlichen Wald - für sich haben wollte. Abt Scheffer baute in den folgenden Jahren Burg Wildegg mit den Dörfern Sittendorf, Dornbach wieder auf und besiedelte dieselben. Seit 1686-1776 verwalteten Zisterzienserpatres Burg und Herrschaft. 1836 wurde diese Sitz eines stiftlichen Försters, in der Gegenwart ist die malerische Wienerwaldburg Jugendburg der Erzdiözese Wien.

 

Ein Überblick aus 1834 - mit Ergänzungen

 Amüsant zu lesen ist, was bereits 1834 Malachias Koll über Sittendorf schreibt:

"Sittendorf. Ein Dorf, eine halbe Stunde nördlich von Heiligenkreuz, und eine Stunde westlich von Gaden und Sparbach, in einem angenehmen Thale, welches der Medlingerbach durchfließt. Schon im Jahre 1114 kommt im Klosterneuburger = Saalbuche ein Rudiger, und im Jahre 1117 ein Anshalm von Sickendorf vor. Im Jahre 1124 gaben Rupert und Rudinger von Sickendorf dem Stifte Klosterneuburg einen Unterthan. Im Jahre 1136 erscheinen Rudger und Rupert von Sighendorf als Zeugen im Stiftsbriefe von Heiligenkreuz.

Im Jahre 1157 schenkte Rudger von Sighendorf diesem Stifte für seine Grabesstätte daselbst das Gut Vulchenberg. Im Jahre 1163 machte Walther von Sickendorf mit dem Stifte Klosterneuburg einen Tausch in Hinsicht eines Unterthans, wobei sein Bruder Rupert als Zeuge vorkommt. Dieselben kommen auch noch im Jahre 1171 vor; mit ihnen scheint aber ihr Geschlecht ausgestorben zu seyn, und ihr Besitzthum theils an die benachbarten Herren von Wildeck, theils an das Stift Heiligenkreuz gekommen zu seyn. So viel ist gewiß, daß lange Zeit die Herren von Wildeck den Theil von Sittendorf besassen, der jenseits des Baches näher beim Schloß Wildeck liegt; dießseits des Baches, was in der Nähe der Kirche liegt, nahm das Stift Heiligenkreuz als Pfarrlehen in Besitz, hatte aber deswegen mit den Herren von Wildeck viele Streitigkeiten.

Sittendorf scheint übrigens schon früh eine eigene Pfarre gewesen zu seyn, obschon wir ihren Ursprung, die Zahl und Namen der Pfarren nicht kennen. Gewiß ist es, daß schon im Jahre 1381 hier ein eigener Pfarrer war, welchem Johann, Bischof von Passau, den Auftrag gab, einen Stiftspriester von Heiligenkreuz, Nikolaus von Weitra, in der Pfarre Alland zu installiren._ Als später die Herren von Neudeck als Besitzer von Wildeck, der protestantischen Religion zugethan waren, nahmen sie die Kirche zu Sittendorf für den protestantischen Gottesdienst in Besitz, wählten daselbst ihre Familiengruft, und ließen sogar einen protestantischen Pastor kommen, ungeachtet aller Gegenbemühungen und Vorstellungen der Aebte von Heiligenkreuz. Im Jahre 1651 erhielt durch landesfürstliche Verwendung der Abt Michael II. die Pfarre Sittendorf, sammt den dazu gehörigen Einkünften, die nicht unbeträchtlich waren, indem viele Grundstücke und ein eigenes Grundbuch sammt Zehend dazu gehörten. Von nun an wurde diese Pfarre misionsweise von Heiligenkreuz aus versehen, auch nachdem der Abt Klemens im Jahre 1686 das Gut Wildeck erkauft hatte. Im Jahre 1783 wurde endlich ein eigenes Schulhaus, und ein neuer Pfarrhof erbaut, von welchem so wie von dem angränzenden Berge, die schwarze Lacke genannt, man den schönsten Fernsichten genießen kann. Die Gemeinde Sparbach ist hierher eingeschult. In der Pfarrkirche des heiligen Johann des Täufers ist der Hochaltar nach Aufhebung der Jesuiten von der Ober = Jesuiten zu Wien hierher gekommen, und laut der Authentik im Portatil von Johann Abt zu den Schotten und Bischof zu Germanopolis, Weihbischofe zu Wien, im Jahr 1635 geweihet worden; darin ist Christian Wilhelm Markgraf von Brandenburg und Herzog von Preußen, eigenhändig als Zeuge unterschrieben; auch ist sein eigenes Siegel beigedruckt. Am Seitenaltare ist ein von Blei gegossenes großes Kruzifix merkwürdig, weil dasselbe vom berühmten Donner verfertigt wurde_. Der Leichenhof, der früher rings um die Kirche war, wurde im Jahre 1831 auf eine Anhöhe an der Straße nach Sparbach verlegt, und vom Herrn Stiftsabte, Franz Xaver, eingeweiht. Nach dem Schematismus der Wiener = Erzdiözese vom Jahre 1833 ist die Seelenzahl 405. Die Bewohner, die alle katholischer Religion sind, nähren sich vom Verkauf von Holz, Ackerbau, Viehzucht und Tagelohn.

Zur Pfarre gehören folgende Ortschaften:

1. Sittendorf mit 34 Häusern und 250 Bewohnern, dann einer Kirche, Pfarrhof, Schulhaus, Mühle und herrschaftlichem Gasthause.

2. Durnbach, gewöhnlich Dornbach, ein Dorf in einem freundlichen Thale an dem Durrabache, von welchem schon im Jahre 1002 in einer Schenkungs = Urkunde des Kaiser Heinrich II. an den Markgrafen Heinrich I. Erwähnung geschieht._ Das Dorf entstand später, und gehörte von jeher zur Herrschaft Wildeck. Es liegt eine halbe Stunde westlich von Sittendorf, und hat eine kleine Kapelle des heiligen Leonhard._

3. Rohrberg mit 4 Häusern, einer Mühle, und 25 Bewohnern, zwischen Sittendorf und Sulz. Der Herzog Leopold VI. schenkte im Jahre 1188 diesen Ort unter dem Namen Rohreck dem Stifte Heiligenkreuz, welches ununterbrochen in dessen Besitze verblieb.

4. Neuweg mit 4 Häusern, wovon 2 jenseits des hier entspringenden Sparbaches nach Johannstein, Sparbach, und 2 diesseits nach Wildeck unterthänig sind. Von der Brandwiese in der Nähe dieses Ortes kann man eine der schönsten Fernsichten genießen.

5. Wildeck, ein zwar in gutem bewohnbarem Stande befindliches aber unbewohntes Schloß auf einem isolierten Felsen von rothem Marmor sehr romantisch gelegen, mit der daneben stehenden Wohnung des herrschaftlichen Försters, und einem Meierhofe unten im Thale, mit 12 Bewohnern; eine Viertelstunde nördlich von Sittendorf. Dieses Schloßes geschieht zuerst Erwähnung im Jahre 1188 in der Schenkung von Rohrberg. Im Jahre 1283 kommen Rapoto und Otto von Wildeck als Söhne des Rapoto von Altenburg vor. Im Jahre 1261 in einem Schenkungsbriefe an das Stift Heiligenkreuz liest man einen Rapoto und Wulfing von Wildeck mit ihrer Schwester Gertrud. Im Jahres 1283 schenkte Wulfing von Wildeck dem Stifte Heiligenkreuz ein halbes Talent und 30 Denar jährlicher Einkünfte in Birtzen und Vlachau, für eine Begräb nisstätte im Stifte für sich und seine Gemahlin Gertrud. Konrad von Wildeck schenkte dem Stifte die Stampfmühle und die Schullermühle bei Medling im Jahre 1343; er ist der Vater des Leuthold von Wildeck, und liegt im Kreuzgange zu Heiligenkreuz begraben, unter einem Steine, der die Aufschrift hat: + 14. Calendas May obiit Chunradus de Wildecke. Ein Rapoto von Wildeck schenkte dem Stifte den Wald Gaisruck. Im Jahre 1299 kommt ein Dietrich und 1324 ein Hertneid von Wildeck vor. In eben diesem Jahre schenkte Adelheid von Wildeck dem Stifte ein halbes Talent jährlicher Einkünfte in Maustrenck. Im Jahre 1375 verkaufte Michael von Wildeck an den Abt Kolomann I. Von Heiligenkreuz ein Haus in Traiskirchen. Im Jahre 1390 schenkte Michael von Wildeck dem Stifte Heiligenkreuz 6 Talente und 30 Denar jährlicher Einkünfte zu Traiskirchen. Im Jahre 1393 kommen noch ein Peter und Georg und im Jahre 1431 ein Peter von Wildeck vor; dann scheint dieses Geschlecht erloschen zu seyn. Das Stammschloß Wildeck kam aber schon früher an andere Besitzer; schon im Jahre 1391 kommt Achaz von Neudeck als Besitzer von Wildeck vor. Im Jahre 1426 wurde Johann von Neudeck im Stifte Heiligenkreuz begraben, laut einer noch daselbst im Kreuzgange_ vorhandenen Grabschrift. Dieser war mit seinem Bruder Melchior von Neudeck, welcher Bischof von Trident war, ein großer Gönner und Wohlthäter des Stiftes. Im Jahre 1497 hatte Wilhelm Achamb mit seiner Hausfrau Marusch oder Margareth die Veste Wildeck vom Römischen Könige Maximilian zu Lehen empfangen. Später kamen die Herren von Neudeck wieder zum Besitze von Wildeck. Ruland von Neudeck trat zur protestantischen Religion über; wann aber seine Nachfolger wieder zur katholischen Religion zurückgekehrt seyn, ist unbekannt. In der Familiengruft zu Sittendorf liegen folgende begraben_: 1. Maximilian + 1594. 2. Erich_ + 1602. 3. Johann Adam + 1622. 4. Erich Ferdinand + 1648. 5. Franz Reichard + 1661. 6. Erich Ferdinand + 1663. 7. Karl Achilles + 1664. 8. Maria Salome + 1673. 9. Franz Erich Julius + 1679. 10. Johann Ludwig_ + 1680. Im Jahre 1683 wurde das Schloß von den Türken verbrannt; im Jahre 1686 kaufte dieses Gut Abt Klemens für das Stift Heiligenkreuz, welches dasselbe noch bis jetzt besitzt; gänzlich vereinigt mit der Herrschaft Heiligenkreuz."

Somit ist verständlich, daß in der kleinen Gruft unter dem jetzigen Kircheneingang nur 10 Bestattungen möglich waren. In der älteren Bevölkerung von Sittendorf ist noch der sogenannte Lutheranerkogel bekannt, dessen Name leider bisher noch nicht ins Flurverzeichnis aufgenommen wurde. Er liegt, wenn man Sittendorf in Richtung Sulz verläßt beim letzten Haus rechter Hand hinauf, dort etwa wo das neue Forsthaus des Stiftes Heiligenkreuz erbaut ist. Auf diesem Lutheranerkogel haben die protestantischen Wildegger ihre Toten begraben, und zwar in den Jahren 1623-1650. Das kam folgendermaßen: Die Neudecker wurden protestantisch und versuchten auch den Ort Sittendorf protestantisch zu machen. Besonders heftig wurde der Kampf zwischen der Besitzerin Klara von Neudeck und dem Abt Ullrich II von Heiligenkreuz (1558 - 1584) um das Jahr 1579. Der Streit ging um die Kirche: ist diese Pfarrkirche und daher Eigentum der Grundherrschaft Wildegg oder Filialkirche von Alland? Weder Frau Klara noch Abt Ullrich erlebten das Ende des Streites. Am 17. Dezember 1623 befahl der Kaiser, die Kirchenschlüssel dem Stift Heiligenkreuz auszuliefern. Die Protestanten wurden von nun an nicht mehr auf dem Friedhof um die Kirche, sondern auf dem sogenannten Lutheranerkogel an der Straße nach Wildegg begraben. - Möglicherweise ist das wie folgt geschehen: Einerseits ließen die protestantischen Neudecker die katholische Bevölkerung nicht in die Kirche, anderseits ließ die katholische Bevölkerung die Protestanten nicht auf dem Friedhof, der um die Kirche damals war, begraben. - Im Jahre 1650 kehrten die Neudecker zum katholischen Glauben zurück. Der lutherische Friedhof verfiel allmählich.

In diesem historischen Überblick bei Koll Seite 194 interessiert die Erwähnung: "Im Jahre 1426 wurde Johann von Neudeck im Stifte Heiligenkreuz begraben, laut einer noch daselbst im Kreuzgange vorhandenen Grabschrift. Dieser war mit seinem Bruder Melchior von Neudeck, welcher Bischof von Trident war, ein großer Gönner und Wohlthäter des Stiftes." Damit ist aus unserer Pfarre auch ein Bischof hervorgegangen, der seine Kindheit und frühe Jugend auf Schloß Wildegg verbracht hat. Der Schreiber dieser Zeilen hat bereits die Initiative ergriffen, diese Angaben historisch überprüfen zu lassen.

 

Ein Überblick aus 1933 - mit Ergänzungen

1933 wird unter der Überschrift "Auf den Brandspuren Ibrahims von Milasa" berichtet_: "Was außen an dem Schloß jedem, der es zum erstenmal sieht, auffällt, das sind die Brandspuren über den Fenstern, die von Stunden eines gräßlichen Geschehens reden, das sich begab, als die mordlustigen Horden des Scheichs Ibrahim von Milasa den Wienerwald durchstreiften und auch das damalige Jagdschloß Wildegg brachen ... Die Äbte von Heiligenkreuz, die Wildegg nach der Brandschatzung durch die Tataren wieder aufbauten, taten dies mit notgedrungener Sparsamkeit und ließen es allem Anschein nach Genügen sein, die Rußfahnen über den ausgebrannten Fenstern zu übertünchen, anstatt den Mörtel vorher herunter zu schlagen und frisch anzuwerfen. Die Folge war, daß die Feuerspuren in rosaroter Farbe sich wieder hindurchfraßen und heute ein unheimliches Wahrzeichen bilden, das dem Unkundigen vortäuscht, hier hätte vor nicht allzu langer Frist erst ein Brand gewütet."

Bemerkenswert ist die Notiz: "Solange die geistlichen Verwalter auf dem Schlosse wohnten, wurde in dieser Kapelle täglich eine Messe gelesen." Der Südostturm des Schlosses Wildegg trug eine Glocke, die 1836 die Sittendorfer für ihre Pfarrkirche erhielten, als ihnen eine Glocke im Kirchturm zersprungen war.

Immer wieder wird von unterirdischen Gängen gesprochen: "Donin glaubt nicht an diese unterirdischen Gänge und verweist alles, was darüber erzählt wird, ins Reich der Fabel." - Zur Mär über die spukende "weiße Frau" ist zu lesen: "In dem Turmzimmer, in dem medial veranlagte Personen die weiße Frau gesehen haben wollen, übernachtete einmal im vergangenen Jahrhundert ein großer Österreicher, das war Josef Schöffel, der Retter des Wienerwaldes. Er war von dem damaligen Förster Korab eingeladen worden, der ihm in Aussicht stellte, um Mitternacht werde ihm bestimmt ein Geist erscheinen. Er, Korab, habe diesen Geist schon einige Male leibhaftig geschaut. Doch Schöffel schlief ruhig oder richtiger, er schlief eigentlich nicht. Aber daran trug nicht die Geistererzählung des Försters schuld, sondern dessen steinharte Knödel, die ihm der Biedere am Abend zuvor vorgesetzt hatte. ‘Seine Geister haben mich nicht gestört, aber dafür können einem seine Knödel gründlich den Schlaf verscheuchen,’ begrüßte der starkgeistige Mann am nächsten Tag in der Frühe den abergläubischen Förster."

Zur Baugeschichte von Wildegg wird vermerkt: "Die Steine sind dieselben, aus denen die altehrwürdige Stiftskirche von Heiligenkreuz errichtet ist und rühren auch aus dem gleichen Steinbruch in Siegenfeld her." Ob man dies auch von der Pfarrkirche Sittendorf sagen darf?

"Von der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts an lösen sich verschiedene Namen im Besitz von Wildegg ab. Ihr bedeutendster ist Jan Holubarsch, der berüchtigte und gehaßte tschechische Bandenführer, der während der Bruderfehden im Hause Habsburg unter Kaiser Friedrich III. wiederholt in der fürchterlichsten Weise das Marchfeld heimsuchte. 1475 eroberte er das feste Perchtoldsdorf, dann heiratete er die Tochter des liechtensteinschen Pflegers Liechtenhofer, die anscheinend eine merkwürdige Wandlung mit dem kriegerischen Räuber vollbrachte. Der wilde Holubarsch beschließt seine Tage in Prag als friedlicher Gutsherr, dem übrigens auch die Burg Mödling eine Zeit lang gehörte. Wildegg hatte er noch längere Zeit vor seinem Ableben an einem Achaz von Neudeck verkauft." - Die wunderbare Bezähmung eines heißblütigen Haudegens durch eine raffinierte Frau!

"Die Herrschaft der Neudecker, die an der Schwelle der Neuzeit Wildegg bezog, hatte studierte Vertreter, welche die hohen Schulen von Padua, Siena und Bologna besuchten und aus Italien den neuen Kunstgeist in die rauhe Heimat mitbrachten."

                "Wir kommen in die Zeit der großen Glaubenszerklüftung in deutschen Landen. Die adeligen Landstände schlagen sich auf die Seite der neuen Lehre und beziehen lutherische Prediger aus Deutschland. Nach dem Grundsatz: ‘cuius regio, eius religio’, der im Edikte Kaiser Maximilians II. im Jahre 1571 ausgesprochen wurde, mußte das erbuntertänige Volk den Glaubenswechsel seiner Vögte und der adeligen Junker mitmachen. Auf diese Weise kam es, daß um die Wende des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts achtzig Prozent der Bevölkerung von Niederösterreich Protestanten waren. Die Neudecker dürften schon in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts zum Lutherthum übergetreten sein und rechnen in der Folgezeit zu dessen intransigentesten Anhängern. Die unmittelbare Nachbarschaft des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz mußte bei diesem Zustand zwangsläufig zu Reibereien führen, die auch pünktlich eintrafen. Die Waldbauern von Sittendorf und Umgebung, die am Glauben der Väter festhielten, standen in diesem Streit nicht zur Herrschaft, sondern zu ihrem Pfarrer Stindl.

                Am 24. Juni 1579 ereignete sich nun ein folgenschwerer Zwischenfall in der Sittendorfer Kirche. Vernehmen wir darüber das Zeugnis der Schloßherrin, die noch am gleichen Tage an den Abt von Heiligenkreuz Beschwerde führte:

                ‘Ehrwürdiger, der gebier nach lieber Herr Nachbar! Ich geb dem Herrn zu vernehmen, daß desselben Pfarrer zu Allandt sambt des Herrn Conventleiten sy in abwesen mein ungefordert in mein und meiner erben aigenthümliche khirchen zu Sickhendorf einzudringen entstanden. Da man sie nun bespricht, haben sie stetliche Antwort geben, sy hätten gesungen, meine leith sollen pfeifen. Und alß heunt da Ich mit meinen und andern in der khirchen bin, und der Predicant das Te Deum laudamus singt, so khumen sie ungestümb mit gwerten hennden der Pfarrer von Allandt selbst vierter in die khirchen und eilends zu dem Predicanten, Im vom Altar wegzugehen angefaren, und einen mit einer Putten, was er darin tragen ist mir ungewiß, haissen hinzukhummen, und ein junger Munch hat von dem Altar, davor der Predicant gestanden, das Altartuech und Puecher wollen weckh thain ... etz. etz.’

                Die resolute Schloßfrau, Klara hieß sie, hatte vergessen, daß Pfarrer Stindl im Recht war. Der Predicant sang gewiß nicht das Te Deum, das die evangelische Liturgie doch nicht kennt, sondern einen deutschen Psalm. Und dann hätte der Sittendorfer Pfarrer mit seinen drei ihn begleitenden Bauern gegen das dreißig Mann starke Gefolge der Klara von Neudeck mit Gewalt schwerlich etwas ausgerichtet, worauf er auch hinweist. Der Zwischenfall trug den Charakter einer Demonstration gegen die von der Schloßfrau vollzogene Enteignung seiner Kirche und der Pfarrer verfolgte mit ihr augenscheinlich den Zweck, dem Predicanten vor er Öffentlichkeit seine Meinung zu sagen, was er auch mit den lakonischen Worten tat: ‘Wer hat euch hergebracht, seid ihr Pfarrer da oder ich?’

                Der nun anhebende unfreundliche Briefwechsel zwischen der ‘Hartnäckigen Weibsperson’, wie Abt Ulrich II. Klara von Neudeck nennt, und dem Stift dauert über ein Menschenalter. Erst 1623 endigte dieser glücklicherweise nicht blutig, sondern auf dem Papier geführte Religionskrieg damit, daß über kaiserlichen Befehl die Kirchenschlüssel dem Stifte Heiligenkreuz ausgefolgt werden mußten. Eine andere streitbare Wildeggerin, Freifrau Maximiliana, grub die Kriegsaxt ihrer Ahnherrin wieder aus, das war 1626. Die damals in den österreichischen Erblanden bereits mächtig erstarkte Gegenreformation gab indes dem Abt Ulrich von Heiligenkreuz recht und der Zwist fand seine endgültige Liquidierung damit, daß dem Stift alle Rechte über die Kirche und die Untertanen von Sittendorf zugesprochen wurden.

                Die ersten katholischen Neudecker sind noch in Heiligenkreuz begraben. Ihre evangelischen Nachfahren bauten sich ein Gruftgewölbe unter der Sittendorfer Kirche. 1733 wurde dieses Gruft zum erstenmal geöffnet. Die Eintretenden fanden fünf aufrecht sitzende, männliche Skelette in vermoderten spanischen Mantelkleidern, zu ihren Füßen hölzerne und metallene Särge und an der Wand die Namen von zwölf Neudeckern.

                Über die neuerliche Eröffnung der Gruft haben wir einen interessanten Bericht im Monatsblatt des Altertumsvereins in Wien Nr. 12 vom Jahre 1893 aus der Feder des etwa vor einem Jahrzehnt verstorbenen hochgelehrten heimatlichen Geschichtsforschers Dr. P. Wilhelm Anton Neumann. Er schreibt:

                ‘Bei der 1892 erfolgten Bausicherstellung und Reinigung der Pfarrkirche zu Sittendorf wurde auch die Gruft der Neudecker vom Schutt geleert. Sie befand sich unter der ehemaligen Apside, durch die der jetzige Eingang in die Kirche führt. (Der Hochaltar lag demnach früher auf dieser Seite. Anm. d. Verf.). Eine kleine Stiege führt in einen nicht großen Raum, der ... die Grundrißform eines T hat; der rechte Arm des T scheint durch eine Quermauer abgekürzt worden zu sein. Die Gruft dürfte durch die Türken geplündert worden sein, daher die wirr durcheinanderliegenden Gebeine und der Schutt. Ein Mannsskelett ist gut erhalten und noch sind Teile der Gewandung vorhanden. Keineswegs hatten in dem nur wenige Schritte langen und breiten Raum viele Särge Platz ... Die Gruft der Sittendorfer Kirche dürfte ... schon im sechzehnten Jahrhundert für die Familie Neudeck auf Wildegg errichtet worden sein_. Denn in der Verkaufsverabredung zwischen Ferdinand Raymund von Neudeck und Abt Klemens Schäffer (Januar 1686) heißt es: Weil die Herren von Neudegg die Gruft in der Kapelle zu Sittendorf langhero zu ihrer Begräbniß meistenteils gebraucht haben, so gestattet der Abt, daß auch hinfüro die Verstorbenen dieses Hauses in selber nach ihrem Belieben mögen gelegt werden.

                Da man den Eingang von dem Kirchenpflaster aus nicht wußte, stieg man bei einer kleinen Öffnung hinab, welche neben der Apside auf der Nordseite sich befindet. (Beim Stützpfeiler des Turmes, wo die Gemeindeanschlagtafel_ hängt, rückwärts um die Ecke. Das Loch ist heute mit Brettern verschlagen_. Anm. d. Verf.). Die Mauer der Kirche ist dort einen Meter dick. Erst unten fand man jene Stiege, die in die Kirche hinaufführte. Bei der Wegschaffung des Schuttes fand man fünf kupferne Tafeln, welche ehemals auf den Särgen befestigt waren. Nach Malachias Koll hätte man zehn Tafeln zu finden geglaubt. Leider hatte niemand darauf acht, wie die Leichen lagen, wie viele ihrer waren, wo die Tafeln sich befanden, vielleicht auch hatten wirklich die Räuber, wer immer es gewesen sein mag, die Gruft in völliger Zerstörung zurückgelassen, so daß man in neuerer Zeit eben alles unter Schutt begraben fand ...’

                Neumann beschreibt hierauf eingehend jede einzelne Tafel. Vier sind bemalt, eine ist graviert. Die anscheinend älteste Tafel weist unmittelbar auf dem Kupfer einen weißen Grund, auf dem gemalt und geschrieben wurde. Dann folgen drei Tafeln, bei denen das Kupferblech zuerst vergoldet wurde, ehe es die Malerei erhielt. Diese drei Tafeln haben durch den Grünspan sehr gelitten und ihre Bildfläche ist zerstört. Nur hie und da ist ein Buchstabe zu sehen. Die Texte beziehen sich, soweit sie überhaupt entzifferbar waren, auf Namen und Sterbedaten, die Bilder sind Wappendarstellungen. Die fünf Grufttafeln werden, heut auf dem Bodenraum des Pfarrhofes von Sittendorf verwahrt.

                Der viereckige Fleck, den man auf meinem Bild von der Sittendorfer Pfarrkirche rechts von der Eingangstür sieht, ist die Grabtafel der Regina Gattinger, Beschließerin auf Schloß Wildegg, gest. 1702. Unter der Schrift ist in primitiver Arbeit die Darstellung eines Totenkopfes mit zwei gekreuzten Knochen eingeritzt._ Die Sittendorfer Kirche wird 1381 erstmalig erwähnt. Die Glockenstube im Turm ist nur mittels einer Leiter erreichbar. Die beiden Glocken sind 1743 und 1744 gegossen, von ihnen war die eine, wie schon erwähnt, früher auf Schloß Wildegg.

                Inwendig ist das Kirchlein, das dem hl. Johann dem Täufer geweiht ist, neu und recht schmuck eingerichtet. Auch aus den Rundbogenfenstern erkennt man seinen romanischen Ursprung. Der niedere Turm mit dem "oeuil de boeuf" über dem Eingang verrät dagegen die Barocke als seine Entstehungszeit.

                Die Neudecker hatten hohe öffentliche Ämter inne, sie waren Ritterstandsverordnete und Landrechtsbeisitzer, einige von ihnen sogar Hofkammerräte. 1650 nahm der letzte derer von Neudeck von der Wildegger Linie namens Ferdinand Raymund wieder die katholische Religion an. Er starb, wie schon erwähnt, unvermählt. Seinen Grabstein besitzt heute das Niederösterreichische Landesmuseum. Materielle Not zwang den letzten Sproß des einstmals so stolzen und reichen Geschlechtes zum Verkauf der zu guterletzt noch durch die Türken zerstörten Feste an die Heiligenkreuzer.

                Sämtliche Bauern der umliegenden Ortschaften samt den in der Einschicht des Waldes hausenden Duckhüttlern hatten sich vor dem Türkensturm in das Bergschloß geflüchtet, nicht bedenkend, daß Wildegg, ein Jagdschloß war und keine Festung. Aber abgesehen davon kam es nicht einmal zu einer Erstürmung des Schlosses, das von Menschen überfüllt war und innerhalb kürzester Zeit wegen Wassermangel kapitulierte. Die Unterhandlungen führten zur Übergabe gegen freien Abzug. Die tatarischen Renner und Brenner waren es nicht gewohnt, Verträge zu achten, sie metzelten die Besatzung samt den Flüchtlingen unterschiedslos nieder und zwar stellte das der heimtückisch grausame Pascha so an, daß er die ausgehungerten Belagerten zuerst zu einer Tafel einlud und ihnen dann, während sie beim Essen saßen, von Janitscharen_ die Köpfe abhauen ließ. Das Schloß ward in Brand gesteckt. Dies der geschichtliche Hergang des letzten großen dramatischen Ereignisses, das Wildegg erlebte.

                Ferdinand Raymund von Neudeck, der bei diesem Greuel zu seinem Glück nicht anwesend war, mußte noch froh sein, daß er einen Käufer für die Brandstatt fand. Die eigentlichen Interessenten dieses Kaufes waren allerdings nicht die Heiligenkreuzer, sondern die - Habsburger, die schon lange auf die ergiebige Jagd im Wildegger Revier erpicht waren und das Stift für den Ankauf der Herrschaft vorschoben. Bei den langwierigen Verhandlungen wurden seitens des Stiftes auch auswärtige Konventsmitglieder zu Rate gezogen, so z. B. P. Bernardus Piller in Nieder=Leis. Am 16. Dezember 1685 war eine Prunkurkunde ausgestellt worden, der "Konsens = Inkorporationsbrief", worin Kaiser Leopold I. dem Abt die Kaufbewilligung erteilt und dagegen vom Stift das Recht des hohen Wildbanns erhält. Zum Schloß gehörten damals 37 Häuser. Der Wert der ganzen Herrschaft wurde auf 58.244 fl. Geschätzt. Am Tage der Übergabe, die am 6. Februar 1686 erfolgte, setzte der Abt Klemens Schäffer den P. Rainard Ruetz als ersten geistlichen Sachwalter nach Wildegg."

1683 verbrennt das ganze Schloß, ebenso die Pfarrkirche wie das Stift: was nicht gewölbt war, oder wo das Gewölbe nicht hielt, wurde ein Raub der Flammen. Mit 8. Februar 1686 beginnt Abt Klemens Schäffer mit den Wiederaufbauarbeiten des Schlosses, scheint das wichtigste 1687 fertig gebracht zu haben, denn 1888 wird nicht am Schloß repariert. 1690 werden einige Zimmer im unteren Stock ausgeputzt. 1689 wird der zweite Stock als Prälatur eingerichtet.

 

Geistliche Berufe aus Sittendorf

                Neben den bereits erwähnten Melchior von Neudeck, der Bischof von Trident war - sein Bruder Johann von Neudeck wurde 1426 im Stift Heiligenkreuz begraben, ist - soweit bekannt - nur ein Priester aus der Pfarre hervorgegangen: "Engelbert Schwan, am 25. März 1764 zu Sittendorf in Niederösterreich geboren, legte am 25. März 1778 die Profess ab und feierte am l5. Nov. 1778 die Primiz. Er war 1780 bis 1781 Cooperator in Alland, wirkte hierauf 1783-1796 als erster Pfarrverweser in Sulz, Mai 1796 bis März 1798 in gleicher Eigenschaft zu Winden und März 1798 bis März 1799 in Alland, worauf er als Prior und Pfarrverweser ins Stift zurückberufen wurde, welche Ämter er März 1799 bis 1812 bekleidete. 1799 bis 1805, war er zugleich Novizenmeister und 1805-1806 nach dem Tode des Abtes Marian II. Administrator des Stiftes. 1812 bis zu seinem Tode verwaltete er das Gut Trumau und starb daselbst als Profess- und Priesterjubilar am 24. August 1830. ‘Vir religiosus ac disciplinae zelator’ (Doczy)."_

                Seine Taufeintragung im ältesten Taufbuch der Pfarre, das 1729 beginnt steht auf Seite 41 unter "Anno 1754 - Martius": 25 ta a me P. Mathia baptizatus est Joannes Georgius filius legitimus Joannis Georgij Schwanii inquilini in Sittendorff, et Clarae uxoris ejus. Patrinus: Joannes Schwäger Inquilinus in Wildegg." Zu deutsch: "Am 25. ist von mir, dem P. Mathias, Johann Georg rechtmäßiger (legitimer) Sohn des Johann Georg Schwan, Einwohner in Sittendorf, und seiner Frau Klara getauft worden. Pate: Johann Schwäger, Einwohner in Wildegg."

                Er wurde von seinen Mitbrüdern bemerkenswert geehrt: "Zur Feier der fünfzigjährigen Priesterwürde des Hoch- und Wohlehrwürdigen Herrn P. Engelbert Schwan, Kapitularen der Cist.-Stifte Heiligenkreuz und St. Gotthardt, emer. Prior und d. Z. Administrator der Stiftsherrschaft Trumau. Im Stifte Heiligenkreuz am 15. November 1828. Im Namen aller Stiftskapitularen demselben ehrfurchtsvoll gewidmet von P. Malachias Koll, d. Z. Stiftskämmerer. Eine Cantate in Musik gesetzt von Franz Xav. Fischer, Waisenverwalter. Wien, gedr. im Steyrerhof Nr. 727."_

 

Ergänzung aus der Pfarrchronik ab 1729

 Die Pfarrchronik beginnt mit der Handschrift von P. Leopold Gindl im Jahr 1835, also in seiner ersten Amtszeit 1831-1839. Das Aussterben der Wildegger führt er "auf Veranlassung der Kreuzzüge" zurück und meint, daß "ihr Besitztum teils an die benachbarten Herren von Wildegg, teils an das Stift Heiligenkreuz gekommen zu sein. So viel ist gewiß, daß lange Zeit die Herren von Wildegg den Teil von Sittendorf besaßen, der jenseits des Baches näher beim Schloß Wildegg liegt; diesseits des Baches, was in der Nähe der Kirche liegt, nahm das Stift Heiligenkreuz als Pfarrlehen in Besitz, hatte aber deswegen mit den Herren von Wildegg viele Streitigkeiten."_ - "Was später die Herren von Neudegg, als Besitzer von Wildegg, der protestantischen Religion zugetan waren, nahmen sie die Kirche zu Sittendorf für den protestantischen Gottesdienst in Besitz, wählten daselbst ihre Familiengruft (1594) und ließen sogar einen protestantischen Pastor kommen, ungeachtet aller Gegenbemühungen und Vorstellungen der Äbte von Heiligenkreuz. Diese Familiengruft befindet sich in einem kleinen viereckigen Gewölbe unter der Kirche ... Der Eingang war von der Kirche aus in dieselbe, wurde aber unter dem Pfarrer P. Xaver Karner (1791-1797), nachdem derselbe ein paarmal neugierig war, gänzlich kassiert und zugemauert, wie er jetzt noch ist. P. Paulus Ulsess, der im Jahr 1733, Subprior im Stifte Heiligenkreuz, und zugleich (exkurrierender) Seelsorger allhier war_, ließ diese Gruft eröffnen, und man fand (nach dem Zeugnisse des P. Ambros Seywitz, in Mausoleo seu Cryptario S. Crucis) an der Wand auf hölzernen Sitzen, in aufrechter Stellung die Körper von 5 Männern in einem schwarzen spanischen Mantelkleide. (Einer soll auch einen Windspielhund_ bei sich gehabt haben.) Die Körper waren aber Skelette, und die Kleidung vermorscht. - Man fand nebsbei mehrere Särge von verschiedener Größe, teils von Kupfer und Erz, teils von Holz."

                "Im Jahre 1833, (als die Kirche inwendig und auswendig verputzt wurde) stieg man durch eine kleiner Öffnung, welche von außen in die Gruft hinabsehen machte ( und die man erweiterte) hinab; es fand sich aber nichts mehr als ein einzelner Totenschädel, ein Rumpf, kleineres Gebein, Holzstücke, Mauerschutt - Trümmer, kurz gar nichts bedeutendes mehr; es muß also im Verlaufe von gerade 100 Jahren, dieses alles abhanden gekommen sein. Die äußere Öffnung wurde wieder zugemauert, es lohnt daher die Mühe nicht mehr hinabzuschliefen."

                "Im Jahre 1651 erhielt Abt Michael II. die Pfarre Sittendorf wieder für das Stift durch einen Vertrag und durch landesfürstliche Verwendung, deren Einkünfte (die nicht unbeträchtlich waren, indem viele Grundstücke und ein eigenes Grundbuch samt Zehent dazu gehörten_) die protestantischen Herren von Neudeck, als Besitzer der Herrschaft Wildegg, für sich eingezogen hatten. Von jener Zeit an blieb das Stift immer Besitzer dieser Pfarre und versah dieselbe missionsweise_ von Heiligenkreuz aus. Nachdem das Stift Heiligenkreuz im Jahre 1686 das Schloß und die Herrschaft Wildeck mit Sittendorf angekauft hatte, wurde die Pfarre von einem Stiftsgeistlichen von Heiligenkreuz versehen, der im Kloster wohnte und zur Ausübung des Gottesdienstes und der Seelsorge jedesmal hierher ging (nach Umständen auch in der Sakristei übernachtete, weswegen bis heutigen Tages [1835] noch ein Ofen zum Heizen angebracht ist für die Wintermonate; auch bezieht der jeweilige Pfarrer von Sittendorf noch von dieser Zeit an zwei Klafter Sakristei - Holz, wenn dieselbe gleich nicht mehr geheizt werden darf). In der Handschrift "Corona officialium S. Crucis" werden vom Jahr 1712 bis 1730 sechs eigene Seelsorger von Sittendorf aufgezählt; dann wurde dieses Amt dem jeweiligen Subprior des Stiftes übertragen, bis im Jahr 1783-1784 auf landesfürstliche Anordnung zur beständigen Wohnung des Seelsorgers allhier ein Pfarrhof erbaut wurde. Dieser steht neben der Kirche auf einer kleinen Anhöhe, von welcher man eine schöne Aussicht der ‘Örter’ Gaaden und Sparbach und dieses ganzen Tales genießt. Auch der anliegende Ber (Buch) zur schwarzen Lacke genannt, gewährt eine der schönsten Aussichten über die Gebirge und das flache Land. Das Schulhaus, unweit der Kirche, wurde gleichfalls mit dem Pfarrhof zugleich neu erbaut; der Ort Sparbach ist seit einige Jahren (1835) hierher eingeschult, teils wegen näheren und besseren Weg für die Kinder als nach Gaaden, vorzüglich aber zur besseren Dotation des hiesigen Schullehrers."

                Daraus geht hervor, daß vor 1784 kein Pfarrhaus <kein eigenes Haus für den Pfarrer> in Sittendorf zu Verfügung stand. - Hermann Watzl schreibt bereits in unsrem Pfarrblatt: "Die Wildegger nannten sich demnach vor der Erbauung Wildeggs nach dem nahen Sickendorf. Ob ihr ursprünglicher Sitz in diesem Orte oder auf dem sogenannten Hausberge nordöstlich von Wildeg gestanden hat, ist unbekannt." - Man könnte nun annehmen, wenn Rudger von Sickendorf, der berühmte Zeuge von 1114 in Sittendorf gewohnt hat, dann wahrscheinlich neben der Kirche, das wäre heute das Haus Nr. 19 mit alten Gewölben im Erdgeschoß. - Dieses Haus - natürlich nicht so wie es heute aussieht - war möglicherweise, nachdem die Wildegger längst schon ihre Burg hatten, auch der Pfarrhof_ für die Pfarrer in der Zeit vor den sogenannten Vicaren (1711-1783) und schließlich die erste Schule, bevor die im Jahr 1783 begonnene fertig war. Es stand in der alten Schulchronik zu lesen, daß einige Zeit hindurch in diesem Haus Nr. 19 die Schulkinder unterrichtet wurden._ Die Vicare aus Heiligenkreuz übernachteten ja gelegentlich in der Sakristei, also stand das Haus Nr. 19 ihnen nicht zu Verfügung, weil es möglicherweise bereits Schule und Lehrerwohnung war.

                "Die Kirche zum heiligen Johann dem Täufer hat keine Stiftungen, besondere Einkünfte oder Kapitalien und außer der kleinen Familiengruft der Herrschaft von Neudeck (Wildeck) ebenso wie der anliegende alte Leichenhof keine merkwürdigen Grabmäler. Vom Hochaltar dieser Pfarrkirche so wie vom Seitenaltar wird noch später die Rede sein. Das Portatile <Ergänzung aus späterer Hand: cum reliquiis: S. Sebastiani et S. Victoriae V. et M. S. Justi M.> wurde laut Inschrift vom Johann (Waldenfinger) Abt zu dem Benediktiner - Stifte Schotten und Bischof zu Germanopolis (Germanicensis) Weihbischof zu Wien im Jahr 1635 (19. Mai) geweiht. Als Zeuge ist darin Christian Wilhelm, Markgraf von Brandenburg und Herzog von Preußen eigenhändig unterschrieben und besiegelt. Der Pfarrer wird vom Stifte Heiligenkreuz, dessen Glied er ist, besoldet; dasselbe Stift hat auch das Patronatsrecht dieser Pfarre. Bei der neuen Pfarreinteilung im Jahre 1782 wurde der Lindenhof mit 40 Seelen von Sittendorf ‘ausgebrochen’ und nach Sulz ‘eingepfaret’; dagegen erhielt Sittendorf von der Pfarre Heiligenkreuz 24 Seelen in Dornbach (Im geistlichen Schematismus des Jahres 1837 wird die Seelenzahl 413 und die größte Entfernung ¾ Stunde angegeben. Filialen: Dornbach, Rohrberg, Wildegg mit Neuweg.). Die hierher ‘eingepfareten’ Ortschaften sind folgende:

1.) Sittendorf, mit 239 Seelen und 37 Häusern in loco (in allem sind 45 Nummern), einer Kirche, Pfarrhof, Schulhaus, Mühle und Herrschaft - Gasthaus.

2.) Dürenbach, gewöhnlich Dornbach, am Bache gleichen Namens, welcher bei Heiligenkreuz in den Sattelbach fällt und in der vom Kaiser Heinrich II. dem Markgrafen Heinrich I im Jahre 1002 gemachten Schenkung als Grenze derselben angegeben wird."_ - Es tut mir leid, den Dornbachern erneut sagen zu müssen, daß diese Angabe schlichtweg ein Irrtum ist. Ich hätte ihnen gegönnt, daß sie sämtliche Pfarren des Dekanates und damit viele Österreichs übertreffen! Aber irgendwie haben das ja auch die Patres Koll und Gindl erfaßt, denn Gindl schreibt in der Pfarrchronik weiter über Dornbach: "Das Dorf entstand später und gehörte von jeher zur Herrschaft Wildegg. Dieses Dorf liegt in einem Tale zwischen dem Berge Hocheck und Gaisruck, eine halbe Stunde südlich von Sulz und eine halbe Stunde westlich von Sittendorf. Dieses Dorf kam durch den Ankauf der Herrschaft Wildegg an das Stift Heiligenkreuz. Im Jahr 1783 waren hier 19 Häuser mit 119 Seelen. Es war hier früher eine kleine hölzerne (jetzt aber 1897 seit einige Jahren von Steinen gebaute) Kapelle, in welcher die heilige Anna als Haupt oder vorzügliches Bild erscheinet, mit einer Glocke zum Gebetläuten.

3.) Rohrberg zwischen Sittendorf und Sulz mit 4 Häusern und einer Mühle unf 41 Seelen auf einem Berge; mit der Gemeinde gehört es nach Sulz, so wie auch die Schulkinder dahin zur Schule gehen, auch die ‘Numeratur’ der Häuser gehört zu dem Dorf Sulz. Der Herzog Leopold VI schenkte im Jahr 1188 diesen Ort unter dem Namen Rohreck dem Stift Heiligenkreuz, welches ununterbrochen in diesem Besitz verblieb._ In der Urkunde wird der Umfang des dazu gehörigen Gebites genau beschrieben. Die Entfernung des weitesten Hauses von der Pfarre ist eine gute halbe Stunde.

4.) Neuweg (oder eigentlich: Sittendorf zu Neuweg) welches zu Sittendorf nummeriert ist (nämlich die Häuser von No 3-6) mit 4 Häusern, wovon 2 nach Heiligenkreuz, zwei übern Bach zur Herrschaft Purkersdorf gehören, 3 Viertel Stunden von Sittendorf entfernt, eine Viertelstunde nördlich hinter Wildegg, in einem sehr engen Tal, welches den Häusern kaum hinreichenden Raum gewährt. Daselbst entspringt der kleine Sparbach (Sparbbersbach oder Sperbach), von welchem der Ort Sparbach den Namen hat. Auf der oberhalb dieses Ortes befindlichen (sogenannten) Brandwiese ist der Standpunkt einer der herrlichsten Aussichten über das Gebirge, auch kann man Wien sehen.

5.) Wildegg mit beiläufig 17-18 Seelen in 3 Nummern (nämlich Schloß No 1, Mayerhof No 2, einstiges Wirtschaftshäusel No 3), eine starke viertel Stunde nördlich von Sittendorf; das Schloß ist zwei Stockwerk hoch und hatte vormals eine kleine Kapelle zum Messelesen des dortigen geistlichen Pater Verwalters von der Zeit an, als das Stift Heiligenkreuz dasselbe erkaufte. Es gewährt mit seiner romantischen Lage auf einem Felsen von rotem Marmor einen überragenden Anblick und zugleich eine weitgehende Aussicht über die Gebirge und durch das Tal gegen Baden bis an die ungarischen Grenzungsgebirge (Rosaliakapelle). Das Gebäude ist soweit im guten Zustande, im unteren Geschoß wurde im Jahr 1836 eine Wohnung für den Stiftsförster zugerichtet und die vormalige neben dem Schloß gestandene Försterwohnung weggerissen. - Unterhalb des Schlosses liegt der herrschaftliche Mayerhof .- Im Jahr 1683 wurde das Schloß von den Türken verbrannt und im Jahr 1686 dem 6. Februar hat Abt Clemens Schäffer die Herrschaft Wildegg für das Stift Heiligenkreuz erkauft, um 26000 fl von dem Wohlgeborenen Herrn Ferdinand Raimund Baron von Neudeck auf Wildegg, welches dasselbe noch besitzt, gänzlich vereinigt mit der Herrschaft Heiligenkreuz.

Zur Pfarre Sittendorf gehört keine Filialkirche. Der Leichenhof der früher rings um die Kirche war, wurde im Jahr 1832 auf eine Anhöhe auf der Straße nach Sparbach verlegt und den 5. Juni 1832 von Seiner Hochwürden und Gnaden H. H. Abt des Stiftes Heiligenkreuz Franz Xaver Seidemann feierlich eingeweiht; den Anfang machte ein Requiem von hochdemselben gehalten für alle Verstorbenen, welche im alten Friedhof um die Kirche begraben liegen und zugleich für die eben verstorbene (3. Juni 1832) Magdalena Weißenböck, Witwe und Ausnehmerin in Sittendorf No 34, 79 Jahre alt, - darauf ein Libera_ und Einsegnung der Leiche, nach dieser ging die Pfarrgemeinde in Prozession mit Nachtragung der Leiche in den zu weihenden Leichenhof, nach vollendeter Weihe (bei welcher in allem 11 Geistliche waren) ging die Gemeinde wieder in Prozession in die Kirche zurück und die Leiche wurde sodann beerdigt.

Anschließend werden Namen jener 6 Personen genannt, die im Jahr 1832 an der asiatischen Cholera starben: Peter Grünböck, Franziska Hofmauer, Anna M. Fokerthaler, Rosalia Schlosser, Joseph Fokerthaler, Jakob Zwirner. - Darauf folgt die Reihe der "stabilen Seelsorger in Sittendorf", die - wie wir bereits wissen - mit P. Petrus Kainz beginnt, den allerdings unser Pfarrchronist P. Leopold Gindl zwei Tage länger leben und erst am 19. Mai 1791 in Münchendorf sterben läßt. Immerhin berichtet unsere Chronik von P. Petrus Kainz - so die Sittendorfer Schreibweise - über das Jahr 1783: "Er wohnte, weil der Pfarrhof noch nicht ausgebaut war (was erst 1784 geschah) anfangs in der Mühle zu Sittendorf No 13. Weil ihm aber manches da nicht behagte, zog er in das Haus No 34."_ - Daraufhin folgt die Baurechnung des gesamten Pfarrhofes, der ich - und wahrscheinlich jeder nicht fachkundige Historiker - hilflos gegenüberstehen. Bedauernswert ist, daß der Allander Baumeister Philipp Schlucker hier nicht genannt wird, der - wie mir persönlich P. Hermann Watzl versicherte - den Sittendorfer Pfarrhof gebaut hat. Möglicherweise sind im - zur Zeit schwer zugänglichen Stiftsarchiv Heiligenkreuz - noch entsprechende Belege dafür vorhanden. Es wird gesagt, Baumeister Schlucker hätte noch mit seiner Verse den Grundriß eines Hauses gezogen, seine Arbeiter haben einen überaus ausgeprägten Sinn für Proportionen gehabt. Der erste Teil dieser Aussage wird nicht stimmen, der zweite ist weithin sichtbar.

Meine Aufmerksamkeit erregt das nun angesprochene Wasserproblem, das uns ja auch heute immer wieder beschäftigt. Da heißt es nämlich: " ...item <ebenso> ist ein gegrabener Pumpbrunnen (ausgemauert) auch in dieser Rechnung begriffen, welcher bei 12 Kl. Tiefe haben soll, gegenwärtig (1837) und zwar schon mehrere Jahre ist er zugedeckt und ungebraucht, weil das Wasser keinen guten Geschmack haben soll. - Der spärliche Rohrbrunnen, welcher gleich neben dem alten ursprünglichen pfarrlichen Brunnen angebracht ist, hat seine Quelle gleich außer dem Pfarrhofgarten und seine ausgezimmerte Brunnenstube. Diese Brunnenstube liegt zwar auf einer Wiese, welche zum Haus No 15 in Sittendorf gehört, man verglich sich aber mit den damaligen Besitzer Ulrich Singer, Wagnermeister, dadurch, daß man ihn mit Wiesen der Ortsherrschaft etwas seiner Wiese vergrößerte (gegen des Schöberl Garten zu), damit er durch dieses Brunnenstube keinen Schaden leiden möchte." Hochwürden P. Leopold Gindl schreibt: "weil das Wasser keinen guten Geschmack haben soll." - Natürlich fällt mir hier "soll" auf; wahrscheinlich hat P. Leopold sicherheitshalber dieses Wasser nie gekostet und einen "entsprechenden Tropfen" als Ersatz in Reserve gehabt. Ich will ihm aber nichts andichten!

1802 kauft P. Petrus Krause den bereits erwähnten Altar der Ignatiuskapelle der Wiener Jesuiten; es mußte allerdings einige neue dazu erstellt werden: das Altarbild, welches den heiligen Johannes den Täufer darstellt und längst nicht mehr in unserer Kirche ist. Es werden aber in diesem Zusammenhang zwei vergoldete Engel erwähnt, die heute nach wie vor das Allerheiligste behüten. Ein gewisser Sebastian Millner, Bauer zu Sittendorf No 29 hat nahezu soviel gespendet wie der damalige Abt Marian Reuter, die Gemeinde Sittendorf und Dornbach zusammen. Den Rest hat der hiesige Pfarrer P. Petrus Krause dazu gelegt. Für unsere Pfarre nichts Neues! - 1803 wurden neue Kirchenstühle angeschafft. 1805 wurde der Kirche ein Kruzifix aus Erz, für den Seitenaltar geschenkt, von dem heute hier nichts mehr zu sehen ist, es soll von Raphael Donner sein.

1824 wurde die Kirche "ausgeweißiget" und der Seitenaltar renoviert. - 1833 wurde der Kirchenturm, das Kirchendach und das Sakristei neu gedeckt, die Kirche inwendig und auswendig verputzt und "ausgeweißet", beim Hochaltar und Seitenaltar Ausbesserungen vorgenommen, eine neue Treppe zum Hochaltar gemacht und die Stühle auf der Männerseite mit einer neuen Treppe versehen, weil die alte schon morsch war.

Bis zum Jahr 1837 hatte die Pfarrkirche zwei kleine Glocken im Turm; am 16. Mai 1836 erhielt die größere Glocke einen Sprung, daraufhin wurde die Glocke vom Schloß Wildegg "zur Aushilfe" herab gebracht: auch diese erhielt am 14. Dezember 1836 einen Sprung. - Ich verstehe nicht, wie wild man damals geläutet hat! War P. Leopold Gindl so gütig? - Die beiden gesprungen Glocken wurden umgegossen und mit der guten verbliebenen hatte nun Sittendorf seit 1837 drei Glocken. Die größere dient zu allen Zeichen, die zu geben sind; die mittlere zum "Zusammenläuten" und als "Armen-Seelenglöckel", auch zur Wandlung an Wochentagen, die kleine als "Verseh- und Zügenglöckel". Am 3. Mai 1837 wurden die beiden neuen Glocken in der Sakristei vom Hochwürdigsten Herrn Prälaten des Stiftes Heiligenkreuz geweiht und am 4. Mai erstmals abends geläutet.

Die Orgel wurde 1826 von Christoph Erler, Orgelbauer in Wien, ganz repariert. Ebenso am 5. und 6. Oktober 1837.

Die Silbermonstranz, die 1837 der einstige Pfarrer P. Emerich Simala der Pfarre schenkt, ist längst nicht mehr vorhanden._

1838 wurde der Hochaltar neu marmoriert, vergoldet, das Bild gefirnist, mit einer Rückwand versehen, die Statue des heiligen Florian und des heiligen Johannes Nepomuk renoviert, das Lamm Gottes versilbert. - Damals wurde auch das "Seiten - Altarl" beschrieben, das bis 1996 als Seitenaltar in der Pfarrkirche Raisenmarkt zu sehen war und nun angeblich im Stiftsmuseum Heiligenkreuz aufgestellt wird, beschrieben: Heute würde man sagen: Ein Altar geht auf Reisen!

"Das jetzige ‘Seiten = Altarl’, ist das Modell vom Hochaltar in Heiligenkreuz und kam von der Kapelle zu Wildegg ebenfalls 1838 nach dem Wunsche des Pl. Tit. Herrn Abt herab. - Dasselbe wurde neu renoviert, die Vergoldung ausgebessert und das Frauenbild Mater Dolorosa sub Curce, etwas vergrößert und übermalt vom ... Herrn Anton Zach, hineingemacht. Früher als dieses Altarl in Wildegg stand, war das Altarblatt Maria Himmelfahrt. Dieses Altarl ist noch etwas älter als der Hochaltar in Heiligenkreuz (weil es als Modell früher mußte gemacht werden) welcher 1699 den 15. August eingeweiht wurde. In dieses Altarl wurde zugleich (1838) ein kleiner Tabernakel angebracht, damit derselbe in der Karwoche als heiliges Grab dienen kann. Weil früher das Sanctissimum in die Sakristei getragen wurde._ - Das obengenannte Frauenbild Mater Dolorosa wurde wie im Taufprotokoll der Pfarre vorkommt, im Jahr 1757 den 24. Juni in der Kirche am Hochaltar aufgestellt, im Jahr 1802 wurde der Rahmen in welcher es sich damals befand, samt den 2 Engeln neu vergoldet, wie schon erwähnt wurde. Unter dem Herrn Pfarrer P. Emerich Simala 1824 wurde das damalige (jetzt ganz kassierte Seitenaltar) renoviert, und dieses Frauenbild aber ohne Engel unter dem damaligen (erzenen Kruzifix, welches seit 1838 sich in Heiligenkreuz befindet, um daselbst in der Kirche aufgestellt zu werden) angebracht. Erst im Jahre 1838, wie schon erwähnt wurde, kam es aus dem Rahmen heraus, und wurde als Altarbild des kleinen renovierten Seitenaltars angebracht."_ Der Vergolder Herr Anton Zach mit noch einem Vergoldergehilfen und einen Lehrjungen arbeiteten 17 Tage an der Renovierung des Hochaltars, des Seitenaltars, zweier Statuen und der Kanzel. "Ein neuer Teppich kam ebenfalls 1838 von Heiligenkreuz für den Hochaltar herüber, für die Festtage."

1838 werden auch die Kirchenfenster erneuert. 1839 wurde vom Hochaltar bis zu den Kirchenstühlen ein neues Steinpflaster gelegt, Kirchenfahnen wurden angeschafft oder erneuert. 1842 wurde ein neues versilbertes Rauchfaß samt Schiffchen der Kirche "geopfert".

Notiz zum Lutheranerkogel: "Der sogenannte lutherische Friedhof oder Lutheraner Kogel (links wenn man auf Wildegg geht, hinter des Zinsmeisters No 11 und Tischlers No 41, Häusern aufwärts gelegen) hat seinen Namen, weil man zur Zeit der lutherischen Reformation die Anhänger dieser Lehre aus der Gemeinde daselbst begrub und nicht in dem Friedhof um die Kirche begraben ließ. - Im Jahr 1832, als der neue Friedhof errichtet wurde, wurden daselbst die Steine zur Friedhofmauer gebrochen, wie man noch sehen kann.

Im Jahr 1843 hielt am 1. Juli Seine Fürsterzbischöfliche Gnaden Vincenz Eduard Milde Erzbischof von Wien die Kirchen- und Schulvisitation. Die Festlichkeit wird detailliert beschrieben. - Der Empfang war vor der Kirche, der Erzbischof sprach in der Kirche vor dem Hochaltar auf einem Armstuhl sitzend zum Volk, dann der Pfarrer P. Leopold Gindl von der Kanzel aus. Die Gebete für die Verstorbenen hielt der Erzbischof "beim Seitenaltar - weil es kurz vorher regnete, sonst wäre er in den alten Friedhof hinausgegangen." Solche liturgische Alibifunktionen waren damals üblich. Es fällt mir noch auf, daß - wenn ich richtig lese - "Seine Fürsterzbischöfliche Gnaden" seine heiße Schokolade fürs Frühstück selbst mitgebracht hat und nach dem 5 gängigen Mittagessen, das ab 14 Uhr im Schloß Wildegg zelebriert wurde, auf Wunsch des Heiligenkreuzer Abtes mit Böllerschüssen verabschiedet wurde.

1845 wird der Pfarrhof renoviert. Man beginnt mit Kehlheimer Platten die Böden zu pflastern. Die Pfarre hatte damals 415 Seelen, davon 220 männlichen und 195 weiblichen Geschlechtes: Sittendorf mit Wildegg und Neuweg 147 männlichen und 120 weiblichen Geschlechtes, zusammen 267; Rohrberg 15 männlich und 17 weiblich, zusammen 32; Dornbach 58 männlich und 58 weiblich, zusammen 116. - 1845 war die Anzahl der Geborenen 20, der getrauten Paare 3, der Gestorbenen 21.

1847 wird der Dachstuhl gerichtet und der Stukkaturboden. Dann folgt ein markanter Vermerk: "Das Chorgebäud, welches beinahe mitten in der Kirche angebracht war und den hinteren Kirchenstühlen das nötige Licht ‘benam’, wurde innen den Turm zurückversetzt; auf diese Weise gewann die Kirche an Licht und zugleich wurden die den Kircheneingang verunstaltenden Stiegen und Leitern auf den Chor und den Kirchendachboden entfernt. Die Mauer, auf welcher der rückseitige Teil des Chores ruhte, wurde abgetragen, in dem Turm ober den Chor eine Gurte gespannt, und den Oberteil des Chores eingewölbt. Der Aufgang auf den Chor wurde von außen durch die Kirchenmauer angebracht; deshalb das Kirchenfenster an dieser Wand vermauert und dafür zur gehörigen Beleuchtung des Chores im Turm ein rundes Fenster ausgebrochen." Das Gewölbe beim Kircheingang ist demgemäß nicht romanisch! Möglicherweise brachte dieser Umbau die Stabilität des Turmes in Unsicherheit und es mußte der starke Stützpfeiler vom heutigen Kircheneingang außen rechts gebaut werden. Das besagte zugemauerte Fenster läßt sich erahnen. Wie die Kirche mit der Sängerempore welche "beinahe mitten in der Kirche angebracht war" aussah, dazu die erwähnten "Stiegen und Leitern" ist mir unvorstellbar. - Es ist interessant weiterzulesen, was sich unmittelbar in der Chronik anschließt.

"Das Oratorium wurde über der Sakristei ganz neu gebaut und von dort eine Stiege in den Dachboden geführt. Ein Teil des Kirchendaches wurde abgetragen und über die neue aufgeführte Mauer des Oratoriums gezogen, das übrige Kirchendach ausgebessert. Die Mauer zwischen der Vorkammer und der eigentlichen Sakristei wurde abgerissen, um die Stiege auf das Oratorium anbringen zu können."_ - Unter den 6 angeführten Spendern waren 2 aus Sittendorf und 4 aus Sparbach. Die Sparbacher hatten also ein Interesse an diesem Zubau.- "Wegen des neuen Oratoriumsbaues mußte der Rauchfang, welcher auf dem alten Sakristeidach stand, abgetragen werden."

Weiterhin wird unter der Jahresangabe 1847 vermerkt: "Der Fußboden der Kirche wurde statt den Ziegeln mit Kehlheimerplatten gepflastert, welche vom Stifte Heiligenkreuz in Wien gekauft und durch Gemeinde Robotzüge hergeführt wurden. - Der Seitenaltar mußte während dem Baue weggenommen und zur Ausbesserung nach Heiligenkreuz in die Tischlerei gebracht werden. Er hatte durch die Feuchtigkeit der Mauerwand stark gelitten ... Die Kirche und der Turm sind größtenteils aus Tuffsteinen gebaut. Das Mauerwerk zeigte starke Brandspuren, welche nach Möglichkeit ausgebessert werden." - Somit wird meine Theorie, die Kirche sei aus dem gleichen Baumaterial wie der mittelalterliche Teil von Heiligenkreuz und die Burg Wildegg möglicherweise in Frage gestellt. Aber die gefundenen Brandspuren verweisen auf das Katastrophenjahr 1683 und bestätigen meine Annahme, daß 1683 die Sittendorfer Kirche durch die Türken gebrandschatzt wurde: daraufhin wurde die romanische Apsis zum Eingang, sie wurde zugleich verlängert und mit der westlichen Apsis abgeschlossen. - Es fragt sich nur, warum hat man nicht gleich den Sängerchor in den Turm hinein verlegt? Das muß doch einen Grund haben!

"Die Orgel, welche beim Bodenlegen entfernt werden mußte, wurde vom Herrn Weisenbeck, Schullehrer zu Neuhaus, wieder aufgerichtet und gestimmt. Die Holzpfeifen sind durch den Wurmfraß schon stark beschädigt." - Also stand die Orgel - nicht wie vorher vermutet - auf der Sängerempore, die in den Turm hinein gebaut wurde, sondern herunten auf dem Pflaster. - Auch damals 1847 wurde die Kirche "ausgeweißt" und der Turm "gefärbelt". - "Zu Baumaterialien wurden die Steine aus den abgebrochenen Mauern und 2000 Stück Ziegel verwendet. Auch wurden 5 ½ Kub. Kl. Steine gebrochen aus dem Felsen ober dem Pfarrhofe." Vielleicht sind das die Steine für den Stützpfeiler! - Es werden anschließend erstmals der Stadel erwähnt, der vergrößert und der Saustall, in dem ein neuer Trog eingelegt wird; beide glorreiche Ereignisse finden 1847 statt.

1848, 3. Jänner: "In dem Kirchenturm wurden die Fensteröffnungen mit neuen, gelb angestrichenen Jalousien versehen, um den Schnee abzuhalten, der in früheren Zeiten bei heftigem Schneegestöber in den Kirchendachboden hineingeweht wurde. Dieselben wurden angeschafft auf Kosten des Stiftes Heiligenkreuz."

"Die Wiener = Unruhtage des 13., 14., und 15. März d. J. <1848>, die Gerüchte von Zerstörung und Plünderung mehrerer Häuser und Fabriken in und um Wien machten auch in dieser Pfarrgemeinde alles bangen vor der drohenden Gefahr von Gewalttätigkeiten. Schon hatten einige beschlossen, ihre Häuser zu verlassen und mit ihren Kindern und ihrem Vieh in die nächsten Waldungen sich zu flüchten. Der derzeitige Pfarrer <P. Cajetan Sevignani> ließ daher am 17. des Monats früh um 8 Uhr die gesamte Sittendorfer Gemeinde sich beim Amtsrichter namens Josef Sulzer versammeln und suchte den Versammelten in einer Zurede Mut und Vertrauen einzuflößen. Er mahnte zur Einigkeit und zu festem Zusammenhalten untereinander, um etwaige Plünderung oder Feueranlegung und dergleichen abzuwehren; - ersuchte aber zugleich den brotlosen und im Frieden kommenden Menschen Brot und andere Nahrungsmittel nach Möglichkeit zu reichen; - die allerhöchst versprochenen Verbesserungen möge man auf dem Wege der Ordnung und des Rechtes ruhig erwarten und dankbar annehmen. - Einstimmig war diesen Vorschlägen beigetreten. Alle blieben zu Hause und bei ihrem Gewerbe. - Keine Gewalttätigkeit. - Am 26. März wurde in der hiesigen Pfarrkirche ein Hochamt mit Te Deum laudamus <Großer Gott, wir loben dich> gehalten zur Danksagung für die von Seiner Majestät Kaiser Ferdinand bewilligte Constitution und für die wieder hergestellte Ruhe und Sicherheit im Lande."_

Oktober 1848: "Die Oktoberrevolution und die Belagerung der Hauptstadt Wien machte auch die hiesigen Leuten recht bange. Gegen Ende Oktober kamen einmal zwei Männer aus einem benachbarten Dorfe in völliger Wut mit geladenen Gewehren nach Sittendorf und Dornbach und forderten die hiesigen Männer auf, der Umsturzpartei in Wien gegen das belagernde reguläre k. k. Militär zu Hilfe zu eilen und drohten, im Verweigerungsfalle die Leute im eigenen Hause zu erstechen. Die hiesigen Männer richteten Sensen, Gewehre und andere Waffengattungen zusammen, aber nicht um nach Wien zu ziehen, sondern um im Notfall sich damit gegen die Wühler zu verteidigen. Zum Glück waren diese Vorkehrungen unnötig."_ - "Die hiesigen Männer richteten Sensen, Gewehre und andere Waffengattungen zusammen" - man staunt über das Waffenarsenal der Pfarre Sittendorf!

Für das Jahr 1850 und folgende wurden <drei> neue Tauf- Trauungs- und Sterbeprotokoll<bücher> angeschafft._ Im Juni desselben Jahres wird vermerkt: "Der Stadel wurde um 1 Schuh gehoben und untermauert, der Dresch=Tenn neu gelegt, der Rauchfang ausgebessert und zugedeckt." - "Der Stadel wurde um 1 Schuh gehoben" - die Aula entwickelt sich!

Am 29. Juni 1850 findet in der neu konstituierten vereinigten Gemeinde Sittendorf - Dornbach die erste Wahl der Gemeindevorsteher statt. Um 7 Uhr beginnt sie mit der Frühmesse, um 8 Uhr wird im hiesigen Gasthauslokale zur Wahl geschritten. Gemeinderichter wird der bereits erwähnte Josef Sulzer, Wirtschaftsbesitzer in Sittendorf 39. Nach geschlossenem Protokolle - 12 Uhr mittag - begeben sich die Gemeindevorsteher in die Pfarrkirche zur Eidesablegung, wobei auch von den Gewählten das Meßbuch geküßt wird; die Zeremonie schließt mit Te Deum und eucharistischem Segen._

Am 8. November 1850 wird der Kirchendachboden mit Ziegeln gepflastert. - Um den Jubiläumsablaß zur erhalten zog man in der Zeit zwischen 15. November - 14. Dezember 1850 dreimal in Prozession von der Sittendorfer Kirche nach einer heiligen Messe in die Gaadener Kirche zum eucharistischen Segen, dann in die Heiligenkreuzer Kirche zum eucharistischen Segen und wieder in die Sittendorfer zurück, wo ein abschließender eucharistischer Segen mit Te Deum gehalten wurde._ - Damals konnte ein Sittendorfer Pfarrer noch etwas energischer seine Schäfchen durch die Himmelstür treiben!

"Am 6. Dezember früh um 8 Uhr wurde in dem hiesigen Gasthauslokale unter Leitung eines Offiziers die Conscriptions-Revision vorgenommen. Die Aufschreibungen geschehen doppelt: a) für die k. k. Bezirkshauptmannschaft - von einem Militärschreiber, b) für die hiesige Gemeinde von einem Gemeindeschreiber. - Der Pfarrer hatte mit seinen Tauf- und Sterbprotokollen dabei gegenwärtig zu sein. Die pfarrliche Seelenbeschreibung leistete wesentliche Dienste zur schnelleren und sicheren Vollführung des Geschäftes."_

18. April 1851: "Wegen des großen, belästigenden Luftzuges wurde vor dem Eingang in die Sakristei auf Kosten des Stiftes Heiligenkreuz ein hölzernes Vorhaus gebaut." - 24. - 28. Juni 1851: "Da die Orgel in der hiesigen Pfarrkirche schon sehr schadhaft war, so ließ das Stift Heiligenkreuz dieselbe durch Herrn Erler jun. Aus Wien reparieren und in ganz brauchbaren Zustand herstellen." - Ein neues Pfarrsiegel wurde besorgt, "sowohl zum Wachs- als auch zum Schwarzdruck Gebrauche".

Zum erstenmal lese ich 1855 von der Wallfahrt zur Cholerakapelle am 15. August.

Da überrascht mich folgende Eintragung 1859, sie müßte aus der Hand von P. Dr. phil. Hermann Umdasch stammen, falls meine Research stimmt: "Die sehr baufällig gewordene alte Kirche, die ganz von Tuffstein erbaut <ist>, wurde durch 2 starke Schutzpfeiler und gezogene eiserne Schließen, die im Hinterteil der Kirche angebracht und respektive durch den Chor gezogen wurden, vor weiterer Gefahr geschützt. Bei dieser Gelegenheit wurde das Innere der Kirche durch einen Anwurf von hydraulischer Kalke und Übertünchung renoviert, auch die Fenster in der ganzen Kirche neu von außen angeschlagen, um dieselbe gegen die Nässe, die sich durch nur inwendig angebrachte Fenster im Innern der Kirchenwände verbreitete, zu bewahren, auch wurde die alte schadhafte Friedhofmauer gänzlich entfernt ... An die Stelle der alten gänzlich unbrauchbaren Orgel wurde eine neue von den Brüdern Erl in Wien erbaute Orgel mit 6 Registern angeschafft."

1862: "Herr Bürgermeister Leopold Tromayer hat vor der Kirche 4 Stück Lindenbäume pflanzen lassen. Herr Förster Endele Xaver ließ ein neues Kripperl zu Weihnachtsfest verfertigen."

1863 wurde die mittlere Glocke, nachdem sie "zersprungen" ist in Wiener Neustadt von Herrn Ignaz Hilzer umgegossen und am 21. Juni vom H. H. Abt von Heiligenkreuz mit großer Assistenz geweiht.

1864 lese ich erstmals von einem Kuhstall im Pfarrhof. - 1866 leistet sich die Pfarre Sulz neue Kreuzwegbilder und übergibt ihre alten der Pfarre Sittendorf.

1866 ist die große Glocke zersprungen und vom Wiener Neustädter Herrn Ignaz Hilzer umgegossen und am 10. Mai geweiht worden. - Bisher habe ich 4 zersprungene Glocken in der Geschichte Sittendorfs gezählt. - Ich staune über die vitalen Läuterbuben! - 1871 erhält die Kirche ein neues Schindeldach, die dazu erforderlichen 30.000 Stück werden im Pfarrhof angefertigt; die Kirche wird innen und außen gefärbelt._ - Am 18. Und 19. April 1877 wird statt der schadhaften hölzernen Rohrleitung eine eiserne Rohrleitung von der Brunnenstube durch den Garten gelegt. - "Die Betstunde am heiligen Rochustage (16. August) wurde in diesem Jahre nicht mehr bei der im Orte befindlichen Kapelle, sondern - unter allgemeinem Beifalle und sehr zahlreicher Betheiligung - im Gotteshause abgehalten unter Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes."_ - 1877 wurde wieder einmal der Hochaltar renoviert, der Seitenaltar, "welcher dem Zerfalle so ziemlich nahe war" zerlegt, nach Heiligenkreuz gebracht, "was sich nicht ausbessern ließ, neu gemacht", die Kirche innen und außen "hin und wieder" verputzt und ganz "geweißiget"._ - Der Seitenaltar wird mit einem neugemalten Bild der Himmelfahrt Mariens am 15.-17. Juli 1878 wieder aufgestellt.. - Aus dem Nachlaß von Abt Edmund Komáromy wird eine Kreuzpartikel "in einer Einfassung aus unedlem Metalle aber von gefälliger Form" von der Kirche Sittendorf "angekauft"._ - Am 21. August 1878 erhält die Kirche Sittendorf zwei neue Altarsteine, die zu Staub zerfallenen heiligen Reliquien (Hochaltar: des heiligen Märtyrers Sebastian, der heiligen Jungfrau und Märtyrerin Victoria und des heiligen Märtyrers Justinus; Seitenaltar: der heiligen Märtyrerin Vincentia und der heiligen Märtyrerin Patientia) am Karsamstag mit den Resten der heiligen Öle verbrannt. - Die jährliche Wallfahrt zur Cholerakapelle am 15. August 1878 ist "bei 40 Personen stark".- Am 21. September 1878 erhält die Kirche von der Familie des Herrn Wenzeslaus Kole(ek, k. k. Oberinspector der General-Inspection der österreichischen Eisenbahnen, "ein silberplattiertes Rauchfaß samt Schifferl."

                "Im Winter von 1878-1879 wird die erste Brunnenstube (Quelle) auf einer zum Haus Nr. 36 gehörigen Wiese ausgeräumt und mit einem Pfosten überdeckt, daß gleichend die erste Öffnung (oben auf dem zum Hause Nr. 17 gehörigen Acker) bloß gelegt und gut ausgeräumt, - und die eisernen Röhren von dieser Öffnung an bis zur Brunnenstube (an der südwestlichen Ecke des pfarrlichen Gartens - aber außerhalb dieses Gartens) mittels der Reinigungskette gut gereiniget." - Überrascht bin ich über die Beichtgelegenheit ab 5 Uhr morgens anläßlich eines Jubiläums Seiner Heiligkeit Leo XIII. von Osterdienstag bis Pfingstsonntag von 5-7 Uhr täglich an Wochentagen an Sonntagen von 5-8 Uhr, an Samstagen von 5-7 Uhr vormittags und 5-8 Uhr nachmittags.

                Vom 15.-31. Juli 1880 wird die Friedhofsmauer ausgebessert und ein neues Gittertor eingesetzt. Genau die Hälfte der Maurerarbeiten zahlte der ehemalige Wirtschaftsbesitzer Joseph Sporrer Nr. 12 allein, die andere Hälfte die "löbliche Pfarrgemeinde Sittendorf". - Vom 7.-10. August wurde die gesamte Wetterseite der Kirche außen (auf der rechten Seite vom Haupteingang aus) abgeschlagen und mit "hydraulischem Kalke" angeworfen und gelb angestrichen." Damit steht fest, die Lieblingsfarbe unserer Kirche ist gelb. Das ist die Erstnennung in der Chronik, was die Außenfarbe unserer Kirche betrifft.

                Das ist eine Enttäuschung: jetzt sind immer noch hölzerne Wasserleitungsrohre nach der Eintragung vom Mai 1881 im Pfarrhofgarten. Ich wähnte bereits eiserne dort zu haben!

                Seit 1. Juli 1882 ist Rohrberg und Vogelgraben von Sittendorf "ausgepfaret" und nach Sulz "eingepfaret" worden. - "Am 8. Oktober <1882> fand eine Einweihung der neu gegründeten Schule in Sparbach statt; die Sparbacher Kinder kommen von da an nicht mehr nach Sittendorf in die Schule; der Religionsunterricht wird von Gaden aus besorgt. - Im Herbste wurde ein neues Vorhaus <vor das Pfarrhaus> hergestellt."

                1886 wird die Orgel von Herrn Johann Kaufmann in Wien, Mariahilf, Stumpergasse 48 repariert. Es wurden "die kreischenden Stimmen herausgenommen und durch sanfte (Gamba und Gedeckt) ersetzt." - "Nachträglich sei noch zum Punkt Orgel bemerkt, daß durch die Anbringung der 2 sanften Register der ganze Orgelkasten mit Pfeifen vollgestopft wurde und der Organist zum Altare nicht sehen konnte. Mithin wurde zu einem Spiegel Zuflucht genommen, wie er jetzt angebracht ist und so kann man vom Sitze der <Orgel> mittels des Spiegels zum Altare sehen."_

                P. Leopold Je(abek schreibt: "Es kommt einem sehr schwer vor dieses Jahr <1891> mit einem Trauerspiel zu beginnen. Indessen es muß sein. - Durch die Schlauheit der Dornbacher einerseits und durch die Lauheit der Sittendorfer andererseits wurde in dem Jahr 1891 die ganze Gemeindevertretung (durch Wahl) nach Dornbach verlegt. Der Sitz des Ortsschulrates ist jedoch Sittendorf. Die Wasserleitung in der Gemeinde wurde neu hergestellt. Die frühere größtenteils schadhaften Holzröhren wurden durch gußeisene ersetzt. Die Quelle unter der Kirche wurde gedeckt und geschlossen und mit einer Pumpe zum Gebrauche für die umliegenden Häuser versehen."_ - Auch die Pfarrhofwasserleitung erhält Eisenrohre und wird bis zur Quelle beschrieben. - "Die Zeit war regnerisch windig und darauf kalt. Bei diesen starken Winden hat sich das Turmkreuz umgebogen und blieb in dieser schiefen Stellung bis zum 30. Jänner 1892, an welchem Tage es samt der Kugel um die Mittagszeit nach dem Läuten (5 Minuten) herabfiel." Das Dekanat Heiligenkreuz wird geschaffen, zu dem Sittendorf nun gehört, die Kirche innen und außen ganz gefärbelt, die morschen Kirchenstühle erneuert, teilweise das Kirchendach ausgebessert, das Loch_ zur Gruft geöffnet, "der ganze Schutt herausgeschafft und durchgeworfen. Dabei fand man von einer Menge Kleingebein einen ziemlich gut erhaltenen Rumpf eines Neudecker Ritters zu Wildegg samt Schädel und 2 andere scheinbar neueren Datums, einer davon durchgesägt und gut erhalten._ Alles wurde auf einer hölzernen Bank, die der Schreiber machen ließ, gebracht, aufgestellt und die Öffnung vermauert. Ferner fanden sich vor die 5 kupfernen Aufschrifttafeln der Ritter von Neudeck, wovon 2 sehr gut erhalten und leserlich sind."_ Schließlich wird noch der Fund eines goldenen Ringes und einer Goldmünze vermerkt._

                P. Leopold Je(abek war "auch als Cassier bei der hiesigen Feuerwehr tätig."_ Auch sein Nachfolger P. Heinrich Sekyra wurde "zum Cassier der Feuerwehr gewählt"._ - "Am 13. September <1903> hat Sr. Gnaden, der Hochw. Hr. Prälat Dr. Gregor Pöck bei unfreundlicher Witterung und bei ausgespannten Regenschirmen das neue Friedhofskreuz eingeweiht."_

                Im Jahr 1907 vermerkt bereits Pfarrer Hugo Presch, daß der Wiener Fabrikant Robert Bergmann und seine Gemahlin Ida, die oberhalb der Waldvilla (e(ula, am Rande des Füllenbergerwaldes eine kleine Villa erbauten, den "lieben Sittendorfern" eine zwei Zifferblätter aufweisende Turmuhr im Werte von 1200 Kronen zum Geschenk machten. Erneut wurde die Orgel vollständig repariert._

                1908 wurde der Seitenaltar durch einen neuen ersetzt, das angebliche Modell des früheren Heiligenkreuzer Hochaltares wegen gründlicher Reparatur entfernt._ Am 1. Juli desselben Jahres wurde die "Visitation und Religionsprüfung der Schulkinder" durch Weihbischof Dr. Godfried Marschall mit Triumphbogen am Eingang des Dorfes, weißgekleidetem Schulkind, Musikkapelle, Böllerschüssen, Fahnen und Girlanden reichlich geschmückten Straße begangen._

                P. Marian Chocensky vermerkt, daß am 27. August 1910 seine Schwester, Frau Sofio von Gadzi(ski, Hauptmannsgattin in Krakau, nachdem sie 11 Wochen bei ihm gewohnt hat, ein weißes Meßkleid mit Goldstickereien im Wert von 350 Kronen spendete._ - Bei der Volkszählung am 31. Dezember 1910 zählte die Gemeinde Sittendorf 508 Einwohner, Dornbach 224, Sittendorf 284. Zu Beginn des Schuljahres 1919/11 zählte die hiesige Volksschule 108 Kinder, 35 Knaben und 53 Mädchen. Im Jahr 1910 wurden 4 Paare getraut und 1 Paar zur Trauung nach Maria - Taferl entlassen. Legitimiert wurden 5 Kinder, geboren 15, darunter 1 totgeborenes und 1 bloß notgetauftes, 7 Personen sind gestorbenen, darunter 1 Ortsfremder._

                In der Ortschulratsitzung vom 22. Jänner 1911 verlangen die Dornbacher die sofortige Errichtung einer Filialschule in Dornbach; schließlich wird beschlossen, die verlangte Schule erst nach 3 Jahren ins Leben zu rufen, bis nämlich die auf der Sittendorfer Schule lastenden Schulden getilgt sind._

                Einige Seiten danach findet sich die Eintragung: "Am 27. Juni. <1911> abends wurde die verheiratete Ausnehmerin Theresia Lintinger, eine dem Alkohol und dem Tabak frönende Greisin in ihrem Zimmer tot aufgefunden, nachdem sie sich noch im Laufe des Nachmittags ihr geliebtes Rumfläschchen beim Kaufmann hatte frisch einfüllen lassen."_

                Am 11. November 1912 verstarb der hiesige Schulleiter Rudolf Bittmann nach sechstägigem Krankenlager an Lungenentzündung. Am 3. November versah er noch den Chordienst, am 6. November erteilte er den letzten Unterricht. Sein Begräbnis war am 13. November; der Gaadener Kirchenchor sang Trauerlieder, der Oberlehrer von Gaaden Leopold Schneider hielt einen Nachruf, "der kein Auge trocken ließ". Rudolf Bittman war Absolvent des Brünner Gymnasiums, hatte anscheinend wiederholt "domesticas controversias cum uxore sua", d.h. "häusliche Auseinandersetzungen mit seiner Frau", starb im 50. Lebensjahr und hinterließ eine Witwe mit 3 größeren, aber noch unversorgten Kindern._ - Am 24. Februar 1913 bekam die hiesige Volksschule eine neuen Schulleiter in der Person des Herrn Josef Reis, der seit 16. November 1912 zur aushilfsweisen Dienstleistung der Schule in Sittendorf zugewiesen war. Der neue Schulleiter wird als "sehr musikalisch" beschrieben, der "die Orgel tadellos spielt" und "den Kirchengesang in der kürzesten Zeit ganz bedeutend gehoben" hat._ Daraufhin wird Ende April 1913 die Orgel der hiesigen Pfarrkirche von der Firma Josef Ullmann und Sohn in Wien einer gründlichen Reparatur unterzogen, der Blasebalg wurde neu beledert, ein neues Pedal eingesetzt, das Spielwerk ausgestaubt und neu gestimmt._

                Am 10. Mai 1913 verstarb im 74. Lebensjahre an Magenkrebs im Pfarrhof die Mutter des hiesigen Pfarrers P. Marian Chocensky, Frau Anna Chocensky, geborene Kaufich, Kaufmannswitwe. Sie wurde von ihrem Sohn im hiesigen Ortsfriedhof am 12. Mai bestattet._

                In der Zeit vom 10. Oktober bis 14. November 1913 herrschte in unserer Pfarre die Maul- und Klauenseuche._

                Am 31. Juli 1914 wurde durch ein Telegramm auch in Sittendorf die allgemeine Mobilisierung angeordnet. Die Entsprechenden Angaben fehlen, weil der Schreiber anscheinend nachfragen wollte und für die entsprechenden Zahlen im Text einen entsprechenden Platz aussparte, der aber bis heute leer blieb. Am 20. August wurde auch das zweite Aufgebot, die 37 - 42 jährigen Landsturmpflichtigen einberufen, die in entsprechenden Etappen einrücken mußten. Bis zum 27. November sind von der Gemeinde Sittendorf 46 Männer der Jahrgänge 1872 - 1893 eingerückt, darunter auch der hiesige Schulleiter Josef Reis und der hiesige Mesner Anton Beer._ - P. Marian, der neben zahlreichen sonderbaren Wetter- und Ernteberichten ebensoviele Zeitungsausschnitte in die Chronik klebte, bringt zwei mit der Überschrift Sittendorf. Der erste berichtet über eine hochherzige patriotische Tat. Der Wiener Hof- und Gerichtsadvokat Dr. August Periz, der die Sommermonate schon seit einer Reihe von Jahren in unserem stillen Orte verlebt stellt den armen Familien in Sittendorf und Dornbach, die Kriegsteilnehmer hat, "für die Dauer des Feldzuges" monatlich im ganzen 500 Kronen zu Verfügung, die durch das Bürgermeisteramt zu Auszahlung gelangen. - Der zweite Zeitungsausschnitt vermeldet, daß die Holzhauerswitwe Frau Josefa Mathauser, Kleinhäuslerin in Sittendorf sieben Söhne als Soldaten einberufen hat.

                Die Schule beginnt mit dem Aushilfslehrer Hans Wallisch "ganz normal". - Die Kriegsanleihe wird erwähnt, Schulkinder sammeln Weihnachtsgaben für die "im Felde stehenden Krieger". Von den Schulmädchen werden Schneehauben, Puls- und Kniewärmer für die Soldaten verfertigt._ - An Stelle des interimistischen Schulleiters Hans Wallisch, der zum Waffendienst einberufen wird, kommt 1915 Karl Schwabl, geb. 1888, der bisher in Mödling an Schulen tätig war. - In Wien grassieren die Blattern, man läßt sich dagegen impfen._ - Am 11. Februar 1915 stirbt im Stift Heiligenkreuz mit 45 Jahren Dr. phil. P. Florian Watzl, der wiederholt in Sittendorf die Fronleichnams-Prozession hielt oder predigte._ - Im April 1915 wird durch die Schuljugend die "patriotische Kriegsmetallsammlung" durchgeführt, alle entbehrlichen Metallgegenstände abgegeben, was 13 kg Kupfer, 45 kg Messing, 65 kg Blei und 9 kg Unsortiertes ergab._ - Bald danach werden die Lebensmittel rationiert, man beginnt beim Brot: Brotkarten werden von der Gemeinde ausgegeben._ - Am 16. Mai 1915 wird erneut der Schulbau in Dornbach in einer Ortsschulratssitzung verschoben._ - 12 - 14. jährige, die in der Landwirtschaft helfen, brauchen nicht in die Schule gehen, was alle "Faulpelze und Schulstürzer" ausnützen. Die Landsturmpflicht wird bis zum 50. Lebensjahr ausgedehnt (früher bis zum 42. vollendeten)._ - Da der Pfarrverweser von Gaaden P. Alberik Rabensteiner freiwillig zum Felddienst meldete, übernimmt der Sittendorfer Pfarrverweser P. Marian Chocensky die Seelsorge, Kanzlei und Religionsstunden in Gaaden und Sparbach. Der provisorische Schulleiter Karl Schwabl wird zum Bürgerschullehrer in Mödling befördert, die hiesige Schulleiterstelle übernimmt Arthur Haselrieder (geb. 7. Oktober 1893 in Fischamend und nach Wien zuständig), kann jedoch nicht die Orgel spielen und so kommt ein Stiftskleriker des 3. Jahrganges Frater Malachias Konwalina an Sonn- und Feiertagen, um die "Königin der Instrumente" zu spielen._ - Vom 29. September - 2. Oktober wird eine Sammlung von Wolle, Kleidern, Strümpfen, Unterwäsche, Teppichen und alle Arten Kautschuk fürs Militär durchgeführt._ - 30 Kriegsgefangene Russen übernehmen in Heiligenkreuz Feld- und Waldarbeiten und bewähren sich ganz gut._ Anschließend liest man von Preissteigerungen, Wuchergesetzen, Höchstpreisverordnungen und der dritten Kriegsanleihe._ - Anfangs Jänner 1916 stellt der hiesige Jagdpächter Dr. August Periz seine oben erwähnte Unterstützung ein, weil sie teilweise mißbraucht wurde._ - "Am Ostersonntag wurde hier eine vierstimmige Messe aufgeführt (der Kleriker Fr. Malachias, der Familiar des Stiftes Hermann Nigg, Fräulein Rosa Hirsch_ und ein Sängerknabe); für unseren Ort ein Ereignis."_ - Am 30. April 1916 wird die Sommerzeit eingeführt._ - Am 15. Mai 1916 übernimmt der hiesige Schulleiter Josef Reis wieder seinen Dienst. Am 27. Juli 1914 einberufen, nahm er an den Kämpfen gegen Serbien teil, wo er am 18. November 1914 verwundet wurde: Durchschuß der linken Hand, des Magenmundes und der rechten Lunge und beim Rücktransport Erfrierung der beiden Füße. Infolge der Steifheit der linken Hand konnte er den Chordienst nicht übernehmen. - Die vierte Kriegsanleihe wird erwähnt, die den Sieg verheißt._ Am 25. Juni 1916 hält der Hohenfurther Professor in Heiligenkreuzer P. Dr. Josef Tibitanzl die Fronleichnams-Prozession._ - Erneut wird eine Metallsammlung durchgeführt und am Sonntag, den 30. Juli 1916, also am zweiten Jahrestag des Kriegsbeginnes, eine Generalkommunion der Schulkinder nach der Meinung des Heiligen Vaters "um Erlangung eines baldigen Friedens" veranstaltet. In Sittendorf gingen 50 Kinder zu den heiligen Sakramenten._ - Die Erhöhung des Bierpreises, die polizeiliche Besichtigung in Privathaushaltungen an fleischlosen Tagen - nun Montag, Mittwoch, Freitag - und die Einführung der Fettkarten scheinen den Chronikschreiber empfindlich geschmerzt zu haben. - Die bereits erwähnte - nun 60 jährige Frau Johanna Mathauser - hat jetzt neun Söhne im Feld. Frau Mathauser erhält am 9. September den Besuch Ihrer k. Hoheit der Erzherzogin Isabella, der Gemahlin des Feldmarschalls Erzherzogs Friedrich, die ihr eine Hundertkronennote überreicht._ - Steuerzuschläge, eine Zündmittelsteuer, "wucherische Zurückhaltung" und neue Briefmarken werden beschrieben. - P. Dr. Alois Wiesinger - der spätere Abt von Schlierbach - wird nun stabiler Seelsorger in Gaaden, dem Sittendorfer Pfarrer P. Marian Chocensky bleibt jedoch die Katechetenstelle in Sparbach._ - Es folgen Abgaben, Sammlungen, das Verbot der Gräberbeleuchtung zu Allerseelen, die Wiedererrichtung des Königreiches Polen_, das Angebot, die 5. Kriegsanleihe zu zeichnen und der Tod des Kaisers Franz Josef im Schönbrunner Schloß am 21. November 1916 um 9 Uhr abends im 86 Jahr seines Lebens (geb. 18. August 1830) und dem 68 Jahr seiner Regierung (seit 2. September 1848). Inmitten von Fieberqualen hat er sich noch am letzten Tage seines Lebens zur Arbeit gezwungen und nachdem er über sein Verlangen um 6 Uhr abends zu Bett gebracht worden war, ordnete er an, am nächsten Tage um ½ 4 Uhr früh geweckt zu werden, welcher Befehl jedoch nicht mehr ausgeführt werden konnte. Am 30. November, dem Begräbnistag Seiner Majestät fand in Sittendorf ein feierliches Requiem mit Libera statt. Der derzeitige Organist Frater Ottokar aus dem Stift Heiligenkreuz führte mit noch 2 Klerikern eine dreistimmige Messe auf._ Durch eine spätere Notiz, erfährt man, daß Frater Ottokar den Familienname Holzer trägt und am Weihnachtstag 1916 mit den hiesigen Chorsängerinnen, zumeist Schulmädchen eine vollständige lateinische Messe "exekutierte".

                1917 hat es in der Kirche minus 2 Grad; das Weihwasser im Holzbottich war bis zum 27. März eingefroren! - Einige Seiten darauffolgend ist zu lesen: "Da es an Mehl, Brot und Erdäpfeln auch auf dem Lande mangelt, ist die Not schon eine ganz arge, das Durchhalten wird immer schwieriger. Interessant ist die Tatsache, daß man auch Pflanzen, die bisher als Unkraut bekannt waren, wie Brennessel, Allium ursinum, Bärenlauch (übrigens ein guter Spinatersatz) als Gemüse verwendet werden."

                "Am 23. Februar 1917 nach der 1. diesjährigen Kreuzwegandacht wurden von den 3 Glocken unserer Kirche zwei zum Kriegsdienste einberufen. Die Abnahme vollzog sich ohne jede Vorarbeit oder Gerüstaufstellung in dem Zeitraume von einer knappen ½ Stunde. Die beiden Glocken wurden in der Glockenstube abmontiert und sodann durch das Turmfenster hinabgeworfen. Bei diesem ‘Fenstersturze’ ging die größere, die - weil zersprungen - schon lange Zeit nicht mehr geläutet wurde, in Trümmer, während die kleinere unversehrt blieb. Die größere Glocke, 68 cm Durchmesser und 147 Kilogramm schwer mit dem Relief ‘Christus am Kreuz’ wurde im Jahre 1892 von Peter Hilzer in Wr. Neustadt gegossen, die kleinere, 44 cm, 49 kg schwer mit dem Relief ‘Christus am Kreuze und Maria mit dem Jesukinde’ stammt aus den Jahren 1837, gegossen von Jakob Korrentsch in Wien. Die einzige noch verbliebene mittlere Glocke 52 cm mit dem Relief ‘Madonna mit dem Kinde’ (Peter Hilzer 1863) wurde somit ‘ancilla pro omnibus’."_ - "Ein Paket Landtabak wird künftighin aus vier Fünftel Tabak und einem Fünftel Birkenblättern bestehen," meldet ein Zeitungsausschnitt. - "Nun klappern viele Kinder mit schweren Schuhen daher, deren Oberleder ganz roh und deren Sohlen aus Holz sind. Selbst diese plumpen Surrogate sind teuerer als die feinsten Lederschuhe ante bellum <vor dem Krieg>."_ - Am Ostermontag wird die Bevölkerung vor Sabotageakten feindlicher Agenten von der Kanzel aus gewarnt. - Erzbischof Friedrich Gustav Piffl ordnet an, daß bei den diesjährigen Firmungen kein Patenzwang besteht, da sonst viele Firmlinge der Firmung fernblieben, zumal es in diesen so teuren Zeiten an Paten mangelt._ - Eine 6. Kriegsanleihe wird auch in Sittendorf angeboten._

Eine sehr unliebsame Begleiterscheinung dieser unseligen Kriegszeit ist das Überhandnehmen von Eigentumsdelikten, wie Einbrüchen, Feld- und Gartendiebstählen. Auch unser Ort wird von Diebsgesellen heimgesucht, denen es wiederholt gelingt, in manchen Bauernhäusern eine ganz respektable Beute zu machen. So wird dem hiesigen Bauer Franz Maschla 30 kg Schweineschmalz, in diesen Zeiten ein gar kostbarer und auch nicht um Geld zu habender Artikel, Selchfleisch, Eier im Werte von 600 Kronen gestohlen, unserer Nachbarin, der Theresia Mathauser wird ein lebendes Jungschwein entführt und der hiesigen Stiftsgasthauspächterin Maria Größing ein Bienenstock entwendet! Den größten Unwillen aber erregen die zahlreichen Feldplünderungen, zumeist zur nächtlichen Zeit, bei welchen es die Diebe namentlich auf die heuer so raren Kartoffeln abgesehen haben, die - wenn auch noch unreif - zu Hunderten herausgerissen werden; auch Getreideähren werden "requiriert", d. h. mittels Scheren abgeschnitten. Nicht bloß arme, sondern auch reiche Leute nehmen an diesen Diebstählen teil, gegen die auch die Flurwache machtlos ist. Auch im hiesigen Pfarrgarten wird am 20. August gerade um die Mittagszeit ein junger akademischer Maler aus Wien, et quidem ex honesta familia oriundus <aus einer ehrenwerten Familie>, beim Obstdiebstahl erwischt und dem Bürgermeister überstellt, der ihm den wohlgefüllten Rucksack - der in diesen Zeiten eine sehr wichtige Rolle spielt - abnahm und eine Geldstrafe von 10 Kronen auferlegt. Die Eisenbahndiebstähle sind auch an der Tagesordnung, nicht bloß einzelne Frachtgüter, Kisten und Gepäckstücke, zumal wenn Eßwaren, Wäsche, Kleider und Schuhe enthalten sind, werden spoliiert <geplündert>, sondern auch ganze Waggons, wenn auch plombiert, erbrochen und ausgeraubt. Anfangs Oktober werden aus der elektrischen Kraftanlage von Mödlinger - Hinterbrühler Straßenbahn der kostbare Treibriemen entwendet und von den Dieben behufs Sohlenledergewinnung zerstückelt. Infolgedessen bleibt der Betrieb dieser auch für Sittendorf so wichtigen Strecke durch 2 Tage eingestellt.

Durch die Unvorsichtigkeit eines rauchenden Grasmähers entsteht am 24. August um 5 Uhr nachmittags in der Neukultur des unseren Ort überragenden "kleinen Buchkogels" vulgo "Schusterkogels" ein Brand, der sich bei der nun herrschenden Dürre und Trockenheit unheimlich schnell ausbreitet und den angrenzenden Jungwald ergreift, in welchem er sich gerade in die Richtung gegen die Waldvilla und den Pfarrhof Bahn zu brechen sucht. Nur durch das zielbewußte Zusammenwirken der Ortsinsassen, die sich ohne Unterschied der Stellung, des Alters und Geschlechtes an der Eindämmung des Brandes eifrigst beteiligt, gelingt es, das gefräßige Element in seinem verheerenden Laufe aufzuhalten und zu dämpfen. Die von Heiligenkreuz, Sulz, Sparbach und Gaaden herbeigeeilten Feuerwehren besorgen das Ablöschen der zahlreichen noch glimmenden Baumstümpfe. Als ein großes Glück muß es bezeichnet werden, daß der tagsüber so heftig wehende Wind gerade zur Zeit des Brandes aussetzt, sonst wäre wohl Sittendorf ein Raub der Flammen geworden.

Am Anbetungstag 5. Oktober 1917 wird erstmals als hiesiger Regenschori ein Herr Hornschall genannt. - Etliche Seiten danach erfährt man, daß Johann Hornschall bereits 68 Jahre alt ist, 1849 in Kaltenleutgeben geboren, das Schusterhandwerk erlernte und dann als Musiker jahrelang in der Kurkapelle in Kaltenleutgeben und sodann in Sauerbrunn tätig war und seit anfang Mai in Sittendorf als Organist und Regenschori agiert. - In den Monaten November und Dezember 1917 wird die 7. Kriegsanleihe zur Zeichnung aufgelegt.

Anfangs Februar 1918 stoßt der stiftliche Forstadjunkt von Siegenfeld anläßlich eines Pirschganges in dem einerseits von der Gaadener- und andererseits von der Sittendorfer - Heiligenkreuzerstraße begrenzten Wald auf einem im Dickicht versteckten, feldmäßig angelegten Unterstand, in dem zwei entsprungene russische Kriegsgefangene hausten, die - als sie sich ertappt sehen - sofort das Weite suchen und leider nicht eingeholt werden können. Die genauer Durchsuchung ihres wohnlich eingerichteten und mit Tür und Fenster versehenen Waldquartiers fördert viele Gegenstände zu Tage, die von den in Sittendorf und der nächsten Umgebung verübten Einbrüchen und Diebstählen herrühren. Nach der Austreibung dieser "spelunca latronum" <Räuberhöhle> hören wie mit einem Schlage die Einbrüche auf, um einige Wochen später ihre Fortsetzung zu finden. Daß es den beiden Troglodyten <Höhlenbewohner> recht gut ging, beweist der große Knochenhaufen nächst ihres Heimes._

Daß wir in einer höchst kritischen Zeit leben, bezeugen die vielen Beschlagnahmungen oder - nobler ausgedrückt - Requisitionen, von welchen nicht einmal die Kirchen verschont bleiben. Nachdem im Vorjahrs 2/3 der Kirchenglocken abgeliefert werden mußten, kommen heuer die Prospektzinnpfeifen der Kirchenorgeln an die Reihe. Bei uns erfolgt der Ausbau der betreffenden Zinnpfeifen - Prinzipal 8 Fuß - durch den Orgelbauer Josef Ullmann, Wien VIII, Lederergasse 28 "Mölkerhof". Die Metallausbeute der eingezogenen 27 Pfeifen beträgt 18 kg 70 dkg; vergütet wurden sie vom k. u. k. Kriegsministerium mit nur 15 Kronen pro kg! - Im Handel kostet 1 kg Zinn 80-100 Kronen. Anfänglich sollten nur die Prospektpfeifen der Orgeln mit mehr als 8 Registern_ der Beschlagnahme verfallen, später aber wird die Inanspruchnahme auf alle Orgeln ohne Unterschied der Registerzahl ausgedehnt; nur jene Werke, die einen besonderen kunsthistorischen oder musikalisch künstlerischen Wert besitzen, werden geschont. Aus diesem Grunde bleiben die beiden Orgeln in Heiligenkreuz völlig intakt. Bei uns erfolgt der Ausbau am 5. April 1918. Gewährt nunmehr das Gehäuse einen unschönen Anblick, so hat doch die Spielbarkeit fast gar nicht gelitten.

Das Stiftsgasthaus in Heiligenkreuz hat vom 1. Oktober 1917 an bis auf weiteres gesperrt. Die beiden Gasthäuser in Sittendorf können jedoch ihren Betrieb fortsetzen, da sie zumeist Getränke, Wein und hie und da auch Bier ausschenken und da die hiesigen Bauern infolge ihres erträglichen Holzhandels - für 1 Meter! Holz nach Mödling zugestellt, verlangen sie 50-60 Kronen - über viel Geld verfügen, auch stark frequentiert werden. Im hiesigen Stiftsgasthaus wird nur an Sonn- und Freitagen für die noch immer zahlreichen Touristen aufgekocht. Das Gasthaus der Anna Berger unterhalb der Kirche wird allerdings im Juni 1918 wegen der enormen Lebensmittel- und Weinpreise geschlossen._ Die nachfolgenden Seiten künden vom Schleichhandel und schließlich vom Zusammenbruch der staatlichen Versorgungswirtschaft und der Hungersnot im Land._ - Glänzend bezahlt sind die Munitionsarbeiter und die in Kriegsbetrieben Bediensteten. Wochenlöhne ab 120 Kronen aufwärts, sind allgemein. Junge, kaum der Schule entwachsene Mädchen verdienen täglich 10-13 Kronen und noch mehr und sind überdies unzufrieden, da sie fast alles für ihren Putz verwenden._ Nach der Auflistung horrender Preise folgt die Feststellung: Die einzige Fleischgattung, die sich der Mittelstand noch kaufen kann, ist das Pferdefleisch 10-17 Kronen pro kg. Die arme Bevölkerung konsumiert Hundefleisch! Wegen der großen Milchknappheit ist der Preis für eine Ziege, die im Frieden schon um 8 Kronen zu haben war, geradezu fabelhaft gestiegen. Für eine gut melkende Ziege werden 500 Kronen und noch mehr geboten. - Zweiundzwanzigtausend (22.000) Kronen für einen Stier. Es ist bekannt, daß die Höhe der Rindviehpreise bereits alle menschliche Vorstellung übersteigt._

Am 28. Mai 1918 wurde die 8. Kriegsanleihe zur Zeichnung aufgelegt. Schließlich folgt die Geldentwertung durch Notenüberflutung oder Noteninflation und ein Zeitungsausschnitt über die Hinrichtung des Exzaren Nikolaus II. in Jekaterinburg 16. Juli 1918._

"Aus der Strafanstalt Möllersdorf sind über 200 Sträflinge nach Überwältigung der Aufseher ausgebrochen," kann man in einem Zeitungsabschnitt lesen und in einem anderen: "Am Abende vor Allerheiligen erschienen bei einem hiesigen Wirtschaftsbesitzer fünf aus Möllersdorf entwichene Militärsträflinge und baten flehentlich um ein Nachtmahl und Quartier. Aus Mitleid nahm man sie auf und wies ihnen im Stalle eine Liegerstätte an." Und der Pfarrchronist vermerkt dazu: "Einige der entwichenen Militärsträflinge haben auch unseren Ort heimgesucht. Daß sie jedoch hier geplündert hätten, wie in einigen Wiener Blättern zu lesen war, ist eine arge Übertreibung. Der im <Zeitungs->Ausschnitte genannte Bauer ist der hiesige Bürgermeister Josef Tromayer."_

Am 17. Dezember 1918 erkrankte der bisherige Pfarrverweser P. Marian Chocensky an schwerer Melancholie, ein Leiden, das sich bereits in der Abfassung der Pfarrchronik bemerkbar machte infolge des Umsturzes und nicht zuletzt durch drückende Nahrungssorgen vollends zum Ausbruch kam. An seiner statt wurde der nunmehrige Pfarrverweser P. Stephan Harvanek mit der Excurrendo Provisur betraut, der wenige Wochen zuvor nach 4 jähriger Kriegsdienstleistung als Feldkurat, davon 18 Monate in Albanien, ins Stift zurückgekehrt war. Da er sich in Albanien zwar keine Malaria, wohl aber einen Lungenspitzenkatarrh zugezogen hatte, der im März zum Ausbruch kam, wurde er am 21. April durch P. Adalgott Benz abgelöst, der bis zum 1. September die Pfarre versah."_ - Die Wahlen zur provisorischen Nationalversammlung im Februar 1919 ergeben in unserer Gemeinde folgendes Resultat: Christlichsoziale 115, Sozialdemokraten 95, Deutschnationale 1; die Landtagswahlen am 4. Mai 1919: Christlichsoziale 139, Sozialdemokraten 59, Deutschnationale 1. Ergebnis der außerordentlichen Volkszählung am 31. Dezember 1919: Sittendorf 54 Häuser, 131 männlich, 128 weiblich, zusammen 259 Bewohner; Dornbach 38 Häuser, 113 männlich, 102 weiblich, zusammen 215 Bewohner. - Durch Landesgesetz vom 29. April 1920 wurde die politische Gemeinde Sittendorf geteilt in die Gemeinde Sittendorf und Dornbach. Da infolge der neuen Bundesverfassung Niederösterreich in zwei Bundesländer, Wien und Niederösterreich Land, geteilt wurde, wurden die Wähler am 24. April 1920 abermals zur Urne gerufen: Sittendorf: 85 christlichsoziale, 29 sozialdemokratische, 5 großdeutsche Stimmen; Dornbach: 44 christlichsoziale, 4 sozialdemokratische, 5 großdeutsche Stimmen.

"Die am 24. Februar 1917 abgelieferten Glocken harrten nur schon allzu lange auf einen Ersatz. Das Bedürfnis nach einem solchen wurde umso fühlbarer, als die noch übrige Glocke einen Sprung erhielt und im Verlauf kurzer Zeit mit der als Glockenersatz für Turmuhrschlag angebrachte Traverse an Häßlichkeit des Tones wetteiferte." Mit etwas Mühe konnte P. Stephan Harvanek 200 Raummeter Holz vom Stift erhalten, das Sittendorfer Wirtschaftsbesitzer nach Mödling zu einem Händler brachten. Somit konnten am 23. März die Glocken bestellt werden. - Es folgt die Unterschrift: Gesehen bei der Visitation am 30. Juni + Fr. G. Kard. Piffl.

Im Frühjahr 1924 erhält Sittendorf die langersehnte elektrische Beleuchtung. - Möglicherweise sind die beiden in der Kirche noch heute vorhandenen Engel - rechts und links vom Tabernakel - eine Anschaffung aus dem Jahr 1928. - Am 12. August 1928 feiert die Freiwillige Feuerwehr Sittendorf das Fest ihres 40 jährigen Bestandes. Im Dezember erfolgt die Gründung einer Heimwehrgruppe von ca 40 Mann._

"Am 2. Juni 1929, Sonntag nach Fronleichnam, wurde von unbekannter Frevlerhand, die an der Straße nach Heiligenkreuz stehende Marienstatue in mehrere Stücke gewaltsam zerschlagen. Über Initiative von Frau Ottilie Rudolf wurde unter den Frauen von Sittendorf eine Sammlung eingeleitet und eine Kopie der zerstörten Statue hergestellt, die am 1. September durch den H. H. Dechant P. Berthold Scheibenreiter im Beisein der Bevölkerung an Ort und Stelle geweiht wurde, woraufhin in der Kirche eine Sühneandacht abgehalten wurde." - Am 1. Dezember 1930 übernimmt Frau Rosina Kallinger den Organistendienst.

Erst 1932 erhält die Kirche durch den Elektriker Hubert Kehrn eine elektrische Beleuchtung, die am Anbetungstag (30. November) erstmals erstrahlt. In diesem Jahr wird zum erstenmal die Christmette um Mitternacht abgehalten unter zahlreicher Beteiligung selbst von Dornbach und Neuweg. - Für die Einübung der Lieder in Schule und Kirche kommt dem Pfarrverweser <P. Stephan Harvanek> die Kenntnis des Orgelspieles sehr zustatten, der auch die lauretanische Litanei und Sakramentsvesper als Organist vom Musikchore aus zu leiten genötigt ist. - Schließlich findet sich die Eintragung. "Gesehen am 1. Juni 1933 + Th. Kard. Innitzer."

Mit 7. November 1940 verließ P. Stephan Harvanek Sittendorf und Prof. P. Dr. Severin Grill zog in den Pfarrhof. P. Severin erwähnt erstmals das Lager der gefangenen Franzosen, wo er eine heilige Messe am 25. Dezember 1940 feiert und bewundert die schönen französischen Lieder und den zahlreichen Kommunionempfang der Lagerinsassen. - Die Gesänge der Karwoche am Chor besorgt Dr. Ludwig Mally (Eintragung vom 13. IV. 1941 Ostersonntag). - Mit 29. April 1941 übernimmt die Familie Schmölz in Dornbach die Reinigung der Kapelle und das tägliche Angelusläuten. Die Marienstatue von der Biegung der Heiligenkreuzerstraße, gegenüber der Pestsäule, kommt in den Garten von Dr. Mally und wird dort am 31. Mai 1941 gesegnet. - Es scheint sich um die Statue zu handeln, die nun in der Kirche ihren Platz hat.

"Die Prozessionen an den Bittagen und zu Fronleichnam sind heuer vom ‘Staate’ verboten worden." (6. VI. 1941) - "Der Gottesdienst bei den Franzosen im Lager der RAB ist mir verboten worden." (17. VIII. 1941) - "Ukrainische Soldaten hielten in der Kirche einen griechisch-katholischen Gottesdienst." (7. IX. 1941) - "Seit acht Tagen haben wir in der Kirche einen Petroleumofen aufgestellt, der sich ganz gut bewährt" (1. II. 1942). - Am 6. Februar 1942 werden die zwei größeren Glocken für die Metallsammlung abgenommen. - 1942 konnte die Fronleichnams-Prozession wieder durchgeführt werden. - Am 16. VII. 1942 wird die Turmuhr durch die Gemeinde Wien repariert. - 21 Gefangene starben 1942 im Lager, die meisten orthodoxen Glaubens. P. Severin spricht bei einigen, wenn ihn die Polizei verständigt, privatim am Grabe Gebete.

"Sonntag, den 16. Mai 1943 hat der Mesner Franz Mathauser beim Öffnen der Kirche um ¾ 8 Uhr früh an der Kirchentür eine Mumie oder ein mumienartiges Gebilde angehängt gefunden. Ich vermutete eine Entwendung aus der Gruft zu einem Bubenstreich und ließ die Mumie wieder in die Gruft bringen. Montag, den 17. Mai stieg ich durch das Loch an der rechten Kirchenmauer in die Gruft ein und fand den Raum in großer Verwahrlosung, so daß Zweifel in mir aufstiegen, ob die Mumie aus der Gruft stammt. Es könnte sich auch um eine Leiche handeln, die im Wald gefunden und in die Gruft geworfen wurde. Ich hab dem Polizeiamt Gaaden Mitteilung gemacht ... Die Polizei hat die Urheber des Leichenfrevels entdeckt. Zwei Buben des Ortes, unwürdige Mitglieder der Staatsjugend, haben die Missetat auf dem Gewissen. Es wurde darüber angeblich an ihre Schulleitung berichtet. Ob sie eine Strafe erhalten, ist bei der jetzigen Sittenverwilderung fraglich." - "In der Woche 23. - 28. VIII. 1943 wurde die Orgel von der Firma Josef Ullmann ausgeputzt und gestimmt."

Der Gottesdienst am Pfingstmontag 29. V. 1944 wird durch Fliegeralarm gestört. - 26. VII. 1944 Fliegerangriff: 500 m vom Pfarrhof sind zwei Bomben gefallen. Nur Sachschaden: Fenster, auch in der Kirche, zerbrochen. - Darauf beschreibt P. Severin die Festlichkeiten anläßlich seiner silbernen Priesterjubiläums. Unter den anwesenden Studenten in Sittendorf wird auch ein Herr Kurt Schubert von der philosophischen Fakultät, ein hervorragender Orientalist erwähnt; er ist der bekannte spätere Ordinarius für Judaistik und langjähriger Vorsitzender des Österreichischen Katholischen Bibelwerkes Klosterneuburg. - Vom 28. August bis 2. September 1944 werden die Kirchenfenster repariert.

Seit Anfang März 1945 sind Bombengeschädigte aus Wien auch im Pfarrhof einquartiert. Der Ort beschließt, nur im äußersten Notfall wegzugehen und auch dann nur in die umliegenden Wälder. Am 2. April ist Sittendorf von Truppen aller Art besetzt, am 3. April sind all Truppen, auch die SS, plötzlich abgezogen. 3 Uhr nachmittags beginnt das Schießen. In der Nacht sind im Pfarrhof ungarische Soldaten einquartiert.

Am Mittwoch , den 4. April wird eine stille heilige Messe in der Kirche gefeiert. Um 1 Uhr geht P. Severin ins Flüchtlingslager nach Neuweg, hält dort eine Ansprache, eine Abendmesse mit Generalabsolution und Generalkommunion. Die Russen ziehen ein. Abends geht der Pater nach Sittendorf zurück, alle Häuser sind geplündert. P. Severin übernachtet in der Kirche; schwerster Artilleriebeschuß in der nächsten Umgebung die ganze Nacht. Er rechnet jede Minute mit einem Treffer auf die Kirche und geht ohne Zelebration in der Frühe nach Wildegg. Dort am Nachmittag heilige Messe, die durch Hausdurchsuchung gestört wird; Plünderung und Verlangen nach Auslieferung der Mädchen. Diese flüchten sich in P. Severins Zimmer, sie beten bis 10 Uhr abends. Die Lüstlinge ziehen ab._

Man faßt den Entschluß, das Schloß zu räumen, sich nach Sittendorf zurückzuziehen. Einrichtung eines Refugiums im Pfarrhof; abends Einquartierung. Unter heftigsten Geschützdonner besucht P. Severin Dornbach, nachmittags 4 Uhr heilige Messe. Bei Beginn der Nacht Brand in der Nachbarvilla. Keine Belästigung der Mädchen hier, aber im Orte.

"Samstag 7. Hl. Messe um 7 Uhr früh. Besuch in den einzelnen Häusern. Überall Zeichen der Plünderung. Die armen Menschen gebrochen und der Verzweiflung hingegeben. Die Polen ziehen in ihre Heimat zurück. Ein Bauer, der sich durch Politik hervorgetan, erschossen. Ich gehe durch das Dorf, das fortwährend von Autos durchfahren wird, deren Führer mich um Auskunft fragen. Nachmittags wird das Dorf an mehreren Stellen angezündet. Abgebrannt sind die Familien: Sulzer, Fockenthaler, Kaiser, Grasl, Kehrn, Beer, Zimmermann, Maus, Rappolt. Der Pfarrhof ist voll von Flüchtlingen. Samstag nachmittags erscheinen drei Bolschewiken und zwingen uns mit dem Revolver, den Pfarrhof zu verlassen. Alles stürzt schreiend davon und ergreift die Flucht in den Zwickelgraben bei Füllenberg. Es gelingt mir den Meßkoffer zu retten._

Sonntag, der 8. April. Die Flüchtlinge haben in den verschiedenen Bunkern, die dort schon vorher angelegt worden sind, übernachtet, oft eng zusammengepfercht. Ich mit ihnen. Kein Sonntagsgottesdienst <zur gewohnten Zeit>. Nachmittag wagte ich mich mit Loisl, einem braven katholischen Slowakenjüngling, der russisch spricht, ins Dorf zurück, um Kranke zu versehen und Meßwein für eine Abendmesse zu holen. Einmal angehalten, sonst unbelästigt. Abendmesse und Genralkommunion im Zwickelgraben. Zweite Nacht im Bunker._

Montag, den 9. April. Ich gehe in der Frühe nach Heiligenkreuz. Dort herrscht mehr Ruhe als in Sittendorf. Es begegnen mir Dr. P. Edmund, die Küchenschwester, P. Prior ... Dr. Älred und P. Hermann finden sich ein und berichten, daß das Stift im allgemeinen wenig zu leiden hatte. Die ungarischen Studenten, meine Hörer, die auch russisch sprechen, haben vermittelt und das Ärgste abgewehrt. Die Bibliothek bis auf die zertrümmerten Fenster völlig intakt. - Ich gehe nach dem Mittagessen trotz des Abratens der Studenten in den Zwickelgraben zurück und halte dort eine kleine Kommunionfeier mit dem Allerheiligsten, welches die Buben des braven katholischen Postbeamten Pundy von der Schloßkapelle in Wildegg gerettet haben. Ich beschließe nach Sittendorf zu gehen. Frl. Wagner kommt uns entgegen und rät davon ab. Ich gehe daher nach Heiligenkreuz zurück, zelebriere dort in der Sakristei und lege mich im Brüderinstitut zur Ruhe ..."_

Dienstag, den 10. April geht P. Severin über den Zwickelgraben in den Sittendorfer Pfarrhof, in dem inzwischen eine Telephonstelle einquartiert ist. "Der Hauptmann geruht mir gnädigst im Salon auf dem Boden zu schlafen. Mein Schlafzimmer wird von ihm benützt. Ich segne eine Frauenleiche im Garten des Schmiedemeisters Bergauer ein, gehe hinauf nach Dornbach und bespreche mit der Witwe Stephan die Einsegnung und das Begräbnis ihres erschossenen Mannes, des Ortsbauernführers Ignaz Stephan. Von Dornbach nach Wildegg, wobei mich die Bäuerin Schmölz begleitet und mir die bombenbeschädigten Felder zeigt. Im Schloß Wildegg alle Wohnungen verlassen, Einrichtung und Inhalt ein wüstes Chaos. Ich berge einige Wäschestücke von mir, Koffer und Taschenuhr gestohlen. Ein deutscher Soldat bittet mich um Hilfe. Ich kann ihm nur den Rat geben, sich in der Nacht zur deutschen Front durchzuschlagen._

Mittwoch, den 11. Ich ordne die verwüstete Sakristei und gehe dann auf den Friedhof zur Einsegnung des erschossenen Bauers Anton Kaiser. Seine Frau und seine Töchter haben ihm das Grab geschaufelt und lasse den Leichnam, nur in ein Leintuch gehüllt, hinab. Als ich den Friedhof verlasse, begegnen mir die Mutter und die Schwester des Ermordeten. Sie kommen zu spät. Ich hatte sie in der früh aufgesucht, um sie vom Begräbnis zu verständigen, aber in ihrer Wohnung nicht angetroffen. Besuch bei ... Aussprache mit Dr. Mally. Zurück in den Friedhof, um Ignaz Stephan einzusegnen. Leiche noch nicht eingelangt. Nachmittags Suche nach einen toten deutschen Soldaten, der im (e(ula Garten liegen soll. Ich finde ihn nicht. Einsegnung vom Wald aus super ignotum locum <über unbekannten Ort>.Abends erfahre ich, daß er nicht im Garten, sondern im Straßengraben gelegen und vom Mesner Mathauser und Bäuerin (e(ula an der Heiligenkreuzerstraße beerdigt worden sei. Name: Hubert Bader ... (Soldbuch unleserlich). Die Leute im Dorf wurden von den Bolschewiken schwer drangsaliert. Der Major oder Hauptmann im Pfarrhof wird immer wieder um Hilfe angegangen. Aber der Mann tut nichts._

Donnerstag, den 12. April Einsegnung des inzwischen begrabenen Bauern Ignaz Stephan. Besuche im Ort ...Rückkehr in den Pfarrhof. Der Hauptmann bietet mir Wein und Schnaps an. Den letzteren lehne ich ab.

Freitag, den 13. Besuch in Füllenberg. Die Leute haben viel Bitteres mitgemacht. Reqirierungen und Schändungen oder Schändungsversuche ohne Ende. Keine ruhige Nacht. Zwei Mädchen flüchten in den Pfarrhof und übernachten in meinem Zimmer. Um 5 Uhr eine Abendmesse gelesen.

Samstag, der 14. Versehgang nach Dornbach ..._ Sonntag, 15. Unruhige Nacht. Die Russen lärmen, schießen und quälen die Leute im Dorf. Um 9 Uhr Pfarrgottesdienst. Nachher gehe ich nach Dornbach" - der vermeintlich Kranke ist bereits tot, in einem primitiven Sarg zugenagelt und auf den Wagen zur Fahrt in den Sittendorfer Friedhof geladen. "Wir fuhren also nach Sittendorf. Auf dem Weg begegnen uns Russen, die uns das gute, kräftige Pferd ausspannen und eine Mähre dafür einspannten. Mühselig zog uns das arme Tier in den Friedhof. Einsegnung ..." <Wahrscheinlich hätte man den Gaul auch gleich begraben können!>

Die im Pfarrhof einquartierten Russen ziehen am 17. April fort._ - Bald kommen die nächsten Einquartierungen, Plünderungen und Ausschreitungen der Russen. Am Sonntag, den 29. April liest man die Eintragung: "Eine Frau bringt mir ein Abendessen" und dazu die Bemerkung: "die Gemeinde ist rührend um mich besorgt"! - Dienstag, den 1. Mai: "Nachmittag ca 5 Uhr ein Mord geschehen durch einen betrunkenen Russen, der Bruder des Schmiedemeisters Heinz Bergauer, Franz Bergauer, erstochen. Ich habe ihm noch die heilige Ölung gespendet. Keine Maiandacht. Niemand traut sich in die Kirche."_ - Am Samstag vor dem Dreifaltigkeitssonntag, dem 27. Mai war der erste Religionsunterricht in Sittendorf. Das Schulkreuz, das beim Umbruch in die Kirche gebracht wurde, wird feierlich von Kindern und Eltern begleitet in die Schule gebracht. - Sonntag, 3. Juni wird nach sieben Jahren wieder eine feierliche Fronleichnams-Prozession gehalten. - 18. Juni 1945 nach längerer Zeit 1. Schulmesse. - 11. Oktober 1945: "In der Frühe, knapp nach meiner heiligen Messe die Schreckensnachricht von der Ermordung von vier Personen an der Sulzer Straße. Die Familien Tromayer und Rappold. Vom Herrn Schmiedemeister Bergauer aufmerksam gemacht, eile ich zum Versehen. Ich konnte nur mehr die Ölung spenden. Drei Personen bereits tot, ein Mann im Sterben. Überall Lacken von Blut. Miserere, Domine, populi tui! <Erbarme dich, Herr, deines Volkes!> - Am 27. Oktober stehen drei Särge in der Kirche! - Nach langer Zeit wurde der Allerheiligentag 1945 wieder als öffentlicher Feiertag begangen. Auch die Prozession auf den Friedhof konnte stattfinden.

"17. November 1945: Neue Einquartierung. Auch die Küche beschlagnahmt. Der Pfarrhof starrt vor Schmutz." - 19. November: "Mein Gott, erlöse uns von diesen Teufeln in Menschengestalt!" - 2. Dezember: "Nun haben unsere liebenswürdigen Gäste auch noch einen bissigen Hund im Pfarrhof eingestellt und lassen ihn frei herumlaufen. Das Vieh hat heute den Mesner überfallen und gebissen. Auch auf mich ist er schon losgegangen." - 14. Dezember: "Der wilde Trupp mit dem Wolfshund ist heute weggegangen. Der befehlende Offizier hat mir 100 Schilling gegeben. Dafür hat die Mannschaft fast das ganze Küchengeschirr mitgenommen. Einige Stunden später kam die Neuen. Der Anführer derselben machte mir Vorwürfe, warum alles gestohlen sei." - 7. April 1946 letzte Eintragung von P. Severin: "Passionssonntag. Mit dem heutigen Tag übernimmt P. Hadmar Borowan die Pfarre Sittendorf. Ich habe heute die Abschiedspredigt gehalten und ad intentionem propriam <auf eigene Meinung> zelebriert. Morgen werde ich noch ein Requiem halten, noch Schulunterricht erteilen und nachher in das Stift übersiedeln. - Entgegen der ursprünglich verbreiteten Ansicht, daß alle unsere Glocken schon eingeschmolzen seien, teilt mir der Totengräber Heindl mit, daß auch die unseren Glocken zurückgegeben werden. P. Eberhard Steinbauer hat für Sulz bereits Glocken zurückbekommen. Nummern der Sittendorfer Glocken: 800 und 801."_ - Soweit also Prof. P. Dr. Severin Grill. Die Sache mit den Glocken scheint sich dann doch anders entwickelt zu haben.

P. Hadmars erste Eintragung stammt vom Palmsonntag. Er weint seiner bisherigen Pfarre nach, findet die Sittendorfer Kirche als "ein Bild verständnisloser Vernachlässigung", die "Kapelle in Dornbach vor dem Zusammenfallen", den "Pfarrhof von Russen besetzt und verwüstet - Die Stimmung war gerade recht für die erste Predigt, die ich am Karfreitag hielt. - Da mir schon bekannt war, daß die hiesige Pfarrgemeinde wenig Eifer für den Sonntagsgottesdienst zeige, wolle ich gerade hier mit meiner Tätigkeit beginnen"!_ Und nun versucht P. Hadmar "die Pfarre auf Vordermann" zu bringen: es werden an Sonn- und Feiertagen statt der einen 9 Uhr-Messe zwei Gottesdienste angeboten, vor der nachmittägigen Segensandacht hielt er eine kleine Predigt; Christenlehre, Seelsorgestunde werden eingeführt. Die Wallfahrten durch eine Kurrende von Haus zu Haus belebt, in welche sich die Teilnehmer eintragen sollen. In Dornbach unterzeichnet "jedes Haus", ca 40 Dornbacher - darunter ein Mann - pilgern am 26. 7. 1946 unter Führung des Pfarrers von Dornbach nach Heiligenkreuz, am 15. August sind es über 100 Sittendorfer, darunter ca 30 Männer und Burschen, die über Siegenfeld zur Cholerakapelle "durchbeteten"._

1947 wird die Kirche gelb gefärbelt: "Diese Farbe wurde gewählt, weil sie besonders beständig ist und lange einen frischen, reinen Eindruck macht." Die vom Holzwurm "vernaschte" Kanzel, eine einfache unbedeutende Heiligenkreuzer Tischlerarbeit aus dem Jahr 1769 wurde entfernt, an ihre Stelle ein Rauchfang erbaut, um die Kirche heizen zu können. Die elektrische Lichtleitung kam unter Putz. - "In der Nacht vom 13. auf den 14. Mai wurde die Kapelle in Dornbach erbrochen und ausgeraubt. Alle Skulpturen und Bilder, die einen Kunst- oder Altertumswert hatten, wurden weggetragen._ Einige Tage später sah der Pfarrer die wichtigsten Skulpturen von Dornbach und auch gestohlene ‘Türkenmadonna’ von Heiligenkreuz in Schaufenster der Kunsthandlung ‘Agathon’ in Wien I. Opernring ausgestellt. Mit Hilfe der Kriminalpolizei kamen die Figuren wieder zurück."_ - Es folgt die Eintragung: "Gesehen 26. IX. 47 + Th. Kard. Innitzer Eb."

Da der Pfarrer durch die nationalsozialistische Regierung den ganzen Grundbesitz verloren hatte, wurde nun die an den Pfarrgarten anstoßende Wiese vom Schmiedemeister Bergauer durch Tausch erworben und so der Pfarrgarten bis zum Walde erweitert._ - "Am Ende des Monats August 1947 starb der hiesige Ortsvorstand <Bürgermeister> Notar Dr. Ludwig Mally ... Seit 20 Jahren besorgte fast Sonntag für Sonntag Dr. Mally das Orgelspiel."_

Die Firma Josef Pfundner in Wien X gießt 1948 drei neue Glocken für Sittendorf, die vorhandene Glocke, die nicht zum neuen Geläute paßt, wird in die Kapelle nach Dornbach übertragen. Das Stift Heiligenkreuz spendet 10 m3 Brennholz, das verkauft wird. Der Betrag bildet die erste Anzahlung bei der Firma Pfundner. Am 13. Juni 1948 weiht Abt Karl Braunstorfer die Glocken, ein wahres Volksfest._

Am 8. Mai 1949 wird durch eine feierliche Segnung die Renovierung der Dornbacher Kapelle abgeschlossen._

1950 wird anstelle des vom Holzwurm zerfressenen Hochaltars ein einfacher Holzaltar, anstelle "des schlechten Hochaltarbildes" ein großes Kreuz aufgestellt. Eine Tabernakeltür aus einer Anzahl kirchlicher Gegenstände, die die Bewohner der Marx Villa in Gaaden dem Stift Heiligenkreuz zu Verfügung stellen, wird vom Restaurateur Pause in Wien vergoldet und von Br. Konrad in der Heiligenkreuzer Stiftstischlerei ein Tabernakel dazu gebaut. Ein Seitenaltar aus dem Jahr 1880 kam aus Heiligenkreuz. Aus alten Türen wird ein Beichtstuhl zusammengebaut und in der Kirche Sakristei aufgestellt. - Von all dem ist heute noch das große Kreuz und der Tabernakel geblieben. Der beschriebene Beichtstuhl war ein einmaliges Kuriosum! - Am 22. November 1950, dem Cäcilienfest feiert man 20 Dienstjahre als Organistin und Regenschori von Frau Rosa Kallinger._

Vom 16. Bis 23. Dezember 1951 war die erste Volksmission in Sittendorf gehalten von P. Klemens Maria Duchek aus dem Kapuzinerkloster Irdning in Steiermark: "In Sittendorf war der Erfolg gut, in Dornbach hätte er besser sein müssen."_ - Am 27. Jänner 1952 veranstaltet die Männerunde einen Lichtbildervortrag über Lourdes, den Herr Pfarrer Dr. Jantsch aus Hinterbrühl hielt._ - Die Gemeinde Wien läßt 1953 einen sogenannten Schulpavillon aus Holz für zwei Schulklassen aufführen. - Die Orgel wird repariert, aber die Firma Kauffmann Wien XV, Robert Hamerlinggasse 30 hinterläßt einen schriftlichen Bescheid vom 8. Dezember 1953, welcher der Chronik beigeklebt ist: "Eine Erneuerung des Holzpfeifenwerkes halte ich für nicht empfehlenswert, da der Tastenumfang, die Lage des Pedal etc. und die räumliche Gestaltung des gesamten Werkes nicht erhaltenswert erscheint."_

Im Marianischen Jahr wird vor der Kirche eine Mariensäule aufgestellt, die früher im Wald an der Straße stand - sie wurde bereits erwähnt - und durch die Straßenarbeiter entfernt wurde. Am 1. Mai war Dekanatswallfahrt in Hafnerberg, ein großer Andrang zu den dortigen Beichtstühlen, eine inhaltsreiche Meisterpredigt von P. Hermann Watzl, das Mitwirken des Sittendorfer Chores und der Vorsitz des Dekanatsmännerführers Josef Kallinger aus Sittendorf bei der anschließend Versammlung im Hafnerberger Pfarrsaal werden u. a. erwähnt. - Am Sonntag, den 2. Mai 1953 wird die Gedenktafel für die Gefallenen des 2. Weltkrieges der Orte Sittendorf und Dornbach enthüllt, die am Stützpfeiler der Pfarrkirche angebracht ist._ - Seit 1. September 1954 gehört Sittendorf nicht mehr zum XXIV. Bezirk von Wien, sondern ist wieder eine selbständige Gemeinde des Landes Niederösterreich. - Erneut der Vermerk: "Gesehen 12. 5. 55 + Th. Kard. Innitzer Eb."_ Damit zähle ich bereits den dritten Besuch von Kardinal Innitzer in unserer Pfarre.

"Ohne Verständigung erschienen eines Tages die Bauarbeiter bei Abwesenheit des Pfarrers und räumten den Pfarrhof vollständig aus. ‘Es erleichtert die Arbeit,’ sagte P. Franz, ‘wenn alles auf einmal gemacht wird.’ Als der Pfarrer abends kam, hatte er kein Bett zum Schlafen."_ Das ereignete sich offenbar 1956. Wie P. Hadmar sein Bettproblem löste, wird nicht vermerkt. Er stellt nur fest: "Aber es wurde schön im Hause."_

Am 1. November 1956 übernimmt P. Hadmar das stiftliche Bauamt in Heiligenkreuz. Zuerst renoviert er in Trumau 1957, dann in Würflach 1958 und schließlich 1959 in Sittendorf. Der Plafond der Kirche wird erneuert, es kommt eine Holzdecke, ein mächtiger Eisenträger der Orgelempore, neue Fenster, die Orgel erhielt ein Gebläse der Firma Herbert Huber in Eisenstadt, ein Eternitdach der Firma Hoffmann in Gainfarn <wahrscheinlich zugleich auch das Pfarrhofdach>, eine völlige Neugestaltung des Hochaltares. Ein Graben wird um die Kirche zur Trockenlegung ausgehoben und betoniert. Die Kirche ließ der Firmenchef Heinz Boubelik auf seine Kosten ausmalen._ 1960 scheint die Renovierung abgeschlossen. - 1961-1962: Mit einer Venenentzündung und einem Lungeninfarkt kommt P. Hadmar ins Wiener Spital Dornbach zum "Göttlichen Heiland"; ein volles Vierteljahr kann er keine Messe zelebrieren; P. Guido Grünberg führt die Pfarrgeschäfte und übernimmt die Schule._ - Am 25.April 1963 visitiert Weihbischof und Generalvikar Jakob Weinbacher die Pfarre. Am 24. Juni 1962 wird die neue Wasserversorgunganlage in Sittendorf durch Abt Karl Braunstorfer gesegnet. Am 22. September 1963 zelebriert P. Hadmar den letzten Gottesdienst in Sittendorf. Bürgermeister Josef Kallinger dankte nach der heiligen Messe namens der Gemeinde. Am 28. September 1963 wird Dr. P. Canisius Noschitzka vom Dechant Dr. P. Walter Schücker - da der H. H. Abt Karl Braunstorfer beim Konzil weilt - als Pfarrverweser eingeführt. Die Volksschule hat weiterhin P. Guido Grünberg._

P. Canisius beklagt die allgemeine allmähliche Abnahme der religiösen Substanz: kein Morgen- und Abendgebet, Tischgebet, Engel des Herrn, Rosenkranz innerhalb der Familien! - Regenschori bis 1964 Frau Rosa Kallinger, seitdem Frau Schulrat Luise Chott. - P. Canisius schließt: "Es bleiben also die 3 Hauptprobleme dieser Pfarre: 1.) schwaches sakramentales Leben, 2.) stetige Entheiligung der Sonn- und Feiertage, 3.) starkes Versagen der Männer im religiösen Leben."_

 

Aus Pfarrblatt, Aufzeichnungen und Erinnerung

 Seit 12. August 1966 darf ich in Sittendorf verweilen. Mit Freitag, den 2. September, einer Arbeitsstunde der Jugend ab 20 Uhr beginnt die liturgische Adaptierung der Kirche: das Altarkreuz wird schwebend von der Decke herab zwischen Volk und Priester befestigt; der Hochaltar wird etwas vorgerückt, sodaß in der Apsis - dem Vorbild des alten römischen Gottesdienstes entsprechend - genügend Platz für die Session entsteht._ Im Triumph wird die andachtstimmende Mariensäule, die vor der Kirche stand, in das Gotteshaus getragen und aufgestellt. Der Tabernakel kommt vom Hochaltar rechts unter das Ewige Licht, gegenüber der Sakristeitür, auf den alten kleinen Seitenaltar, rechts und links nach wie vor von den Engeln umgeben. Für den Fall, daß diese Neugestaltung nicht gefällt, wird dem Schreiber dieser Zeilen eine Leibwache von der Jugend in Aussicht gestellt, die um den Pfarrhof patrouillieren will! - Dies war glücklicherweise nicht nötig! Es sind 21 Jugendliche am Werk. - Neue Ministrantengewänder werden angeschafft, 5 neue Bänke kommen zusätzlich in die Kirche. - Die Jugendarbeit wird fortgesetzt mit Diskussionsrunden, Kulturfahrten, Diasabenden, einer Mitternachtsmesse im Karmel Mayerling und vieles andere mehr. - Am 13. Jänner 1967 wird mir aus berufenem Munde in Heiligenkreuz zu Ohr gebracht: "Du Sittendorf, bist keineswegs die geringste unter den Pfarren des Stiftes Heiligenkreuz!" - Im Gasthaus fragt jemand: "Jugend-Nachtwanderung, für was (sprich: wozu) das gut ist?" - Es wurde die richtige Antwort erteilt: "Was hat die Jugend früher getan, und für was war das gut?" - Ich danke für die Schützenhilfe. - Damals werden unmittelbar nach Weihnachten Schilager in der Koberhütte organisiert. Die Pfadfinder für Buben und Mädchen blühen auf! Es kommen Buben und Mädchen aus fast allen Pfarren des Dekanates und darüber hinaus wie Hinterbrühl, Weißenbach etc. Eine Zeit hindurch sind unsere Pfadfinderführer und Führerinnen zugleich als Führung der Dekanatsjugend in der entsprechenden Diözesanstelle gemeldet; dies währt bis 26. Jänner 1971. Man zählt etwa 60 Kinder und Jugendliche, die zur hiesigen Pfadfindergruppe zählen. Umfangreich berichtet darüber das Pfarrblatt, dann auch eine eigenes Informationsblatt "Pfadpress". Viele Aktenordner sind gefüllt von Archivmaterial; man sollte eine eigene Geschichte über die Jugendarbeit schreiben.

Prof. Dipl. Ing. Josef Fleischer beginnt 1968 die neue Winterkapelle über der Sakristei zu errichten; er übernimmt die gesamte Planung und Durchführung der Raumgestaltung ohne ein Honorar zu verlangen und bezahlt noch dazu die ausständigen Rechnungen. Am 18. März 1969 wird dort die erste heilige Messe gefeiert.

Im Pfarrblatt lese ich von einer Busfahrt am 26. Oktober 1969 - Gamming, Lunz am See- und viele solcher Autobusfahrten folgen. Im September 1969 beginnt durch völlige Eigeninitiative und finanziell vollends auf Eigenaufbringung angewiesen der Umbau des kleinen Stallgebäudes zu einem Jugendheim: die Casa Sancti Pauli entsteht. Unter Anleitung einer Fachkraft - meist ist es Maurermeister Josef Gratzer - arbeiten die Jugendlichen fleißig mit. Auch Jugendliche aus Wien und Berndorf, Kautendorf und Neudorf bei Staatz helfen mit. Alle sind mit viel Geschick und Humor hilfsbereit am Werk. 1970 fallen mir die Lagerfeuer im Pfarrhofgarten in der sogenannten "Naturarena" auf. 1971 wird die Trockenlegung durch einen abisolierten und schottergefüllten Graben am 19. und 20. Dezember fertiggestellt.

Am 28. März 1972 sind vier von unseren Jugendlichen im Haus Nazareth von Maria Roggendorf Gäste im Jugendpräsidium "Turm Davids". Im Auto, noch auf der Heimfahrt, beschließen sie, auch in Sittendorf ein Jugendpräsidium zu gründen. Darum werden für 6. April 1972 18.30 Uhr zu einem Informationsabend Jugendliche von überall her eingeladen. Monsignore Professor Dr. Hans Gro(r, der Geistliche Leiter des Senatus, zugleich Wallfahrtsdirektor von Maria Roggendorf, gestaltet mit einigen Junglegionären das Abendprogramm. Auch kann man Kaplan Dr. Manfred Fux aus Perchtoldsdorf mit vier Junglegionären begrüßen. Seither weht ein neuer Geist. Schließlich werden zwei Jugendpräsidien und ein Erwachsenenpräsidium in Sittendorf errichtet. Das war gewissermaßen die Pionierzeit der Legion Mariens in Sittendorf. - Es werden 25 neue Sessel angeschafft. - Am 24. April 1972 visitiert Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym unsre Pfarre. Der Tag war regnerisch, doch sehr erfolgreich. Vieles aus unserer Pfarrarbeit gefiel: Gottesdienst, Pfarrgemeinderat, Schulkinder, Jugend, besonders Pfadfindern und Legion Mariens, unsere Bauarbeiten und andres mehr. Der Besuch endet mit einem Empfang, der zu Ehren des hohen Gastes im Erdgeschoß des Pfarrhauses gegeben wird. - Am 6. Mai sind vier Junglegionäre aus Sittendorf beim Curientreffen in Maria Roggendorf, am 13. fahren die Wichteln dorthin mit zur Monatswallfahrt und auch an den nachfolgenden 13. des Monats trieb es immer wieder einige von uns dorthin. Von vielen wunderschönen Kulturfahrten unserer Pfarre per Autobus zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten wird begeistert im Pfarrblatt berichtet. Am 4. November 1972 wird in Perchtoldsdorfer Pfarrheim die neue Jugendcuria Vikariat Süd "Pforte des Himmels" gegründet.

Der Firmenchef Heinz Boubelik läßt anfangs Mai 1973 erneut auf seine Kosten die Kirche innen ausmalen; diesmal wählen wir weiß.

Am Tag der Monatsbeichtgelegenheit - die bereits seit 1969 angeboten - wird im Juni 1973 erstmals zu einem Gebetszentrum eingeladen, zur Anbetung des ausgesetzten Allerheiligsten im Anschluß an die Abendmesse. Etwa 40 Jugendliche nehmen am 1. Mai 1974 am ersten Einkehrtag in Sittendorf teil, den Kaplan Dr. Manfred Fux so gestaltet, daß den Teilnehmern sogar das Stillschweigen bis zur abschließenden Aciesfeier leicht fällt. Am 10. Mai 1974 wird eine aus Holz geschnitzte Statue der Gnadenmittlerin in er Wochentagskapelle über der Sakristei aufgestellt. Im August 1974 ist die Casa Sancti Pauli fast fertiggestellt. Am 11. September 1974 bestaunt man einige Löcher durch die Mauern der Kirche und des Pfarrhofes, die für den Einbau einer Gasheizung erforderliche sind. Am 2. Oktober ist diese endlich durch die Firma FLAGA Korneuburg fertiggestellt. In der Karwoche 1973 hat der Eisenofen in der Kirche mit einem langen glühenden Rohr, das aus der Mauer herausrutschte, furchtbar geraucht und die Beter gefährlich bedroht.

Vom 1.- 9. Februar 1975 unternimmt unsere Jugendcuria mit den Wiener Jugendcurien eine Romwallfahrt. Zunächst geht es im Schlafwagen der ÖBB bis Venedig, wo man einen Tag verbringt und anschließend wiederum auf gleiche Weise bis Rom fährt. Vom 12. - 26. Juli 1975 sind einige unserer Junglegionäre mit Air Lingus auf Studienfahrt nach Dublin. - Am 18. Oktober wird die Casa Sancti Pauli beinahe zu klein: 36 Teilnehmer sind zum JC-Treffen gekommen. Daran schließt sich ein JC-Wochenende. Höhepunkt ist die Nachtanbetung von 22-24 Uhr, die Gemeinschaftsmesse in der Marienkapelle und zum Abschluß der Psalter mit meditativen Dias: die Jugendlichen beten auf römische Art drei Rosenkränze und betrachten dabei die 15 Geheimnisse, wozu sie 42 Minuten brauchen. Viele verweilen kniend während des gesamten Gebetes. Zum Wochenende sind 25 Junglegionäre geblieben; das noch immer im Aufbau begriffene Erwachsenenpräsidium sorgt großzügig für das Abendessen und Frühstück. - Am 25. Oktober 1975 verarbeiten unsere beiden treuen Maurer mit drei freiwilligen Helfern insgesamt 6 m³ Beton, am 8. November sind es fünf freiwillige Helfer und 8 m³ Beton: die "Aula Sancti Petri" hat endlich einen Fußboden! Unter den Helfern ist ein Familienvater, der von der Nachtschicht direkt zu unserem Arbeitseinsatz kommt; wahrhaftig eine heroische Tat! Am Donnerstag, den 20. November 1975, dem "Gedenktag Unserer Lieben Frau in Jerusalem", wird eine Wallfahrt nach Maria Kirchbüchl organisiert. Etwa 50 Leute aus Sittendorf und Umgebung nehmen daran teil; Altabt Karl Braunstorfer führt sie als Geistlicher Leiter an. Viel Jugend und zahlreiche Priester sind gekommen. Das ist gewissermaßen die "Probewallfahrt": man will mit 13. Jänner 1976 mit den Monatswallfahrten in Maria Kirchbüchl beginnen. Über die Massenmedien muß dieses durch Plakate bereits angekündigte Vorhaben abgesagt werden, da ein Orkan in der Nacht vom 3. Auf 4. Jänner 1976 das Dach der Wallfahrtskirche völlig zerstört. Aber am 13. Februar 1976 ist es dann soweit: Beginn der ersten Monatswallfahrt in Maria Kirchbüchl. Aus Sittendorf wird ein Autobus organisiert und von überall her pilgern mit Autobussen und Personenkraftwagen die Menschen zu "Unserer Lieben Frau auf der Säule". - Am 13. April 1976 kann man den Wallfahrern in Maria Kirchbüchl die erste gedruckte Ausgabe von "Mosaik" anbieten. - Am 21. / 22. August 1976 wird erstmals die Aktion "Brennender Dornbusch" durchgeführt. Darüber bringt die Wiener Kirchenzeitung vom 5. September 1976 mit der Überschrift "Ferkel, Feuer und viel Idealismus" einen bemerkenswerten Artikel._ - Am 30. August 1976 erhält die Aula den Asphaltfußboden und anschließend sind Zimmermannsleute am Werk: Fachlehrer Valentin Winter und Sohn Erich aus Heiligenkreuz. Auch die Eingangstüren treffen ein und zudem kann PGR Friedrich Braun preisgünstig aus dem Wiener Künstlerhauskino über 140 Sitzgelegenheiten erwerben. - Am Samstag, den 25. September 1976 wird in der Propstei zu Wiener Neustadt die Jugendcuria der Legion Mariens unseres Vikariates in eine Jugendcuria Sittendorf und eine Jugendcuria Wiener Neustadt geteilt. - Dezember 1976 wird berichtet, daß in der Aula die Heizung fertiggestellt wurde, die Küche der Casa und der Raum darüber ebenfalls einen Gasheizkörper erhielten. 1976 erhalten die Kirchenglocken ein elektrisches Läutwerk.

Am 6. Mai 1977 erfolgt die Weihe des neuen Zeughauses der Feuerwehr in Dornbach. - Vom 1.-12. August 1979 erfahren unsere Jugendlichen über 14 - insgesamt 21 - die "Traumreise Israel - Sinai": vieles aus der Heiligen Schrift verstehen sie nun besser; sie erleben, wo Gott besonders gewirkt hat. - Im Pfarrblatt Dezember 1979 ist zu lesen, daß die Außenfassade unserer Pfarrkirche renoviert wurde und das Zifferblatt und die Zeiger der Turmuhr ein neues Outfit erhielten. Von 1969-1979 erleben wir gut vorbereitete Kulturfahrten oder Pfarrausflüge, jeweils einer m Frühjahr und einer im Herbst.

Freitag, den 25. April 1980 führt Weihbischof DDr. Helmut Krätzl die Visitation unserer Pfarre durch und stellt fest: "Der sehr geschmackvoll ausgestaltete Altarraum und die schönen Paramente vermitteln sicher den Gläubigen den Eindruck, daß Liturgie ehrfürchtige Feier des Gottesdienstes ist ... Im schön ausgebauten Pfarrheim werden Diaabende und andere Weiterbildungsveranstaltungen angeboten ..." - Am 22 Februar 1981 wird in der "Aula Sancti Petri" das 100. Treffen der Jugendcuria "Maria, Pforte des Himmels - Sittendorf" gefeiert. Gegen 70. Teilnehmer finden sich in "Hochstimmung" ein. - Das Attentat auf den Heiligen Vater Papst Johannes Paul II. Am Mittwoch, dem 13. Mai 1981 um 17.20 Uhr - die Sittendorfer Wallfahrer sind bereits in Maria Kirchbüchl, als sie über Rundfunk davon erfahren - erschüttert die Pilger der Monatswallfahrt zutiefst. Wir fühlen uns alle wie noch nie mit dem Heiligen Vater verbunden und atmen auf, als das Radio uns unmittelbar vor dem Schlußsegen einen hoffnungsvolle Nachricht über den glücklichen Verlauf der Papstoperation bringt. Später erfahren wir allerdings, daß diese Rundfunkmeldung zu früh war, aber irgend etwas stimmte ja schließlich doch daran. - Eine französische Jugendzeitschrift schreibt 1981 über unseren "Brennenden Dornbusch" von l’action "Buisson Ardent", der von der "Arche d’alliance" organisiert wird. Es kommen dann auch etwa 200 junge Leute. Beim 7. Brennenden Dornbusch mit Bischof Maximilian Aichern aus Linz 21. /22. August 1982 stellt sich Rundfunk und Presse ein; Reporter und Fotografen feiern mit. In den nachfolgenden Jahren verzichten wir meist wieder auf Rundfunk und Presse, weil es ohne Medienrummel doch ruhiger ist. - Am 19. Dezember 1982 vermerkt der Schreiber dieser Zeilen im Pfarrblatt, daß im Vorraum zur Sakristei eine Wasserleitungsanschluß installiert wurde.

Am 13. Jänner 1983 habe ich unter anderem in Maria Kirchbüchl gesagt: "Hätte ich gestern die Worte der Begrüßung gesprochen, dann wären meine Gedanken anders formuliert worden: Mit großer Sorge über meine jüngeren und älteren Mitbrüder im Stift Heiligenkreuz - mit großer Sorge über die Studenten und Professoren unserer Hochschule Heiligenkreuz - mit großer Sorge über die mir anvertraute Jugend, meine Pfarrkinder, Verwandte und Freunde - mit großer Sorge über die Aufgaben unseres Vikariates und der ganzen Kirche - wäre ich gestern zu unserer ‘Lieben Frau auf der Säule in Maria Kirchbüchl’ geeilt. Und weil ich mir vorgenommen habe, alle meine inneren Nöte der Gottesmutter anzuvertrauen, fühle ich mich heute - hier in Maria Kirchbüchl - wie ein kleines Kind, das sich weh getan hat und zur - Mutter läuft. Die Mutter bläst ein wenig die schmerzende Stelle und streichelt liebevoll darüber, und schon sind die Schmerzen vergessen, das Schluchzen hört auf und alles ist wieder gut." Warum diese Worte? - Auch ich denke heute noch darüber nach!

Herzlich gratulieren wir Herrn Friedrich Braun, der am 30. Jänner 1983 von Kardinal Dr. Franz König für den enormen Arbeitseinsatz während der Umbauzeit unserer Pfarrgebäude und für seine Tätigkeit im Pfarrgemeinderat den Stephanusorden in Bronze erhielt. - Ab Mittwoch, dem 23. März 1983 gibt es ein bescheidenes deutsches Chorgebet vor und nach der jeweiligen Messe. - Am 7. Mai 1983 erhält das neue Feuerwehrhaus in Sittendorf seine Segnung: ein strahlendes Fest über die Grenzen der Pfarre Sittendorf hinaus. - Am 15. August 1983 pilgern mit dem Schreiber dieser Zeilen 54 Fußwallfahrer zur Cholerakapelle, wo sich weitere Sittendorfer - meist Gehbehinderte - einfinden, sodaß etwa 70 das heilige Meßopfer dort mitfeiern. - Freitag, dem 19. August 1983 wird das neue Sittendorfer Postamt während einer feierlichen Eröffnung gesegnet. - Donnerstag, den 8. September 1983 trifft um 16.45 Uhr das "heilige Feuer" durch eine Lichtstafette vor der Kapelle in Ortsmitte ein, zu dem Vertreter der Feuerwehr und die Bevölkerung eingeladen sind. Anschließend wird das "gesegnete Feuer", das zum Katholikentag und dem Papstbesuch (15. September 1983) einlädt, in die Pfarrkirche gebracht, wo ab 17 Uhr eine heilige Messe zelebriert wird. Das Licht wird in der Pfarrkirche und in Familien bis zum Abflug des Heiligen Vaters bewahrt. - Vom 23. - 30. Oktober 1983 wird "850 Jahre Stift Heiligenkreuz" gefeiert. Sittendorf ist bei verschiedenen Veranstaltungen immer wieder vertreten.

Was macht unser Herr Pfarrer, wenn er nicht in Sittendorf ist? - So könnte jemand fragen. Und die Antwort lautet vielleicht: Er hält eine Rede, wie etwa die nachfolgenden Sätze zeigen. Es handelt sich dabei um ein Dankeswort an den Sekretär der Kongregation für die Sakramente und den Gottesdienst in Rom, Erzbischof Dr. Virgilio Noè, vor dem Schlußsegen der Pontifikalmesse mit Professoren, Mitbrüdern und Studenten am 14. November 1983 (Beginn war 15 Uhr). Exzellenz! Als Dekan der Philosophisch - Theologischen Hochschule Heiligenkreuz darf ich Ihnen nun im Namen aller Professoren, Mitbrüder und Studenten mit tief empfundenen Frieden freudig und herzlich danken für Ihren Besuch in Heiligenkreuz und Maria Kirchbüchl, der uns allen für immer in Erinnerung bleiben wird. Ihre Anwesenheit in unserer Mitte ist ein historisches Ereignis! - Exzellenz durften als Päpstlicher Zeremoniär den Päpsten Paul VI., Johannes Paul I. und auch noch am Beginn seines Pontifikates Johannes Paul II. unmittelbar dienen. Diese Nähe zu den Päpsten hat sie geprägt. Wiederholt haben Sie vernommen: "Habemus Papam!" Dieses "Habemus Papam" ist der Grund, daß die Hochschule Heiligenkreuz existiert; wir wären sonst längst, zumindest während der letzten Hochschul - Studienreform Österreichs 1969 zugrundegegangen. Nur die Berufung auf das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich vom 1. Mai 1934 hat unsere Lehrinstitution gerettet und neu erblühen lassen, sodaß wir heute 23 Professoren und 7 Gastprofessoren, sowie 61 immatrikulierte Hörer zählen. — Diese Hörer kommen aus dem gesamten deutschen Sprachraum und bisweilen darüber hinaus . . . Auch unsere Nähe zum Papst ist Grundlage unserer Existenz. Dessen sind wir uns bewußt: Wo der Papst ist, da ist Kirche - und Kirche ist nur dort, wo diese Gemeinschaft mit dem Papst lebt. So darf ich Ihnen für Ihren liebenswerten Einsatz und für Ihre aufopfernde Hingabe im bischöflichen Dienst, den wir erfahren durften, danken. Somit wurde ein weiteres, bedeutungsvolles Band der Liebe, des Gehorsams und der Brüderlichkeit zwischen Rom und Heiligenkreuz geknüpft. Dazu bitten wir Exzellenz um Ihren Segen."

Am Beginn der 100. Monatswallfahrt am Sonntag, den 13. Mai 1984 durfte ich in etwa in Maria Kirchbüchl folgendes sagen: "Daß ich Sie heute begrüße, ist gewiß keine Überraschung! Verwundert werden manche sein und fragen: Wo ist denn der Hauptzelebrant? - Vor Monaten schrieb ich Seiner Eminenz Joseph Kardinal Ratzinger nach Rom, um ihn zur 100 Monatswallfahrt einzuladen. Kardinal Ratzinger antwortete: ‘Ich komme gerne, nur ist es 1984 noch nicht möglich!’ - Dann schickte ich ein Briefehen an Seine Eminenz Kardinal Joachim Meisner nach Berlin. Die Antwort war: ‘Zu spät, ich habe bereits alle Termine für diese Zeit vergeben.’ - So übergab ich die Gestaltung dieses Jubiläums der Gottesmutter und bin überrascht, was Unsere Liebe Frau arrangiert hat. Da die erste Monatswallfahrt Altabt Karl Braunstorfer am 13. Februar 1976 geleitet hat, dachte ich schließlich, daß es angebracht sei, unseren Abt Gerhard Hradil zu bitten, diese Jubiläumswallfahrt zu leiten. Abt Gerhard nahm an, wurde aber krank und bat nun mich, in seinem Auftrag und in seiner Vertretung dieses Pilgerjubiläum zu feiern. Verdutzt sagte ich in Liebe und Gehorsam zu. - Dann versuchte ich, dieses Fest besonders musikalisch zu gestalten; aber die ‘Madonna auf der Säule’ wollte anscheinend nur Herrn Werner Reidinger an der Orgel und Frau Maria Sellner aus Baden mit dem Cello. - Verblüfft bin ich, daß manche meinen, es sei passend, wenn ich die 100. Monatswallfahrt leite. Dies zu beurteilen überlasse ich euch, liebe Pilger! Passender finde ich, daß Andreas Katan heute das Vortragskreuz beim feierlichen Ein- und Auszug in Händen hält und die vorletzte Fürbitte sprechen wird, weil er ganz besonders zu danken hat, wie ihnen das heutige, atemberaubende ‘Mosaik’ bestätigen wird. Diese Ausgabe ist zugleich die Festnummer, die u. a. alle 100 Geistliche Leiter unserer Monatswallfahrten aufzählt. - Sie sollten heute mehrere Exemplare mitnehmen und an die zuhause Gebliebenen verteilen ..."_

Im Pfarrblatt Oktober 1984 ist zu lesen: "Wahrscheinlich haben Sie schon entdeckt, daß seit Juli d. J. der Pfarrhof renoviert wird. Zunächst wurden die Fußböden im ersten Stock erneuert und zugleich die entsprechenden Maurerarbeiten durchgeführt, dann war der Maler am Werk. Unsere Wasserberg - Tischler brachten Ende August die Hälfte der Bücherregale, die im Studierzimmer des Pfarrhofes aufgestellt wurden. Zur Zeit, da ich diese Zeilen schreibe, fehlt die andere Hälfte der Regale noch, sodaß meine Handbibliothek noch an den Wänden des Gästezimmers aufgestapelt ist. Gestern waren 2 Maurer, 3 Kupferschmiede und 4 Maler am Werk. Fast bei jedem Fenster sah ein andere Arbeiter in den Pfarrhof; das nennt man Außenrenovierung! - Wir wollen aber dem Stift Heiligenkreuz dankbar sein, daß diese Arbeiten am Pfarrhof getan werden. - Neben der Leitung der Hochschule habe ich seit 1. September d. J. auch die der Stiftsbibliothek übernommen. Falls Sie mich in Sittendorf nicht antreffen, finden Sie mich meist im Stift Heiligenkreuz (Tel. 0 22 58 / 282, Kl. 45 oder Kl. 66)."

Die bisher größte Wallfahrt in Maria Kirchbüchl ist am 13. August 1985 mit Eminenz Dr. Alfred Maria Kardinal Stickler. Die Wallfahrtskirche kann die vielen Pilger nicht mehr aufnehmen, man steht draußen bei den Autobussen, singt das "Meerstern ich dich grüße", betete laut den Rosenkranz, vier Priester sind in den Beichtstühlen voll beschäftigt... 1000 Liedertexte waren zuwenig!

Abwechslung und Freude bringt die Renovierung der Sakristei. Die Bestürzung über das Ansinnen, statt einer Türe - laut Kostenvoranschlag des Stiftsbauamtes - ein Türl (60 x 60 cm) beim Kryptazugang außerhalb der Kirche einzumauern, wird sofort am 21. und 22. August 1985 den zuständigen Verantwortlichen mitgeteilt. Es ist aus gegebenen Gründen zu hoffen, daß in absehbarer Zeit der Kryptazugang ordentlich erstellt wird was auch daraufhin geschieht. Am Donnerstag, den 2. Oktober 1986 (sic!) werden die Maurerarbeiten beendet, die uns einen neuen Zugang zur Krypta schufen.

Am ersten Adventsonntag 1985 ist bereits der Stall von Betlehem mit einem Hirten und einem Schäfchen in der Kirche aufgestellt. Das ruft freudige Spender wach! Im Laufe des Advents können daraufhin immer mehr Krippenfiguren gekauft werden. Spontan werden Stimmen laut: "Ich bezahle die gesamte heilige Familie! - Ich übernehme den Esel! - Und ich den Ochsen, weil er so gut zu mir paßt!"

Am 27. Jänner 1986 richtet der öffentliche Notar Univ.-Prof. Dr. Winfried Kralik ein Schreiben an die Pfarrkirche Sittendorf aus dem nachfolgende Sätze stammen: Betrifft: Verlassenschaft Heinrich PLANK, 1180 Wien, Cottagegasse 19, verstorben am 7. 12. 1985 ... Als mit der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung beauftragter Notar erlaube ich mir Ihnen mitzuteilen, daß Ihnen der Erblasser in seinem Testament vom 2. 4. 1968, sowie Nachtrag vom November 1982, folgendes Legat vermacht hat: "... das Bild mit der Segnenden Madonna (Ölgemälde), mutmaßlich Ende des 18. Jahrhunderts, der Kirche in Sittendorf, Bez. Mödling, falls ich es nicht schon zu Lebzeiten dorthin gegeben habe: im Gedenken an meine Mutter Josefa, geb. Ecker, 2. 2. 1858 in Neuweg 7, Sittendorf ..." Das Bild wird am Mittwoch, dem 5. Februar abgeholt und am Freitag, dem 28. Februar in der Kirche aufgehängt. Wer die Kirche betritt, hat den Eindruck, daß die Gottesmutter ihn begrüßend segnet, wer das Gotteshaus verläßt könnte meinen, mit dem Segen Mariens nach Hause begleitet zu werden. Intuitiv folgen wir beim Anbringen des Marienbildes einer uralten Tradition, nach der in der Nähe des Haupteinganges eine Darstellung der Gottesmutter zu finden ist: das erinnert an Maria, die "Porta caeli", Pforte des Himmels! - Während es um den dritten Fastensonntag (2. März 1986) 20 Minusgrade und noch mehr hatte, konnten wir in der Pfarrkirche infolge der Heizung geradezu ein Blumenmeer bewundern. Herzlichen Dank den Spendern!

Das bedeutendste Ereignis der letzten Jahre in unserer Pfarre war zweifellos die Pontifikalmesse Seiner Eminenz Dr. Alfons Maria Kardinal Stickler am Beginn der Gebetsnacht "Brennender Dornbusch" (Samstag, 30. August 1986), die nun schon zum 11. Mal gefeiert wurde. Rundfunk und Presse haben ausführlich darüber berichtet: Kathpress, IDU, 2x Wr. Kirchenzeitung, Mödlinger Nachrichten usw. Dazu möchte ich nur noch einige Zahlen ergänzen: zur Pontifikalmesse kamen nahezu 250 Gläubige, etwa 70 empfingen in dieser Dornbuschnacht das Bußsakrament, 100 wurden während der Morgenmesse gezählt, die nach 4 Uhr früh zu Ende ging. Die vielen lieben jungen Leute waren äußerst diszipliniert!

Um den ersten Adventsonntag 1986 herum wird der Stiegenaufgang zur Kirche aus Granitsteinen von der Gemeinde Wienerwald erbaut.

Am zweiten Adventsonntag, dem 6. Dezember 1987, erlebt die Pfarre Sittendorf im Gottesdienst ab 9 Uhr ein musikalisches Großereignis des neu gegründeten Chores unter der Leitung von Frau Anne Rothgeb-Peschek. Nicht nur vierstimmigen Chorgesang und Orgel, auch Violine und Flöte begeistern die Zuhörer, die in überraschend starker Anzahl den Sonntagsgottesdienst mitfeiern.

Sonntag, den 10 Juli 1988 singen wir am Schluß des Gottesdienstes das "Großer Gott, wir loben dich." Die Kirche ist innen neu ausgemalt worden!

Am Montag, dem 21. Mai 1990 und dem darauffolgenden Dienstag konnte die Bittprozession durchgeführt werden. Am Mittwoch, dem 23. Mai war für die ganze Pfarre Sittendorf ein besonderer Tag. Auxiliarbischof Professor Dr. Kurt Krenn hat im Auftrag von Seiner Eminenz Hans Hermann Kardinal Gro(r die Visitation der Pfarre Sittendorf eröffnet. Der Bischof wurde vom Pfarrgemeinderat, dem Pfarrer, den Ministranten und einem Kinder-Flöten-Terzett beim Kircheneingang begrüßt. Die Gläubigen nahmen bereits ab 18.30 Uhr ihre Plätze in der Kirche ein. Der Bischof feierte mit uns einen Gottesdienst und sprach eindringlich über die notwendige Erneuerung der Kirche. Im Anschluß daran war Exzellenz Krenn für alle Gläubigen vor der Kirche bei einem vom Pfarrgemeinderat organisierten Umtrunk persönlich zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit wurden dem Bischof unsere 5 Erstkommunionkinder, 6 Firmlinge und deren Eltern vorgestellt. Ebenso konnten fast alle Mitarbeiter der Pfarre dem Bischof bekannt gemacht werden. Der Pfarrgemeinderat hatte nach dem Umtrunk mit dem Bischof eine Sitzung im Aufenthaltsraum der Casa Sancti Pauli.

Am Mittwoch, 20. Mai 1992 ab 20.00 Uhr werden die INTERNATIONALEN THEOLOGISCHEN STUDIEN <ITS> ins Leben gerufen: Proponent A. K. Fenz ladet die Pfarrgemeinderäte Frau Dr.iur. Andrée Heindl, Herrn Herbert Reinhold Meister und Herrn Josef Kaiser jun. zur Statutenbesprechung ins "Landgut Alland". - Sonntag, 12. Juli 1992 spricht ab 16.30 der Apostol. Proton. Prälat Dr. Johannes Fabian (Budapest): "Das Zeitgeschehen um Kardinal Mindszenty aus persönlicher Erfahrung." - Donnerstag, 6. August 1992 ab 20.00 Uhr im "Landgut Alland" konstituierende Generalversammlung des Vereines ITS. Seither erleben wir eine rege Tätigkeit._

1993 wird von der Firma FLAGA ein Gastank für Flüssiggas zwischen Kirche und Pfarrhof in der Erde des Pfarrhofgartens versenkt, der die Heizung von Pfarrhof und Kirche speist. Aula und Casa werden an die örtliche Erdgasleitung angeschlossen.

Von 21. - 30. Oktober 1995 werden wegen der Durchgasung der Pfarrkirche die heiligen Messen an Wochentagen in der Casa, am Samstag und Sonntag in der Aula zelebriert. Es wurde uns für 25 Jahre eine Kirche ohne Holzwurm verheißen. Für die Orgel kam jedenfalls diese Aktion dennoch zu spät. Vorerst hat der Wurm überall zu knabbern aufgehört.

30 Jahre Pfarrer in Sittendorf wird mit einer Dankmesse am Sonntag, den 11. August 1996 ab 9 Uhr zelebriert, woraufhin sich ein Pfarrheuriger anschließt. Von 17-20 Uhr bestreitet Herr Herbert Ullreich mit Herrn Karl Kainzbauer ein humorvolles Musikprogramm. Der Reingewinn wird für eine neue Orgel in der Pfarrkirche gespendet.

Die Außenrenovierung der Pfarrkirche wird mit der Entfernung des Gerüstes am 23. November 1996, dem Vortag des Christ-König-Festes abgeschlossen. Am 17. Oktober - also etwa ein Monat zuvor - mußte allerdings noch folgendes Fax ins Bauamt des Stiftes Heiligenkreuz geschickt werden: "Die beiden entfernten Tafeln gehören wieder dort angebracht, wo sie weggenommen wurden, sie sind in diversen Kirchenbeschreibungen genannt und u. a. auch bei Rätselrallyes gesucht. - Der Steinmetz soll die romanische Quadern nicht so zuckersüß ausbessern, sondern etwas mehr vom Ursprünglichen lassen!" Somit kommen "der Je(abek und die Gattingerin" wieder auf ihren angestammten Platz zurück. Und da dem Steinmetz beim Erneuern des Fenstergitters im romanischen Fenster zuviel Mörtel herausbrach - von den alten Steinen war nichts mehr vorhanden - meinte er ein gotischen Fenster gestalten zu müssen, bis ich ihn überzeugte, daß in der Kirche drinnen dieses Fenster eindeutig romanisch ist. Auch das ging dann in Ordnung. - "Ecclesia semper reformanda!" - "Die Kirche ist immer erneuerungsbedürftig, aber auch erneuerungsfähig!" Damit höre ich einfach auf, weil auch mein historisches Elaborat verlocken würde, alles erneut zu überarbeiten.

Letzte Eintragungen: Sonntag, 6. April 1997 - 25 Jahre Ursprung dreier Jugendcurien mit Sr. Eminenz Dr. Hans Hermann Cardinal Gro(r OSB, 15.00 Uhr Pontifikalmesse in der Pfarrkirche Sittendorf, anschließend (16.30 Uhr) in der Aula Sancti Petri - Referat: Eminenz spricht zur Jugend; nachfolgend - Buffet. Die JC Sittendorf mit ihrem GL P. Augustinus Fenz ladet daher ihre "Tochter-Jugendcurie Wiener Neustadt" (musikalische Gestaltung), ihre "Enkel-Jugendcurie Burgenland" und alle, die ein Herz für die Jugend haben, zu diesem Jubiläum herzlich ein.

Internationale theologische Studien (ITS): Vortrag von Sr. Eminenz Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky: "Zur Situation der Erzdiözese Berlin." Musikalisches Rahmenprogramm: Kurt-Martin Herbst, Bariton - Hannes Marek, Klavier, Aula Sittendorf Samstag, 12. April 1997 ab 19.30 Uhr. Unmittelbar diesem Programm vorausgehend ab 18.30 Uhr Abendmesse mit Sr. Eminenz Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky in der Pfarrkirche Sittendorf.

 

 

Chronologische Überblicke

 

Sittendorf/Wildegg - Chronik                           Geschichte Österreichs

11. Jh. Sichendorfer, ein babenbergisches Ministerialengeschlecht im heutigen Sittendorf

1114        Erstlingsnennung von Sittendorf

1133        Gründung des Stiftes Heiligenkreuz - Gründungsdatum: 11. September 1133

1136        Die Gründungsurkunde von Stift Heiligenkreuz nennt zweimal Sittendorf und einmal den Dornbach

1148 - 1165 Heinrich von Wildegg BvW_

1156                                                                      Österreich wird Herzogtum

1165 - 1187 Samson (?) von Wildegg BvW

1177 - 1194                                                           Herzog Leopold V.

1187 ? - 1196 Walter von Wildegg BvW - ca 1166 treten Walter und Hartnid von Sittendorf als Zeugen auf bei der Gesamtübereignung von Siegenfeld an Heiligenkreuz_

1188        erste urkundliche Erwähnung Wildeggs

1189 - 1191                                                           3. Kreuzzug

1192                                                                      Steiermark kommt zu Österreich

1196 - 1232 Ortlof von Wildegg BvW

1232 - 1261 Konrad von Wildegg BvW

1241                                                                      Mongoleneinfall in Europa

1246                                                                      Ende der Babenbergerherrschaft

1261        letzter Wildegger stirbt, Altenburger in Wildegg

1261 - 1283 ? Rapoto und Wulfing von Altenburg BvW

1251 - 1276                                                           Otakar von Böhmen_

1276                                                                      Beginn der Habsburgerherrschaft

1283 ? - 1307 Dietrich von Altenburg BvW

1307 - 1322 Otto von Altenburg BvW

1322 - 1324 ? Rapoto II. von Altenburg BvW

1324 ? - 1346 Hertneid von Altenburg BvW

1335                                                                      Kärnten, Krain und Südtirol an Österreich

1346 - ? Leutold Veusel de Alecht (Alland) BvW

? - 1362 Chraft und Leutlein de Alecht (Alland) BvW

1362 - 1455            Neuhauser in Wildegg

? Eberhard, Alber, Thomas, Michael von Neuhaus BvW

1363                                                                      Tirol an Österreich

1365                                                                      Gründung der Universität Wien

1392 ? - 1414 Peter und Georg von Altenburg BvW

ca. 1400                                                 Zeit der Raubritter

1414 - 1427 Pankraz von Neuhaus BvW

1427 - ? Gilg von Neuhaus BvW

? Walpurgis, Giburg und Barbara von Neuhaus BvW

? Ulrich Eybesbrunner BvW

? - 1465 ? Lambrecht Eybesbrunner BvW

1455 - 1479            häufige Besitzerwechsel

1457                                                                      in Ungarn kommt Matthias Corvinus_ an die Macht

1465 - 1471 Andre Greisenecker BvW

1471 - 1479 Paul Waser BvW

1479 - 1486 Söldnerführer (Hans) Jan Holuber BvW

1485 - 1490                                                           Matthias Corvinus residiert in Wien

1486        Achaz von Neideck (Achatz von Neydeck) kauft Wildegg

1486 - 1518 Achaz von Neideck BvW

1493 - 1519                                                           Kaiser Maximilian I._

1493        Achaz von Neideck            wird mit Wildegg belehnt

1517                                                                      Thesen von Martin Luther_

1518 - 1536 Wolfgang von Neideck BvW

1525                                                                       Bauernkriege

1529        Türken belagern Wien - bezüglich Wildegg sind keine urkundlichen Quellen vorhanden - die Türken konnten anscheinend die starke Burg nicht erstürmen

1536 - 1550 Ott von Neideck BvW

1549        Umbau der Burg

1550 - 1579? Ott von Neideck mit seinen Brüdern: Martin (gest. 1565), Servatius (gest. 1568), Ulrich (gest. 1579?) BvW

1555                                                                      Augsburger Religionsfrieden_

1579 - 1651            Streitigkeiten (der Baronin Klara von Neudeck, die den Protestantismus auf Wildegg einführte) mit Stift Heiligenkreuz um die Kirche in Sittendorf, die bis 1623 protestantisch blieb (Sittendorfer Kirchenschlüssel sind mit kaiserlichem Dekret vom 17. Dezember 1623 dem Stift Heiligenkreuz auszuliefern) - 1579 - 1623 = 44 Jahre ohne Zugang zur Kirche für die romtreue Bevölkerung?

1579 - 1593 Servatius d. J., Ehrenreich (gest. 1595), Joachim Ulrich und Hans Willhelm (gest. nach 1614) BvW

1594        Gruft in der Kirche Sittendorf errichtet_

1580        Beginn der Gegenreformation in Niederösterreich

1593 - 1601 Andre Ehrenreich d.J.(= Andreas Neudeck), Adam, Georg Sigmund und Hieronymus (alle belehnt 1593) BvW

1601 - 1611 Johann Wilhelm von Neideck (belehnt 1601) BvW

1611 - 1623 Johann Adam von Neideck (belehnt 1611) BvW - in der Gruft der Pfarrkirche

1618 - 1648                                                           Dreißigjähriger Krieg

1621        Anbau des Vorwerks (Kapelle und Rundturm auf Schloß Wildegg)

1623 - 1650 Hans Georg von Neideck (belehnt 1623) BvW

1650 kehrten die Neudecker zum katholischen Glauben zurück

1650 - 1664 Ehrenreich Ferdinand, Freiherr von Neideck (belehnt 1652 od. 1650) BvW

1664 - 1672 Adam Max von St. Julian, Lehensträger der minderjährigen Kinder (Friedrich und Hans Ludwig) BvW

1672 - 1682 Ehrenreich Friedrich (gest. im Duell 1679) und Johann Ludwig<in der Gruft der Pfarrkirche>, Freiherrn von Neideck (belehnt 1672) BvW

1679        Ehrenreich Friedrich von Neidecks Duell

1682 - 1686 Ferdinand Raimund, Freiherr von Neideck (belehnt 1683) BvW - nach 1650 katholisch

1683        Brand der Burg (Zerstörung durch die Türken) Türken vor Wien

1686        Stift Heiligenkreuz kauft Wildegg

1686- ca. 1700       Instandsetzung der Burg

1686 - 1776            geistliche Verwalter

1701 - 1714                                                           Krieg mit Frankreich um das spanische Erbe

1714                                                                      Teilung des spanischen Erbes, Österreich erhält

Belgien, Luxemburg, Neapel, Sardinien und Mailand

1733        erste Öffnung der Gruft

1740 - 1780                                                           Maria Theresia

1756 - 1763                                                           Siebenjähriger Krieg gegen Preußen

1776 - 1812            Meier_ betreuen Wildegg

1780 - 1790                                                           Kaiser Joseph II.

1782        Dornbach kommt zu Sittendorf: von der Pfarre Heiligenkreuz erhält die Pfarre Sittendorf 24 Seelen in Dornbach - dafür wird mit 40 Seelen der Lindenhof, der bisher zu Sittendorf gehörte, an die Pfarre Sulz angegliedert

1792 - 1806                                                           Koalitionskriege gegen Frankreich_

1805                                                                      Österreich verliert den Krieg, Napoleon besetzt Wien

1806                                                                      Kaiser Franz II. gibt die Auflösung des Heiligen Römischen Reichs bekannt

1812 - 1832            Verwalter

1812                                                                      Napoleons Feldzug nach Rußland

1813                                                                      Österreich, Preußen und Rußland besiegen Frankreich

1814 - 1815                                                           Wiener Kongreß

1832 wird der um die Kirche liegende Friedhof auf eine Anhöhe auf der Straße nach Sparbach verlegt

1832 - 1875            Meier betreuen Wildegg

1833        zweite Öffnung der Gruft

1836        wird die Glocke aus dem Südostturm der Burg Wildegg in die Sittendorfer Pfarrkirche gebracht

ab 19. Jh. bis 1947               Heiligenkreuzer Forstmeisterei in Wildegg untergebracht

1848                                                                      Märzrevolution

1848 - 1916                                                           Kaiser Franz Joseph I.

1851 ein neues Pfarrsiegel wurde besorgt, "sowohl zum Wachs- als auch zum Schwarzdruck Gebrauche"

1875 - ca. 1933      weltliche Pächter

1867                                                                      Ausgleich mit Ungarn, Österreichisch-ungarische Monarchie

1878 aus dem Nachlaß von Abt Edmund Komáromy wird eine Kreuzpartikel "in einer Einfassung aus unedlem Metalle aber von gefälliger Form" von der Kirche Sittendorf "angekauft".

1897 in Dornbach eine aus Steinen gebaute Kapelle - an der Stelle der hölzernen zum hl. Leonhard

1914                                                                      Ermordung Franz Ferdinands u. Gemahlin in Sarajewo

1914 - 1918                                                           Erster Weltkrieg

1916 - 1918                                                           Kaiser Karl I.

1918                                                                      Gründung der Republik Deutschösterreich

1919                                                                      Friedensvertrag von St. Germain, Festlegung neuer Grenzen

1923        Verein österreichischer Wanderfreunde mietet die Burg Wildegg

1927                                                                      Brand des Justizpalastes

1928        Einweihung der Wildegger Burgkapelle

1931                                                                      Zusammenbruch der Nationalbank

1933                                                                      Ausschaltung des Parlaments

1934                                                                      Februarkämpfe zwischen Regierung und Sozialdemokraten,

Dollfuß wird von Nationalsozialisten ermordet

1938                                                                      Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich

1938 - 1945            pfarrliche Jugendgruppen werden von der Gestapo registriert_

1939 - 1945                                                           Zweiter Weltkrieg

1945        am Mittwoch, den 4. April ziehen die Russen in Sittendorf ein

1945                                                                      Proklamation über die Unabhängigkeit Österreichs

1946        erstes Dekanatshelfertreffen in Wildegg

1947        Konstituierung der KJSÖ, erster Verwalter in Wildegg

1948        erster Grundkurs der Jungschar in Wildegg, Mietvertrag der Jungschar mit Stift Heiligenkreuz

1955                                                                      Staatsvertrag, Neutralitätserklärung

1956                                                                      Große Koalition nach Neuwahlen

1966        Neugestaltung der Kapelle im Schloß Wildegg

ÖVP-Alleinregierung

1970                                                                      SPÖ-Alleinregierung

1972 hält am 6. April durch Monsignore Professor Dr. Hans Gro(r, Geistlicher Leiter des Senatus, Wallfahrtsdirektor von Maria Roggendorf, die Legion Moriens Einzug in unserer Pfarre

1976 beginnen von Sittendorf aus am 13. Februar die Monatswallfahrten in Maria Kirchbüchl

1983                                                                      Kleine Koalition

1986        Heiligenkreuz schenkt die Burg der Erzdiözese Wien (10.1. 1986 - 300 Jahre

nachdem das Stift Heiligenkreuz die Burg gekauft hatte)

                                                                              Große Koalition

1987        Jungschar übernimmt die Räume der Wanderfreunde, Beginn der Restaurierung 1988       Abgrabung des Erdgeschosses, 800-Jahr-Feiern der Burg Wildegg

1992 werden am 20. Mai die INTERNATIONALEN THEOLOGISCHEN STUDIEN <ITS> ins Leben gerufen

Die Besitzer von Wildegg im Mittelalter

Heinrich von Wildegg                                                                      1148 - 1165

Samson (?) von Wildegg                                                  1165 - 1187

Walter von Wildegg                                                                         1187 ? - 1196

Ortlof von Wildegg                                                                           1196 - 1232

Konrad von Wildegg                                                                        1232 - 1261

Rapoto und Wulfing von Altenburg                                              1261 - 1283 ?

Dietrich von Altenburg                                                                    1283 ? - 1307

Otto von Altenburg                                                                          1307 - 1322

Rapoto II. von Altenburg                                                 1307 - 1324 ?

Hertneid von Altenburg                                                                   1324 ? - 1346

Leutold Veusel de Alecht                                                 1346 - ?

Chraft und Leutlein de Alecht                                                         ? - 1362

Eberhard, Alber, Thomas, Michael von Neuhaus        ?

Peter und Georg von Altenburg                                                      1392 ? - 1414

Pankraz von Neuhaus                                                                       1414 - 1427

Gilg von Neuhaus                                                                              1427 - ?

Walpurgis, Giburg und Barbara von Neuhaus                             ?

Ulrich Eybesbrunner                                                                         ?

Lambrecht Eybesbrunner                                                 ? - 1465 ?

Andre Greisenecker                                                                           1465 - 1471

Paul Waser                                                                                         1471 - 1479

Hans Holuber                                                                                     1479 - 1486

Achaz von Neideck                                                                           1486 - 1518

 

 

Die Neidecker in Wildegg

Achaz von Neideck                                                                           1486 - 1518

Wolfgang von Neideck                                                                    1518 - 1536

Ott von Neideck                                                                 1536 - 1550

Ott von Neideck mit seinen Brüdern: Martin (gest. 1565),

Servatius (gest. 1568), Ulrich (gest. 1579?)                    1550 - 1579?

Servatius d. J., Ehrenreich (gest. 1595), Joachim Ulrich

und Hans Wilhelm (gest. nach 1614)                                              1579 - 1583

Andre Ehrenreich d.J., Adam, Georg Sigmund und

Hieronymus                                                                                        1593 - 1601

Johann Wilhelm von Neideck                                                          1601 - 1611

Johann Adam von Neideck                                                              1611 - 1623

Hans Georg von Neideck                                                  1623 - 1650

Ehrenreich Ferdinand, Freiherr von Neideck                 1650 - 1664

Adam Max von St. Julian, Lehensträger

der minderjährigen Kinder                                                1664 - 1672

Ehrenreich Friedrich (gest. im Duell 1679) und

Johann Ludwig, Freiherrn von Neideck                                         1672 - 1682

Ferdinand Raimund, Freiherr von Neideck                    1682 - 1686

(belehnt 1683)

 

Pfarr(v)er(weser)in Sittendorf

1. P. Dr. theol. Petrus Kainz                              1783-1788

2. P. Augustin Wiss                                           1788-1790

3. P. Xaver Karner                                              1791-1797

... P. Augustin Wiss                                           1798-1801

4. P. Petrus Krause                                             1801-1805

5. P. Chrysostomos Dittrich                              1805-1810

6. P. Amand Kalina                                             1810-1812

7. P. Benedikt Gedler                                          1812-1819

8. P. Gerhard Raser                                             1819-1822

9. P. Emerich Simala                                            1822-1831

10. P. Leopold Gindl                                           1831-1839

11. P. Johannes B. Krug                     1839-1841

12. P. Gustav Lorenz                                          1841-1842

... P. Leopold Gindl                                             1842-1845

13. P. Cajetan Sevignani                    1845-1852

14. P. Dr. phil. Hermann Umdasch    1852-1860

15. P. Theodor Koch                                          1860-1868

16. P. Alberik Wilfing                                         1868-1875

17. P. Paulus Traint                                            1875-1881

18. P. Leopold Je(abek                                       1881-1902

19. P. Heinrich Sekyra                                        1902-1906

20. P. Hugo Presch                                             1906-1909

21. P. Marian Chocensky                   1909-1018

22. P. Stephan Harvanek                    1918-1940

23. P. Dr. theol. Severin Grill                             1940-1946

24. P. Hadmar Borowan                      1946-1963

25. P. Dr. iur. can. Canisius Noschitzka           1963-1965

26. P. Guido Grünberg                                        1966 (1.1.)-1966 (11.8.)

27. P. Lic. Dr. theol. Augustinus Fenz             1966 (12.8.)-dato_

 

Österreich: Herrscherliste

Die Markgrafen der bayerischen Ostmark bzw. von Österreich (976-1156), die Herzöge (1156-1453) und die regierenden Erzherzöge (seit 1453) von Österreich; die Könige von Ungarn und Böhmen (seit 1526/27); die Römischen Kaiser (seit 1804 Kaiser von Österreich)

 

Babenberger         (976-1246)

Leopold I.                                                                                                           976- 994

Heinrich I.                                                                                                           994-1018

Adalbert der Siegreiche                                                                                    1018-1055

Ernst                                                                                                                    1055-1075

Leopold II.                                                                                                          1075-1095

Leopold III., der Heilige                                                                    1095-1136

Leopold IV. (Hzg. von Bayern 1139-1141)                                     1135-1141

Heinrich II. Jasomirgott (Hzg. von Bayern 1143-1156)                                1141-1177

Leopold V. (Hzg. von Steiermark 1192-1194)                                 1177-1194

Friedrich I., der Katholische                                                                            1194-1198

Leopold VI., der Glorreiche (Hzg. von Steiermark 1194-1230)     1198-1230

Friedrich II., der Streitbare (Hzg. von Steiermark 1230-1246)      1230-1246

Hermann (Markgraf von Baden)                                                     1247-1250

Ottokar II. Przemysl (König von Böhmen)                                     1251-1278

Habsburger

Albrecht I. (Hzg. von Steiermark; Röm. König seit 1298)            1282/83-1308

Friedrich III., der Schöne (Röm. König seit 1314)                         1308-1330

Albrecht II., der Lahme                                                                                     1330-1358

Rudolf IV., der Stifter                                                                                        1358-1365

Albrecht III. und Leopold III.                                                                          1365-1379

Teilung 1379-1493

Albertin. Linie in Ober- und Niederösterreich                                              1379-1457

Albrecht III.                                                                                                        1379-1395

Albrecht IV.                                                                                                        1395-1404

Albrecht V. (Röm. König [A. II.] seit 1438)                                    1404-1439

Ladislaus Posthumus (König von Ungarn und Böhmen [L. V.] 1440/1453) 1439/52-1457

Leopoldin. [steir.] Linie in Inner-, Vorderösterreich und Tirol    1379-1493

Leopold III.                                                                                                         1379-1386

Wilhelm                                                                                               1379-1406

jüngerer steir. Zweig in Innerösterreich         

Leopold IV.                                                                                                         1406-1411

Ernst der Eiserne                                                                                1411-1424

Friedrich V. (Röm. König/Kaiser [F. III.] seit 1440/1452)             1424/35-1493

älterer Tiroler Zweig in Vorderösterreich und Tirol                      1406/11-1490

Friedrich IV.                                                                                                        1406-1439

Sigmund                                                                                                              1439-1490

Röm. Kaiser                                                                                                        1493-1564

Maximilian I. 1493-1519 (Röm. König/Kaiser seit 1486/1508)      1493-1519

Karl I. (Röm. König/Kaiser [K. V.] seit 1519/1530; König von Spanien seit 1516) 1519-1521/22

Ferdinand I. (Röm. König/Kaiser seit 1531/1556; König von Ungarn und Böhmen seit 1526/27) 1521/22-1564

Teilung 1564-1619/1665

Österr. Hauptlinie in Österreich unter und ob der Enns (niederösterr. Lande), Könige von Böhmen und Ungarn und Röm. Kaiser 1564-1619

Maximilian II.                                                                                                      1564-1576

Rudolf II.                                                                                                             1576-1612

Matthias                                                                                                             1612-1619

Steirische Linie (Innerösterreich) 1619-1780 Könige von Böhmen und Ungarn, 1619-1740 Römische Kaiser

Karl II.                                                                                                                 1564-1590

Ferdinand II. (Röm. Kaiser seit 1619)                                                             1590/1619-1637

Ferdinand III.                                                                                                     1637-1657

Leopold I.                                                                                                           1657-1705

Joseph I.                                                                                                             1705-1711

Karl VI.                                                                                                1711-1740

Maria Theresia                                                                                                   1740-1780

Tiroler Linie in Vorderösterreich und Tirol (oberösterr. Länder)

Ferdinand II.                                                                                                       1564-1594

Maximilian III.                                                                                                    1602-1618

Leopold V.                                                                                                          1618/25-1632

Ferdinand Karl                                                                                                   1632/46-1662

Sigmund                                                                                                              1662-1665

Habsburg-Lothringer

Könige von Böhmen und Ungarn und Röm. Kaiser bzw. Kaiser von Österreich

Joseph II.                                                                                                            1780-1790

Leopold II.                                                                                                          1790-1792

Franz II. (I.) (Röm. Kaiser 1792-1806; Kaiser von Österreich (F.I.) seit 1804) 1792-1835

Ferdinand I.                                                                                                        1835-1848

Franz Joseph I.                                                                                                   1848-1916

Karl I.                                                                                                                   1916-1918

 

Ut in omnibus glorificetur Deus et Beata Virgo Maria!

_ Lit. dazu u.a.: H. Wolfram, Österreichische Geschichte (378-907), Grenzen und Räume, Wien 1995; F. Weis-sensteiner, Die Erzdiözese Wien in ihrer Geschichte, Bd. I Strasbourg 1995; K. Gutkas, Geschichte des Landes Niederösterreich, 5. Aufl. St. Pölten, 1974, 565-569 (= Gutkas). - Gleich vorweg muß ich gestehen, daß ich hiemit - mit Ausnahme der Sittendorfer Pfarrchronik - nur eine Arbeit aus vielfacher sogenannter Sekundärliteratur für meine Pfarre bzw. die Einwohner der Gemeinde Wienerwald verfasse. Auf ein gründliches Quellenstudium kann ich mich - wegen dringlicher Publikationsvorhaben aus meinem Lehrtätigkeitsbereich - nicht einlassen. Ich würde empfehlen, daß bald ein jüngerer Mitbruder über unsere Pfarre eine Dissertation verfaßt. Materialien sind in ausreichendem Maße vorhanden. - Der Leser wird bisweilen historische Ungereimtheiten entdecken, die auch mir gelegentlich entgangen sind. - Ich muß allerdings bekennen, daß mir mit dieser historischen Skizze über die Pfarre Sittendorf und den damit verbundenen geschichtlichen Entdeckungen ein spannender Ausflug in die Heimatgeschichte geschenkt wurde.

_ Römerzeit und Völkerwanderung (bis 6. Jh.): Der Raum des späteren Österreich wurde von der Errichtung der Provinz Noricum in der augusteischen Expansionsphase bis ins 5. Jh. durch die Römerherrschaft, danach durch die Auseinandersetzung zwischen germanischen und slawischen Stämmen bestimmt. - Die bayerische und babenbergische Herrschaft (6. Jh.-1246): Das bayerische Herzogsgeschlecht der Agilolfinger konnte vom 6.-8. Jh. durch Ausdehnung seines Territoriums bis zu den Hohen Tauern und zum Wienerwald eine Vormachtstellung im SO erreichen, die erst 787/788 durch Karl d. Gr. mit der Beseitigung des älteren bayerischen Stammes-Herzogtums und seiner Eingliederung in das Fränkische Reich endete. Keimzelle des späteren Österreichs wurde die bayerische Ostmark, die 976 als Reichslehen bei bayerischen Lehnsabhängigkeit den Babenbergern verliehen wurde. Diesen gelang es seit Mitte des 11. Jh., durch Erwerb von Adelsherrschaften, Vogteirechten und Kirchenlehen, durch Rodung, Landesausbau und Heiratspolitik (1192 Erwerb der Steiermark), eine von Bayern unabhängige Machtposition aufzubauen. 1156 kam es zur Verselbständigung der Mark als Herzogtum Österreich.

_ Awaren (Avaren), zu den Hunnen gehörendes, vermutlich protomongolisches nomadisierendes Steppenvolk aus Zentralasien; ließen sich im 6. Jh. n. Chr. an Donau und Theiß nieder, wo sie ein eigenes Reich errichteten, das nach der Niederlage (791-803) gegen Karl d. Gr. verfiel.

_ H. Watzl, "...In loco, qui nunc ad Sanctam Crucem vocatur ...", Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Stiftes Heiligenkreuz, Heiligenkreuz 1987 (= Hermann Watzl), 320 Anm. 168: "Daß die heutige Heiligenkreuzer Gegend vor Gründung des hiesigen Klosters und noch während des 12. Jh. religiös kirchlich nach Klosterneuburg hin orientiert war ist bisher nicht beachtet worden. Vgl. die einschlägigen Traditionen. Alland. c 1123 (<Traditionskodex Klosterneuburg> FRA II/4 n. 15, S. 4), c 1125 (n. 29 S. 7).- Arnstein. 1169 (n. 340 S. 68), vor 1177 (n. 518, S. 111), 1196 - 1216 (n. 444 S. 96).- Gaaden, c 1130 (n. 100 S. 12), 1169 (n. 340, S 68), vor 1177 (n. 518 S. 111). 1185 (n. 545 S. 130).- Sittendorf, 1114 (n. 149 S. 32), c 1123 (n. 16 S. 4). c 1125 (n. 44 S. 11), c 1137 (n. 163 S. 34) c 1139 (n. 172 S. 36). 1170 (n. 345 S. 39). 1171 III 31. (n. 340 S. 72).- Sparbach c 1128 (n. 79 S. 17), c 1131—1143 (n. 195 S. 40). c 1139 (n. 188 S. 39), 1186 (n. 374 s. 77.).- Sulz c 1125 (n. 44, S. 11), c. 1139 (n. 172 S. 36). Datierung nach gefälliger Mitt. von Professor Dr. Berthold Cernik, Klosterneuburg." - Demnach scheint im heutigen Heiligenkreuzer Gebiet Sittendorf als älteste Erstbenennung mit den meisten Urkunden im genannten Klosterneuburger Traditionskodex auf.

_ Das Archiv des Bistums Passau, Luragogasse 4, teilt mit Schreiben vom 1. 2. 1988 mit: "Die mittelalterliche Urkundenüberlieferung der Passauer Bischöfe befindet sich, soweit sie sich je zu Passau befunden hat, heute praktisch vollständig im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München. Da aber Urkunden nicht nur original überliefert sind, sondern auch in Abschriften, ist es durchaus möglich, daß sich diese Urkunden in Kopialbüchern erhalten haben, die unter anderem im Diözesanarchiv Wien liegen könnten. Wenden Sie sich daher bitte mit Ihren Fragen auch an die Kollegen in Wien. Zu den Passauer Diözesanmatrikeln verweise ich Sie auf die Edition von Rudolf Zinnhobler, die bisher allerdings nur für das westliche Offizialat vorliegt, in der Einleitung zu Bd. 1 aber sich umfänglich über die Matrikeln äußert: Rudolf Zinnhobler, Die Passauer Bistumsmatrikeln für das westliche Offizialat, I: Einleitung. Die Archidiakonate Passau und Interamnes = Neue Veröffentlichungen des Institutes für Ostbairische Heimatforschung 31 8 (Passau 1978). In der in unserem Hause verwahrten Bistumsmatrikel aus dem Jahre 1429 (ABP, OA B 139) heißt es auf S. 4: ‘Sickendorff, VIII t (Talente)’. Als Patron ist angegeben das Geschlecht der ‘Wildeckher’. Die bei Zinnhobler angegebene Abschrift "ABP, OA, B 81’ liefert den gleichen Eintrag. In unserem Ordinariatsarchiv verwahren wir keinerlei spezifische Unterlagen zu Sittendorf. Mit freundlichen Grüßen Dr. Herbert W. Wurster."

_ Seit 896 besetzten die Magyaren das Pannonische Becken, assimilierten die hier lebenden Völker (Germanen, Slawen, Dakoromanen u. a.) und unternahmen Raubzüge in ganz Europa (933 bei Riade, 955 auf dem Lechfeld, 970 vor Byzanz besiegt). Stephan I., der Heilige, ließ sich im Jahre 1001 mit einer von Papst Silvester II. verliehenen Krone (Stephanskrone) zum König krönen.

_ Karolinger (Karlinger), fränkisches Herrschergeschlecht aus dem Mosel-Maas-Raum, benannt nach Karl d. Gr.; hervorgegangen aus einer Verbindung zwischen Arnulfingern und Pippiniden; 687 Hausmeier im Gesamtreich (Pippin II.), 751 Könige (Pippin III.). Die Karolinger erloschen in der lothringischen Linie 869, in der italienischen 875, in der ostfränkischen 911 und in der westfränkischen 1012.

_ Dankenswerter Weise schrieb der Stiftsarchivar Professor h.c. P. Hermann Watzl (+ 13. 11. 1986) im Jahr 1967/1968 in "Unser Pfarrblatt - Dekanat Heiligenkreuz" 2. Jahrgang, 1967, Nummer 5, Nummer 11; 3. Jahrgang, 1968, Nummer 1 (= Pfarrblatt) auf Einladung des Schreibers dieser Zeilen einen Abriß über die Pfarre Sittendorf. Er stützte sich auf Malachias Koll< siehe anschließend>, was beispielsweise durch die Übernahme einiger Ausdrücke wie "roter Marmorfelsen" auf dem Wildegg steht ersichtlich ist (vgl. Pfarrblatt). Im folgenden stützt sich dieser Geschichtsüberblick zunächst auf diese Arbeit von H. Watzl im Pfarrblatt. - Ein immens großer Vorteil bildet nun der Sammelband Watzl (siehe anschließend).

_ Hermann Watzl 305 Anm. 32¸vgl. ebd. 304 Anm. 17.

_ Ebd. 328. 533 Anm. 20. 22.

_ Hermann Watzl 305, Anm. 29. - Der Bach "Dornbach" wird bereits 1136 in der Stiftungsurkunde genannt, wie anschließend gezeigt wird. Koll 191 gibt, wie anschließend ersichtlich ist, bereits das Jahr 1002 an, was wahrscheinlich die gewohnte Verwechslung mit Dornbach Wien XVII ist. - Zur Jahreszahl 1236 in Verbindung mit Dornbach GB Mödling vgl. Hermann Watzl 93. 178. - Grub (von Grube kommend), Dornbach und Sittendorf kommen erst 1686 durch den Kauf von Wildegg zu Heiligenkreuz (ebd. 305f).

_ Zisterziensergründung.

_ Hermann Watzl 304, Anm. 17; ebd. 518.

_ Ebd. 519 beachte auch ebd. 520. 522. 524.

_ F. Hlawatsch, Die Heiligenkreuzer Stiftungsurkunde 1136, Sancta Crux 1935, Jubiläums-Festausgabe, Heiligenkreuz 1935,3f (= SCJ).

_ Druckfehler in SCJ, wo 1106 steht!

_ Lothar III. von Supplinburg, * 1075 (?), + Breitenwang (Tirol) 3. (4.?) 12. 1137, Herzog von Sachsen (seit 1106), König (seit 1125), Kaiser (seit 1133). Gegen staufische Thronansprüche durch Verbindung mit den Welfen zum König gewählt. Im Konflikt mit den Staufern (1127 Gegenkönigtum Konrads [III.]). setzte sich Lothar 1135 durch.

_ Otto von Freising, * um 1111/1114, + Kloster Morimond bei Langres 22.9. 1158, deutscher Geschichtsschreiber, Sohn des österreichischen Markgrafen Leopold III., des Heiligen; trat 1132/33 in das Zisterzienserkloster Morimond ein (um 1137 Abt); 1138 Bischof von Freising; seine "Chronik oder Geschichte der zwei Reiche" (8 Bücher, 1143-46) deutet die Geschichte als das Ringen zwischen dem Gottesstaat (Civitas Dei) und dem durch Gewalt und Unglauben geprägten Weltstaat (Civitas terrena). Verfasser eines Tatenberichts seines Neffen, Kaiser Friedrich I. Barbarossa (2 Bücher, bis 1156 reichend, 1157 abgefaßt). Sein Gedenktag ist der 7. September.

_ Hermann Watzl 16.

_ Österreichische Wanderfreunde, Wien, IX., Fuchsthallergasse 11. Vierzig Jahre in Wildegg, als Manuskript vervielfältigt = Wanderfreunde 11.

_ Leopold V. (1177-1194). Gutkas 61ff schreibt: "Im Jahre 1187 hatten die Mohammedaner unter Sultan Saladin Jerusalem zurückerobert. Die Kreuzfahrerstaaten in der Levante, am Ende des 11. Jahrhunderts gegründet und seither meist von französischen Rittern gehalten, mußten um ihren Bestand bangen. In diesem Augenblick begrub das Abendland allen Zwist und die Blüte der Ritterschaft zog aus ins Heilige Land. Die Deutschen unter Führung Friedrich Barbarossas wählten wiederum den Landweg entlang der Donau. Ein mächtiges Heer, gefolgt von einem gewaltigen Troß, strömte durchs Alpenvorland und verübte auch manche Gewalttat, wenn es nicht das erhielt, was es wollte. Herzog Leopold von Österreich folgte erst später mit kleinem Gefolge auf dem Seeweg nach. Als Akkon kapituliert hatte, ließ der englische König Richard Löwenherz das Banner der Österreicher von den Zinnen der Stadt entfernen und schloß die Deutschen und Italiener von der Beute aus. Später eroberte er Zypern, das einem byzantinischen Verwandten des österreichischen Herzogs gehörte. Daraufhin verließ der Babenberger das Kreuzheer und zog heim. Der englische König entging seiner Rache nicht. Auf dem Heimweg verschlugen ihn Stürme an die Küste Istriens, und er mußte den Landweg durch feindliches Gebiet einschlagen. Unerkannt hoffte er nach Sachsen zu gelangen, mit dessen Herzog er verwandt war. Durch Zufall wurde er bei Wien erkannt und von Leopold in der Burg Dürnstein gefangen gehalten. Nur durch hohes Lösegeld in Edelmetall, so hoch wie sein Erlös für Zypern, das er den Maltesern verkauft hatte, gewesen war, konnte er die Freiheit wieder erlangen. Die Hälfte davon, 11.690 Kilogramm Silber, für dessen Aufbringung in England die Kirchenschätze eingeschmolzen werden mußten, fiel dem Herzog zu, die andere Hälfte dem deutschen König. Diese Summe verwendete Leopold zur Anlage einer neuen Stadt, Wiener Neustadts, an der österreichisch-steirischen Grenze, sowie zur Ausgestaltung und Befestigung anderer Grenzstädte, wie Wien und Hainburg ... Ritterliches Wesen und Lebensart, nicht so fein und zart, wie es in romantischen Darstellungen oft gesehen wird, aber doch edel und hehr in einer an und für sich rauhen Zeit, waren das Sinnbild der Kultur des 12. Jahrhunderts. Schönsten und höchsten Ausdruck fand diese ritterliche Kultur im Minnesang. Der Hof Leopold V. war eine der bedeutendsten Pflegestätten in Süddeutschland. Hier wirkte der Elsässer Reinmar der Alte, die ‘Nachtigall von Hagenau’, dessen Tod Gottfried von Straßburg in seinem ‘Tristan’ 1210 beklagte. Seine formvollendeten Gedichte, reich an sinnigen Herzensworten, pflegten vor allem die wehmütige Klage über unerhörte Liebe. Als Leopold V. zu Weihnachten 1194 starb, legte er dessen Witwe Helene ein rührendes Trauerlied in den Mund. - Der Tod dieses Babenbergers war auch tragisch. Die Gefangennahme eines Kreuzfahrers hatte ihm den päpstlichen Bann eingetragen. Englische Chroniken dieser Zeit, auf Usterreich besonders schlecht zu sprechen, berichten von einer Anzahl Katastrophen im Lande und sehen darin eine Strafe Gottes für die Handlungen des Herzogs. Tatsächlich haben in den letzten Lebensjahren Leopolds ein Brand in Wien, Überschwemmungen der Donau, gefolgt von Hungersnot und Pest, stattgefunden, doch erwähnt keiner der einheimischen Chronisten, daß das Volk diese Heimsuchungen als Vergeltung für die Gefangennahme des englischen Königs angesehen hat. Mitten in heiterer Festtagslaune, bei Turnierspielen in Graz, stürzte der Herzog vom Pferde und brach sich ein Bein. Die ärztliche Kunst der Zeit wußte dafür keine Rettung mehr. Wenige Tage später ist er gestorben, nachdem er noch auf dem Sterbebette die Zusicherung gegeben hatte, daß der Rest des Lösegeldes an England zurückgezahlt werden würde. Dafür wurde er vom Banne gelöst. In Heiligenkreuz liegt er begraben."

_ Laab im Walde.

_ Friedrich I. Barbarossa "Rotbart", * Waiblingen (?) 1122, + im Salef (= Göksu nehri, Kleinasien) 10.6. 1190 (ertrunken), als Friedrich III. Herzog von Schwaben, Römischer König (1152), Kaiser (1155). Trennte 1156 Österreich als babenbergisches Herzogtum. vom Herzogtum Bayern ab. Nach dem 1. Italienzug 1154/55, der der Kaiserkrönung galt, kam es 1157 (Reichstag zu Besancçon) zum 1. Konflikt mit dem Papsttum, als Friedrich sich weigerte, das Kaisertum als päpstliches Lehen "beneficium" anzuerkennen. Die folgenden Italienzüge (1158, 1163, 1166-68, 1174-77) wurden unternommen, um die kaiserlichen Rechte in den lombardischen Städten wiederherzustellen (Ronkalische Reichstag 1158 - Ronkalische Felder, Ebene in der Emilia-Romagna, benannt nach dem Ort Roncaglia <= Piacenza>; im MA Heerlager der Römischen Könige und Kaiser) und um das 1159 ausgebrochene Schisma zwischen den Päpsten Alexander III. und (dem von Friedrich unterstützten) Viktor (IV.) zu beenden; sie endeten mit einer Niederlage des deutschen Ritterheeres. 1178 ließ sich Friedrich in Arles zum König von Burgund krönen. Im Reich gelang ihm der Ausbau der staufischen Hausmacht (v. a. Städtegründungen) und der Sturz Heinrichs des Löwen (1180 Teilung des Herzogtums Sachsen, Bayern an die Wittelsbacher), doch kein Ausgleich mit den Welfen. Auf dem 6. Italienzug 1184 ließ er seinen Sohn Heinrich (VI.) zum König von Italien krönen. Friedrich fand auf dem 3. Kreuzzug (1189-92) den Tod.

_ Dieser Text - der weniger spirituell als die Stiftungsurkunde des Heiligen Leopold erscheint - ist der Festschrift entnommen: L. Schmetterer, Burg Wildegg 1188-1988, Wien 1988, 4.- Über diese Übersetzung bin ich gar nicht glücklich, ich weiß aber, wie schwer es bisweilen ist, die richtigen Worte zu finden und die topographischen Bezeichnungen zu treffen. Der Übersetzer scheint nicht erkannt zu haben, daß sein "Lupa" = "Laab im Walde" bedeutet (Hermann Watzl 78). Zudem fehlen auch die Namen der Zeugen, vor allem "Walther de Wildekke". Was die Erstlingsnennung von Wildegg betrifft stimmt die Zeitangabe nicht mit Pfarrblatt überein. Leider kann ich Prof. P. Hermann Watzl nicht mehr fragen, er ist bereits am 13. November 1986 verstorben. - Soweit aber aus Hermann Watzl 430 ersichtlich ist, wäre diese Wildegger Urkunde in Ort und Datum mit der Schenkung der großen Heiligenkreuzer Kreuzreliquie identisch, "jener Kreuzreliquie, die der Landesherr aus Jerusalem mitgenommen" hat und in der Versammlung von 40 Freien und Ministerialen, am Dienstag vor Pfingsten am 31. Mai 1188 in Mautern tagte. Daß Leopold V. in Mautern am 31. Mai 1188 mehrere Urkunden in Kraft setzte, bestätigt Hermann Watzl 77f. Man beachte ebd. Als Ergänzung zu oben gebrachter Urkundenübersetzung: "Collem quoque, qui Rohr vel Waasen Kogl dicitur, cum silva circumiacente et agnis rebusque ecclesiae violentia iniusta direptum, iudicario ordine restituit (Leopoldus dux) et ab ecclesiae possessionibus numquam in perpetuum segregandum privilegio sancivit. Sunt autem isti termini eiusdem privilegii: per ascensum viae, quae vulgo Rohrenweg dicitur, usque ad semitam exeuntem de Wildekke et ducentem ad semitam venientem de Louppe et per eandem sernitam in Sulze et per descensum ripae, quae vocatur Medelich, usque ad praedictam viam quam Rohrenweg nominavimus. Huius rei testes sunt: Ulricus de Gadme et filius eius Wichardus, Ortholfus de Kürchstetten etc. - Extat et aliud privilegium eiusdem ducis ubi prohibetur ne quisquam in hoc loco Rorech habeat facultatem aedificandi castellum. Datum anno domini 1188 secundo kalendas iunii in Mutern, regnante imperatore Friderico, feliciter amen. - Das predium Roreh oder Rorech ist identisch mit dem Rohrberg oder Sulzer Berg der collis Rohr oder Waasen Kogel hingegen mit dem im Zentrum dieses Gutes liegenden Rohrkogel. Da unser Regest Schafe als Raubgut erwähnt, war dieses Prädium ein Annex der Klostergrangie Sulz, die uns 1185 und 1187 in den päpstlichen Privilegien für Heiligenkreuz begegnet. Das klösterliche Urbar von 1388 bezeugt das praedium in Roreh mit dem pratrum adiacens als Pachtgrund. Das Grundbuch über die Waldmark von 1431 bringt unter den Gehölzern der Cisterce den Rarperkch an des hertzogenambt rigel gelegen zwischen Siiltzt und Wildegk mit der Rarwis, dem Waasen, nach dem der Rohr Kogel auch Waase Kogel genannt wurde. - Die Grenzen dieses Gutes sind: Von der Furt des Mödlingbaches bei der Rohrmühle <Sulz Nr. 36> ein Feldweg in nordöstlicher Richtung durch die heutige Streusiedlung Rohrberg zum Roten Kreuz auf den Sulzer- oder Rohrberg (per ascensum viae quae vulgo Rohrenweg dicitur). Von hier in der Fortsetzung eines Waldweges, der beim Schlosse Wildegg beginnt, die Südlehne des Sulzer Berges in westlicher Richtung entlang bis zur Kapelle auf der Sulzer Höhe. Dieser Grenzweg ist heute das Gemärke der Ortsgemeinden Sulz und Kaltenleutgeben (usque ad semitam exeuntem de Wildekke et ducentem ad semitam venientem de Louppe). Hier mündet der Weg in die alte Straße Sulz - Laab im Walde). Von der genannten Kapelle südlich abwärts nach Sulz in den Mödlingbach (et per eandem semitam in Sulze) und in südöstlicher Richtung dessen linkes Ufer entlang zur Furt bei der Rohrmühle (et per descensum ripae quae vocatur Medelich usque ad praedictam viam, quam Rohrenwech nominavimus). - Zweifellos ist das praedium Roreh 1188 ein Teil jenes kleinen Besitzes, in dem die Gegend um Sulz 1136 beim Tode des Markgrafen Leopold III. zerfiel. Nach unserer Grenzbeschreibung ist das mittelalterliche Sulze < Ebd. 79 Anm. 13: "Das Bauerndorf Sulz, das an Stelle der Klosterbesitzung Sulz getreten und ab 1293/94 nachweisbar ist (Gsell, Gültenbuch S. 23), ist am Ende des 15. Jahrhunderts verödet. Das Urbar 1520 fol. 50 (Archiv Heiligenkreuz R. 14 f. 43 n. 7) hat die Eintragung: Sulz: totum vacat. Nach einer Nachricht von 1641 VII. 16 wurde der Ort vor 50 Jahren (1590) wieder erhoben (Archiv Heiligenkreuz R. 24 f. 8 n. 6." - Vgl. dazu ebd. 328: "In diese Jahre aber fallen die Kriege mit Ungarn, 1477-1488. Durch diese, sei es durch Brandschatzung, sei es durch Aussiedlung der Holden in die entvölkerten Klosterdörfer der Wiener-Ebene, ist mehr als die Hälfte des mittelalterlichen Grub verödet."> als östlich der alten Straße auf die heutige Sulzer Höhe zu suchen. Nach dem kaiserlichen Waldbuche von 1572 grenzte es westlich und südwestlich an das Gebiet Stangaul. Teile dieses praedium Roreh sind heute noch im Besitze des Klosters Heiligenkreuz. Die Rotte Rohrberg - ausgenommen die Rohrmühle - ist eine Gründung der Cisterce aus dem 17. Jahrhundert. - Über die Person jenes babenbergischen Ministerialen, der das Gut Rohreck im eigenen Interesse zu Befestigungsbauten ausnützen und an sich reißen wollte, sind wir nicht unterrichtet."

_ Diese Angabe ist fragwürdig: entweder liegt Hermann Watzl eine Urkunde vor, die mir unbekannt ist, oder es stimmt doch 31. Mai 1188; siehe vorausgehende Anm.

_ Hermann Watzl 42: Walter und Hartnid von Sittendorf.

_ Nicht 1250, Ob.Öst. Urkb. III S 173.

_ Nach Donin, der die Erbauung des mittelalterlichen Wildegg in die erste Hälfte des 13. Jh. verlegt, ist er der Erbauer der Burg (R. K. Donin, Wildegg, Wien 1927).

_ Gemeint ist das heutige Mayerling.

_ Für Sittendorf bietet sich das Haus Nr. 19 an, das zur Zeit Dipl.- Ing. Franz Denk mit Familie bewohnt und der Kirche an nächsten steht.

_ Verständnisvoll übersetzt: betreut, betreuen.

_ Hermann Watzl 547f <B. Gsell, Beitrag zur Geschichte der Reformation in Nieder-Österreich, Österreichische Vierteljahrschrift für katholische Theologie, Jg XII, 2 Heft, Wien 1872,S. 17.>.

_ H. Watzl zitiert als Quellen in Pfarrblatt: M. Fischer, Codex traditionum ecclesiae collegiatae Claustroneoburgensis, Font. Rer. Austr.<FRA> Bd. 4, Wien 1851; J. N. Weiß, Urkunden des Cistereienserstiftes Heiligenkreuz Bd. 1 und 2. Font. Rer. Austr. Bd. 11 und 16, Wien 1856 und 1859; Urkundenbuch des Landes ob der Enns, Bd. III, Wien 1862; R. K. Donin, Wildegg, Wien 1927; H. Fichtenau und E. Zöllner, Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, Bd. 1 und 2, Wien 1950 und 1955.

_ Das Stift Heiligenkreuz in Oesterreich V. U. W. W.[= Viertel unterm Wienerwald] mit dem dazu gehörigen Pfarreyen und Besitzungen samt dem vereinigten Stifte St. Gotthardt in Ungarn. Topographisch geschichtlich dargestellt von Malachias Koll. Kapitular dieser beiden Stifte. Mit 5 Ansichten. Wien 1834,188-195[= Koll].

_ Füllenberg.

_ Mödlingbach als Grundgrenze! - In der älteren Generation Sittendorfs ist heute noch die Verwendung von "Drentern und Herentern", hochdeutsch "die drüben und hüben (Wohnenden)", wobei wahrscheinlich die "Drentern", die bei der Kirche gelegenen Häuser mit ihren Bewohnern gemeint, weil in diesem Wort noch "darüber", also höher gelegen mitschwingen kann. - Aber das ist meine mehr oder minder persönliche Erklärung.

_ Hermann Watzl 545: "Schnell nach dem am 17. Juli 1381 erfolgten Tode Johann Fürstenaus besetzte die Cisterce Heiligenkreuz die nunmehr ihr inkorporierte Pfarre Alland mit einem ihrer Professen. Am 29. Juli 1381 <FRA II/(16), n 300, S. 347> beauftragte der Diözesanbischof von Passau, Johann von Scharffenberg, den namentlich nicht angeführten Pfarrer von Sittendorf, den Nikolaus von Weitra, Priester und Mönch, ihm von Abt Coloman und dem Konvent von Heiligenkreuz präsentiert, in den Besitz der Pfarre Alland einzuführen. Zweifellos repräsentiert dieser Priestermönch in seiner Person sein Kloster, das durch ihn zum Zehentherren der Heiligenkreuzer-Waldmark aufrückt. Die Pastoration der erworbenen Pfarre versieht aber, den Ordensvorschriften noch entsprechend, nicht der Cistercienser, sondern dessen Vikar im Pfarrhofe zu Alland, namens Heinrich Schusling, ein Weltpriester, der zuständigen Diözese Passau, etwa Kaplan bei Pfarrer Fürstenau."

_ Ist nun in der Totenkapelle des Kreuzganges Heiligenkreuz.

_ Die Erweiterung zu diesem Friedhof an der Sparbacher Straße wurde am 1. November 1996 von Herrn Kaplan Mag. theol. Josef Kantusch aus Klausenleopoldsdorf gesegnet.

_ Der Schreiber dieser Zeilen bezweifelt diese Angabe und verweist oben auf Anm. 11.

_ Heute ist nur eine Kapelle zur heiligen Mutter Anna in Dornbach bekannt.

_ Vgl. Anm. 1.

_ Die Jahreszahl 1391 scheint Koll völlig entglitten zu sein, nach Pfarrblatt wurde besagter Kauf am 9. VII. 1486 getätigt. Dies harmoniert mit den Angaben in Hermann Watzl 419, 421.

_ Im Kreuzgang wurden die Neudecker begraben, im Kapitelsaal war die Grablege der Landesherren.

_ F. Puxrucker, Schloß Wildegg. Beschreibung seiner Einrichtung und Denkwürdigkeiten, Mödling 1933, 29 (= Puxrucker) erwähnt "die Namen von zwölf Neudeckern".

_ Lib. I. Manuale Ecclesiae Sittendorffens: continens copulatos ab anno 1729 usque 1814 inclus. zugleich Gedenkbuch und fol. 83 Stiftungsprotokoll fol. 45 = Chr I 87: "Ericus obiit anno 1605."

_ Ebd.: "Joannes Ludovicus, anno 1682."

_ Puxrucker 29 erwähnt "zwölf Neudecker" in der Gruft.

_ Ebd. 8f.

_ Ebd. 11. Allerdings ist ebd. 12 zu lesen: "Donin meint, daß die Burgkapelle von Wildegg nicht nur Wandlungen, sondern auch Wanderungen mitgemacht hat und daß sie zeitweilig im Zimmer des Südostturmes im ersten Stock untergebracht war."

_ Ebd. 12.

_ Ebd. 13.

_ Ebd. 19f. Wenige Zeilen später ist zu lesen (ebd. 20): "In den Notizen des P. Nepomuk Weiß, des Verfassers des Heiligenkreuzer Urkundenbuches, steht noch von einer anderen Übernachtung, der eine Authentik zugebilligt werden kann und zwar nächtigen vom 1. auf den 2. November 1839 auf Schloß Wildegg ‘wegen der angeblichen Geister’ die Patres Ambros Schöny und Aloysius Rziha. Von irgendwelchen magischen Dingen müssen sie indessen nichts erlebt haben, sonst hätten sie davon berichtet. Dagegen vermerken sie etwas für die Baugeschichte der Burg beachtenswertes. Am Allerseelentag morgens lasen sie in der Burgkapelle die Messe, was dort seit dreißig Jahren nicht vorgekommen ist. Die Burgkapelle muß demzufolge doch noch gut erhalten gewesen sein." Sieht man bei F. Watzl, Die Cistercienser von Heiligenkreuz, in chronologischer Reihenfolge nach den Quellen dargestellt, Graz 1898 (= Florian Watzl - einfacher Weise bedeuten die Zahlenangeben hier die vom Autor den einzelnen Artikeln vorangestellten Nummern) nach, so findet man unter 803 einen Ambros Schöny, der am 18. Jänner 1785 zu Mayerling geboren, am 26. Dezember 1808 seine Primiz feierte und nach verschiedenen Aufgaben außerhalb von Heiligenkreuz im Jahr 1839 wohl im Stift wohnte. Er starb, vom Schlag getroffen, während eines Spazierganges auf dem Bodenberg am 7. November 1848. - Alois Rziha findet sich in Florian Watzl 860, der allerdings am 16. Februar 1823 zu Trübau in Mähren geboren, am 7. September 1844 ins Noviziat eintrat, am 15. August 1849 seine Primiz feierte, 1851 sogar 48 Seiten über "Obstbaumzucht" publizierte und am 6. September 1870 in St. Gotthard starb. Demnach war P. Alois im Jahr1839 volle 16 Jahre und nicht einmal im Noviziat. Er kann also höchstens der Messe ministriert haben!

_ Puxrucker 22.

_ Ebd. 27.

_ Ebd. 24.

_ Der 24. Juni ist Patroziniumsfesttag der Sittendorfer Kirche zum Heiligen Johannes des Täufers.

_ Zumindest vor 1594, denn Koll 195 nennt als ersten, der in der Familiengruft bestattet wurde Miximilian + 1594. Möglicherweise brachte das Ausheben der Gruft Stabilisierungsprobleme, sodaß der gewaltige Stützpfeiler an der Nordseite der Kirche erforderlich wurde. - Wir werden später darüber lesen!

_ Florian Watzl 870: 4. Juli 1837 in Wien geboren, wurde am 14. September 1855 in Lilienfeld eingekleidet, trat am 5. August 1858 ins Stift Heiligenkreuz über, am 18. Juni 1874 (Korrektur von P. Friedrich Hlawatsch) zum außerordentlichen Professor der orientalischen Sprachen und der höheren Exegese des alten Bundes an der theologischen Fakultät der Wiener Universität ernannt, wird schließlich Ordinarius und dreimal Dekan; unternahm wissenschaftliche Reisen, darunter 1869 und 1884 ins Heilige Land, erhielt hohe Auszeichnungen und Orden und starb am 5. Oktober 1919 (Anm.)

_ Die T-Form ist nur dann zu erkennen, wenn der heute vermauerte Stiegenabgang miteinbezogen wird.. Die Gruft ist seit Oktober 1985 durch einen Stiegenabgang an der Nordseite zugänglich; die besagte "Quermauer" ist anscheinend nicht vorhanden!

_ Die Pfarrchronik, der ich nachfolgend einsichtig werde, gibt eine genaue Jahreszahl an. Sie wird hiemit noch nicht genannt, um dem Leser die Spannung nicht zu rauben!

_ Statt der Gemeindeanschalgtafel ist heute eine Mamortafel mit den Namen der im Krieg Gefallenen, das sogenannte Kriegerdenkmal.

_ Das besagte "Loch" wurde 1985 zu einem Eingang vergrößert.

_ Auf dem Pfarrhofboden sind sie nicht mehr, sie wurden schon vor 1966 ins Stift Heiligenkreuz gebracht, wo noch zumindest zwei im Archiv unter Archivar P. Hermann Watzl verwahrt wurden.

_ Puxrucker 29 bringt eine Darstellung der Kirche von Sittendorf, auf die in diesem Satz verwiesen wird.

_ Die Schrift der Tafel ist bereits verschiedentlich verändert und kaum mehr restlos exakt zu entziffern.

_ Ochsenauge: architektonisches ovales oder rundes (Dach-)Fenster (Bullauge).

_ Janitscharen [zu türkisch yeniceri, eigentlich "neue Truppe"], vom 14. Jh. bis 1826 die Kerntruppe des osmanischen Sultans, unter der christlichen Jugend der Balkanprovinz ausgehoben, zum Islam erzogen.

_ Nach Florian Watzl 517 ist P. Bernhard Piller am 12. April 1635 in Perchtoldsdorf geboren, wurde am 23. Juli 1956 im Stift Heiligenkreuz eingekleidet, starb am 8. November 1699 in Trumau und wurde im nördlichen Flügel des Heiligenkreuzer Kreuzganges bestattet.

_ Puxrucker 27-32. Es folgt ebd. 32 noch ein Hinweis auf das Verdienst der Heiligenkreuzer in Angelegenheiten der Schloßerhaltung von Wildegg, weil weltliche Besitzer nicht selten ihre Burgen dem Verfall preisgaben. Schließlich werden noch zwei Gemälde von Theodor Festorazzo erwähnt, die heute in der Gemäldegalerie des Stiftes Heiligenkreuz zu sehen sind, das eine stellt Sittendorf dar, das andere zeigt Wildegg, das 1847 gemalt wurde.

_ Ebd. 25. - Noch eine Bemerkung sei festgehalten (ebd. 26): "Zehn Minuten nordwestlich von Wildegg auf dem Waldweg, der nach Sulz = Stangau führt, erinnert ein ... Kreuz ... an den Totschlag, begangen an dem Förster Enderl durch Wilderer."

_ Florian Watzl 756. - Er wurde also 76 Jahre alt. Folgende handschriftliche Ergänzungen und Korrekturen verschiedener Archivare sind am Rand dieser Angaben zu lesen: Georg - tatsächlich steht im Sittendorfer Taufbuch Johann Georg - Eintritt 30. XI. 1773 - 1782 praefectus alumnorum, nur bis 1802 war er Novizenmeister, sein Sterbetag war ein Dienstag. - Administrator des Stiftes war P. Engelbert nach dem Tod von Abt Marian II. Reutter 21. Oktober 1805 - 6. August 1806 zusammen mit P. Nikolaus Kasche und P. Gregor Kreminger (ebd. 760. 761)

_ Florian Watzl Seite 212.

_ Hermann Watzl 545 <FRA II/(16), n 300, S. 347>.

_ Hermann Watzl 546.

_ Hermann Watzl 547.

_ Florian Watzl 603: "Als 1742 die Preußen bis nach Niederösterreich streiften, wurde er von ihnen gefangengenommen, nach einiger Zeit aber wieder freigelassen."

_ Ebd. 624: "Im Herbst 1734 kam er als Prior und Administrator mit der ersten Colonie nach St. Gotthard, wo er bis 1737 verblieb, verwaltete 1737-1740 das Gut Wildeck."

_ Ebd. 605.

_ Ebd. 620.

_ Ebd. 616.

_ Ebd. 640.

_ Ebd. 645: "Als Professor der Theologie <1737-1743> verfaßte er eine Theologia moralis in drei Bänden. 1738. (Cod. 490-492 der Stiftsbibliothek.)."

_ Ebd. 660: "Edmund König, am 13. Oct. 1710 (laut Taufmatriken) zu Baden in Niederösterreich geboren, legte am 25. Jänner 1730 die Profess ab und feierte am 21. Jänner 1734 seine Primiz. Er war als Sängerknabe im Stifte erzogen worden. 1734 zog er mit der ersten Colonie nach St. Gotthard, wo er bis Oct. 1735 blieb, lehrte hierauf bis 1737 im Stifte Philosophie, 1737 bis c. 1740 in Baumgartenberg Theologie und 1740-1742 Theologie im Stifte. 1742-1744 war er äbtlicher Secretär, 1744-1747 Prior und Administrator in St. Gotthard, c. 3. März 1747 bis c.6. Juni 1748 Verwalter und Pfarrverweser in Mönchhof, 1748-1749 Novizenmeister und bekleidete 1749 bis 1754 die Ämter eines Subpriors, Vicars von Sittendorf und Bibliothekars. 1754 bis c. 1757 verwaltete er das Gut Wildeck, war hierauf c. 1757 bis ? Prior im Stifte, dann Verwalter in Trumau. Administrator von St. Gotthard und März 1765 bis Nov. 1770 Pfarrverweser in Winden. Er starb am 8. Dec. 1772 und wurde im Kreuzgange begraben. "Vir studiorum amantissimus et cultui Mariano addictus" (Doczy). Er veröffentlichte im Drucke drei Predigten: 1. Trost- und Ehrenrede über die wunderbarliche Macht und Barmherzig keit der Jungfräulichen Mutter Gottes Mariä, da von Errichtung ihres Gnadenbildes in dem herrlich neu erbauten Gottes-Haus des sogenannten Hafner-Bergs unter dem Schutz des Stiftes Mariä Zell in Österreich 0. S. B. den 26. Juli als an dem Festtag der hl. Annae anno 1753 das erste Saeculum, begangen wurde. Vorgetragen von A. R. ac Eximio P. Edmundo König, des h. Cist. Ord. zum heil. Creutz Professo und p. t. Sub-Priore. Wien, gedruckt bei Leopold Joh. Kais. Reichs-Hof-Buchdruckerei. 2. Lob- und Ehrenrede über Leben und Tod der heiligen Jungfrauen und Märtyrin Caeciliae, als eine hochlöbl. allhier in Wien aufgerichte musicalische Congregation in der hohen Metropolitan-Kirchen bei St. Stephan das gewöhnliche Titular-Fest ihrer Schutz-Frauen den 22. November mit jährlich feierlicher und prächtiger Andacht begienge. Verfasset und vorgetragen von P. Edmundo König. Wien, gedruckt bei Joh. Peter von Ghelen, Kais. Königl. Hof-Buchdrucker. 3. Trost- und Ehren-Rede Über den mächtigen Schutz Mariae, da in dem Stift Mariä Zell in Österreich Ordinis Sancti Benedicti dessen uraltes und andächtiges Mariä-Bild auf den herrlichen hohen Altar des neu erbauten Gottes-Haus übersetzet und bey zahlreicher Menge des Volcks der hohe Geburtstag dieser Jungfräulichen Mutter den 8. September im Jahr des Herrn 1759 auf das feyerlichste begangen wurde. Verfasset und vorgetragen von. P. Edmundo König. Wienn, gedruckt bei den Heyingerischen Erben."

_ Ebd. 669.

_ Ebd. 673.

_ Ebd. 676: "Daniel Edler von Focky, am 18. Mai 1717 zu Wien geboren, legte am 30. Mai 1734 Profess. ab .und feierte am 2. Oct. 1740 seine Primiz. C. 7. Dec. 1743 bis c. 27. Oct. 1745 war er Pfarrverweser im Stifte und Convictspräfect, - 1745-1746 Küchenmeister und 24. Sept. 1746 bis Ende Juli 1749 Subprior, Bibliothekar und Vicar von Sittendorf. Am 2. August 1749 verließ er mit Erlaubnis des Abtes Robert das Stift und trat zu La Trappe in das Noviziat. Da er sich jedoch der Strenge der dortigen Observanz nicht gewachsen fühlte und krank wurde, kehrte er Ende Oct. 1751 wieder nach -Heiligenkreuz zurück. 1752-1756-war er in St. Gotthard als Kämmerer und in der Seelsorge thätig, administrierte 1. Dec.1756 bis 8. Oct. 1757 die Pfarre Trumau und wirkte hierauf eine Zeitlang als Missionär in Oberösterreich. Nach seiner Rückkehr ,war er bis 1761 Kellermeister in St. Gotthard, 1. Februar.1761 bis Jänner 1764 Pfarrverweser in Winden und l764 bis c. 1767 Prior. Hierauf unternahm er eine Pilgerfahrt ins heilige Land (1767 bis 1768), wirkte c. 1768-1770 als Novizenmeister und 3. Nov. 1770 bis 9. ;März 1773 abermals in Winden als Pfarrverweser, wo unter ihm die Kapelle zu Ehren des heil. Johann v. Nepomuk erbaut und am 5. Nov. 1772. vom Abte Alberik eingeweiht wurde. 1773 kam er endlich als Hofmeister nach Wien, wo er am 28. Mai 1778 starb. Er wurde im nördlichen Flügel des Kreuzganges begraben. Sein Epitaphium nennt ihn: >Vir piorum desideriorum.<"

_ Ebd. 747.

_ Ebd. 739. Diese erste Tätigkeit von P. Augustin Wiss wird allerdings in Florian Watzl nicht erwähnt, ist aber durch die Matrikeln in Sittendorf und Chr I 93 erwiesen.

_ Florian Watzl 758.

_ Ebd. 775.

_ Ebd. 778.

_ Ebd. 762.

_ Chr I 93.

_ Ebd.

_ Florian Watzl 810.

_ Chr I 93: März statt Mai!

_ Chr I 93: hat "Oberndorf".

_ Florian Watzl 789.

_ Ebd. 776.

_ Chr I 94: * 22. Oktober 1780.

_ Ebd. 813.

_ Ebd. 843.

_ Ebd. 844.

_ Ebd. 849.

_ Ebd. 863.

_ Ebd. - Rudolf, * Schloß Laxenburg bei Mödling 21.8. 1858, + Jagdschloß Mayerling 30.1. 1889, Erz-Hzg. und Kronprinz. Einziger Sohn Kaiser Franz Josephs I.; beging mit seiner Geliebten, der Baronesse Mary Vetsera (* 1871), unter nicht restlos geklärten Umständen Selbstmord. - Alle die etwas über die besagte Affäre wußten, wurden soweit möglich zum Schweigen verpflichtet. So erhielt auch P. Alberik eine hohe Auszeichnung, damit er weiterhin schweigt.

_ Ebd. 869.

_ Ebd. 876.

_ Mitteilung von Frau Stefanie Kalcher und Frau Klara Peyerl.

_ Für einige Ergänzungen in der Reihe der Sittendorf Pfarrer ab 1902 bin ich meinem jüngeren Mitbruder P. Michael Weiss zu Dank verpflichtet.

_ Vitam suam per mortem voluntariam mente perturbatione seu dementia <sensibus obumbratis> finivit. - Das Sterbebuch der Pfarre Heiligenkreuz hat einige Angaben über sein Sterben und vermerkt sein Begräbnis durch Prior Scheibenreiter am 17. August im Heiligenkreuzer Ortsfriedhof. Dort ist jedoch keine Grabinschrift und daher auch kein Grab zu finden.

_ Ebd. 578.

_ Ebd. 670.

_ Ebd. 560.

_ Ebd.

_ Ebd. 535.

_ Ebd.

_ Ebd.546.

_ Ebd.

_ Ebd. 554. Von Sittendorf ist nicht die Rede. Die Bevölkerung - in die Burg Wildegg geflüchtet - wurde von den Türken niedergemetzelt.

_ Ebd.

_ Ebd. 559.

_ Ebd.

_ Ebd. 555.

_ Ebd.

_ Ebd. 532.

_ Ebd. - Danach war auch die Pfarre Sittendorf von den Türken "verwüstet".

_ Ebd. 564. - Wahrscheinlich war ein geordnetes Theologiestudium unmittelbar nach den Türken in Wien nicht möglich. Professoren geflohen?

_ Ebd. 583: Familienname nach einer Korrektur im Archivarenexemplar.

_ Ebd.

_ Ebd.594.

_ Ebd. 575:"Fuerat singularis B. Virginis Mariae cultor, devotus, doctus Religiosus, fidelis, providus, bonus oeconomus, fratrum amator, videbatur ad maiora natus, siquidem Augustissimum Caesarem Carolum sextum sibi valde alloquio habuit familiarem, dum in dominio Trumau solertem ageret praefectum."

_ Ebd.569: "Vir semper hilaris, testimonium bonae conscientiae in facie praeferens."

_ Ebd. 593.

_ Ebd. 596.

_ Ebd. 617.

_ Ebd. 623.

_ Ebd. 633.

_ Ebd. 652.

_ Ebd. 656.

_ Ebd. 662.

_ Ebd. 675 mit Archivkorrektur.

_ Ebd. 672.

_ Ebd. 684.

_ Ebd. 679.

_ Ebd. 674.

_ Ebd. 691. - Puxrucker 33f hat bisweilen divergierende Angaben: So läßt er beispielsweise P. Rainard Ruetz auf Wildegg sterben, läßt P. Alan Rhem aus, nennt P. Tobias Schöppius einfach Schoppius.

_ Chr I. Die Eintragungen von P. Leopold Gindl gehen eindeutig auf Koll zurück.

_ Chr I 83.

_ Chr I 86.

_ Ebd. 85.

_ Nach Florian Watzl 616 ist P. Paulus erst 1734 Vicar für Sittendorf.

_ Chr I 87. - Eine - in jedem guten Lexikon auch heute noch zu findende - Hunderasse: "Windspiel".

_ Chr I 87.

_ Wörtlich nach Koll 190.

_ Ebd. bereits bei Koll. Damit ist "excurrendo" gemeint: die Priester wohnten im Stift Heiligenkreuz und kamen zu Fuß, gelegentlich sicher auch per Pferd oder Gespann nach Sittendorf.

_ Das stimmt allerdings mit meiner Liste der Vicare nach Florian Watzl nicht überein. Aber deshalb wird ja die Welt nicht zusammenstürzen.

_ Chr I 89.

_ Hermann Watzl 548.

_ Freundliche Mitteilung von Oberschulrat Robert Müller am 22. Dezember 1996 nach einem Vortrag über die Geschichte der Pfarre Sittendorf an den Schreiber dieser Zeilen.

_ Ebd. - Nachfolgende Angaben sind immer noch von P. Leopold Gindl aus dem Jahr 1835.

_ In völliger historischer Unkenntnis schreibt P. Leopold Gindl einfach Koll 191 ab, nichtsahnend, daß es sich um das Dornbach in Wien 17 handelt.

_ Mit Bleistift hat eine spätere Hand unter 119 die Zahl 125 geschrieben.

_ Zum hl. Leonhard.

_ An verschiedenen Stellen, aber besonders hier wird Koll ergänzt. Von einer "kleinen Kapelle des heiligen Leonhard" Koll 192 ist nun nicht mehr die Rede. - Wo ist sie geblieben? - Vermutlich ist die hölzerne Leonhardkapelle abgerissen und an ihrer Stelle eine Annakapelle errichtet worden.

_ Numerierung.

_ Es ist die bereits gebrachte Urkunde mit der mE. mutmaßlichen Erstlingsnennung von Wildegg.

_ Vermutlich Nummer 3; ist auch mit Lupe unleserlich, weil anscheinend eine Korrektur versucht wurde.

_ Jetzt steht man in der Chr I 91.

_ Koll 191 hat die Einweihung bereits 1831 angesetzt; was tut es (2 Petr 3,8): "Das eine aber, liebe Brüder, dürft ihr nicht übersehen: daß beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind." (Ps 90,4).

_ Ausnehmerin kommt von "Ausnahme". Auch mein Onkel Michael Fenz hat in Eichenbrunn 61 eine Ausnahme gebaut gehabt: Küche, Schlafzimmer und Speis (ein Raum für Speisen), für den Fall, daß er seinen Hof der nächsten Generation übergibt und dort geruhsam mit seiner Frau den Lebensabend verbringt. - Das war das Appartement, die Seniorenwohnung von damals.

_ Lied der lateinischen Begräbnisliturgie.

_ Chr I 92. Die Leiche wurde im neuen Friedhof beerdigt! Bemerkenswert ist, daß die Leiche der Prozession "nachgetragen" wurde. - Nun ist der Abschreiber bereits am Beginn von Chr I 92 angelangt.

_ Vermutlich war ihm vor allem zuviel Lärm in der Mühle!

_ Ich nehme an, daß das Klafter heißt. - Klafter, alte deutsche. Längeneinheit; 1 Klafter = 6 oder 10 Fuß (rund 1,7-3 m). Fuß = 30,48 cm. Vielleicht kann ein Leser mir das ausrechnen. Aber schließlich ist es egal: wer weiter liest erfährt, daß der Brunnen ohnedies zugeschüttet wurde. Er hat nur insofern seelsorgliche Bedeutung, daß der jeweilige Pfarre durch das schlechte Wasser nicht zugrunde ging.

_ Chr I 92f. Daraufhin folgt die Fortsetzung der "stabilen Seelsorger" in Sittendorf. Den P. Augustin schreibt er "Wiß" statt Wiss; läßt P. Xaver Karner in Wien sterben, trägt exakt die zweite Amtszeit von P. Augustin Wiß ein.

_ Niederösterreichische Ausdrucksweise für Wein.

_ Chr I 96-98.

_ Ebd.

_ Ebd. 99.

_ Ebd.

_ Ebd. 101.

_ Über die damalige Liturgie kann man nur staunen!

_ Chr I 99f.

_ Ebd. 100.

_ Ebd. 101.

_ Ebd. 102

_ Ebd.

_ Ebd. 103ff.

_ Ebd. erste Erwähnung der Kanzel.

_ Gemeint ist der Sängerchor vermutlich mit der Orgel aus dem Jahr 1826.

_ Wegnahm.

_ Chr I 107.

_ Ebd.

_ Ebd. 107.

_ Das Modell des barocken Hochaltars von Heiligenkreuz, das oben bereits beschrieben wurde.

_ Kubik Klafter.

_ Chr I 108.

_ Ebd.

_ Ebd. 109.

_ Ebd.

_ Ebd. 110.

_ Ebd. 111.

_ Ebd. 112.

_ Ebd.

_ Ebd. 113.

_ Ebd.

_ Ebd.

_ Ebd. 114.

_ Ebd. 115.

_ Ebd. 116.

_ Ebd.

_ Ebd. 116f. - 1863 hat man außerdem wieder einmal eine Wasserleitung für den Pfarrhof gebaut (ebd. 118).

_ Ebd. - Vor 1960 hat P. Hadmar in die Sittendorfer Kirche neue Kreuzwegstationen - Gipstafeln, die beim Ankauf möglicherweise wie Speckstein ausschauten - anbringen lassen und die alten Kreuzwegbilder, wahrscheinlich die ursprünglichen Sulzer Kreuzwegbilder, in die Kapelle nach Dornbach gebracht.

_ Ebd. 119.

_ Ebd. 122.

_ Ebd. 123.

_ Ebd.

_ Ebd. 124.

_ Ebd. 125.

_ Ebd.

_ Ebd. 126.

_ Ebd. 127.

_ Ebd. 129.

_ Ebd. 131. - Chr II 10.

_ Chr I 131.

_ Ebd. 132.

_ Gedenk-Buch der Pfarre Sittendorf vom Jahre 1891 angefangen T. II. = Chr II 1.

_ Heute Eingang zur Gruft.

_ Dieser durchgesägte Schädel ist noch heute in der Gruft zu sehen.

_ Chr. II 5

_ Ebd.

_ Ebd. 10. - Ebd. 11: "Außerdem beglich das Stift die Auslagen für ein neues Wandl per 16 K.<Kronen>. In der Küche wurde statt des unappetitlichen Beckens, das eher einem Pissoir ähnlich war, eine neue Muschel und Pipe <Faßhahn> angebracht, welche 20 K. Kostete, die der Schreiber dieses vorläufig bezahlte. Für Montieren 24 K. (Karlhofer von Baden)." - Anscheinend war es immer schon notwendig, daß zu guter Letzt der Pfarrer alles selber bezahlt!

_ Ebd. 12.

_ Ebd. 25.

_ Ebd. 33.

_ Ebd. 34.

_ Ebd. 35.

_ Ebd. 42.

_ Ebd. 47.

_ Ebd.

_ Ebd. 53 (Das Sterbebuch V, 41, 2 . vermerkt: geb. Kehl, verh. Seit 24. VII. 1860, Ehegattin des Florian Lintinger, geb. 2. 8. 1836 zu Nöstach, Pfarre Hafnerberg, Alter 74, Gehirnblutung).

_ Ebd. 81f.

_ Ebd. 93.

_ Ebd. 96.

_ Ebd. 96f. - Ihr Mann, der Vater von P. Marian hieß Johannes (ebd. 103).

_ Ebd. 101.

_ Ebd. 115f

_ Ebd. 115.

_ Ebd. 124.

_ Ebd. 126.

_ Ebd.128.

_ Ebd. 130.

_ Ebd. 132.

_ Ebd. 134.

_ Ebd. 137.

_ Ebd. 140.

_ Ebd. 141.

_ Ebd. 144.

_ Ebd. 146-149.

_ Ebd. 152.

_ Später verehelichte Kallinger.

_ Ebd. 157.

_ Ebd. 158.

_ Ebd.159f. In der Seitenzählung liegt ein Fehler vor. Ich halte mich jedoch an die mit Bleistift angegebene Nummerierung.

_ Ebd. 160.

_ Ebd. 165.

_ Ebd. 170ff. - Mündliche Mitteilung: Frau Mathauser heißt nicht Johanna sondern richtig Josefa, hat 8 Söhne, davon 7 eingerückt!

_ Ebd. 174f.

_ Ebd. 176f.

_ Ebd. 178-182. Es schließt hiemit Chr II.

_ Pfarr Gedenkbuch Tom: III. = Chr III 3.

_ Ebd. 7.

_ Ebd. 7f.

_ Ebd.8f.

_ Ebd. 11.

_ Ebd. 14.

_ Ebd. 19f.

_ Ebd.

_ Ebd. 24.

_ Ebd. 38a.

_ Ebd. 34f.

_ Ebd. 44.

_ Die Sittendorfer Orgel von 1918 hat 6 Register.

_ Chr III 45.

_ Ebd. 47.

_ Ebd. 49.

_ Ebd. 51.

_ Ebd.

_ Ebd. 56f.

_ Ebd. 71.

_ Ebd. 76.

_ Ebd. 77.

_ Ebd. 79.

_ Ebd. 79f.

_ Ebd. 81.

_ Ebd. 82.

_ Ebd. 82ff.

_ Ebd. 84f.

_ Ebd. 86.

_ Ebd. 87.

_ Ebd. 88.

_ Tagebuchblätter aus den ereignisreichen Wochen des April 1945 über das Leben in und um das Schloß Wildegg von Hedwig Moritz<= Moritz; hektographiert erschienen in: Wildegg, Österreichische Wanderfreunde, Wien IX, Fuchsthallergasse 11, Vierzieg Jahre in Wildegg, ohne Jahresangabe, Seite 13-28. - Man beachte den Namen Loisl. Schade, daß ich über ihn nicht mehr erfahren konnte als daß er wahrscheinlich zu den Arbeitern in der Meierei Wildegg gehörte. Was aus ihm geworden ist, würde mich interessieren. Auch von Frau Hedwig Moritz konnte ich bis dato nichts erfahren. >:

Am Abend des Ostersonntags 1945. Seit dem Karfreitag drängen sich die Ereignisse so zusammen, daß ich nicht zum Schreiben kam. Doch jetzt umfängt mich die Ruhe der Nacht - unterbrochen vom fernen Kanonendonner - und ich blicke zurück in die große heilige Woche.

Die im Schloß evakuierten Familien mit ihren Kindern - auch die Försterleute - feierten die heilige Woche mit, sogar meine alte Mutter raffte sich an den Kartagen zur Teilnahme an den Zeremonien im Sittendorfer Kirchlein auf. Wohl war es hier recht schlicht, aber dafür vereinte uns am Gründonnerstag ein Volkshochamt. Wie glücklich waren wir alle. Wir wanderten in den lachenden Frühling hinein und nach Wildegg hinauf, den Herrn in unserer Seele. Der Förster hatte uns ein Stück seines Gartens überlassen. Trotz der Ungewißheit hatte ich den Grund schon vorbereitet und baute im Beisein der Kinder Spinat, Erbsen, Radieschen und Petersilie an. Wer wird hier ernten? Und wird alles hier so bleiben, wie es jetzt ist? Diese bitterernsten Fragen legten eine sehr wehmütige Stimmung über das so schöne und frohe Gartenwerk.

Eine Teilantwort wurde uns schon am Karfreitag gegeben. Nach den Zeremonien am Vormittag flüsterte mir Herr Mally, der wie viele andere, zum Volkssturm eingerückt war, am Heimweg zu: "Wien wird evakuiert!" Und dann stürmten die Hiobsbotschaften von allen Seiten an uns heran: "Wir müssen fort! Bleiben sie hier?" Da muß wohl zuerst selber in aller Vorsicht und Verantwortung Klarheit verschafft werden. Am Samstag sickerte bei uns durch, warum alles auf einmal so schnell gehen müsse: die Russen sind von Steinamanger nach Güns vorgestoßen und haben die "Reichsgrenze" erreicht. Die Grenze unseres geliebten österreichischen Vaterlandes, ja unserer engsten Heimat! Und da sollen wir jetzt Hals über Kopf fort? Wir berieten lange und gründlich. Als besonnener Mann sprach Herr Pundy das aus, was alle im zweiten Stock des Schlosses dachten: "Wir bleiben hier. Wir warten die Ereignisse hier ab. Obwohl ich in Tirol bei Bauern ein Plätzchen reserviert hatte, ließ ich mich nicht vom allgemeinen Fluchtfieber anstecken. Wie wir nach und nach hörten, wurden die Leute bloß bis St. Pölten oder höchstens bis Melk gebracht und dann dem Schicksal überlassen.

Durch Sittendorf rollten ununterbrochen die Wagen mit den Flüchtlingen. Die "Reichsstraße" dürfte schon verstopft sein, denn auch die Militärautos fahren auf Umwegen. Wir hätten von hier weggehen sollen, damit die Fliehenden für ein paar Tage Platz bekämen. Wir glaubten auch, daß wir hier vor Bomben und den Artilleriegeschoßen besser geschützt sind als in Wien. (Manche von den derzeitigen Bewohnern Wildeggs hatten überdies nur ein zerbombtes Heim in Wien). Gerne hätte ich noch heute untertags zu Fuß unser Heim in Mauer aufgesucht, aber ich wagte es nicht. Autobus fuhr keiner mehr. Und wenn sich die Ereignisse überstürzen, bin ich von Kindern und Mutter abgeschnitten, das darf ich nicht riskieren.

Inzwischen kam eine der geflohenen Familien wieder zurück, weil sie nicht durchkonnte. Und Sittendorf gleicht einem Heerlager. Heute sagte der Wehrmachtsbericht, daß eine Einheit der feindlichen Truppen über Güns bis südlich von Wienerneustadt vorgestoßen sei. Diese Vorgänge ließen uns den ganzen Ernst des Karfreitags erleben. Wir feierten diesen heiligen Tag in inniger Gemeinschaft mit unserem Erlöser. Auch abends trafen wir uns alle im Schloß zu gemeinsamer Betrachtung und Leidensandacht. Dabei lasen wir die Passion mit verteilten Rollen. Unsere Lieder wurden zum himmelstürmenden Gebet: "Heil'ges Kreuz sei unsere Fahne in dem Kampf und in der Not, die uns wecke, die uns mahne, treu zu sein bis in den Tod." Aber noch hatten wir keine Ahnung, mit welcher Wucht und Tragweite dieses Bekenntnis bald von uns durch die Tat abverlangt werden würde.

Am Karsamstag waren wir Wildegger wiederum im Sittendorfer Kirchlein vereinigt. Mehr denn je erlebten wir beim Einzug in die dunkle Kirche, daß Christus unser einziges Licht in dieser Dunkelheit und Not sei. Nach dem Volkshochamt sang der Priester "Der Heiland ist erstanden" und wir geleiteten den Herrn in eucharistischer Prozession in die frühlingshafte Natur. Am Abend des Karsamstages kam noch zu unserer großen Freude meine Schwester aus Wien zu uns. So konnten wir gemeinsam Ostern feiern. Der Ostersonntag mit seinen schlichten Gaben und seinem festtäglichen Essen war wie ein Atemholen, ein Kraftsammeln vor dem Sturm. Die täglichen Alarme und die Massen von Militär in Sittendorf vermochten uns nicht mehr aus der Ruhe bringen.

Nachmittags hielten wir gemeinsam im Schloß - vor einem blumengeschmückten Altar - Osterandacht. Hernach hatten wir vor, auf der Spielwiese ein fröhliches Ostereiersuchen zu machen. Dazu kam es nicht mehr. Mehr als vierzig Menschen kamen nach und nach im zweiten Stock zusammen, die Buben trugen brennende Kerzen und wir sangen das Halleluja. Während der Andacht wurde der Oberförster hinausgerufen. Und hernach erfuhren wir die Hiobsbotschaft: Bis Ostermontag 5 Uhr muß geräumt werden, da die Front hierher kommen wird. Herr Pundy und ich waren noch im Pfarrhof, aber alle unsere Umfragen konnten keine eindeutige Klarheit bringen: Soll die Evakuierung zwangsweise erfolgen oder kann man freiwillig gehen oder bleiben. Wir änderten unseren Entschluß jedenfalls nicht, sondern nahmen uns nur vor, bei einem eventuellen Zwang für einige Zeit in den Wald zu fliehen.

Auch der Ostermontag stand unter dem Eindruck der kommenden Ereignisse. Bitter war der Abschied von meiner Schwester. Besonders schwer natürlich für die Mutter. Wann und wie werden wir uns wiedersehen? Wir beten inniger denn je für einander und stellen uns ganz unter Gottes starken Schutz und fliehen unter den schützenden Mantel der Muttergottes.

Bis tief in die Nacht hinein habe ich verpackt und versucht, einige Dinge an einem gemeinsamen Versteck unterzubringen. Auch ein Sofortgepäck für den Ernstfall bereitete ich vor. Das Artilleriefeuer nähert sich immer mehr. Stundenlang ist es in der Nacht von Ostermontag auf Osterdienstag pausenlos zu vernehmen.

Am Dienstags den 3. April. Heute hat sich die Spannung wesentlich verstärkt. Immer näher rückt das Trommeln der Artillerie. Ich backe Brot, Lebkuchen und Keks. Mitten in dieser friedlichen Arbeit platzt die Nachricht: Wir werden unter Artilleriebeschuß kommen und sollen unsere Zuflucht nach Neuweg nehmen. So ziehen wir, schwer beladen mit den nötigen Vorräten, Kleidern und Decken über die zart keimenden Felder und grünenden Wiesen in den kleinen Weiler. Dort ist es heute gar nicht still wie sonst. Halb Sittendorf hat sich hier herauf geflüchtet. (Ein anderer Teil zog zum Füllenberg). Das Treiben ist so lebhaft, daß es fast fröhlich anmutet. An das Trommelfeuer und an die Tiefflieger haben wir uns ja schon gewöhnt. Zuweilen suchen wir aber doch Deckung. Riesengroße Trümmer fliegen durch die Luft und markerschütternde Detonationen sind zu hören. Die umliegenden Flackstellungen werden in die Luft gesprengt. Wir finden in der Scheune des Lechner-Bauern unser Quartier. Mehrmals noch laufen die Erwachsenen ins Schloß zurück, um etwas zu holen. Ich darf mein Brot beim Lechner backen. Milch bekommen wir hier in reichlichen Mengen, da nichts mehr abgeliefert werden kann. In Decken eingewickelt, richten wir auf dem Heu unser Lager zurecht. Ich wäre gern wo abseits sitzen geblieben, aber die Kinder liegen auf meinem Schoß, die Mutter neben mir. Sie waren abends doch recht müde und verzagt. So ergings allen Müttern mit ihren Kleinen. Wir kauern uns im spärlichen Raum zusammen, langsam schleichen die Stunden dahin. Manchmal beten wir leise den Rosenkranz um den Schall grollender Geschütze zu dämmen.

_ Moritz: Aufatmend begrüßen wir die ersten grauen Streifen, die durch die Ritzen unseres Stadels fallen und den neuen Tag verkünden: Mittwoch, den 4. April. Die Kinder sind unausgeschlafen und müde. Sie wissen auch nicht recht, was sie vor Langweile machen sollen. Und dabei nimmt die Spannung zu, das spüren auch die Kleinen. Ich koche mit Frau Pundy noch ein rasches Mittagessen im Schloß. Dann aber wird es Zeit, nicht mehr auseinanderzugehen. In unserem Stadel wird es immer ungemütlicher. Man hat das Gefühl, daß jeden Augenblick ein Artilleriegeschoß durchkommen wird. Diese Scheune steht ja ganz am vorderen Rande des Grabens, an dem entlang sich die Häuschen Neuwegs hinziehen. Während ich noch mit Herrn Pundy berate, wie die kommenden Dinge zu meistern sind, hat die Angst allgemein um sich gegriffen. Alles wandert zum Lechnerwirt im Talschluß, wo schon viele Sittendorfer eingetroffen waren und man kaum durchkommt zwischen lauter Pinkeln und Sachen. Aber Pater Professor Severin Grill, der als getreuer Hirte seinen Pfarrkindern nachgezogen ist, will hier ein heiliges Opfer feiern. Zur vorgehabten Seelsorgestunde für die Kinder kam es wegen ihrer Befangenheit und dem allgemeinen Wirbel natürlich nicht mehr. Trotz großer Ängstlichkeit meiner Mutter laufe ich mehrmals in den Stadel zurück, um unser Gepäck zu holen. Wir müssen uns ja an das Schießen gewöhnen. Eben komme ich mit unseren letzten Pinkeln beim Wirt an, als Professor Grill zu sprechen beginnt. Er erteilt mit Rücksicht auf den Ernst der Lage allen die Generalabsolution, mahnt uns zum Durchhalten und verkündet, daß Herr Pundy, Frau Tromayer und Loisl Lachkowicz als Delegation unserer Gemeinschaft gegen das Schloß ziehen wollen, um die deutsche Verteidigung zu veranlassen, aber auch um den Russen verstehen zu geben, das Schloß zu schonen, denn die Frauen und Kinder seien nur vor der SS geflüchtet.

Die drei Tapferen erlebten, wie sie uns später berichteten, das Näherrücken des Kampfes auf der Heiligenkreuzerstraße oberhalb von Sittendorf. Die deutschen Panzer, die vor dem Schloß aufgefahren waren, verschwanden bald von selber. Aber nur Herrn Pundys Eingreifen ist es zu verdanken, daß der Ortsgruppenführer von Gaaden, der in voller "Volkssturmuniform" die im Schloß versteckten Sittendorfer Parteibonzen zur "Verteidigung" aufrief, bald wieder abzog. Es war höchste Zeit gewesen, denn in einer halben Stunde waren schon die Russen da.

Bei uns in Neuweg hallen die Anrufungen des Rosenkranzes zum Himmel, manche wollen doch noch beichten. Und dann bereiten wir uns für die heilige Messe vor. In der kleinen, engen Wirtsstube, mitten unter Pinkeln und Säcken und Kinderbetten, zwischen zusammengeschobenen Tischen und Banken, auf der kleinen Kredenz der Schank, wollte unser Herr zu uns kommen. Da platzt auf einmal die furchtbare Nachricht in unsere friedvollen Vorbereitungen: vor dem Gasthaus rollen deutsche Panzer auf und die SS verschanzte sich mit Kisten voll Panzerfäusten hinter den wenigen Häusern des Weilers. Schon strömen weinende Frauen hinaus und flehen den vor dem Gasthaus stehenden Oberleutnant händeringend an, von diesem Vorhaben ablassen zu wollen. Auch Professor Grill und ich gehen für die Dorfgemeinde bitten. Der Mann ist noch Mensch geblieben, er sieht unsere Gründe ein, doch muß er uns erklären, daß die Änderung des Befehles nicht in seiner Macht stünde, sondern beim Kommandeur liege. Eigenmächtiges Handeln würde seinen Kopf kosten. Wider alle Einsicht verstärken sich unsere Bitten und der Mann verspricht zuletzt alles zu tun, was nur möglich wäre.

Im Gastzimmer beten wir dann mit unserem Hirten <P. Severin> innig die Allerheiligenlitanei. Noch nie haben wir so spürbar den Schutz und die Hilfe unserer Heiligen empfunden. Mit jedem "Bitt für uns" werde ich ruhiger. Die Ergebung in das, was Gott mit uns zulassen wird, ist schon sein erstes Gnadengeschenk. Und was immer auch kommen möge: wir stehen nicht allein. Die ganze himmlische Heerschar ist uns zur Seite. Immer stiller, aber inniger werden unsere Gebete und wenn auch - wer könnte das nicht verstehen - die Angst in einzelnen von uns wieder hochkommen will, so empfangen wir jetzt den stärksten Trost: die Messe beginnt. "Wohin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücken?" ... so singen wir aus tiefster Seele. Unser konzentriertes Mitfeiern tut sich ganz spontan im gemeinsamen Antwortgebet kund. Auf einmal kann die Sittendorfer Gemeinde liturgisch beten. - Pater Severin hat uns einmal später im vertraulichen Kreis gesagt, daß er von Natur aus ein etwas zaghafter Mensch sei, daß er aber in diesen Schreckenstagen erlebt habe, wie Gott ihn immer im rechten Augenblick mit Kraft und Entschiedenheit begnadet habe. Dies offenbart sich in seiner Meßansprache. Er ist voller Mut und Vertrauen und vermag dies auch seiner Gemeinde zu schenken. "Kraft meines Priestertums kann ich ihnen aus voller Überzeugung sagen: Gott hält die Hand über uns. Es wird uns hier nichts geschehen. Wir werden gut durchkommen. Seien sie überzeugt davon." Wie vermochten solche Worte zu stärken und mutig sangen wir zum Trommeln der Geschütze unser Meßlied weiter. Tiefe Stille dann. Sogar die immer wieder aufweinenden Kleinkinder halten ein. Gott wird in dieser Wirtsstube gegenwärtig und stärkt mit Seinem heiligen Leib die so mühselig beladene Gemeinde. Nur kurz, aber innig wie noch nie, vermögen wir dem Herrn zu danken. Dann nehme ich die Buben an der Hand, stütze die Mutter und wir müssen durch die Küche ins Freie hinaus, damit die Nachfolgenden die Kommunion empfangen können. Es dauert lange bis die große Zahl gestärkt ist. Zum Ende der Messe bleiben wir im Freien.

Drinnen wird der Platz immer spärlicher. Wir sitzen auf einer Bank und plaudern von unseren Erlebnissen: die SS-Panzer sind ja während der Messe ohne Aufsehen durch das "Speckkammerl" abgefahren. Da kriechen auf einmal unter einer Wagenstange drei schwer bewaffnete Russen hervor. Schon stehen sie vor uns. "Wer spricht russisch?" So übersetzt uns der Loisl ihre Worte. Sie kamen, von uns unbemerkt, über die Neuweger Wiese herunter. Die Kinder wollen allerdings schon während der Messe ein paar Russen gesehen haben. Die Frauen und Kinder gehen ins Haus, die Männer sprechen mit den Soldaten, zu denen sich bald andere gesellen. Interessant war zu beobachten, wie sie die "Unterwerfung" unseres Weilers weitermeldeten. Ein Soldat stellte ein telefonisches Gerät in die Wiese, über ihm wurde ein Tiefflieger sichtbar. Nach Entgegennahme der Meldung hißte der Flieger eine weiße Fahne und flog davon. Die Männer mußten dem Kommissar und einigen Soldaten gleich ihre Uhren opfern. Dann sind wir wieder allein. Wir können es noch immer nicht fassen, daß wir so ohne militärischen Nahkampf durchgekommen sind. Groß ist unsere Freude und der Dank gegen den Herrn. Bei leise beginnender Dämmerung verabschieden wir Wildegger uns von den Sittendorfern und wandern ins Schloß. Dort ist es wundervoll friedlich und still. Die Müden legen sich bald zur Ruhe. Nur zu zwei und zwei halten wir Wache. Einmal in der Nacht ist der Artilleriebeschuß so arg, daß wir alle wecken und in den Keller gehen. Bis vier Uhr früh sitze ich dann mit Herrn Pundy beim Fenster der Küche im Wanderfreundeheim. Wir verfolgen die Kämpfe, die sich zum Kaltleutgebner Tal hinziehen. Dann schlafen wir ein wenig.

_ Moritz: Donnerstag, den 5. April. Fast möchte ich über diesen Tag "Karfreitag" schreiben. Er wurde uns zum bittersten Tag aller leidvollen Erlebnisse während dieser Kriegszeit. Ich hoffe fest, daß nicht viel härtere Kraftproben oder wenigstens solcher anderer Art über uns kommen mögen. Gott sei uns gnädig! Angefangen hat der Tag schön und ruhig. Wir fühlen uns geborgen in unserem Schloß und gehen unseren häuslichen Arbeiten nach. Nur als der Artilleriebeschuß in den Vormittagsstunden recht nahe und arg war, schickten wir die Mütter und die Kinder in die Försterwohnung. Herr Pundy, der sogar schon in Sittendorf war, bringt die frohe Botschaft, daß P. Severin mit uns um 5 Uhr in der Schloßkapelle ein hl. Meßopfer feiern will. Mit wahrer Freude säubern wir die verstaubten Altäre, holen vom "Hausaltar" die Osterblumen herunter und wir atmen auf in der Vorfreude dieses Meßopfers. Gestern haben wir in Neuweg gesungen, heute beten wir still für uns und grüßen im ehrfürchtigen Schweigen den Herrn in der Brotsgestalt. Ist es die Nachwirkung der gestrigen Erlebnisse oder eine Bangigkeit vor allem Kommenden, die uns so niederdrückt? Gleich nach der Wandlung wird im Flüsterton die Hiobsbotschaft hereingebracht: vier Russen sind gekommen! Loisl, unser bester Dolmetsch, der Oberförster und zuletzt Herr Pundy verlassen die Kapelle, um mit den "Herrn" zu verhandeln. Wir andern stärken uns mit dem heiligen Brot. Wahrlich, so nötig haben wir es noch nie gehabt. Einmal schaut ein Russe hämisch grinsend herein und verschwindet wieder. Bang bleiben wir nach der Messe im inneren Burghof stehen. Die Männer hatten die Russen in die Försterwohnung und in den Luftschutzkeller begleitet. Einer der Russen zeigt uns zwei Revolverpatronen, die er angeblich im Keller gefunden hat. Er erklärt uns, wenn sich im Schloß ein Revolver findet, so werden wir alle erschossen. Das war der erste Einschüchterungsversuch dieser wilden Burschen. Uhren fallen zum Opfer. Es sind bange Viertelstunden, während die Russen die Wohnungen der Familien Ritter (Pächter des Meierhofes) und Stöhr < Das ist der Primar von Mödling, dessen Operationsschweser Sr. M. Restituta Helene Kafka war. Gegen Kriegsende ermordete er seine Frau, seine vier Kinder und nahm sich selbst das Leben. Sr. M. Violanta Richtsfeld kam zum sterbenden Primar, der schrie: "Laßt mich sterben, ich muß vor meinen Schöpfer treten und verantworten, was ich meiner Familie angetan habe." Man konnte ihn nicht mehr retten.>im ersten Stock und unsere im zweiten "besichtigten". Immer später wird es. Und qualvoll ist dieses Warten. Man muß zusehen, wie so ein Kerl den Professor Grill "abstiert" <Alle Taschen des Gewandes untersucht (und ausraubt)!>; nichts kann man machen, als die Faust im Sack ballen - und ein Stoßgebet zum Himmel senden. Endlich kommen die Männer herunter. Försters polnische Hilfe <Sophie>, die auch als Dolmetsch fungiert, macht ein ganz zugeknöpftes Gesicht. Schon befürchten wir Schlimmes, da hebt einer der Kerle seine Hände und sagt auf russisch: "Alle zu Bett!" Aufatmend gehen wir die Stiegen hinauf, doch sie paßten genau auf, wohin wir gingen, nämlich in den Tagraum des Wanderfreundeheims. Während wir noch unsere Beobachtungen austauschen, kommt Sophie herein und - o Schrecken - hinter ihr wieder diese Russen. Sophie verdolmetscht uns ihre Forderung: entweder gehen drei Mädchen oder Frauen mit ihnen oder wir werden alle erschossen. Am meisten stachen ihnen die ganz jungen Mädchen in die Augen. Die fangen zu weinen und jammern an. Frau Pundy fällt in Ohnmacht - wir bemühen uns um sie, da flüstert mir Herr Pundy zu, doch vorsichtig zu sein, sie verfolgten alle meine Bewegungen. Nun kriecht das Grauen wieder hoch. Wir versuchen es mit Bitten. Aber sie wollen uns ja quälen. Sie kommen herein, stellen ihre Forderung, gehen wieder auf den Gang und lassen uns allein in unserer Not. Dieses Katz- und Mausspiel treiben sie wohl länger als eine Stunde. Jedes Gefühl für Zeit ist uns allerdings abhanden gekommen. Die Minuten dauern eine Ewigkeit. Wenn einer der Männer hereinkommt, beleuchtet er uns blitzartig mit seiner Taschenlaterne (vom Förster <entwendet>). Die Mädchen verstecken sich hinter uns Frauen, die Kinder weinen und hängen sich an meine Kleider. Wir bitten und beten in Angst und Verzweiflung. Aber unser Beten macht die Kerle anscheinend noch wütender. Herrn Pundy, der zu einem sagt: "Es ist ja mein Kind," stößt er brutal zurück und schlägt mit der Handgranate auf den Tisch, daß alle erzittern und die Kinder nur noch verschreckter aufweinen. Einer will schon auf dem Gang die Handgranate entschärfen und in uns hineinschmeißen. Sein Komplize ist doch noch rarer; er hält ihn zurück: "Sei doch ein Mensch!" sagt er zu ihm. Nicht einmal die aus ihrem Herzanfall noch nicht erwachte Frau Pundy schreckt diese Soldaten zurück. Frau Pundy hat es nicht ertragen können, als wir uns gegenseitig mit Weihwasser bekreuzten und uns mit einem Friedenskuß voneinander verabschiedeten, für alles bereit. Wir sind fest entschlossen, lieber den Tod zu wählen, als mitzugehen. Dreimal sprechen wir leise, da wir keinen andern Exorzismus kennen: "Weiche böser Geist!" Leises Gebet stärkt uns. Nun einmal entschlossen, wird es ruhiger in mir. Noch zieht aber so vieles in dieses Erdenleben. Und das Herz scheint zerbrechen zu wollen, wenn ich auf die Buben blicke: Mein Gott, zusehen zu müssen wenn einem die Kinder erschossen werden, da wäre man wohl zu allem fähig. Gott steh uns bei! Nicht denken! Auch daran nicht! Nur fest bleiben und ruhig! Und wie schön wird es drüben sein! Keine Russen, keine Qual, keine Schande! Mittlerweile ist es dunkel geworden. Noch einmal kommen die Quäler herein. Wieder steigt Wehklagen, Jammer und Angst hoch. Wie so leicht ist es doch, in sonnigen und friedlichen oder auch nur sorgenbeladenen Tagen zu sprechen: "Herr, was verfügst Du zu tun mit mir?" Und doch ist es das menschlichste Wort seinem Schöpfer gegenüber. Warum fürchte ich mich? Nein, es ist nicht Furcht, es ist das arme Herz, das sich noch nicht losgerissen hat, von dem, was das Leben so schön macht, so liebenswert und groß. Ob Gott ein solches Ende will? In den ruhigeren Stunden nachher und in der langen, schlaflosen Nacht ist mir hell und tief die Klarheit aufgegangen: Es wird so manches Opfer in diesen Fronttagen geben, das für Jungfräulichkeit und eheliche Reinheit und Treue dargebracht wird; gerade in unserer pansexualisierten Zeit können nur Unschuldige dieses Opfer darbringen. Nur um Kraft und Stärke muß ich, müssen wir unablässig bitten und beten. - Noch einmal haben uns die Männer mit der Taschenlampe einzeln grell beleuchtet. Scheinbar haben wir sie mit unserer Standfestigkeit doch ermüdet. Herr Pundy hat recht mit seiner Mutmaßung: sie scheuen sich, ein Blutbad anzurichten. Nun erklären sie uns, wir sollten es uns noch einmal überlegen. In einer Stunde wollen sie wieder um Antwort kommen. Mit den Polen aus der Meierei unterm Schloß ziehen sie, wie wir später erfuhren, nach Sittendorf hinunter. Die ganze Schloßgemeinschaft, auch jene, die nicht dieser Marter ausgesetzt gewesen waren, verrammelten sich in der ebenerdigen Försterwohnung. Ihre Bewohner sind so lieb entgegenkommend; die alte Mutter der Hausfrau bewirtet uns nach der Reihe. Etwa vierzig Leute sind wir hier beisammen und fühlen uns stärker, weil wir so viele sind. Inbrünstiger noch als gestern beten wir miteinander die Allerheiligenlitanei. Wohl schrecken wir bei jedem kleinsten Geräusch zusammen und meinen, unsere Henker wären wieder da. Aber auch Müdigkeit und Erschöpfung machen sich geltend. Frau Pundy, die sich langsam wieder erholt hatte, schläft ein; auch meine alte Mutter überkommt eine ganz große Müdigkeit. Die armen alten Frauen! So einen Jammer mit ansehen zu müssen! Wir lagern recht und schlecht auf dem Fußboden. Den Kindern fallen zuerst die Augen zu. Professor Grill ruht nebenan im Turmzimmer und will sofort geweckt werden, wenn die Männer wieder kommen sollten. Aber sie tauchen nicht mehr auf. Wahrscheinlich haben sie in Sittendorf andere Opfer gefunden. Langsam schleicht die Nacht dahin zwischen Beten und Schlummern.

_ Moritz: Freitag, den 6. April. Unsere müden Augen sehen fragend in den neuen Tag. Wir wollen, menschlicher Voraussicht nach, den besten Weg wählen, um solche Erlebnisse wie die gestrigen zu vermeiden. Daß es doch nicht besser geworden ist, erfahren wir von zwei Frauen, die aus Sittendorf heraufkamen. Gestern vormittags flüchteten die beiden Matzinger-Mädchen, denn zuerst steckten Russen einen bei der Jugendherberge zurückgelassenen deutschen Panzer in Brand und dann setzten sie den Mädchen nach. Unsere Absicht, wieder nach Neuweg zu flüchten, gaben wir auf und entschlossen uns, ins Pfarrhaus nach Sittendorf zu gehen. Wir waren der Meinung, dort sicherer und geschützter zu sein. Der Oberförster kehrte allerdings mit seiner Familie und der Familie Kuthan ins Schloß zurück, um doch nicht alles preiszugeben. Aber noch am selben frühen nachmittag sind sie alle ins Pfarrhaus nachgekommen. Es war nicht auszuhalten im Schloß. Der Weg nach Sittendorf gestaltete sich aufregend genug. Wir waren alle mit unserem Flüchtlingsgepäck beladen. Die Dorfstraße können wir nicht überqueren, da ununterbrochen die Panzer auf ihr dahinrollen. Endlich rutschen wir durch eine Lücke. Das Artilleriefeuer wird immer ärger. Die Flieger kommen auch noch hinzu: deutsche Tiefflieger, welche die feindlichen Nachschublinien bombardieren. Es haut uns alle hin, ganz in unserer Nähe hat es eingeschlagen. Ich laufe trotzdem weiter, denn die Buben sind schon voran. Neben ihnen fühle ich mich erleichtert, lege die lederne Aktentasche als Splitterschutz auf ihre Köpfchen und wir harren, bis es etwas weniger drohend zugeht. Im Pfarrhof herrscht unglaubliche Verwüstung. Sinnlose Zerstörung starrt uns aus allen Räumen entgegen. Viele eifrige Hände bringen bald etwas Ordnung in das Chaos. Der ins Pfarrhaus Fliehenden werden immer mehr. Wir haben wahrlich keine Zeit zum Nachgrübeln oder an kommende Schwierigkeiten zu denken. Es heißt jetzt, die gegenwärtige Situation zu meistern. Erst 27 Menschen und dann mehr als 30 haben wir zu verköstigen. Da heißt es für die Männer, das Fehlende aufzutreiben. Zwei Frauen, die Küchendienst haben, sollen ein Essen für alle zubereiten. Die Arbeit macht sich segensreich bemerkbar; wir werden wieder ruhiger. Verhältnismäßig ruhig geht der Tag dahin. Von 5 Uhr an wagen wir nicht mehr den Gottesdienst in der Kirche mitzufeiern. Im Hausflur des Pfarrhofes beten wir gemeinsam, liest der Vorbeter die Meßgebete laut vor. Wiederum naht die Zeit des zweiten Truppennachschubes an diesem Tag. Der deutsche Fernbeschuß macht uns richtig erbeben. Das Pfarrhaus liegt direkt an der Nachschubstraße. Zuerst kommen bloß einige russische Fernsprechleitungsleger herein. Es sind anständige Menschen, die den Kindern sogar Zuckerln schenken. Dann kriegen wir noch eine Einquartierung. Sieben Mann schlafen in dem ebenerdigen Zimmer. Wir müssen in den oberen zwei Räumen zusammenrücken. Gut, daß wir die vielen hungrigen Mägen schon so früh versorgt haben. Jetzt kochen erst die Russen auf. Der Koch bringt eine Menge Hühner und wir müssen ihm beim Putzen helfen. Je später es wird, desto mehr alte Frauen lösen uns ab. Uns wird es immer ungemütlicher. Als wir schon "zu Bett" sind, daß heißt, mit unserer Decke auf dem Teppich liegen, dringt die Kunde durch, daß die nebenstehende Villa brennt. Da das Pfarrhaus ein Schindeldach hat, könnte es durch Funkenflug gefährlich werden. Und wir wollen unbedingt verhindern, in der Nacht davonlaufen zu müssen. Die Russen sagen den Frauen und Mädchen volle Sicherheit zu, wenn sie beim Löschen helfen. Einige wenige wagen wir uns hinaus. Man hat kein gutes Gefühl, wenn man im Dunkeln mit dem Eimer voll Wasser beim russischen Posten vorbei muß. Bis 11 Uhr nachts haben wir gearbeitet. Die Gefahr scheint gebannt zu sein. Kurz vorher beobachtete ich, wie die Russen Wein in ihre Stube tragen. Da werde ich mißtrauisch und gewahre, daß sich alle Jüngeren bereits gedrückt haben. Ich stelle meinen Kübel schnell hin und laufe zum oberen Stock hinauf. Eine nicht sehr ruhige, aber dafür umso länger scheinende Nacht schleicht dahin.

_ Mündliche Mitteilung: Meßkoffer wurde von Frl. Leopoldine Müller und Frl. Steffi Peyerl - mit einem Stock vom damaligen Zaun durch den Griff gezogen - in den Zwickelgraben getragen. - Moritz: Samstag, den 7. April 1945. Ein arbeitsreicher Tag. Die Verantwortung, für so viele Menschen einteilen zu müssen, liegt zum Großteil wieder an mir, weil Frau Pundy die von Wildegg geholten Sachen verteilen muß. Das Kochen ist nicht so einfach, denn außer uns kocht der Russe wieder vier Hühner und noch so manches Gute für seine Soldaten. Er bringt einen Berg Mehl. So viel, daß er auf allen Seiten über das Nudelbrett hinabläuft. Davon soll ich Nudeln machen. Ich wundere mich selber, daß ich das fertigbringe. Meine Hand verschwindet fast neben der riesigen des Kochs, als er mir einmal zeigt, wie er kneten kann. Dabei "plaudern" wir auch miteinander. Er sagt das jeweilige Wort russisch, ich auf deutsch. Dann erfahre ich, daß er aus Rostow stammt, verheiratet ist und ein kleines Mäderl hat. Als Dank für meine Mühe schenkt er mir eine große Dose Schmalz. Leider ist sie uns dann gestohlen worden, als wir wieder fliehen mußten. Diese Einquartierten verließen uns nach dem Mittagessen. Ein ruhiger Nachmittag ist uns beschieden, bis die neuen Truppen einziehe. Ich bin gerade mit dem Pundy Karli im Dorf, um Milch zu holen. Jeder von den Bauern klagt sein Leid. Man kommt nicht gleich fort. Sie haben schon fast alles Vieh verloren und die Frauen finden keine Ruhe. Wir kommen gerade beim Vierzehner-Tromayer heraus, als der Einmarsch beginnt. Was für Horden ziehen da ein! Mir wird angst und bang. Ich treibe den Karli zur Eile an. Die schreckliche Angst war nicht unbegründet. Sehr viele Frauen und Mädchen haben sich schon ins Pfarrhaus geflüchtet. Von einem Messefeiern kann keine Rede sein. Da stürzen drei Soldaten herein und erklären, daß sie Quartier brauchen. Und wir sollen alle hinaus. Sie schleppen gleich drei Frauen mit. Wüst sehen die Kerle aus. Wir packen in Eile unsere notwendigsten Sachen. Fernbeschuß aus dem Westen drückt uns nieder. Immer wieder schlägt es in nächster Nähe ein. Eine Granate fliegt mitten hinein ins Arbeitszimmer des Professors, wo eine Menge Leute beisammen sind. < Es wird aber kein Schaden und keine Verletzung beschrieben; so scheint dies nur ein Streifschuß ohne größere Folgen zu sein. Das Arbeitszimmer des Professors war im ersten Stock vorne zur Kirche hin. Noch heute lebende Zeugen, die damals im Zimmer waren, können mir nichts derartiges berichten. Vielleicht meinte Frau Hedwig Moritz einen Granatsplitter, aber auch daran kann sich niemand erinnern. Es wird mir allerdings bestätigt, daß einige Gewehrkugeln in den sogenannten Salon, das große Zimmer im ersten Stock auf der Südseite auch durch die Decke kamen.> Wir beten innig vereint um Schutz und Hilfe. Da stürzen wieder einige Russen ins Haus und jagen uns alle, mit Revolvern drohend, hinaus. Einer sagt sogar, wir müßten wegen der deutschen Tiefflieger fort. Wir nehmen unser bereitstehendes Sofortgepäck und laufen hinaus. Wir haben das Gefühl, daß sie uns nachschießen wollen und eilen so schnell wie nur möglich in die Deckung der Waldbäume. Schüsse knallen hinter uns. So machten sie diesmal Quartier. Kaum wagen wir uns umzusehen. Das Pfarrhaus brennt gottlob nicht. Aber die ganze Häuserzeile vom Sulzer bis zum Zimmermann ist ein Flammenmeer. Ich untersage den Kindern das öftere Umschauen, weil der Anblick der brennenden Häuser ganz schaurig ist und wir ja auch weiter müssen. Wir flüchten in zwei Gruppen. Die erste führt Professor Grill, die zweite der Oberförster. Es sind sogar zwei ganz kleine Kinder in ihren Kinderwagen dabei. Und auch einige alte Frauen. Mein liebe, arme Mutter! So mühsam ist der Pfad durch das dichte Waldgestrüpp. Immer lauter brausen die Flieger über uns. Dann heißt es: Hinlegen, Deckung suchen! Die Laubbäume tragen erst Knospen. Nur die wenigen Nadelbäume vermögen uns wirklich zu decken. Mutter, die Buben und ich, wir kauern uns dann immer gemeinsam auf den Boden unter einen Baum. Da das Gepäck ganz schön drückt, bin ich für solch eine Atempause sehr dankbar. Seit der freie Himmel Gottes über mir und meinen Lieben ist, bin ich völlig ruhig geworden. Wenn man beim Anblick dieser wüsten Burschen im Pfarrhause das Schlimmste befürchtet hatte, wird man durch Flieger nicht mehr sehr beunruhigt. Kann es etwas Beruhigenderes und Beglückenderes geben, als sich restlos in die Hand Gottes befehlen? Ich tue es in Ruhe und Vertrauen für alle meine Lieben und die Flüchtende Gemeinde. Viel denken kann ich bei dem schweren Schleppen nicht. Doch unser Gottvertrauen und der Friede des Waldes schenken uns tiefen Trost.

Nach einigen Irrwegen finden wir den "Zwickelgraben" und die zweite Gruppe. Auch andere Sittendorfer sind schon hier. Besonders junge Frauen mit ihren Kindern. Um für die Fronttage ein Versteck zu haben, hatten die Sittendorfer in diesem Graben - südwestlich vom Füllenberg - Unterstände gebaut. Der versteckte Platz liegt direkt über dem Bach. Da wohnen alle Kleinkinder mit ihren Müttern. Wir nennen ihn das Hauptlager. Auch Vieh haben die Leute mitgenommen. Längs des Grabens ziehen sich noch mehrere "Bunker" hin, behelfsmäßig mit Laub bedeckte, wenigstens von oben her Regenschutz bietende Hütterln. Rasch sind die einzelnen aufgeteilt. In "St. Anton" ziehen wir mit insgesamt 19 Personen ein. Rasch heißt es, notdürftig die Strohsäcke zu richten, alles anzuziehen und im Dämmern ein wenig zu essen. Dann senkt sich die Dunkelheit der ersten Waldnacht auf uns herab. Im Graben ist es kalt. Das unbequeme Lager und die Schießerei läßt uns Erwachsene nicht viel schlafen. Nur die Kinder schlafen friedlich. Tiefe Dankbarkeit gegen Gott erfüllt mich: wir sind geborgen - und hier gibt es keine Russen.

_ Moritz: Weißer Sonntag, dem 8. April 1945. O du heiliger Weißer Sonntag im Zwickelgraben! Ich glaube, so alt kann ich gar nicht werden, um jemals diesen Tag vergessen zu können. Vorerst merken wir noch recht wenig vom Sonntag. Es gilt, unser Quartier nur einigermaßen herzurichten. Von einem weiter oben versteckten Bauernwagen holen wir uns Matratzen und Zudecken. Dann gibt es vor allem schwere Männerarbeit; den Boden unseres Bunkers zu planieren, denn in der Nacht sind wir alle weiter hinunter gerutscht, so schief ist die Grundlage. Wenn Frau Pundy und ich, für die keine Strohsäcke in der ersten Nacht da waren, nicht sitzend die Rutschenden aufgehalten hätten, wären sie wohl durch die offene "Wand" ins Freie gerutscht. Während nun die Männer durch Pfosten und Aufschütten von Erde eine halbwegs ebenen Erdboden zustande bringen, sammeln wir Zweige von Fichten und Tannen und dichten damit die Wände. Dicke Pfeiler tragen das Dach an den Ecken. Die Wandfüllung besteht aus Zweigen und wir spannen innen noch Decken und Tücher, um den Wind abzuhalten und vor allem um zu vermeiden, daß abends ein Schimmer der kleinen Stallaterne durchleuchten kann. Die Kinder sammeln eifrig Holz. Frau Pundy kocht ein Mittagessen, abends gibt es Reste. Wie gut, daß wir Erdäpfel unter den Vorräten der Bauern finden. Professor Grill bestärkt uns in der Meinung, daß wir sie nehmen dürfen. Im Laufe des Tages kommt auch der Bauer, der gemeinsam mit zwei anderen Familien den Unterschlupf errichtete. Anfangs ging er mit seinen Leuten ins Dorf zurück, als die Front vorüber war. Jetzt hausen sie wegen der allgemeinen Unsicherheit am Füllenberg. Er läßt uns großzügig Freiheit über den Erdäpfelvorrat und nach zwei Tagen schenkt er uns sogar etwas von dem versteckten Fleisch, weil sie es nicht glauben konnten, daß wir uns gar nichts genommen hätten. Milch bekommen wir auf dem Füllenberg. Trotz Knappheit können wir nicht verhungern. Bei unseren Arbeiten brausen die Flieger über uns hinweg, die Artillerie trommelt. Selbst das Sausen der Geschosse erschreckt uns nimmer. Nur in der Nacht rauben uns diese lärmenden Trommelfeuer den Schlaf. Sehen können wir zwar nicht, wohin die Flieger ziehen, und so können wir auch gar nicht die Frontlage verfolgen. In dem so hoch und exponiert stehenden Schloß war dies eher möglich. Es machte uns aber nichts aus, daß wir versteckt sind. Im Gegenteil, so viel Schönes gibt es im Wald zu sehen, der sich anschickt, sein allererstes Frühlingskleid anzuziehen. Die Vögel singen trotz Kanonendonner. Und wenn die Sorgen das Herz beschleichen wollen um die Lieben in Wien, dann richten wir unseren Blick vertrauend aufwärts.

Endlich sind alle nötigen Arbeiten getan und wir können Sonntagswäsche halten. Gut, daß wir vor dem "Haus" im Graben gleich Wasser haben. Karli hat einen netten Steg gemacht und so können wir prächtig schöpfen. Ganz nahe am Wasser ist unsere offene Feuerstelle, auf der schon das Abendessen dampft. Die Kinder sträuben sich sehr gegen das Waschen. Sie meinen, im Wald wäre das überflüssig. Sie schauen ja schon wie kleine Höhlenkinder aus. Aber den Grund fürs Saubermachen sehen sie doch ein: um 5 Uhr gibt’s im Hauptlager eine heilige Messe. Weißer Sonntag ist obendrein! Erinnerungen an den Erstkommuniontag bilden unsere Gespräche beim Waschen.

Die Meßfeier wird uns allen unvergeßlich bleiben. Ein rohes Holzbrett wird zum Altartisch. Kerzen und Blumen fehlen, aber der blaue Himmel strahlt und die Buchen leuchten in ihrem zartesten Frühlingsgrün untermischt von den Farben der verstreut herumstehenden Tannen und Fichten. Wir stehen rund um den Altartisch. So opfern wir, jederzeit bereit, dem Anruf Gottes zu folgen. Nur die kurzen Antworten sprechen wir gemeinsam, ansonsten schauen und schweigen wir. Die Kinder können so gut der heiligen Handlung folgen <weil sie so nahe beim Altar stehen>. Das Rauschen des Windes im hohen Dom der Buchen wird zur Orgel. Statt eines leisen Wandlungsglöckleins donnern die Kanonen. Ergriffen begrüßen wir die weiße Hostie, in die der Herr eingebrotet ist. Die Worte des Evangeliums vom ungläubigen Thomas und die Gedanken des Professors bestärken uns in der festen Zuversicht, daß unser Glaube den Sieg davontragen wird. Und dann dürfen wir den Herrn aufnehmen. Er stärkt uns schwache Menschen. Nun sind wir nicht mehr verlassen. Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden, so hatten wir gefleht in bangen Stunden der Gefahr und den schlaflosen Nächten. Und nun ist der Herr zu uns in diese Waldeinsamkeit herabgestiegen und bleibt bei uns. Große Zuversicht kehrt in unsere Seelen ein. Vergessen sind die bitteren Stunden der letzten Tage. Gott hat uns an sein Vaterherz genommen. Sogar der Schmerz um die fernen Lieben ist linder. Nach dem gemeinsamen Mahl und Nachtgebet senkt sich Ruhe und Friede auf den Zwickelgraben herab. Die Kleinkinder weinen manchmal - sie sind ganz aus der Ordnung. Ich lasse die Sorge nicht groß werden, daß Kinderweinen spähenden Russen den Weg zu uns weisen könnte und was dann sein würde ... Nein, ich bete nicht den schmerzhaften, sondern österlichen Rosenkranz.

_ Moritz: Montag, den 9. April 1945. Ein Spähtrupp der Unentwegten entschließt sich vorsichtig nach Wildegg vorzufühlen. Herr Pundy, Loisl, Frau Kuthan und ich. Einer der Pundybuben schließt sich noch an. Durch Sittendorf sind wir ganz gut durchgekommen. Wohl steckt die Angst vor den Russen noch immer in uns. In der Meierei will man uns Mut machen, wieder ins Schloß zu gehen ... Obwohl uns Frau Ritter großzügig mit Lebensmittel beschenkt, wollen wir mit unserer Rückkehr noch abwarten. Im Schloß selber sieht es fürchterlich aus. Vom Keller bis zum letzten Stock sind alle Räume und darin jeder Schrank und jeder Koffer durchwühlt und geplündert worden. Wir bemerken gleich beim Kommen, daß die Kapelle erbrochen wurde. Die Meßkleider, daß Meßbuch, das holzgeschnitzte Kreuz liegen auf dem Boden. Das Altarbild des hl. Bernhard ist mit vielen Messer- oder Säbelhieben durchstochen. Vasen und Kerzenleuchter sind umgeworfen. Der Tabernakel ist erbrochen, die Türen wurden gewaltsam herausgerissen, die weiße Seide hängt zerfetzt herunter. Die Madonna aus der Kapellennische ist total zerdroschen. Den Kopf finden wir zerstückelt beim Schloßtor. Ich muß dabei der Schwestern Bostl gedenken, die diese Immakulata-Statue seinerzeit spendeten. Da durchfährt mich ein Blitz - ich habe es zuerst entdeckt: die kleine gelbe Dose, in welcher der Pfarrer die Hostien verwahrte. Unter wirrem Durcheinander liegt sie am Altartisch. An die drei Viertel großen Hostien <wahrscheinlich hat P. Severin eine große Hostie gevierteilt>, die schon konsekriert waren, die aber der Oberförster, Herr Pundy und Loisl nicht konsumierten, weil sie zu den Russen abberufen wurden, hat in der allgemeinen Aufregung niemand mehr gedacht. Aber nichts ist dem heiligen Leib geschehen. Wahrscheinlich haben die Wüstlinge gar nichts bemerkt davon. Fast meine ich, einen liebevollen Vorwurf zu hören: Ihr seid davongelaufen und habt mich allein gelassen. Ich habe euch trotzdem beschützt. Schnell schiebe ich die Dose in Loisls Tasche, um sie einigermaßen gesichert zu wissen.

Nochmals schauen wir uns den Greuel der Verwüstung an. Im ersten Stock wurden später dann auch die schönen Möbel und Geräte kaputt geschlagen. Ich finde unsere Schreibmaschine zertreten am Fußboden, obwohl ich sie versteckt habe. Irgendeiner muß gegen die Intelligenz gewütet haben, den auf meinem Tisch, den ich mir als Schreibtisch eingerichtet hatte, ist alles zerrissen, durcheinander geworfen und durchnäßt. Trotzdem muß ich dankbar lächeln: das holzgeschnitzte Kreuz aus unserer Wohnung ist völlig unversehrt und durch die Fenster schaut das erst zarte Grün herein: so friedvoll und tröstend wirkt dieses Bild auf mich. Wir nehmen einige Eßsachen mit, ich packe eine Tuchent in ein Leintuch, um meiner lieben, vom Rheuma geplagten Mutter etwas Warmes für die Nacht zu bringen und dann verlassen wir das leere Schloß.

Durch die mit Blumen bedeckten Wiesen schreitend, können wir die Überfülle des Frühlings gar nicht fassen. So schön war es um diese Jahreszeit schon lange nicht. Nur im Graben merken wir nichts von der Wärme des Lenzes. Besorgt bleiben wir auf dem Füllenberg beim Marterl stehen (damals schmückte noch ein schönes Marienbild den steinernen Bildstock). Unser Blick geht dorthin, wo Wien liegen muß. Von Nord nach Südost zieht sich eine dicke schwarze Wand hin. Brennen die Vororte Wiens? Spielt sich der Kampf schon in der Stadt ab?

Nichts erfahren wir, kaum sickert ein Gerücht durch. Die Bangnis um Mauer wächst in mir. Zu der Sorge um die fernen Lieben in der Weite hat sich nun die brennende Sorge um alle Lieben in unserer Stadt gesellt. Nur im Herrn finden wir Kraft und Ruhe. Für mich ist es immer wieder ein Erlebnis, in unseren Graben zu kommen. Schon schallen uns die frohen Stimmen der spielenden Kinder entgegen. Bald sitzen wir essend und erzählend auf der "Hausbank". Gerne möchte man sich einer ruhigen Siesta hingeben. Ich sitze wie träumend da. Die lieben, zarten Blättchen unserer Bäume haben es mir angetan. Man sieht sie sogar hier im Graben förmlich wachsen. Schon haben wir durch das junge Grün der Buchen eine ganz gute Fliegerdeckung. Die Fliegertätigkeit ist überaus lebhaft. Alles fliegt in Richtung Wien. Die Kinder spielen "Russen". Ihre Wintermützen sind die richtigen Russenkappen. Försters Liesl spielt ein Flintenweib, wie sie es mit den andern Kindern in Sittendorf sah, daß ein weiblicher Soldat den Verkehr regelte. Nur als sie sich sogar die Gesichter mit Ruß beschmieren wollten, mußten wir es abwehren.

Nachmittags wurde uns ein großes Geschenk zuteil, Professor Grill, der in Heiligenkreuz gewesen war, - dort ist es nicht besser wie in Sittendorf - hat die großen Hostien noch weiter zerteilt und will uns die Kommunion reichen. In dem kleinen Bunker können wir nicht recht stehen, so nieder ist er. Etwa acht bis zehn Leute knien wir rundum, in einer Nische brennen vor dem Kreuzbild und der Dose mit dem heiligen Brot zwei Kerzen. Und so stärkt uns der Herr wiederum und schenkt uns Kraft und Zuversicht. Wer noch nicht "Communio" in seiner tiefsten Bedeutung erfahren hatte, der wurde jetzt tief ins Mysterium hineingetaucht.

Da die Bauern nach und nach ihre Strohsäcke, Decken und Geschirre holen, ziehen die Familien des Oberförsters und Kuthans und noch ein Ehepaar auf den Füllenberg. Wir sind nun in unserem Bunker nur noch neun Leute und haben fürstlich Platz. Friede senkt sich nach dem gemeinsamen Abendgebet über unsere Hütten. Die Kinder und auch meine Mutter, diesmal warm zugedeckt, schlafen bald. Mit Herrn Pundy plaudere und philosophiere ich noch bis in die Nacht hinein. Das ausgestreckte Liegen tut, weil der Leib recht müde ist.

_ Moritz: Dienstag, dem 10. April 1945. Wiederum waren wir, Herr Pundy, Hanni Pepperl und ich in Wildegg. Dem kleinen Hannes bleibt ein Erlebnis recht lebhaft in Erinnerung. Wir gehen von der Sittendorfer Kirche nicht gleich auf die Straße, sondern den schmalen Weg über die Wiese, um erst beim Gemeindebrunnen in den Ort zu kommen. Da kommt uns sogar hier ein russischer Lastkraftwagen entgegen. Gerade als wir zur Wiese abbiegen wollen, bleibt er stehen. Ein Offizier steigt aus. Da erblickt er den Hanni, der sein Wintermanterl an hat. Es sieht wahrlich arm aus mit seinen vielen Flecken von den diversen Mahlzeiten im Zwickelgraben und mit den vielen Knittern, da er doch als warmer Schlafmantel dient. Die goldenen Matrosenknöpfe packt lächelnd der Mann und sagt "Bourgeois"! Ich lache wohl auch und sage sofort: "Nix Bourgeois"! Wir schauen schnell, daß wir weiterkommen. Hannes hat jetzt noch mehr Grund, sich gegen das Waschen und Bürsten zu wehren. Wir sehen alle herabgekommen genug aus. Ohne Kopftuch gibt es für kein Mädchen und keine Frau ein Ausgehen. In Wildegg ist alles ruhig. So verfestigt sich unser Entschluß, wieder ins Schloß zurückzukehren. Am Rückweg zum Zwickelgraben begegnen wir nach der Reith einer Viehherde. Da sprengt ein Kosak auf Herrn Pundy zu: "Zwo Kilometre Sulz!" Er soll bis Sulz Viehtreiben helfen. Frau mit Kindern heimgehen! Also, da gibt’s nichts zu machen, wir müssen allein durch das Dorf zum Füllenberg hinauf. Ich beruhige Frau Pundy, daß ihr Mann schlau genug sein wird, sich möglichst günstig durchzuschlagen. Und es war auch so. Er zeigte sich beim Viehtreiben so eifrig, daß die andern Treiber kaum nachkamen. Und nach einer Dreiviertelstunde schickte ihn der Kosak, nach Hause. Durch diesen Zwischenfall war es für ein Weggehen an diesem Tag zu spät. Nachmittags machen wir noch einen Besuch bei der Försterfamilie auf dem Füllenberg. Auch die Mutter geht mit. Oben kann sie es, können wir es kaum fassen, wie warm und schön es ist. Da blühen schon in weißer Pracht die Obstbäume. Wohin das Auge blickt, Blumen, Blüten, lichtes Grün. Wie auf einer friedlichen Alm liegen die Häuschen da heroben.

Die letzte Nacht im Zwickelgraben war die unheimlichste. Wohl hörten wir Frauen mit unserem leichteren Schlaf auch in den früheren Nächten Artilleriebeschuß, die ekelhafte Stalinorgel, das Maschinengewehrfeuer oft aus nächster Nähe; in dem Graben verfängt sich jedes Geräusch - aber diese Nacht rollen auf der Straße Heiligenkreuz - Alland unaufhaltsam die Panzer. Manchmal bleibt einer stecken, man hört Männer rufen, Hammerschläge, dann wieder nur das Rollen und Knattern, dazwischen Schüsse. In den nächsten Tagen erfahren wir ja, warum die Nacht so bewegt war: von Alland gegen das Triestingtal und bei Raisenmarkt und am Peilstein ist die SS eingekesselt. Da geht es heiß her. Frau Pundy, Mutter und ich sitzen mitten in der Nacht auf der "Hausbank". Der Lärm läßt uns kein Auge schließen. Ein tiefdunkler Himmel wölbt sich über uns und die Sterne leuchten von ihm wie klares Gold. Mit dieser wohl unruhigen, aber so schönen Nacht enden wir unsere Bleibe im Zwickelgraben.

_ Moritz: Mittwoch, den 11. April 1945. Der Morgen stand schon ganz im Zeichen des Aufbruchs. Die Bauern haben nun fast alles geholt, was hier versteckt war; so bleibt uns eigentlich auch keine Wahl. Zum letzten Mal stehen wir, nachdem unser "Gepäck" bereit ist, vor unserer hohen Tanne, an die wir ein Christusbild nach Guido Reni und das Madonnenbild nach Dürer genagelt hatten. Um besonderen Schutz beten wir beim Tagesheiligen, St. Josef. Nach kurzer und inniger Abschiedsandacht machen wir uns auf den Weg. Auf dem Füllenberg gleißt die Sonne. Gewitzigt von unserem letzten Erlebnis, bleiben wir im Wald versteckt, als wir eine Viehherde in Richtung Sittendorf treiben sehen. Vorsichtig schicken wir zwei Buben zum Spähen hinunter. Das paßt ihnen natürlich. Froh sind wir, als wir wohlbehalten mit unseren schweren Lasten wieder in Wildegg einlagen. In der Meierei werden wir schon von Frau Ritter herrlich bewirtet. Gestärkt begeben wir uns in unsere Räume, um ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Die harten Strohsäcke dünken uns des Abends wie weiche Federbetten im Vergleich zu unserem Freilager im Zwickelgraben. Unser liebes, altes Schloß bereitet wieder schützend seine Mauern um uns.

_ Moritz: Freitag, den 13. April 1945. Wie gefällt es uns trotz allem Durcheinander doch wieder in Wildegg! Wohl möchte ich am liebsten durch das Fenster blicken und das Grün der Lärchen und Buchen bewundern, aber wirtschaftliche Fragen sind zu klären. Herr und Frau Pundy und ich gehen in das Sittendorfer Pfarrhaus und versuchen dort zu retten, was noch an Lebensmitteln zu finden ist. Ich bin nervös und ängstlich, besonders als ich sehe, daß der Herr Major dort schon am hellichten Tag besoffen ist. Gerne schleppe ich Försters schwere Schmalzdose auf dem Buckel heim: nur heraus, heraus! Dafür haben wir vom Förster später eine schöne Schmalzgabe bekommen. Der Nachmittag findet uns mit Ofenaufstellen beschäftigt. Den großen Schlafraum der "Bergheimat" - Herberge wollen wir als gemeinsamen Koch-, Wohn- und vielleicht auch Schlafraum adaptieren. Wir glauben, besser mit dem Vorhandenen durchzukommen, wenn wir gemeinsam kochen. Noch am Freitag kommen wieder die ersten Russen ins Schloß. Allgemeine Aufregung. Diesmal geht es harmlos vorüber. So schöpfen wir Hoffnung, daß es doch besser bleibt.

_ Moritz: Samstag, den 14. April 1945. Da meine Mutter so schwach und matt ist - sie scheint nach unseren bisherigen Erlebnissen fast ans Ende ihrer Kräfte gekommen zu sein, was ja auch nicht zu verwundern ist - mache ich mir ernstlich Sorge um sie. Uns alle verzehrt ja auch die bange Sorge um unsere Lieben. Keiner gibt es dem andern gegenüber zu. Ich beschließe daher, mit Herrn Pundy einen Vorstoß nach Mauer zu versuchen. Vielleicht kann man dort auch etwas über Wien erfahren.

Am frühen Morgen wandern wir zu zweit, gestärkt durch das gemeinsame Gebet, in den schönen Morgen hinein. Wie wunderschön ist es im Wald! Der Lärchenhain oberhalb Neuweg hat es mir ja schon immer angetan. Und so friedlich ist es. Lange bleiben wir allein. Eine Mutter mit ihrem erwachsenen Sohn, die von Wien flüchteten und jetzt aus den Gefahren, denen sie in Sulz ausgesetzt waren, herauskommen wollen, schließt sich uns an. Die beiden hätten den Weg nach Wien kaum gefunden. In Rodaun schloß sich dann noch ein Mann an, der ebenso wie die beiden nach Meidling wollte. Er trug eine rote Binde. Beinahe hatte unsere kleine Expedition einen halbamtlichen Anstrich.

Auf der Hochstraße treffen wir keinen Menschen. Aber wie schaut es da aus! Sie trägt die Spuren eines noch nicht lange zurückliegenden Kampfes. Unzählige Handschuhe, Patronen, Schulterklappen, aber auch zerfetzte und blutbefleckte Wäschestücke, Speisereste, Nestle - Milchdosen, zerdroschene Fahrzeuge, Holztrümmer, Handgranaten, Munitionskisten, Harmonika und viele Reste von geplünderten und ruinierte Sachen säumen unseren Weg. Russenmützen, Mäntel, deutsche Uniformstücke lassen immer wieder auf einen jähen Aufbruch schließen. Die vielen Schützenlöcher und schnell gegrabene Laufgräben sowie viele herumliegende Tarnungsbäume deuten darauf hin, daß Widerstand geplant war, der sich aber nicht lange gehalten hatte. Bange wird uns noch im nachhinein, wie nah von uns sich der Kampf abgespielt hatte. Vor dem Gasthaus Seewiese steht ein radloses ungarisches Sanitätsauto. Aber wie schaut das sonst so schmucke Wirtshaus aus? Alles ist bis auf die Mauern abgebrannt! Noch trostloser und verlassener sieht das völlig abgebrannte Gasthaus Kugelwiese aus. Nur die Kamine ragen zum Himmel. Im Keller glost noch der Koks und große Fässer voll Wein liegen angekohlt dort. Was mag sich hier abgespielt haben? Keine Menschenseele ist weit und breit zu sehen. Einige Russengräber liegen an unserem Wege. Dort und da finden wir auch Gräber deutscher Soldaten. Bis zum Parapluiberg erstreckt sich das Kampfgebiet, dann ist die Straße völlig sauber und unbefahren. Trostlos sehen auch die vielen zerschossenen Bäume aus. Auf dem Parapluiberg liegen ein paar Tote, Ausländer, wie Herr Pundy feststellt, und auch auf der Perchtoldsdorfer Heide liegt ein toter Russe. Sosehr uns die lebenden Russen Furcht einflößten, so menschlich spricht uns dieser Tote an. Man hat ihm die Schuhe ausgezogen, wer weiß, wer die wieder mitnahm. Bei den verbrannten Häusern auf der Hochstraße bereitete ich mich innerlich darauf vor, in Mauer alles verbrannt vorzufinden. Wir sind überrascht, als sich uns von der Heide ein Blick auf friedliche unzerstörte Häuser darbietet. Anfangs sind wir scheu, aus der Deckung des Waldes hervorzutreten, denn immer wieder hört man Schüsse. Ein Student, den die Russen aus einem Wiener Lazarett heimlaufen ließen, belehrt uns jedoch, daß diese Schüsse ganz ungefährlich seien. Die Russen probieren in ihrer kindischen Freude am Schießen ihre Waffen aus, wo sie auch stehen oder gehen mögen. Der nette junge Mann warnte uns davor, uns abfangen zu lassen zum Arbeiten; beispielsweise nehmen sie jeden mit zum Begraben. Herr Pundy und ich beschlossen, falls wir wirklich angehalten werden sollten, beisammen zu bleiben, denn dann gehen die Arbeiten wenigstens schneller weiter, und Tote begraben ist ja ein Werk christlicher Barmherzigkeit. Wir haben heillos Glück: während ein Russe mit einem Mann, den er mitnehmen will, streitet, schlüpfen wir rasch durch und kommen gut in die Wittgensteinstraße. Unsere Hausfrau ist ganz allein im Haus. Sie geht zu den Nachbarn, wie sie auch die Tage des Artilleriebeschusses im Nachbarkeller verbrachte. Unsere Wohnung wurde noch nicht geplündert, nur sollten wir bald heimkommen, weil schon nach der leeren Wohnung von Polen und anderen Ausländern gefragt wurde.

Im Pfarrhof von Mauer erfahren wir dann, daß auch in Mauer viel geplündert wurde, und daß die Mädchen noch immer versteckt sind, weil die Russen hier so viel Wein fanden und dann wie die Tiere hinter Mädchen und Frauen her sind. Am härtesten trifft uns die Botschaft, die Hochwürden Dr. Strobl gerade in den Pfarrhof bringt: die Innere Stadt wurde schwer heimgesucht. Die SS hatte sich am Donaukanal verschanzt. Durch. das stete wechseln der deutschen Kanonen von einem Platz zum andern in der Inneren Stadt wurden von den feindlichen Fliegern viele schöne Plätze und Gebäude beschädigt. Die schlimmste Nachricht trifft uns richtig ins Herz: der Dom von Sankt Stephan ist bis auf die Mauern ausgebrannt, das Gewölbe, die Innenausstattung, die wundervolle Orgel wurden ein Raub der Flammen. Dr. Strobl meint, daß die anfängliche Brandstelle mit einem einzigen Wasserschlauch gelöscht hätte werden können, wenn einer dagewesen wäre. Der Abzug aller Löschwagen von Wien, sowie die beabsichtigte Sprengung der Wiener Hochquellenleitung waren eine ausgesprochene Gemeinheit. Dazu ist es aber durch das Eingreifen mutiger Männer nicht gekommen. Wir erfahren noch, daß der Dompfarrer im Krankenhaus liegt, weil er bei den letzten Angriffen von Granatsplittern verletzt wurde. Leider konnten wir keine Nachricht über unsere Lieben erhalten. Nur so viel erfuhren wir, daß Margareten- und Wiednergürtel Kampfgebiet gewesen waren. Schweren Herzen wandern wir wieder zurück nach Wildegg. Die Toten liegen noch herum, die tun uns aber nichts mehr. Unbehelligt, doch todmüde kommen wir in Wildegg an. Gott sei Dank, hier ist alles in Ordnung, nur ein paar harmlose Russen hatten das Schloß tagsüber "besucht".

_ Moritz: Sonntag, dem 15. April 1945. Um neun Uhr waren fast alle vom Schloß in Sittendorf beim Gottesdienst. Viel mehr Menschen als sonst waren im Sittendorfer Kirchlein versammelt. Wenn dieser Eifer anhalten würde für die hoffentlich bald wieder kommenden Tag der Ruhe und des Friedens! Der Sonntag vergeht gottlob ohne Aufregung, wir genießen den Frühling und freuen uns der Waldeinsamkeit.

_ Moritz: Dienstag, dem 17. April 1945. Langsam glauben wir, daß doch wieder eine ruhige Alltagsordnung möglich sein wird. Aus jeder ruhigen Stunde schöpft man Vertrauen. Um Holz wagen wir uns noch nicht in den Wald hinein. So nehmen wir es beim Oberförster. Wir bekommen in der Meierei Milch soviel wir nur wollen. Wir können die Milch nach Durst trinken. Bis mittags ging’s uns gut, dann erschallt wieder einmal die Hiobsbotschaft: "Russen sind beim Ritter!" Sie kommen auch zu uns herauf, suchen und suchen. Manchmal versteckten wir uns in der Dachkammer des Herrn Gschwandtner. Durch Kalkanstrich und aufgehängte Wäsche suchte ich die Türe zu Tarnen. Und trotzdem hatten wir ein ungutes Gefühl. Wenn sie uns da drin finden, sind wir ihnen ganz preisgegeben. Später haben sie auch dieses Zimmerchen entdeckt und darin gehaust. Gott sei Dank, daß da niemand versteckt war!

Die ständigen Russenbesuche zehren an unseren Nerven. Dazu kommt die Sor-ge um unsere Verwandten. Bei Tag kann man ruhig und mutig scheinen, will man anderen beistehen darf, aber die schlaflosen Nächte sind endlos.

Mittwoch, dem 18. April 1945. Die Arbeit ist ein Segen in unserer Lage. Ich habe nun drei Tage Kochdienst und man muß schon dahinter sein, um neun Personen für den ganzen Tag zu verköstigen. Da wir viel ans Haus gefesselt sind, bleibt sogar noch Zeit zu anderen Arbeiten. Auch Mutter näht und flickt an den alten zurückgelassenen Sachen wie eine Biene. In der Emsigkeit kann sie ihre Unruhe leichter verbergen. Aber ich darf nicht mutlos werden, wann ich anfange zu weinen, dann hört sie nicht auf zu weinen.

Über Wien herrscht Ruhe von Fliegern und Bomben. So nehmen wir an, daß auch Wien gefallen ist. Im Laufe des Tages bringt ein Bub, der mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Sittendorf evakuiert ist, einen Brief. Die arme Mutter hat erst vor kurzem die Todesnachricht ihres Mannes bekommen und gibt uns erschütternden Aufschluß, wie es nachts in Sittendorf zugeht. "Bitte, haben Sie für die Nacht ein Plätzchen für uns? Ich brauche nur ein kleines Fleckerl auf dem Boden, wo ich sitzen und der Kleine zwei Sesseln, worauf er liegen kann. Wir hatten heute in der Nacht ein fürchterliches Erlebnis. Fünf Russen sind ... Ich getraue mich nicht mehr hierzubleiben. Wir liegen so knapp an der Straße. Ist es im Schloß ruhig?" ... Da merken wir erst, um wieviel besser wir im Schloß dran sind. Wir helfen dieser Frau gerne, auch Frau Tromayer kommt mit ihren zwei Buben aus dem kleinen Häuschen ins Schloß zum Schlafen .An diesem Tag, an dem die Kirche das Hochfest des heiligen Josef feiert, beten wir miteinander eine St. Josefsandacht. Wohl kracht es um uns herum, aber wir werden ruhiger und vertrauen uns der Fürbitte des Schirmherrn der Kirche an.

Freitag, dem 20. April 1945. Die saubere Wäsche hatten uns die Russen weggetragen (oder war es jemand anderer?), aber den Sack mit Schmutzwäsche ließen sie unbehelligt. Da wir nichts Sauberes haben, muß ich waschen. Zu Hause gibt es kein Wasser. Oft wird mir allein in der Waschküche bange. Wenn Russen kommen, suche ich Zuflucht in Försters Küche. Den ganzen Tag erleidet die Arbeit solche unliebsame Unterbrechungen. Ich bin heilfroh, daß mir von Pundys nachmittags jemand hilft, sodaß alles fertig wird.

In Sittendorf soll es schlechter und schlimmer denn je sein. Auch an unseren Nerven zehren diese ständigen "Besuche". Aufregend ist es heute, als drei Russen im letzten Zimmer eine Flasche Bier (sie stammt noch von Ostern und war für eventuelle Besucher bestimmt ) und ein Fläschchen Wein finden. Herr Pundy und ich hatten "warmen" Wein als Medizin für Verkühlungsanfälle aus den angekohlten Fässern des Kellers vom Gasthaus Kugelwiese mitgenommen. Nun hatten wir längst auf diese "große Menge" Alkohol vergessen und den Russen ahnungslos versichert, wird hätten weder Bier noch Wein in im Hause. So gründlich haben sie aber gesucht, daß sie diese kleinen Reste fanden, und waren darüber zuerst recht zornig, weil sie glaubten, wir hätten sie anschwindeln wollen.

Kaum waren die drei Männer draußen, so stürmen sieben Russen gleichzeitig herein und jeder zieht sich in ein anderes Zimmer zurück. Was ihnen in die Augen stach, nahmen sie mit, sogar die letzten versteckten Uhren und Armbänder mancher müssen daran glauben. Darüber wäre beinahe unter den Bewohnern des Schlosses ein Streit entstanden. Gott sei Dank ließ sich der Friede bald wieder herstellen. Was bedeutet schon ein goldenes Armband. Selbst wenn es ein Andenken ist gegenüber dem Glück, die Russen wieder draußen zu haben.

Abends hätte Professor Grill kommen sollen, um in der. Schloßkapelle eine hl. Messe mit uns zu feiern, aber es wurde nichts daraus. Gerade in dieser Nacht, in der wir ohne männlichen Schutz waren, weil Herr Pundy allein nach Wien gewandert war, um nach Favoriten zu schauen, wurden wir durch ein fürchterliches Dröhnen - uns schien es vom Schloßtor zu kommen - wach. Nun stehen wir Frauen zitternd auf dem Gang im zweiten Stock und vernehmen das Trommeln noch lauter: es hört sich an, als ob mehrere Männer mit dem Gewehrkolben gegen das Tor schlagen würden. Loisl kommt gottlob mit der beruhigenden Nachricht, daß dies keine Russen seien. Der Beschuß auf das Widerstandnest der SS in Alland ist von der anderen Seite wieder aufgenommen worden. Lieber wäre uns ein Artillerietreffer, als daß die Russen in der Nacht ...wollten.

Am nächsten Tag war ich schon recht mutlos, auch weil sich die Folgen einer argen Verkühlung unangenehm bemerkbar machen, die ich mir in der kalten Waschküche geholt habe. Doch der Tag vergeht samt der folgenden Nacht ohne besondere Ereignisse. In meinem Zustand bringt auch der Sonntag noch keine Erleichterung, als mitten drin die Tür aufgeht und meine zwei Schwestern .und die Schwester der Frau Pospischil mit Onkel hereinkommen. Sie hatten den Weg von Wien nicht gescheut, um endlich zu erfahren, was mit uns in Wildegg los sei. Das gegenseitige Erzählen will kein Ende nehmen. Wir hören von den Fronten, die sich mitten in Wien versteiften und den bangen Nächten, die unsere Lieben in den Kellern verbracht haben. Die Freude über das Wiedersehen übertönt alle Schwächen und allen Kummer. Ein einziges Mal erleben meine Schwestern die Russenbesuche, müssen mit ansehen, wie ein völlig besoffener Russe mit seiner Pistole herumfuchtelt und dann endlich doch hinaustorkelt: "Ja, warum geht ihr denn nicht nach Hause?" ist ihre Reaktion. Da wir nun Verstärkung für das Mitnehmen des Gepäcks haben, - was können die alten Frauen und die Kinder schon tragen - beschließen wir, am nächsten Tag nach Wien aufzubrechen. So schlafen wir die letzte Nacht im lieben, alten Schloß. Wir leihen uns von Tromayer einen zweirädrigen Karren aus, den wir mit dem Nötigsten beladen: besonders für drei Familien heißt es Bettzeug für Kinder und alte Leute mitzunehmen. So ziehen eine kleine Karawane von Herzfeld, Pospischil und Moritz los. Jeder hat für seine Person genug zu tragen. Sogar die Kinder nehmen in ihren Schultaschen Spielzeug und Schulsachen mit. Mühselig gestaltet sich das Schieben des Karrens durch das Spekkammerl hinauf zum Kreuzsattel. Aber gefährdeter wird unsre Zug durch die bewohnten Gebiete, vor deren meisten Häusern Russen patrouillierten oder herumlungern. Gut, daß die eine Schwester in Schwesterntracht und mit Rot-Kreuz-Binde ausgestattet ist, so hat man mit uns höchstens Mitleid.

Die erste Station ist unsere Wohnung in Mauer. Erst nach ein oder zwei Tagen wandern die andern Familien zu Fuß wieder weiter nach Wien. Wer weiß, wie ihre Wohnungen aussehen werden!

Bevor wir Wildegg verlassen hatten, versuchten wir noch, unsere vom Plündern übriggebliebenen Habseligkeiten zu verstecken. Alles wurde im Laufe weiterer "Besuche" gefunden und durchsucht oder mitgenommen. Nur die par Gepäckstücke. Die wir alle gemeinsam durch die Liebenswürdigkeit des Oberförsters im Geheimverstecke hatten, konnten wir nach Monaten unversehrt heimholen. Ihr Inhalt hat uns viel geholfen.

Schon am nächsten Tag trifft Familie Pundy in Mauer ein. Frau Kuthan, ihr Sohn und die Frau des Oberförsters mit ihrer Tochter kommen einen Tag nachher zu uns. Es war im Schloß nicht mehr auszuhalten. Ganz allein mit einer alten Frau verblieb der Oberförster im Schloß zurück.

Etliche Male sind wir in diesem Frühjahr und Sommer herzklopfend, still betend und doch beglückt über die Hochstraße nach Wildegg gewandert, um aus dem Wust der zurückgelassenen Sachen Brauchbares herauszuholen. Langsam wurde es zum Schluß auch in seiner Umgebung doch ruhiger.

In einer überwältigenden Fülle von Blüten und Blumen hatte sich in diesen Kriegstagen der Frühling in unserem Wienerwald und im Wildegg eingestellt ... Immer wie er wird es uns in Erinnerung bleiben: Todmüde und verzagt rasteten wird auf unsrer ersten "Heimreise" mit dem Karren. Da wurde uns ein beglückendes Erlebnis zuteil: wo die schweren Panzer die Wiesen und die Weg vernichtet hatten, - ihre Spuren waren deutlich zu sehen - drängen sich die Primeln, die Veilchen und die Leberblümchen hervor. Sie hatten Mut und Lebenskraft genug, trotz der verstümmelten Erde zu wachsen und zu blühen. Und wir hatten noch die innere Kraft, ihre Schönheit zu bewundern und Gott für dieses Gleichnis zu danken, das er uns offenbarte. Es würde alles wieder gut werden. Wir hatten in Wildegg kein Menschenleben und keine verlorene Frauen- oder Mädchenehre zu beklagen, was wollten wir mehr, als Gott danken.

_ Chr III 89-93.

_ Ebd. 94f.

_ Ebd. 96f.

_ Ebd. 97.

_ Ebd.

_ Das zur Zeit wieder in der Kapelle befindliche Vortragskreuz wurde im Dornbachgraben Richtung Heiligenkreuz gefunden; die Räuber haben es dort unterwegs verloren.

_ Ebd. 98.

_ Ebd. 99

_ Ebd.

_ Ebd. 99f.

_ Ebd. 100.

_ Ebd. 101.

_ Ebd. 103.

_ Ebd. 104.

_ Ebd. 106.

_ Ebd. 107. Ich verlasse mich auf den Zeitungsausschnitt, der ebd. 106 eingeklebt ist. P. Hadmar hat nämlich die Gedenktafel-Enthüllung auf den "letzten Sonntag des April" vorverlegt!

_ Ebd. 108.

_ Ebd. 109.

_ Ebd.

_ Ebd. 110.

_ Ebd.

_ Ebd. 111f.

_ Ebd. 113-115.

_ Ein Priestersitz, zwölf neue Stockerl, zwei Bänke und neue Ministrantengewänder werden angeschafft.

_ Die bisherigen Hauptzelebranten Abendmesse am Festbeginn 1976 und 1977 (in der Pfarrkirche) P. Benedikt Stary OCist - ab 1978 am Marienfeierplatz am Waldrand - 1978 Exz. Weihbischof Florian Kuntner (Wr. Neustadt), 1979 Studienpräfekt Ernst Faktor (Sachsenbrunn), 1980 Prälat Propst Maximilian Fürnsinn CanReg (Herzogenburg), 1981 P. Meinrad Tomann OCist, 1982 Exz. Bischof Maximilian Aichern OSB (Linz), 1983 Prälat Abt Lic.theol. Otto Strohmaier OSB (St. Lambrecht), 1984 Prälat Abt Gerhard Hradil OCist (Heiligenkreuz), 1985 Prätat Abtpräses Dr. Clemens Lashofer OSB (Göttweig), 1986 Eminenz Dr. Alfons Maria Kardinal Stickler SDB (Rom), 1987 Erzb. Dr. Hans Hermann Gro(r (Wien), 1988 Exz. Auxiliarbischof Prof. Dr. Kurt Krenn (Wien), 1989 Eminenz Erzb. Dr. Hans Hermann Kardinal Gro(r (Wien), 1990 Mag. P. Marian Gruber OCist, 1991 P. Leo Kuchar SSS, 1992 Bischofsvikar P. Dr. Ildefons Fux OSB, 1993 GL des Senatus Österreich der Legion Mariens P. Columban Luser OSB, 1994 Exzellenz Bischof Karel Ot(ená(ek (Hradec Králové), 1995 Exzellenz Weihbischof Franti(ek Lobkowicz OPraem (Prag), 1996 P. Maurus Zerb OCist.

_ Das erstmals gesungene "Gloria Patri" am 13. Juni 1988, nach den einzelnen Geheimnissen während der Rosenkranzmeditation, verbindet uns geistig mit den Betern in Fatima. Über die Monatswallfahrten in Maria Kirchbüchl sollte eine eigene historische Abhandlung geschrieben werden.

_ Es folgen viele hervorragende musikalische Ereignisse, vor allem die Sittendorfer Sommerkonzerte. Darüber sollte ein selbständiger Artikel erscheinen.

_ Mittwoch, 12. August 1992 spricht ab 19.30 Se. Exzellenz Mons. Karel Ot(ená(ek (Hradec Králové - Königgrätz): "Zur Situation der Diözese Königgrätz - aus der Erfahrung ihres derzeitigen Bischofs." - Samstag, 31. Oktober - Freitag, 13. November 1992 Studienreise Ägypten "Osiris, Kreuz und Halbmond", Reiseleitung Prof. Dr. P. Augustinus Kurt Fenz - Anmeldung: Biblische Reisen, Silberburgstraße 121, D-7000 Stuttgart 1. - Donnerstag, 19. November 1992 erscheint Band 1 der ITS A. K. Fenz, Ich ziehe mit. Meditationen über Exodus, wiederholt am Sinai durchdacht, 1. Aufl. Sittendorf 1992. - Samstag, 12. Dezember 1992 spricht ab 19.30 Uhr Pfarrer Rudolf Nußbaumer, Steinen - Diözese Chur: "Schweizer Kirche in der Zerreißprobe." - Donnerstag, 10. Juni 1993, am Fronleichnamsfest, spricht ab 19.00 Uhr Dr. Erling Brodersen, Priester und Notar im Diözesangericht Kopenhagen: "Zur Situation der katholischen Kirche in Dänemark." - Sonntag, 12. Dezember 1993 spricht ab 17.00 Uhr Generalvikar Mons. Johann Kühner: "Das Zeitgeschehen um Erzbischof Josef Grösz aus persönlicher Erfahrung." - Erzbischof Josef Grösz, ein gebürtiger Burgenländer aus Halbturn, war Vorgänger von Erzbischof Dr. László Dankó in Kalocsa <Ungarn>; Generalvikar Kühner war der letzte Zeremoniär und Sekretär von Erzbischof Grösz. - Samstag, 12. Februar 1994 spricht ab 19.30 Uhr Gesandter Prof. DDr. Robert Prantner: Freidenkertum: Herausforderung für Kirche und Gesellschaft. - Samstag, 12. März 1994 sprechen Facharzt für Dermatologie Dr.med.univ. Karl Vosicky und Hochschulprofessor Lic.theol. Dr.theol. P. Bernhard Vosicky: "AIDS - medizinische Versorgung - Sorge der Kirche." - Samstag, 11. Juni 1994 spricht ab 19.30 Uhr Se. Exzellenz Erzbischof Dr. Giovanni Ceirano, Apostolischer Nuntius in Kopenhagen: Informationen über meine Aufgabe als Nuntius in Skandinavien und Erinnerungen aus meinem Leben. - Samstag, 27. August 1994 ab 20.00 Uhr Podiumsgespräch mit Se. Exzellenz Karel Ot(ená(ek, Bischof von Hradec Králové (Königgrätz): Anfragen der Jugend an Bischof Ot(ená(ek über seine 40 Jahre Amtsbehinderung: 10 Jahre Kerker, 10 Jahre Strafarbeit, 20 Jahre Exil. - Dienstag, 13. September 1994 Buchpräsentation der ITS A. K. Fenz, Alles Wandlung, ISBN 3-901327-00-2, 1. Aufl Sittendorf 1994 in Maria Kirchbüchl. - Montag, 12. Dezember 1994 spricht ab 19.30 Uhr Se. Exzellenz Dr. Franti(ek Tondra, Bischof von Spi( (Slowakei): Kirche und Volksgruppen in der Slowakei - Probleme und Chancen. - Musikalische Umrahmung Vienna Piano Duo und Wienerwald Kammerensemble. - Samstag, 1. April 1995 spricht ab 19.30 Uhr Prälat DDr. Ernst Burkhart, Regionalvikar des Opus Dei für Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn: Das Opus Dei in der Kirche heute." - Mittwoch, 14. Juni 1995 ab 19.30 Uhr Gesandter Prof. DDr. Robert Prantner: "Linksliberalismus als Herausforderung an die Kirche." - Samstag, 26. August 1995 ab 20.00 Uhr Podiumsgespräch mit Se. Exzellenz Franti(ek Lobkowitz OPraem, Weihbischof in Prag, Titularbischof von Catabum castra: Anfragen der Jugend an Bischof Lobkowisz über seine Aufgaben Lebenserfahrung und Situation der CZ-Kirche. - Samstag, 14. Oktober 1995 spricht ab 19.30 Uhr Se. Exzellenz Dr. Marian Jaworski, Erzbischof von Lemberg (Ukraine): Stellungnahme zum aktuellen kirchlichen Zeitgeschehen. - Freitag, 8. Dezember 1995 ab 16.00 Uhr Adventkonzert zu Ehren der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria (Sittendorfer Chor) und Buchpräsentation der ITS, In Liebe zusammenhalten (Kol 2,2), Sammelband Maria Kirchbüchler- sowie Brennender Dornbusch-Homilien und ITS-Studien, Festschrift ISBN 3-901327-01-0, 1. Aufl. Sittendorf 1995. - Donnerstag, 14. März 1996 ab 19.30 verliest Prälat Bernhard Rachwalski das Referat des erkrankten Weihbischofs Georg Weinhold (Dresden-Meißen) "3 Städte - ein Bistum. Zur Situation im Bistum Dresden-Meißen" und spricht: "Zur pastoralen Standortbestimmung nach dem politischen Neuanfang 1989/90." - Samstag, 16. November 1996 sprechen ab 19.30 Uhr aus der jungen Theologengeneration: Kp. Dr.theol. Michael Stickelbroeck, HS-Prof. Dr.theol. P. Karl Wallner, Kp. Dr.theol. Josef Spindelböck: "Der Mensch als Mann und Frau." - Sonntag, 22. Dezember 1996 ab 16.00 Uhr Konzert des Kinderchores Boni discipuli aus Brno unter Leitung von Prof. Dr. Karla Havelková und Referat von P. Augustinus: "Meine Forschungsergebnisse zur Geschichte von Sittendorf und Dornbach."

- Freitag, 14. Februar 1997 sprechen ab 19.30 Uhr Weihbischof László Bíró, Rektor des Zentralseminars in Budapest: "Akute Familienprobleme und Lösungsversuche in Ungarn." - Buchpräsentation von A. K. Fenz, Liebgewonnen und erwählt (Dtn 4,37). Einführende Perspektiven in die Theologie des Alten Testaments, EOS-Verlag St. Ottilien durch Dr. Josef Spindelböck und Cand.techn. Herbert Reinhold Meister. - Kurzreferat von Univ.-Doz. Prof. Dr. P. Augustinus K. Fenz: "Neueste Forschungsergebnisse zur Geschichte von Sittendorf und Dornbach." - Musikalisches Rahmenprogramm (Schubert): Helga Kohl, Sopran - Klaus Hehn, Klavier (beide Wien). - Samstag, 12. April 1997 spricht ab 19.30 Uhr Se. Eminenz Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky: "Zur Situation der Erzdiözese Berlin." - Musikalisches Rahmenprogramm Hannes Marek (Klavier) und Co.

_ Vom Bauamt des Stiftes Heiligenkreuz wurde die Firma Breymesser & Co GesmbH 1021 Wien, Rasumofskygasse 21 empfohlen, die auch die "Begasung gegen Holzschädlinge" in der Pfarrkirche Sittendorf vornahm: 18. - 25. 10. 1995, Freigabe zu Aufräumungsarbeiten ab 26. 10. 1995.

_ BvW = Besitzer (Burgherr) von Wildegg.

_ Hermann Watzl 42.

_ Ottokar (Przemysl O., Premysl Otakar ['pòemysel, tschech. 'pròemislç]), Name zweier Könige von Böhmen: 1) Ottokar I., * um 1155, + 15.12. 1230, König (seit 1198). 1197 von Kaiser Heinrich)VI. mit Böhmen belehnt. 2) Ottokar II., genannt der eiserne oder goldene König, * 1233, Schlacht bei Dürnkrut 26. 8. 1278, König (seit 1253). Auf Grund seiner Heirat mit Margarete, einer Schwester des letzten Babenbergers, nahm Ottokar 1251 Österreich in Besitz, hinzu kamen 1260 die Steiermark, 1269 Kärnten und Krain. Rudolf von Habsburg, dem er 1273 die Huldigung verweigerte, zwang Ottokar 1276, Österreich, die Steiermark und Kärnten abzutreten. Sein Versuch, die Gebiete zurückzugewinnen, führte zu seinem Tod auf dem Marchfeld.

_ Matthias I. Corvinus (M. Hunyadi), * Klausenburg 23.2. 1440 (1443?), + Wien 6.4. 1490, König von Ungarn (seit 1458), von Böhmen (seit 1469). Sohn von János Hunyadi; mit dem böhmischen Gegenkönig Wladislaw II., mit Georg von Podiebrad und Kunstatt und Kaiser Friedrich III. schloß er 1479 den Frieden von Olmütz, der ihm Schlesien, Mähren und die Lausitz brachte; vertrieb Friedrich III. (ab 1477) aus Niederösterreich, der Steiermark und Wien.

_ Maximilian I., * Wiener Neustadt 22.3. 1459, + Wels 12.1. 1519, Römischer König (seit 1486), Erwählter Römischer Kaiser (ab 1508). Sohn Kaiser Friedrichs III.; verheiratet ab 1477 mit Maria von Burgund (+ 1482), deren Erbe er 1479 bei Guinegate gegen Ludwig XI. von Frankreich verteidigte. Nach Verlusten im Frieden von Arras (1482) gewann er durch den Sieg von Salins über Karl VIII. 1493 einen großen Teil der burgundichen Länder zurück, konnte aber die Reichsrechte in Italien gegen Karl VIII. nicht wieder geltend machen. Überdies schied die Schweiz nach dem Schwabenkrieg von 1499 faktisch aus dem Reichsverband aus. Dagegen gelang Maximilian nach dem Tod von Matthias I. Corvinus 1490 die Rückeroberung der habsburgischen Erblande. Auch bahnte Maximilian durch dynastische Doppelverbindungen mit Aragonien-Kastilien und Böhmen-Ungarn eine weitere Vergrößerung der habsburgischen Hausmacht an. Um die Reichsstände für seine Politik zu gewinnen, kam er den Bestrebungen zur Reichsreform entgegen.

_ Martin Luther, * Eisleben 10. 11. 1483, ebd. 18. 2. 1546, deutscher Reformator. Leben: Der zweite Sohn des Bergmanns Hans Luther (* 1459, + 1530) und dessen Frau Margarethe, geborene Lindemann (* 1459, + 1531) besuchte seit 1501 die Universität in Erfurt; nach Erlangung des Magistergrades 1505 und der Aufnahme des Jurastudiums sah sich Luther noch im selben Jahr durch sein bei Todesgefahr (während eines Gewitters schlug ein Blitz unmittelbar neben ihm ein) abgelegtes Gelübde zum Eintritt ins Erfurter Augustiner-Eremitenkloster bewogen. 1507 empfing er die Priesterweihe und begann Theologie zu studieren. 1510/11 in Ordensangelegenheiten nach Rom entsandt, wurde Luther 1512 als Nachfolger von J. von Staupitz Professor an der theologischen Fakultät in Wittenberg. Am 31. 10. 1517 veröffentlichte Luther seine gegen J. Tetzel gerichteten 95 Streitsätze (Thesen) über den Ablaßhandel in Wittenberg. Er mußte sich 1518 vor Kardinal Cajetan in Augsburg verantworten, unterwarf sich aber nicht. Im Streitgespräch 1519 mit J. Eck in Leipzig, der Leipziger Disputation, bestritt er den Primat des Papstes und die Unfehlbarkeit der Konzilien. Die Kirche drohte daraufhin mit der Bulle "Exsurge Domine" den Kirchenbann an, Luther antwortete mit den entscheidenden Reformationsschriften ("An den christlichen Adel deutscher Nation...", "Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche", "Von der Freiheit eines Christenmenschen"). Auch in 2 Verhandlungen auf dem Reichstag in Worms (1521) lehnte Luther jeglichen Widerruf ab, woraufhin im Wormser Edikt der Reichsbann über ihn verhängt wurde. Um Luther zu schützen, ließ Friedrich der Weise ihn zum Schein gefangennehmen und als "Junker Jörg" auf die Wartburg bringen. 1522 kehrte er nach Wittenberg zurück, grenzte sich in den folgenden Jahren aber von radikalen Reformversuchen des entstehenden Protestantismus, vom Humanismus (Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam über den freien Willen) und revolutionären sozialen Forderungen im Bauernkrieg ("Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern", 1525) ab. 1525 heiratete er die ehemalige Zisterzienser-Nonne Katharina von Bora (* 1499, + 1552). Seine Bemühungen galten bis zu seinem Tod der Einwurzelung der Reformation (Gestaltung eines einheitlichen evangelischen Kirchenwesens, Unterstützung Melanchthons [Billigung des von diesem verfaßten Augsburger Bekenntnisses ]) und der Bibelübersetzung.

_ Nach einem ersten Versuch zum Ausgleich in der Glaubensfrage (Augsburger Interim, 1548) wurde im Augsburger Religionsfrieden (1555) die Trennung der Protestanten von der kath. Kirche reichsrechtlich anerkannt; die Untertanen mußten die Konfession des Landesherren übernehmen, der auch die geistliche Aufsicht ausübte. Bemühungen um eine innere Neugestaltung (Tridentinum) oder eine Mehrung des Einflusses (Gegenreformation) führten letztlich erst nach dem Dreißigjährigen Krieg im Westfälischen Frieden zur Rechtsgleichheit der drei christl. Konfessionen (Katholiken, Lutheraner, Reformierte).

_ Chr I 86.

_ Schloß und Gut Wildegg wird wiederholt von sogenannten Meiern betreut, die im Rang von Oberschweizer standen.

_ Koalitionskriege (französische Revolutionskriege), 4 Kriege verschiedener Koalitionen europäischer Mächte gegen das revolutionäre und napoleonische Frankreich 1792-1806/07. Der 1. Koalitionskrieg 1792-97 führte trotz erheblicher Erweiterung der anti-französischen preußisch-österreichischen Koalition (Großbritannien, Spanien, Generalstaaten[niederl. Staten-Generaal, 1. die Generalstände der niederländischen Provinzen unter burgundischer und habsburgischer Herrschaft; 2. ab dem 16. Jh. die gemeinsame Versammlung der von den 7 souveränen Provinzstaaten zur Leitung des niederländischen Staatenbundes gewählten Abgeordneten; 3. dann auch Bezeichnung für die Republik der Vereinigten Niederlande; 4. seit 1814 das niederländische Parlament], Sardinien, Neapel, Toskana, deutsche Reichsstände) zu großen französischen Erfolgen: Besetzung linksrheinischer Reichsgebiete und der gesamten Niederlande, Annexion Savoyens und Nizzas; beendet durch den Basler Frieden (1795) und den Frieden von Campoformio (1797).- Im 2.Koalitionskrieg 1798-1801/02 schlossen sich 1798/99 Rußland, Österreich, Großbritannien, Neapel, Portugal und das Osmanische Reich zusammen. Der britische Admiral Nelson konnte 1798 durch den Sieg über Bonaparte vor Abukir die britische Seeherrschaft im Mittelmeer sichern. Dem Zerfall der Koalition (1799) folgte der Friede von Lunéville (1801; Gewinnung des linken Rheinufers und italienischer Gebiete für Frankreich).- Den 3.Koalitionskrieg 1805 führten Großbritannien, Schweden, Rußland und Österreich gegen Frankreich. Napoleon I. reagierte mit einem direkten Schlag gegen Österreich (Einnahme Ulms [17.10.] und Wiens [13./ 14. )11.]). Zwar gelang Nelson am 21.10. ein umfassender Seesieg bei Trafalgar, doch schlug Napoleon die Verbündeten entscheidend in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz (2.12.) und setzte im Frieden von Preßburg (26.12.) die Gründung des 2. Rheinbundes und die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches durch.- Im 4.Koalitionskrieg 1806/07 erlitt das lediglich von Kursachsen, Sachsen-Weimar und Braunschweig unterstützte Preußen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt (14.10. 1806) einen völligen Zusammenbruch. Im Frieden von Tilsit (1807) erzwang Napoleon eine beträchtliche Verkleinerung Preußens.

_ Geheimpolizei, Geheimdienst, Spionageabwehr, Abwehr, politische Polizei während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland: Geheime Staatspolizei, Gestapo.

_ Die Numerierung der Pfarrer entspricht der Chr I 95 nach der letzten Eintragung durch P. Dr. Severin Grill (an der Handschrift zu erkennen) und stimmt, wenn man jene beiden Patres, die zwei Amtszeiten hatten, nur einmal zählt.

 

 

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