Die
Geschichte von Sittendorf (in
dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt von Pater Dr.Augustinus Kurt Fenz)
Und was ist mit der Kirche von Sittendorf? Ist tatsächlich der älteste
Teil der Kirche der Turm? Geht er auf einen römischen Wachturm zurück?
Handelt es sich bei den ersten Ursprüngen um eine Taufkapelle aus der Römerzeit
oder wenigstens aus der karolingischen Epoche?
Die Erstlingsnennung von Sittendorf [Sichendorf, Sickendorf, Sickindorf,
Sighendorf, Sigchendorf, Sigkhendorff, Sikkendorf], Gerichtsbezirk Mödling,
geschah 1114 in einem Klosterneuburger Codex. Der dort genannte "Rupertus
de Sichendorf" ist mit dem gleichnamigen Nachbarzeugen der
Heiligenkreuzer Gründungsurkunde - auch Stiftsbrief genannt - von 1136
identisch. Dieser Sichendorfer dürfte Nachfahre eines gleichnamigen
babenbergischen Ministerialengeschlechtes sein, das schon im 11. Jh. in
Sittendorf ansässig ist, vermutlich Rodungsherren im Gebiete der heutigen
Orte Dornbach (Dornpach) - mit der wahrscheinlichen Erstlingsnennung
des Ortes 1236 - und Grub linksseitig des Sattelbaches, auf dem sie ihre
Meierhöfe zu Lindenhof, Frotzenberg, Traxelhof am Mödlingbach errichteten.
Neben ihrem Herrschaftsgebiete - dem heutigen Pfarrgebiet Sittendorf und
Dornbach - trugen sie das St. Johanns Kirchlein zu Sittendorf von den Landesfürsten
zu Lehen. Rudger von Sickendorf tritt also 1114
als Zeuge auf, 1123 mit seinem Bruder Rudpert und einem Ansholm de Sickindorf,
bei einer Seelgerätsstiftung ihres Bruders Bobpo, 1125 Rupert und Rudger mit
ihrem Bruder Rudolf, 1133-35 bewidmet Rupert die neugegründete Zisterze
Heiligenkreuz mit Besitz in Füllenberg und erscheint 1136 mit Rudger unter
den Nachbarzeugen im Stiftbrief dieses Klosters. Somit ist Sittendorf in der
Gründungsurkunde von Heiligenkreuz 1136 zweimal erwähnt: " ... contra
medietatem montis, qui dicitur Keizeruche et abhinc per viam, qua vadit ad
silvam attinentem ad villam, quae dicitur Sichendorf, abhinc ad locum, ubi
oritur rivulus, qui appellatur Marchbach ... Rudegerus et frater eius Rupertus
de Sigchendorf". - Sulz wird nicht genannt, es liegt außerhalb
des ursprünglichen Gründungsgebietes. Die Gründung von Stift Heiligenkreuz
erfolgte bereits 1133. - Ebenso wird in der Stiftungsurkunde der Dornbach
genannt, was die Dornbacher erfreut! Pater Friedrich Hlawatsch schreibt:
"Die Gründungsurkunde gab Markgraf Leopold der Heilige vor dem 3. Juni
1136 hinaus, einige Monate vor seinem Todestag, der auf den 15. November
desselben Jahres fiel, obschon eine zweifelnde Kritik das Ausstellungsjahr in
ein späteres Jahrzehnt versetzt wissen will, ohne die gleichwohl sichere
Tatsache des historischen Inhalts anzutasten - Die Urkunde lautet in deutscher
Übersetzung, welche zum ersten Mal vollständig im Drucke erscheint,
folgendermaßen: Stiftungsurkunde Im Namen der heiligen und ungeteilten
Dreieinigkeit. Allen Christgläubigen, den gegenwärtigen und zukünftigen,
mehre sich Friede und Freude für und für! Auf daß die Werke der Fürsten
und ihre Schenkungen den ehrwürdigen Stätten fest und unversehrt verbleiben,
ist es angezeigt, sie urkundlich zu vermerken, ist es angezeigt, sie mit aller
Vorsicht dem Gedächtnis der Nachkommen anzuvertrauen. Deshalb habe Ich L i u
p o l d u s, von Gottesgnaden, Markgraf von Österreich in gegenwärtiger
Urkunde niederlegen lassen, daß Ich auf Eingebung dessen, von dem alles Gute
kommt, und auf Rat Meines lieben Sohnes Otto, der sich zu Morimund dem
Zisterzienser-Orden angeschlossen hat, Brüder aus dem genannten Kloster
Morimund berufen und ihnen an dem Orte, der bisher Sattelbach hieß, jetzt
aber wegen des siegreichsten Zeichens unserer Erlösung zum heiligen Kreuze
genannt wird, eine Stätte zur Niederlassung angewiesen habe. Aus Freude an ihrem Ordensleben und in
Vorsorge um ihre Bedürftigkeit habe Ich aus eigener Machtvollkommenheit unter
Beistimmung und auf Bitten Unserer Ehegemahlin Agnes und Unserer Söhne
Albert, Heinrich, Liupold und Ernest Gott und der seligen immerwährenden
Jungfrau, Maria und den Brüdern, die sich im genannten Orte gesammelt haben
oder sammeln werden, das ringsumliegende und Unserer Gerechtsame gehörige L a
n d geschenkt mit Äckern, Wiesen, Weiden, Gewässern, Wäldern - ob bebaut
oder unbebaut - mit den Grenzen, die Wir gegeben haben und die Wir hier zu
verzeichnen für dienlich erachten. Es sind aber folgende: Von dem Zusammenfluß des Sattelbachs und
der Swechant bis Murlingen (Mayerling); von da in der Richtung des sogenannten
Mühlenweges bis zum Priventan und auf demselben Weg, der durch den Priventan
zieht, bis zum Ort, der Husruch (Hausruck) heißt, und von da wieder auf dem
genannten; Weg bis zum Sattelbach und von da in gerader Richtung bis zu einer
Anhöhe, die gewöhnlich Hoheche (Hocheck) heißt, und von da über ein Bächlein,
das Dorinbach (Dornbach) genannt wird, auf die Schneide des Berges, der
Keizeruche (Gaisruck) heißt, und von da auf dem Sichendorfer (Sittendorfer)
Waldweg und von da bis zu der Stelle, wo ein Bächlein mit Namen Marchbach
entspringt, von da auf dem Wege, der zum Draschirchner (Traiskirchner) Wege führt,
bis zur Vereinigungsstelle und von da bis zu einer Quelle, die in einem Ort,
namens Muchersdorf entspringt, und von da auf einen Berg, dessen Name
Ebenberch ist, und von da auf den Weg (Moggergraben), der zum Sattelbach
hinabführt, und flußabwärts bis zum Zusammenfluß mit der Swechant. Wir wünschen, daß diese Unsere Schenkung
und desselben Klosters Stiftung nicht nur Unserem Wohlsein und Frieden und
Unserer Ruhe, sondern auch dem Heile und Seelenfrieden Unserer in Christo
entschlafenen Eltern zum Nutzen gereichen, und hoffen, es werde Unserer
Gebrechlichkeit bei der göttlichen Barmherzigkeit einigermaßen zuträglich
sein, wenn Wir, da Wir selbst keine Frucht eines guten Werkes tun, wenigstens
diejenigen, welche wahrhaft Gott Frucht bringen, von Unserer Habe stützen,
wie die Ulme den Weinstock. Damit jedoch das, was Wir getan haben, umso
mehr bekräftigt und verbürgt werde, so sollen der gegenwärtigen Urkunde die
Zeugen und Unser Siegel beigefügt werden. Graf Chunradus de Pilstein (Peilstein),
Otto de Lengenbach, Rapoto de Nezta (Nöstach), Sterfrit de Becelinesdorf (Pötzleinsdorf),
Otto de Leusdorf (Leesdorf), Ulricus de Gadmen (Gaaden), Ulricus de Sigenvelde,
Rudegerus und sein Bruder Rupertus de Sigchendorf (Sittendorf), Anshalmus de
Sparwarsbach (Sparbach), Elbergerus de Adelahte (Alland), Hartungus de
Ruhenegcke (Rauheneck), Jubort de Tribanswinchele (Tribuswinkel), Ozo und
Otfridus de Murlingen, Hartwicus. So geschehen im Jahre 1136 nach des Herrn
Menschwerdung unter Lothars_ Regierung im achten (!) Jahre seines Königreiches,
seines Kaisertums im dritten." Die Präambel dieser Urkunde wendet sich an
den dreifaltigen Gott. Welch ein majestätischer Anfang. Daraufhin folgt ein
allgemeiner Segenswunsch und die Begründung für die Erstellung dieser
Urkunde. Sie ist in sehr persönlichen Worten gehalten. So formuliert ein
Heiliger! Auf Eingebung Gottes hin und auf den "Rat" seines Seligen
Sohnes Otto, "aus Freude an ihrem Ordensleben und in Vorsorge um ihre Bedürftigkeit",
"unter Beistimmung und auf Bitten" seiner Gemahlin Agnes und vier
seiner Söhne "Gott und der seligen immerwährenden Jungfrau Maria und
den Brüdern, die sich im genannten Orte gesammelt haben oder sammeln
werden!" - Weitere Gründe für die Schenkung: das "Wohlsein",
der "Friede" und die "Ruhe" des Stifters, "Heil und
Seelenfrieden" seiner "in Christo entschlafenen Eltern"! Noch etwas ist bemerkenswert: Nach der
Unterzeichnung der Stiftungsurkunde folgte eine entsprechende Zeremonie_:
"Daran schloß sich nun die Investitur des übereigneten Besitzes mit der
üblichen Grenzbegehung. Diesen Rechtsakt, der in Gegenwart der im
Stiftsbriefe angeführten Nachbarzeugen vollzogen wurde, dürfen wir ... in
das Jahr 1135 verlegen." Somit ist der Heilige Leopold durch Sittendorf
geritten, zumindest an den Grenzen in etwa Füllenberg - Sittendorf -
Dornbach. Wildegg, im Ortsgebiet
von Sittendorf gelegen, Gerichtsbezirk Mödling ist eine der wenigen
erhaltenen Ritterburgen des südöstlichen Wienerwaldes, steht auf einem
braunroten Kalksteinfelsen, der weiße Einsprenkelungen aufweist, in einem
versteckten Seitentale des oberen Mödlingbaches. Man findet auch folgende
Angaben: "Die Burg steht auf braunroten Juraschichten (manche meinen, es
sei Marmor), die in der Bewegung der Erdkruste nahezu senkrecht aufgerichtet
wurden. Jura ist in der Erdgeschichte ein Zeitraum von etwas 30 Millionen
Jahren, dessen Ende annähernd 120 Millionen Jahre zurückliegt. Unser Fels
bildete sich im Jurameere aus Ablagerungen, in denen es Versteinerungen von
Tintenfischarten und verwandten Tiere gibt." Ersterwähnung von Wildegg Leopold, der Herzog Österreichs von Gottes
Gnaden. Allen Christgläubigen sowohl der gegenwärtigen als auch der zukünftigen
Generationen Friede und Freude in alle Ewigkeit. Wer sich für ein religiöses
Leben entscheidet und in abgeschiedener Stille Gott dienen will, muß unter
den besonderen Fürst der Fürsten gestellt werden, damit niemand zu Unrecht
ihre Besitzungen wegnimmt oder durch irgendwelche Störungen die Kraft des
Glaubens schwächt. Das ist der Grund, weshalb wir, Leopold, der Herzog von Österreich,
in Übereinstimmung mit göttlicher Milde, indem wir dem gegenwärtigen Nutzen
der Brüder, die im Kloster Heiligenkreuz Gott dienen, Rechnung tragen und für
zukünftige Notwendigkeiten Vorsorge treffen, beschlossen haben, mit dieser
unserer Unterschrift sowohl für die jetzige Generation als auch für die späteren
Nachkommen bekanntzumachen, daß wir ihr Gut namens Rohreck, daß ihnen zu
Unrecht von einem unserer Ministerialen entzogen wurde, frei und unentgeltlich
zurückgegeben haben, wobei niemand darauf ein Anrecht hat, dagegen Einspruch
zu erheben oder es zu besitzen. Wir verbieten also mit der vorliegenden Erklärung,
daß irgendein Mensch an demselben Ort die Möglichkeit hat, eine Feste zu
errichten, den Wald zu roden oder in irgendeiner Weise die obengenannten Brüder
zu stören, und wir erlassen, daß es überhaupt niemandem erlaubt ist, das
oben genannte Gut zu verkaufen, zu verändern oder in irgendeiner anderen Art
dem Kloster Heiligenkreuz zu entwenden. Damit das oben genannte Gut auf dem
ehrwürdigen Platze für alle Zeiten unveränderlich und unangetastet bleibe,
beschreiben wir seine Grenzen, nennen die Zeugen und unterschreiben mit
unserem Siegel. Das sind die Grenzen: Über den Anstieg des Weges, der
allgemein Rohrwech genannt wird, bis zum Pfad, der aus Wildekk kommt und zum
Pfad führt, der aus Lupa_ kommt und über denselben Weg nach Sulz und über
den Abhang des Ufer, das Medelich genannt wird bis zum oben genannten Weg, den
wir Rohrwech genannt haben. Die Zeugen dafür sind: ... Datiert im Jahre des
Herrn 1188, am 31. Mai in Mautern unter dem Kaiser Friedrich,_ Glück und
Heil, amen. Die Erstlingsnennung von Wildegg ist mit
Walther de Wildekke vom 18. III. 1187 in einer Babenbergerurkunde für die
nahe Zisterze Heiligenkreuz gegeben._ Darüber hinaus ist dieser Walther
zweifellos identisch mit jenem Walterus de Sichendorf (Sittendorf) der ca.
1166 bei der Schenkung Siegenfelds an Heiligenkreuz mit seinem Bruder
Hartmidus als Zeuge auftritt. Die Wildegger nannten sich demnach vor der
Erbauung Wildeggs nach dem nahen Sickendorf. Ob ihr ursprünglicher Sitz in
diesem Ort oder auf dem sogenannten Hausberg nordöstlich von Wildegg
gestanden hat, ist unbekannt. Walther von Sikkendorf, sein Bruder Rudpert
findet sich 1170 und mit Datum 31. III. 1177 im Traditionskodex von
Klosterneuburg. Dort ist auch die Generation vor ihnen frühzeitig faßbar.
Die Stiftungen des Geschlechts an Klosterneuburg zu Ricendorf bei Himberg und
Pfaffstetten lassen auf Besitz in der Wiener Ebene schließen. Nach Walther von Wildegg ist mit Jänner
1195 in der Pfafferrichtungsurkunde von Sparbach Rutpert, zur familia domini
ducis (Herzog Friedrichs I) gehörig faßbar. 1209, 1215, 1232 ist in
Babenberger Urkunden als einziger Inhaber der Burg "Chunradus de Wildekke"
genannt. Er findet sich auch 1240 in einer Urkunde Wichards von Arnstein für
das Kloster Lambach._ 1246 scheint er bereits gestorben zu sein, denn in der
Seelgerätsstiftung seiner Tochter Diemud für Zwettl, tritt nur mehr deren
Mutter Gertrud handelnd auf. Dieser Chunradus de Wildekke erhielt im Kreuzgang
zu Heiligenkreuz seine Grablage; sein Grabstein ist noch erhalten. Mit ihm
stirbt die männliche Linie der Sichendorfer-Wildegger aus._ Durch die Doppelheirat seiner Töchter
Elisabeth und Gertrud mit den Brüdern Rapoto und Wulfing von Altenburg-Feste
zwischen Wilhelmsburg und Lilienfeld - kam Wildegg an die Altenburger, die
sich in der Folgezeit nach beiden Sitzen nannten. Nach Hertneid 1340 von
Altenburg-Wildegg kam die Feste an Leutold Vensel, dem "alten
Forstmeister Österreichs" aus dem Geschlecht der Alachter (Allander),
von seinem jung verstorbenen Sohn Leutlin 1362 auf die Verwandten Neuhauser,
die Gebrüder Eberhart, Alber, Thoman und Michael. Über Pankraz Neuhauser und
dessen Bruder Gilg geht der Besitz an die Töchter des ersteren Walpurg,
Giburg und Barbara über. 1455 kommen die Besitzanteile der zwei letzten an
Ulrich Eybesbrunner, Kastellan zu Araburg, dem Gemahl der Walpurg und dann in
der Folge an deren Sohn Lambrecht Eybesbrunner. 1465 erscheint Andre
Greisenecker Wildegg belehnt. 1479 der tschechische Söldnerführer Holubar.
Dieser verkaufte am 9. VII. 1486 die Feste Wildegg an Achaz von Neideck.
Dadurch kam Wildegg an ein einflußreiches landsässiges Geschlecht, das zwei
Jahrhunderte dort saß, die Burg in ein Renaissance-Schloß umgestaltete und
einer Blütezeit entgegenführte. Otto von Neideck 1545, Servatius von Neideck
und Rastenburg 1568 waren Hofkammerat, Wilhelm von Neideck, Truchseß des
Erzherzog Mathias, 1610-1616 Ritterstandesverordneter der niederösterreichischen
Landschaft. Ehrenreich Ferdinand von Neideck erlangte 1659 den
Freiherrenstand. Ab Mitte des 16. Jh. gehören die Neidecker
zu den eifrigsten Anhängern Luthers. Ab 1579 führte Klara, Wittib nach dem
verstorbenen Ulrich von Neideck-Wildegg mit Abt Ulrich Müller von
Heiligenkreuz einen erbitterten Kampf um die Kirche in Sittendorf, die bis
1623 im Besitze der Augsburger Konfessionen blieb; immerhin 44 Jahre. Dazu
findet sich folgende interessante Notiz: "Vor 1529 sind Veit Steinbeck
als Pfarrer und sein Kaplan namens Michael als Seelsorger in Alland bezeugt.
Nach Aussage alter Männer des Ortes Alland vom 7. November 1580 sei ‘vor
dem Türkenzug (1529) ein Pfarrer in Alland gewesen, der hat Herr Veit
Steinbeck geheißen, der hat einen Caplan gehabt. Die haben die auswärtigen
Kirchen besungen. Caplan Michael ist im Türkenkrieg auf dem Rehfelde <die
Flur gegen Heiligenkreuzer Höhe> erschlagen worden. Als auswärtige
Kirchen der Pfarre Alland bezeichnet Jakob Hitz, Pfarrer in Niedersulz, vorher
Pfarrer von Alland, am 22. Juli 1579 folgende Gotteshäuser in der Waldmark:
Sanct Joannes Babiste zu Sichendorf, Sanct Niclaskhirchen zu Sparbach,
Raisenmarkt bei Sanct Jakob, Sanct Gilgen zu Schwarzensee, Sanct Lorenzen zu
Meidling_, Sanct Ulrich zu Sigenfeld. Diese Kirchen, die im ausgehenden
Mittelalter teils eigene Pfarrer und Pfarrhöfe_ hatten, wurden infolge des
Priestermangels, verursacht durch das vom Reiche hereinflutende Luthertum,
nunmehr von den Seelsorgern in Alland, der Urpfarre, providiert_, von
Weltpriestern, bis schließlich das spärlich mit Mönchen versehene Kloster
Heiligenkreuz vom Stifte aus diese Kirchen providieren mußte."_ Der Streit brach im Jahre 1626 mit
Maximiliana, Wittib nach verstorbenen Hans Ehrenreich von Neideck abermals
los. Abt Christoph Schäfer sagt von ihr, sie habe ihm geschrieben mit
"einer spitzen Feder und einem scharfen Züngl"! - Auffällig ist,
daß sowohl Klara wie auch Maximiliana Witwen waren und als solche genügend
Zeit hatten, einen Streit auszufechten. - Nach Übernahme der Kirche zu
Sittendorf durch Heiligenkreuz hielt der evangelische Praedikant seine
Predigten in der Schloßkapelle zu Wildegg, das bis zum Übertritt Ferdinand
Raimunds von Neideck nach 1650 Sitz des Krypto-Protestantismus blieb. Dieser,
schon in schlechtem finanziellem Zustand, erlebte im Juli 1683 die Katastrophe
des Türkenkrieges. Die Tataren schlossen die wasserlose Burg ein, versprachen
den verschanzten Bauern freien Abzug, bewirteten sie nach der Kapitulation auf
dem Schloßanger, metzelten sie aber während des Essens nieder. Ferdinand
Raimund außer Stande die vollständig ruinierte, niedergebrannte Herrschaft
aufzubauen, verkaufte dieselbe um 26.000 fl an Abt Klemens Scheffer am 1.
Feber 1686. Gedrängt wurde dieser dazu von Kaiser Leopold I., der den
Wildeggschen Wildbann - eine autochtone Insel im kaiserlichen Wald - für sich
haben wollte. Abt Scheffer baute in den folgenden Jahren Burg Wildegg mit den
Dörfern Sittendorf, Dornbach wieder auf und besiedelte dieselben. Seit
1686-1776 verwalteten Zisterzienserpatres Burg und Herrschaft. 1836 wurde
diese Sitz eines stiftlichen Försters, in der Gegenwart ist die malerische
Wienerwaldburg Jugendburg der Erzdiözese Wien. Ein Überblick aus
1834 - mit Ergänzungen
Amüsant zu lesen ist, was bereits
1834 Malachias Koll über Sittendorf schreibt: "Sittendorf. Ein Dorf, eine halbe
Stunde nördlich von Heiligenkreuz, und eine Stunde westlich von Gaden und
Sparbach, in einem angenehmen Thale, welches der Medlingerbach durchfließt.
Schon im Jahre 1114 kommt im Klosterneuburger = Saalbuche ein Rudiger, und im
Jahre 1117 ein Anshalm von Sickendorf vor. Im Jahre 1124 gaben Rupert und
Rudinger von Sickendorf dem Stifte Klosterneuburg einen Unterthan. Im Jahre
1136 erscheinen Rudger und Rupert von Sighendorf als Zeugen im Stiftsbriefe
von Heiligenkreuz. Im Jahre 1157 schenkte Rudger von
Sighendorf diesem Stifte für seine Grabesstätte daselbst das Gut Vulchenberg.
Im Jahre 1163 machte Walther von Sickendorf mit dem Stifte Klosterneuburg
einen Tausch in Hinsicht eines Unterthans, wobei sein Bruder Rupert als Zeuge
vorkommt. Dieselben kommen auch noch im Jahre 1171 vor; mit ihnen scheint aber
ihr Geschlecht ausgestorben zu seyn, und ihr Besitzthum theils an die
benachbarten Herren von Wildeck, theils an das Stift Heiligenkreuz gekommen zu
seyn. So viel ist gewiß, daß lange Zeit die Herren von Wildeck den Theil von
Sittendorf besassen, der jenseits des Baches näher beim Schloß Wildeck
liegt; dießseits des Baches, was in der Nähe der Kirche liegt, nahm das
Stift Heiligenkreuz als Pfarrlehen in Besitz, hatte aber deswegen mit den
Herren von Wildeck viele Streitigkeiten. Sittendorf scheint übrigens schon früh
eine eigene Pfarre gewesen zu seyn, obschon wir ihren Ursprung, die Zahl und
Namen der Pfarren nicht kennen. Gewiß ist es, daß schon im Jahre 1381 hier
ein eigener Pfarrer war, welchem Johann, Bischof von Passau, den Auftrag gab,
einen Stiftspriester von Heiligenkreuz, Nikolaus von Weitra, in der Pfarre
Alland zu installiren._ Als später die Herren von Neudeck als Besitzer von
Wildeck, der protestantischen Religion zugethan waren, nahmen sie die Kirche
zu Sittendorf für den protestantischen Gottesdienst in Besitz, wählten
daselbst ihre Familiengruft, und ließen sogar einen protestantischen Pastor
kommen, ungeachtet aller Gegenbemühungen und Vorstellungen der Aebte von
Heiligenkreuz. Im Jahre 1651 erhielt durch landesfürstliche Verwendung der
Abt Michael II. die Pfarre Sittendorf, sammt den dazu gehörigen Einkünften,
die nicht unbeträchtlich waren, indem viele Grundstücke und ein eigenes
Grundbuch sammt Zehend dazu gehörten. Von nun an wurde diese Pfarre
misionsweise von Heiligenkreuz aus versehen, auch nachdem der Abt Klemens im
Jahre 1686 das Gut Wildeck erkauft hatte. Im Jahre 1783 wurde endlich ein
eigenes Schulhaus, und ein neuer Pfarrhof erbaut, von welchem so wie von dem
angränzenden Berge, die schwarze Lacke genannt, man den schönsten
Fernsichten genießen kann. Die Gemeinde Sparbach ist hierher eingeschult. In
der Pfarrkirche des heiligen Johann des Täufers ist der Hochaltar nach
Aufhebung der Jesuiten von der Ober = Jesuiten zu Wien hierher gekommen, und
laut der Authentik im Portatil von Johann Abt zu den Schotten und Bischof zu
Germanopolis, Weihbischofe zu Wien, im Jahr 1635 geweihet worden; darin ist
Christian Wilhelm Markgraf von Brandenburg und Herzog von Preußen, eigenhändig
als Zeuge unterschrieben; auch ist sein eigenes Siegel beigedruckt. Am
Seitenaltare ist ein von Blei gegossenes großes Kruzifix merkwürdig, weil
dasselbe vom berühmten Donner verfertigt wurde_. Der Leichenhof, der früher
rings um die Kirche war, wurde im Jahre 1831 auf eine Anhöhe an der Straße
nach Sparbach verlegt, und vom Herrn Stiftsabte, Franz Xaver, eingeweiht. Nach
dem Schematismus der Wiener = Erzdiözese vom Jahre 1833 ist die Seelenzahl
405. Die Bewohner, die alle katholischer Religion sind, nähren sich vom
Verkauf von Holz, Ackerbau, Viehzucht und Tagelohn. Zur Pfarre gehören folgende Ortschaften: 1. Sittendorf mit 34 Häusern und 250
Bewohnern, dann einer Kirche, Pfarrhof, Schulhaus, Mühle und herrschaftlichem
Gasthause. 2. Durnbach, gewöhnlich Dornbach, ein Dorf
in einem freundlichen Thale an dem Durrabache, von welchem schon im Jahre 1002
in einer Schenkungs = Urkunde des Kaiser Heinrich II. an den Markgrafen
Heinrich I. Erwähnung geschieht._ Das Dorf entstand später, und gehörte von
jeher zur Herrschaft Wildeck. Es liegt eine halbe Stunde westlich von
Sittendorf, und hat eine kleine Kapelle des heiligen Leonhard._ 3. Rohrberg mit 4 Häusern, einer Mühle,
und 25 Bewohnern, zwischen Sittendorf und Sulz. Der Herzog Leopold VI.
schenkte im Jahre 1188 diesen Ort unter dem Namen Rohreck dem Stifte
Heiligenkreuz, welches ununterbrochen in dessen Besitze verblieb. 4. Neuweg mit 4 Häusern, wovon 2 jenseits
des hier entspringenden Sparbaches nach Johannstein, Sparbach, und 2 diesseits
nach Wildeck unterthänig sind. Von der Brandwiese in der Nähe dieses Ortes
kann man eine der schönsten Fernsichten genießen. 5. Wildeck, ein zwar in gutem bewohnbarem
Stande befindliches aber unbewohntes Schloß auf einem isolierten Felsen von
rothem Marmor sehr romantisch gelegen, mit der daneben stehenden Wohnung des
herrschaftlichen Försters, und einem Meierhofe unten im Thale, mit 12
Bewohnern; eine Viertelstunde nördlich von Sittendorf. Dieses Schloßes
geschieht zuerst Erwähnung im Jahre 1188 in der Schenkung von Rohrberg. Im
Jahre 1283 kommen Rapoto und Otto von Wildeck als Söhne des Rapoto von
Altenburg vor. Im Jahre 1261 in einem Schenkungsbriefe an das Stift
Heiligenkreuz liest man einen Rapoto und Wulfing von Wildeck mit ihrer
Schwester Gertrud. Im Jahres 1283 schenkte Wulfing von Wildeck dem Stifte
Heiligenkreuz ein halbes Talent und 30 Denar jährlicher Einkünfte in Birtzen
und Vlachau, für eine Begräb nisstätte im Stifte für sich und seine
Gemahlin Gertrud. Konrad von Wildeck schenkte dem Stifte die Stampfmühle und
die Schullermühle bei Medling im Jahre 1343; er ist der Vater des Leuthold
von Wildeck, und liegt im Kreuzgange zu Heiligenkreuz begraben, unter einem
Steine, der die Aufschrift hat: + 14. Calendas May obiit Chunradus de
Wildecke. Ein Rapoto von Wildeck schenkte dem Stifte den Wald Gaisruck. Im
Jahre 1299 kommt ein Dietrich und 1324 ein Hertneid von Wildeck vor. In eben
diesem Jahre schenkte Adelheid von Wildeck dem Stifte ein halbes Talent jährlicher
Einkünfte in Maustrenck. Im Jahre 1375 verkaufte Michael von Wildeck an den
Abt Kolomann I. Von Heiligenkreuz ein Haus in Traiskirchen. Im Jahre 1390
schenkte Michael von Wildeck dem Stifte Heiligenkreuz 6 Talente und 30 Denar jährlicher
Einkünfte zu Traiskirchen. Im Jahre 1393 kommen noch ein Peter und Georg und
im Jahre 1431 ein Peter von Wildeck vor; dann scheint dieses Geschlecht
erloschen zu seyn. Das Stammschloß Wildeck kam aber schon früher an andere
Besitzer; schon im Jahre 1391 kommt Achaz von Neudeck als Besitzer von Wildeck
vor. Im Jahre 1426 wurde Johann von Neudeck im Stifte Heiligenkreuz begraben,
laut einer noch daselbst im Kreuzgange_ vorhandenen Grabschrift. Dieser war
mit seinem Bruder Melchior von Neudeck, welcher Bischof von Trident war, ein
großer Gönner und Wohlthäter des Stiftes. Im Jahre 1497 hatte Wilhelm
Achamb mit seiner Hausfrau Marusch oder Margareth die Veste Wildeck vom Römischen
Könige Maximilian zu Lehen empfangen. Später kamen die Herren von Neudeck
wieder zum Besitze von Wildeck. Ruland von Neudeck trat zur protestantischen
Religion über; wann aber seine Nachfolger wieder zur katholischen Religion
zurückgekehrt seyn, ist unbekannt. In der Familiengruft zu Sittendorf liegen
folgende begraben_: 1. Maximilian + 1594. 2. Erich_ + 1602. 3. Johann Adam +
1622. 4. Erich Ferdinand + 1648. 5. Franz Reichard + 1661. 6. Erich Ferdinand
+ 1663. 7. Karl Achilles + 1664. 8. Maria Salome + 1673. 9. Franz Erich Julius
+ 1679. 10. Johann Ludwig_ + 1680. Im Jahre 1683 wurde das Schloß von den Türken
verbrannt; im Jahre 1686 kaufte dieses Gut Abt Klemens für das Stift
Heiligenkreuz, welches dasselbe noch bis jetzt besitzt; gänzlich vereinigt
mit der Herrschaft Heiligenkreuz." Somit ist verständlich, daß in der
kleinen Gruft unter dem jetzigen Kircheneingang nur 10 Bestattungen möglich
waren. In der älteren Bevölkerung von Sittendorf ist noch der sogenannte
Lutheranerkogel bekannt, dessen Name leider bisher noch nicht ins
Flurverzeichnis aufgenommen wurde. Er liegt, wenn man Sittendorf in Richtung
Sulz verläßt beim letzten Haus rechter Hand hinauf, dort etwa wo das neue
Forsthaus des Stiftes Heiligenkreuz erbaut ist. Auf diesem Lutheranerkogel
haben die protestantischen Wildegger ihre Toten begraben, und zwar in den
Jahren 1623-1650. Das kam folgendermaßen: Die Neudecker wurden protestantisch
und versuchten auch den Ort Sittendorf protestantisch zu machen. Besonders
heftig wurde der Kampf zwischen der Besitzerin Klara von Neudeck und dem Abt
Ullrich II von Heiligenkreuz (1558 - 1584) um das Jahr 1579. Der Streit ging
um die Kirche: ist diese Pfarrkirche und daher Eigentum der Grundherrschaft
Wildegg oder Filialkirche von Alland? Weder Frau Klara noch Abt Ullrich
erlebten das Ende des Streites. Am 17. Dezember 1623 befahl der Kaiser, die
Kirchenschlüssel dem Stift Heiligenkreuz auszuliefern. Die Protestanten
wurden von nun an nicht mehr auf dem Friedhof um die Kirche, sondern auf dem
sogenannten Lutheranerkogel an der Straße nach Wildegg begraben. - Möglicherweise
ist das wie folgt geschehen: Einerseits ließen die protestantischen Neudecker
die katholische Bevölkerung nicht in die Kirche, anderseits ließ die
katholische Bevölkerung die Protestanten nicht auf dem Friedhof, der um die
Kirche damals war, begraben. - Im Jahre 1650 kehrten die Neudecker zum
katholischen Glauben zurück. Der lutherische Friedhof verfiel allmählich. In diesem historischen Überblick bei Koll
Seite 194 interessiert die Erwähnung: "Im Jahre 1426 wurde Johann von
Neudeck im Stifte Heiligenkreuz begraben, laut einer noch daselbst im
Kreuzgange vorhandenen Grabschrift. Dieser war mit seinem Bruder Melchior von
Neudeck, welcher Bischof von Trident war, ein großer Gönner und Wohlthäter
des Stiftes." Damit ist aus unserer Pfarre auch ein Bischof
hervorgegangen, der seine Kindheit und frühe Jugend auf Schloß Wildegg
verbracht hat. Der Schreiber dieser Zeilen hat bereits die Initiative
ergriffen, diese Angaben historisch überprüfen zu lassen. Ein Überblick aus
1933 - mit Ergänzungen
1933 wird unter der Überschrift "Auf
den Brandspuren Ibrahims von Milasa" berichtet_: "Was außen an
dem Schloß jedem, der es zum erstenmal sieht, auffällt, das sind die
Brandspuren über den Fenstern, die von Stunden eines gräßlichen Geschehens
reden, das sich begab, als die mordlustigen Horden des Scheichs Ibrahim von
Milasa den Wienerwald durchstreiften und auch das damalige Jagdschloß Wildegg
brachen ... Die Äbte von Heiligenkreuz, die Wildegg nach der Brandschatzung
durch die Tataren wieder aufbauten, taten dies mit notgedrungener Sparsamkeit
und ließen es allem Anschein nach Genügen sein, die Rußfahnen über den
ausgebrannten Fenstern zu übertünchen, anstatt den Mörtel vorher herunter
zu schlagen und frisch anzuwerfen. Die Folge war, daß die Feuerspuren in
rosaroter Farbe sich wieder hindurchfraßen und heute ein unheimliches
Wahrzeichen bilden, das dem Unkundigen vortäuscht, hier hätte vor nicht
allzu langer Frist erst ein Brand gewütet." Bemerkenswert ist die Notiz: "Solange
die geistlichen Verwalter auf dem Schlosse wohnten, wurde in dieser Kapelle täglich
eine Messe gelesen." Der Südostturm des Schlosses Wildegg trug eine
Glocke, die 1836 die Sittendorfer für ihre Pfarrkirche erhielten, als ihnen
eine Glocke im Kirchturm zersprungen war. Immer wieder wird von unterirdischen Gängen
gesprochen: "Donin glaubt nicht an diese unterirdischen Gänge und
verweist alles, was darüber erzählt wird, ins Reich der Fabel." -
Zur Mär über die spukende "weiße Frau" ist zu lesen: "In
dem Turmzimmer, in dem medial veranlagte Personen die weiße Frau gesehen
haben wollen, übernachtete einmal im vergangenen Jahrhundert ein großer Österreicher,
das war Josef Schöffel, der Retter des Wienerwaldes. Er war von dem damaligen
Förster Korab eingeladen worden, der ihm in Aussicht stellte, um Mitternacht
werde ihm bestimmt ein Geist erscheinen. Er, Korab, habe diesen Geist schon
einige Male leibhaftig geschaut. Doch Schöffel schlief ruhig oder richtiger,
er schlief eigentlich nicht. Aber daran trug nicht die Geistererzählung des Försters
schuld, sondern dessen steinharte Knödel, die ihm der Biedere am Abend zuvor
vorgesetzt hatte. ‘Seine Geister haben mich nicht gestört, aber dafür können
einem seine Knödel gründlich den Schlaf verscheuchen,’ begrüßte der
starkgeistige Mann am nächsten Tag in der Frühe den abergläubischen Förster." Zur Baugeschichte von Wildegg wird
vermerkt: "Die Steine sind dieselben, aus denen die altehrwürdige
Stiftskirche von Heiligenkreuz errichtet ist und rühren auch aus dem gleichen
Steinbruch in Siegenfeld her." Ob man dies auch von der Pfarrkirche
Sittendorf sagen darf? "Von der Mitte des fünfzehnten
Jahrhunderts an lösen sich verschiedene Namen im Besitz von Wildegg ab. Ihr
bedeutendster ist Jan Holubarsch, der berüchtigte und gehaßte tschechische
Bandenführer, der während der Bruderfehden im Hause Habsburg unter Kaiser
Friedrich III. wiederholt in der fürchterlichsten Weise das Marchfeld
heimsuchte. 1475 eroberte er das feste Perchtoldsdorf, dann heiratete er die
Tochter des liechtensteinschen Pflegers Liechtenhofer, die anscheinend eine
merkwürdige Wandlung mit dem kriegerischen Räuber vollbrachte. Der wilde
Holubarsch beschließt seine Tage in Prag als friedlicher Gutsherr, dem übrigens
auch die Burg Mödling eine Zeit lang gehörte. Wildegg hatte er noch längere
Zeit vor seinem Ableben an einem Achaz von Neudeck verkauft." - Die
wunderbare Bezähmung eines heißblütigen Haudegens durch eine raffinierte
Frau! "Die Herrschaft der Neudecker, die an
der Schwelle der Neuzeit Wildegg bezog, hatte studierte Vertreter, welche die
hohen Schulen von Padua, Siena und Bologna besuchten und aus Italien den neuen
Kunstgeist in die rauhe Heimat mitbrachten."
"Wir kommen in die Zeit der großen Glaubenszerklüftung in
deutschen Landen. Die adeligen Landstände schlagen sich auf die Seite der
neuen Lehre und beziehen lutherische Prediger aus Deutschland. Nach dem
Grundsatz: ‘cuius regio, eius religio’, der im Edikte Kaiser Maximilians
II. im Jahre 1571 ausgesprochen wurde, mußte das erbuntertänige Volk den
Glaubenswechsel seiner Vögte und der adeligen Junker mitmachen. Auf diese
Weise kam es, daß um die Wende des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts
achtzig Prozent der Bevölkerung von Niederösterreich Protestanten waren. Die
Neudecker dürften schon in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts
zum Lutherthum übergetreten sein und rechnen in der Folgezeit zu dessen
intransigentesten Anhängern. Die unmittelbare Nachbarschaft des
Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz mußte bei diesem Zustand zwangsläufig zu
Reibereien führen, die auch pünktlich eintrafen. Die Waldbauern von
Sittendorf und Umgebung, die am Glauben der Väter festhielten, standen in
diesem Streit nicht zur Herrschaft, sondern zu ihrem Pfarrer Stindl.
Am 24. Juni 1579 ereignete sich nun ein folgenschwerer Zwischenfall in
der Sittendorfer Kirche. Vernehmen wir darüber das Zeugnis der Schloßherrin,
die noch am gleichen Tage an den Abt von Heiligenkreuz Beschwerde führte:
‘Ehrwürdiger, der gebier nach lieber Herr Nachbar! Ich geb dem Herrn
zu vernehmen, daß desselben Pfarrer zu Allandt sambt des Herrn Conventleiten
sy in abwesen mein ungefordert in mein und meiner erben aigenthümliche
khirchen zu Sickhendorf einzudringen entstanden. Da man sie nun bespricht,
haben sie stetliche Antwort geben, sy hätten gesungen, meine leith sollen
pfeifen. Und alß heunt da Ich mit meinen und andern in der khirchen bin, und
der Predicant das Te Deum laudamus singt, so khumen sie ungestümb mit gwerten
hennden der Pfarrer von Allandt selbst vierter in die khirchen und eilends zu
dem Predicanten, Im vom Altar wegzugehen angefaren, und einen mit einer
Putten, was er darin tragen ist mir ungewiß, haissen hinzukhummen, und ein
junger Munch hat von dem Altar, davor der Predicant gestanden, das Altartuech
und Puecher wollen weckh thain ... etz. etz.’
Die resolute Schloßfrau, Klara hieß sie, hatte vergessen, daß
Pfarrer Stindl im Recht war. Der Predicant sang gewiß nicht das Te Deum, das
die evangelische Liturgie doch nicht kennt, sondern einen deutschen Psalm. Und
dann hätte der Sittendorfer Pfarrer mit seinen drei ihn begleitenden Bauern
gegen das dreißig Mann starke Gefolge der Klara von Neudeck mit Gewalt
schwerlich etwas ausgerichtet, worauf er auch hinweist. Der Zwischenfall trug
den Charakter einer Demonstration gegen die von der Schloßfrau vollzogene
Enteignung seiner Kirche und der Pfarrer verfolgte mit ihr augenscheinlich den
Zweck, dem Predicanten vor er Öffentlichkeit seine Meinung zu sagen, was er
auch mit den lakonischen Worten tat: ‘Wer hat euch hergebracht, seid ihr
Pfarrer da oder ich?’
Der nun anhebende unfreundliche Briefwechsel zwischen der ‘Hartnäckigen
Weibsperson’, wie Abt Ulrich II. Klara von Neudeck nennt, und dem Stift
dauert über ein Menschenalter. Erst 1623 endigte dieser glücklicherweise
nicht blutig, sondern auf dem Papier geführte Religionskrieg damit, daß über
kaiserlichen Befehl die Kirchenschlüssel dem Stifte Heiligenkreuz ausgefolgt
werden mußten. Eine andere streitbare Wildeggerin, Freifrau Maximiliana, grub
die Kriegsaxt ihrer Ahnherrin wieder aus, das war 1626. Die damals in den österreichischen
Erblanden bereits mächtig erstarkte Gegenreformation gab indes dem Abt Ulrich
von Heiligenkreuz recht und der Zwist fand seine endgültige Liquidierung
damit, daß dem Stift alle Rechte über die Kirche und die Untertanen von
Sittendorf zugesprochen wurden.
Die ersten katholischen Neudecker sind noch in Heiligenkreuz begraben.
Ihre evangelischen Nachfahren bauten sich ein Gruftgewölbe unter der
Sittendorfer Kirche. 1733 wurde dieses Gruft zum erstenmal geöffnet.
Die Eintretenden fanden fünf aufrecht sitzende, männliche Skelette in
vermoderten spanischen Mantelkleidern, zu ihren Füßen hölzerne und
metallene Särge und an der Wand die Namen von zwölf Neudeckern.
Über die neuerliche Eröffnung der Gruft haben wir einen
interessanten Bericht im Monatsblatt des Altertumsvereins in Wien Nr. 12 vom
Jahre 1893 aus der Feder des etwa vor einem Jahrzehnt verstorbenen
hochgelehrten heimatlichen Geschichtsforschers Dr. P. Wilhelm Anton Neumann.
Er schreibt:
‘Bei der 1892 erfolgten Bausicherstellung und Reinigung der
Pfarrkirche zu Sittendorf wurde auch die Gruft der Neudecker vom Schutt
geleert. Sie befand sich unter der ehemaligen Apside, durch die der jetzige
Eingang in die Kirche führt. (Der Hochaltar lag demnach früher auf dieser
Seite. Anm. d. Verf.). Eine kleine Stiege führt in einen nicht großen Raum,
der ... die Grundrißform eines T hat; der rechte Arm des T scheint durch eine
Quermauer abgekürzt worden zu sein. Die Gruft dürfte durch die Türken geplündert
worden sein, daher die wirr durcheinanderliegenden Gebeine und der Schutt. Ein
Mannsskelett ist gut erhalten und noch sind Teile der Gewandung vorhanden.
Keineswegs hatten in dem nur wenige Schritte langen und breiten Raum viele Särge
Platz ... Die Gruft der Sittendorfer Kirche dürfte ... schon im sechzehnten
Jahrhundert für die Familie Neudeck auf Wildegg errichtet worden sein_. Denn
in der Verkaufsverabredung zwischen Ferdinand Raymund von Neudeck und Abt
Klemens Schäffer (Januar 1686) heißt es: Weil die Herren von Neudegg die
Gruft in der Kapelle zu Sittendorf langhero zu ihrer Begräbniß meistenteils
gebraucht haben, so gestattet der Abt, daß auch hinfüro die Verstorbenen
dieses Hauses in selber nach ihrem Belieben mögen gelegt werden.
Da man den Eingang von dem Kirchenpflaster aus nicht wußte, stieg man
bei einer kleinen Öffnung hinab, welche neben der Apside auf der Nordseite
sich befindet. (Beim Stützpfeiler des Turmes, wo die Gemeindeanschlagtafel_ hängt,
rückwärts um die Ecke. Das Loch ist heute mit Brettern verschlagen_. Anm. d.
Verf.). Die Mauer der Kirche ist dort einen Meter dick. Erst unten fand man
jene Stiege, die in die Kirche hinaufführte. Bei der Wegschaffung des
Schuttes fand man fünf kupferne Tafeln, welche ehemals auf den Särgen
befestigt waren. Nach Malachias Koll hätte man zehn Tafeln zu finden
geglaubt. Leider hatte niemand darauf acht, wie die Leichen lagen, wie viele
ihrer waren, wo die Tafeln sich befanden, vielleicht auch hatten wirklich die
Räuber, wer immer es gewesen sein mag, die Gruft in völliger Zerstörung zurückgelassen,
so daß man in neuerer Zeit eben alles unter Schutt begraben fand ...’
Neumann beschreibt hierauf eingehend jede einzelne Tafel. Vier sind
bemalt, eine ist graviert. Die anscheinend älteste Tafel weist unmittelbar
auf dem Kupfer einen weißen Grund, auf dem gemalt und geschrieben wurde. Dann
folgen drei Tafeln, bei denen das Kupferblech zuerst vergoldet wurde, ehe es
die Malerei erhielt. Diese drei Tafeln haben durch den Grünspan sehr gelitten
und ihre Bildfläche ist zerstört. Nur hie und da ist ein Buchstabe zu sehen.
Die Texte beziehen sich, soweit sie überhaupt entzifferbar waren, auf Namen
und Sterbedaten, die Bilder sind Wappendarstellungen. Die fünf Grufttafeln
werden, heut auf dem Bodenraum des Pfarrhofes von Sittendorf verwahrt.
Der viereckige Fleck, den man auf meinem Bild von der Sittendorfer
Pfarrkirche rechts von der Eingangstür sieht, ist die Grabtafel der Regina
Gattinger, Beschließerin auf Schloß Wildegg, gest. 1702. Unter der Schrift
ist in primitiver Arbeit die Darstellung eines Totenkopfes mit zwei gekreuzten
Knochen eingeritzt._ Die Sittendorfer Kirche wird 1381 erstmalig erwähnt. Die
Glockenstube im Turm ist nur mittels einer Leiter erreichbar. Die beiden Glocken
sind 1743 und 1744 gegossen, von ihnen war die eine, wie schon erwähnt,
früher auf Schloß Wildegg.
Inwendig ist das Kirchlein, das dem hl. Johann dem Täufer geweiht ist,
neu und recht schmuck eingerichtet. Auch aus den Rundbogenfenstern erkennt man
seinen romanischen Ursprung. Der niedere Turm mit dem "oeuil de boeuf"
über dem Eingang verrät dagegen die Barocke als seine Entstehungszeit.
Die Neudecker hatten hohe öffentliche Ämter inne, sie waren
Ritterstandsverordnete und Landrechtsbeisitzer, einige von ihnen sogar
Hofkammerräte. 1650 nahm der letzte derer von Neudeck von der Wildegger Linie
namens Ferdinand Raymund wieder die katholische Religion an. Er starb, wie
schon erwähnt, unvermählt. Seinen Grabstein besitzt heute das Niederösterreichische
Landesmuseum. Materielle Not zwang den letzten Sproß des einstmals so stolzen
und reichen Geschlechtes zum Verkauf der zu guterletzt noch durch die Türken
zerstörten Feste an die Heiligenkreuzer.
Sämtliche Bauern der umliegenden Ortschaften samt den in der
Einschicht des Waldes hausenden Duckhüttlern hatten sich vor dem Türkensturm
in das Bergschloß geflüchtet, nicht bedenkend, daß Wildegg, ein Jagdschloß
war und keine Festung. Aber abgesehen davon kam es nicht einmal zu einer Erstürmung
des Schlosses, das von Menschen überfüllt war und innerhalb kürzester Zeit
wegen Wassermangel kapitulierte. Die Unterhandlungen führten zur Übergabe
gegen freien Abzug. Die tatarischen Renner und Brenner waren es nicht gewohnt,
Verträge zu achten, sie metzelten die Besatzung samt den Flüchtlingen
unterschiedslos nieder und zwar stellte das der heimtückisch grausame Pascha
so an, daß er die ausgehungerten Belagerten zuerst zu einer Tafel einlud
und ihnen dann, während sie beim Essen saßen, von Janitscharen_ die Köpfe
abhauen ließ. Das Schloß ward in Brand gesteckt. Dies der geschichtliche
Hergang des letzten großen dramatischen Ereignisses, das Wildegg erlebte.
Ferdinand Raymund von Neudeck, der bei diesem Greuel zu seinem Glück
nicht anwesend war, mußte noch froh sein, daß er einen Käufer für die
Brandstatt fand. Die eigentlichen Interessenten dieses Kaufes waren allerdings
nicht die Heiligenkreuzer, sondern die - Habsburger, die schon lange auf die
ergiebige Jagd im Wildegger Revier erpicht waren und das Stift für den Ankauf
der Herrschaft vorschoben. Bei den langwierigen Verhandlungen wurden seitens
des Stiftes auch auswärtige Konventsmitglieder zu Rate gezogen, so z. B. P.
Bernardus Piller in Nieder=Leis. Am 16. Dezember 1685 war eine Prunkurkunde
ausgestellt worden, der "Konsens = Inkorporationsbrief", worin
Kaiser Leopold I. dem Abt die Kaufbewilligung erteilt und dagegen vom Stift
das Recht des hohen Wildbanns erhält. Zum Schloß gehörten damals 37 Häuser.
Der Wert der ganzen Herrschaft wurde auf 58.244 fl. Geschätzt. Am Tage der Übergabe,
die am 6. Februar 1686 erfolgte, setzte der Abt Klemens Schäffer den P.
Rainard Ruetz als ersten geistlichen Sachwalter nach Wildegg." 1683 verbrennt das ganze Schloß,
ebenso die Pfarrkirche wie das Stift: was nicht gewölbt war, oder wo das Gewölbe
nicht hielt, wurde ein Raub der Flammen. Mit 8. Februar 1686 beginnt Abt
Klemens Schäffer mit den Wiederaufbauarbeiten des Schlosses, scheint das
wichtigste 1687 fertig gebracht zu haben, denn 1888 wird nicht am Schloß
repariert. 1690 werden einige Zimmer im unteren Stock ausgeputzt. 1689 wird
der zweite Stock als Prälatur eingerichtet. Geistliche Berufe
aus Sittendorf
Neben den bereits erwähnten Melchior von Neudeck, der Bischof von
Trident war - sein Bruder Johann von Neudeck wurde 1426 im Stift Heiligenkreuz
begraben, ist - soweit bekannt - nur ein Priester aus der Pfarre
hervorgegangen: "Engelbert Schwan, am 25. März 1764 zu Sittendorf in
Niederösterreich geboren, legte am 25. März 1778 die Profess ab und feierte
am l5. Nov. 1778 die Primiz. Er war 1780 bis 1781 Cooperator in Alland, wirkte
hierauf 1783-1796 als erster Pfarrverweser in Sulz, Mai 1796 bis März 1798 in
gleicher Eigenschaft zu Winden und März 1798 bis März 1799 in Alland, worauf
er als Prior und Pfarrverweser ins Stift zurückberufen wurde, welche Ämter
er März 1799 bis 1812 bekleidete. 1799 bis 1805, war er zugleich
Novizenmeister und 1805-1806 nach dem Tode des Abtes Marian II. Administrator
des Stiftes. 1812 bis zu seinem Tode verwaltete er das Gut Trumau und starb
daselbst als Profess- und Priesterjubilar am 24. August 1830. ‘Vir
religiosus ac disciplinae zelator’ (Doczy)."_
Seine Taufeintragung im ältesten Taufbuch der Pfarre, das 1729 beginnt
steht auf Seite 41 unter "Anno 1754 - Martius": 25 ta a me P. Mathia
baptizatus est Joannes Georgius filius legitimus Joannis Georgij Schwanii
inquilini in Sittendorff, et Clarae uxoris ejus. Patrinus: Joannes Schwäger
Inquilinus in Wildegg." Zu deutsch: "Am 25. ist von mir, dem P.
Mathias, Johann Georg rechtmäßiger (legitimer) Sohn des Johann Georg Schwan,
Einwohner in Sittendorf, und seiner Frau Klara getauft worden. Pate: Johann
Schwäger, Einwohner in Wildegg."
Er wurde von seinen Mitbrüdern bemerkenswert geehrt: "Zur Feier
der fünfzigjährigen Priesterwürde des Hoch- und Wohlehrwürdigen Herrn P.
Engelbert Schwan, Kapitularen der Cist.-Stifte Heiligenkreuz und St. Gotthardt,
emer. Prior und d. Z. Administrator der Stiftsherrschaft Trumau. Im Stifte
Heiligenkreuz am 15. November 1828. Im Namen aller Stiftskapitularen demselben
ehrfurchtsvoll gewidmet von P. Malachias Koll, d. Z. Stiftskämmerer. Eine
Cantate in Musik gesetzt von Franz Xav. Fischer, Waisenverwalter. Wien, gedr.
im Steyrerhof Nr. 727."_ Ergänzung aus der
Pfarrchronik ab 1729
Die Pfarrchronik beginnt mit der
Handschrift von P. Leopold Gindl im Jahr 1835, also in seiner ersten Amtszeit
1831-1839. Das Aussterben der Wildegger führt er "auf Veranlassung der
Kreuzzüge" zurück und meint, daß "ihr Besitztum teils an die
benachbarten Herren von Wildegg, teils an das Stift Heiligenkreuz gekommen zu
sein. So viel ist gewiß, daß lange Zeit die Herren von Wildegg den Teil von
Sittendorf besaßen, der jenseits des Baches näher beim Schloß Wildegg
liegt; diesseits des Baches, was in der Nähe der Kirche liegt, nahm das Stift
Heiligenkreuz als Pfarrlehen in Besitz, hatte aber deswegen mit den Herren von
Wildegg viele Streitigkeiten."_ - "Was später die Herren von
Neudegg, als Besitzer von Wildegg, der protestantischen Religion zugetan
waren, nahmen sie die Kirche zu Sittendorf für den protestantischen
Gottesdienst in Besitz, wählten daselbst ihre Familiengruft (1594) und ließen
sogar einen protestantischen Pastor kommen, ungeachtet aller Gegenbemühungen
und Vorstellungen der Äbte von Heiligenkreuz. Diese Familiengruft befindet
sich in einem kleinen viereckigen Gewölbe unter der Kirche ... Der Eingang
war von der Kirche aus in dieselbe, wurde aber unter dem Pfarrer P. Xaver
Karner (1791-1797), nachdem derselbe ein paarmal neugierig war, gänzlich
kassiert und zugemauert, wie er jetzt noch ist. P. Paulus Ulsess, der im Jahr
1733, Subprior im Stifte Heiligenkreuz, und zugleich (exkurrierender)
Seelsorger allhier war_, ließ diese Gruft eröffnen, und man fand (nach dem
Zeugnisse des P. Ambros Seywitz, in Mausoleo seu Cryptario S. Crucis) an der
Wand auf hölzernen Sitzen, in aufrechter Stellung die Körper von 5 Männern
in einem schwarzen spanischen Mantelkleide. (Einer soll auch einen
Windspielhund_ bei sich gehabt haben.) Die Körper waren aber Skelette, und
die Kleidung vermorscht. - Man fand nebsbei mehrere Särge von verschiedener
Größe, teils von Kupfer und Erz, teils von Holz."
"Im Jahre 1833, (als die Kirche inwendig und auswendig verputzt
wurde) stieg man durch eine kleiner Öffnung, welche von außen in die Gruft
hinabsehen machte ( und die man erweiterte) hinab; es fand sich aber nichts
mehr als ein einzelner Totenschädel, ein Rumpf, kleineres Gebein, Holzstücke,
Mauerschutt - Trümmer, kurz gar nichts bedeutendes mehr; es muß also im
Verlaufe von gerade 100 Jahren, dieses alles abhanden gekommen sein. Die äußere
Öffnung wurde wieder zugemauert, es lohnt daher die Mühe nicht mehr
hinabzuschliefen."
"Im Jahre 1651 erhielt Abt Michael II. die Pfarre Sittendorf
wieder für das Stift durch einen Vertrag und durch landesfürstliche
Verwendung, deren Einkünfte (die nicht unbeträchtlich waren, indem viele
Grundstücke und ein eigenes Grundbuch samt Zehent dazu gehörten_) die
protestantischen Herren von Neudeck, als Besitzer der Herrschaft Wildegg, für
sich eingezogen hatten. Von jener Zeit an blieb das Stift immer Besitzer
dieser Pfarre und versah dieselbe missionsweise_ von Heiligenkreuz aus.
Nachdem das Stift Heiligenkreuz im Jahre 1686 das Schloß und die Herrschaft
Wildeck mit Sittendorf angekauft hatte, wurde die Pfarre von einem
Stiftsgeistlichen von Heiligenkreuz versehen, der im Kloster wohnte und zur
Ausübung des Gottesdienstes und der Seelsorge jedesmal hierher ging (nach
Umständen auch in der Sakristei übernachtete, weswegen bis heutigen Tages
[1835] noch ein Ofen zum Heizen angebracht ist für die Wintermonate; auch
bezieht der jeweilige Pfarrer von Sittendorf noch von dieser Zeit an zwei
Klafter Sakristei - Holz, wenn dieselbe gleich nicht mehr geheizt werden
darf). In der Handschrift "Corona officialium S. Crucis" werden vom
Jahr 1712 bis 1730 sechs eigene Seelsorger von Sittendorf aufgezählt; dann
wurde dieses Amt dem jeweiligen Subprior des Stiftes übertragen, bis im Jahr
1783-1784 auf landesfürstliche Anordnung zur beständigen Wohnung des
Seelsorgers allhier ein Pfarrhof erbaut wurde. Dieser steht neben der Kirche
auf einer kleinen Anhöhe, von welcher man eine schöne Aussicht der ‘Örter’
Gaaden und Sparbach und dieses ganzen Tales genießt. Auch der anliegende Ber
(Buch) zur schwarzen Lacke genannt, gewährt eine der schönsten Aussichten über
die Gebirge und das flache Land. Das Schulhaus, unweit der Kirche, wurde
gleichfalls mit dem Pfarrhof zugleich neu erbaut; der Ort Sparbach ist seit
einige Jahren (1835) hierher eingeschult, teils wegen näheren und besseren
Weg für die Kinder als nach Gaaden, vorzüglich aber zur besseren Dotation
des hiesigen Schullehrers."
Daraus geht hervor, daß vor 1784 kein Pfarrhaus <kein eigenes Haus
für den Pfarrer> in Sittendorf zu Verfügung stand. - Hermann Watzl
schreibt bereits in unsrem Pfarrblatt: "Die Wildegger nannten sich
demnach vor der Erbauung Wildeggs nach dem nahen Sickendorf. Ob ihr ursprünglicher
Sitz in diesem Orte oder auf dem sogenannten Hausberge nordöstlich von Wildeg
gestanden hat, ist unbekannt." - Man könnte nun annehmen, wenn Rudger
von Sickendorf, der berühmte Zeuge von 1114 in Sittendorf gewohnt hat, dann
wahrscheinlich neben der Kirche, das wäre heute das Haus Nr. 19 mit alten Gewölben
im Erdgeschoß. - Dieses Haus - natürlich nicht so wie es heute aussieht -
war möglicherweise, nachdem die Wildegger längst schon ihre Burg hatten,
auch der Pfarrhof_ für die Pfarrer in der Zeit vor den sogenannten Vicaren
(1711-1783) und schließlich die erste Schule, bevor die im Jahr 1783
begonnene fertig war. Es stand in der alten Schulchronik zu lesen, daß einige
Zeit hindurch in diesem Haus Nr. 19 die Schulkinder unterrichtet wurden._ Die
Vicare aus Heiligenkreuz übernachteten ja gelegentlich in der Sakristei, also
stand das Haus Nr. 19 ihnen nicht zu Verfügung, weil es möglicherweise
bereits Schule und Lehrerwohnung war.
"Die Kirche zum heiligen Johann dem Täufer hat keine Stiftungen,
besondere Einkünfte oder Kapitalien und außer der kleinen Familiengruft der
Herrschaft von Neudeck (Wildeck) ebenso wie der anliegende alte Leichenhof
keine merkwürdigen Grabmäler. Vom Hochaltar dieser Pfarrkirche so wie vom
Seitenaltar wird noch später die Rede sein. Das Portatile <Ergänzung aus
späterer Hand: cum reliquiis: S. Sebastiani et S. Victoriae V. et M. S. Justi
M.> wurde laut Inschrift vom Johann (Waldenfinger) Abt zu dem Benediktiner
- Stifte Schotten und Bischof zu Germanopolis (Germanicensis) Weihbischof zu
Wien im Jahr 1635 (19. Mai) geweiht. Als Zeuge ist darin Christian Wilhelm,
Markgraf von Brandenburg und Herzog von Preußen eigenhändig unterschrieben
und besiegelt. Der Pfarrer wird vom Stifte Heiligenkreuz, dessen Glied er ist,
besoldet; dasselbe Stift hat auch das Patronatsrecht dieser Pfarre. Bei der
neuen Pfarreinteilung im Jahre 1782 wurde der Lindenhof mit 40 Seelen von
Sittendorf ‘ausgebrochen’ und nach Sulz ‘eingepfaret’; dagegen erhielt
Sittendorf von der Pfarre Heiligenkreuz 24 Seelen in Dornbach (Im geistlichen
Schematismus des Jahres 1837 wird die Seelenzahl 413 und die größte
Entfernung ¾ Stunde angegeben. Filialen: Dornbach, Rohrberg, Wildegg mit
Neuweg.). Die hierher ‘eingepfareten’ Ortschaften sind folgende: 1.) Sittendorf, mit 239 Seelen und 37 Häusern
in loco (in allem sind 45 Nummern), einer Kirche, Pfarrhof, Schulhaus, Mühle
und Herrschaft - Gasthaus. 2.) Dürenbach, gewöhnlich Dornbach, am
Bache gleichen Namens, welcher bei Heiligenkreuz in den Sattelbach fällt und
in der vom Kaiser Heinrich II. dem Markgrafen Heinrich I im Jahre 1002
gemachten Schenkung als Grenze derselben angegeben wird."_ - Es tut mir
leid, den Dornbachern erneut sagen zu müssen, daß diese Angabe schlichtweg
ein Irrtum ist. Ich hätte ihnen gegönnt, daß sie sämtliche Pfarren des
Dekanates und damit viele Österreichs übertreffen! Aber irgendwie haben das
ja auch die Patres Koll und Gindl erfaßt, denn Gindl schreibt in der
Pfarrchronik weiter über Dornbach: "Das Dorf entstand später und gehörte
von jeher zur Herrschaft Wildegg. Dieses Dorf liegt in einem Tale zwischen dem
Berge Hocheck und Gaisruck, eine halbe Stunde südlich von Sulz und eine halbe
Stunde westlich von Sittendorf. Dieses Dorf kam durch den Ankauf der
Herrschaft Wildegg an das Stift Heiligenkreuz. Im Jahr 1783 waren hier 19 Häuser
mit 119 Seelen. Es war hier früher eine kleine hölzerne (jetzt aber 1897
seit einige Jahren von Steinen gebaute) Kapelle, in welcher die heilige Anna
als Haupt oder vorzügliches Bild erscheinet, mit einer Glocke zum Gebetläuten. 3.) Rohrberg zwischen Sittendorf und Sulz
mit 4 Häusern und einer Mühle unf 41 Seelen auf einem Berge; mit der
Gemeinde gehört es nach Sulz, so wie auch die Schulkinder dahin zur Schule
gehen, auch die ‘Numeratur’ der Häuser gehört zu dem Dorf Sulz. Der
Herzog Leopold VI schenkte im Jahr 1188 diesen Ort unter dem Namen Rohreck dem
Stift Heiligenkreuz, welches ununterbrochen in diesem Besitz verblieb._ In der
Urkunde wird der Umfang des dazu gehörigen Gebites genau beschrieben. Die
Entfernung des weitesten Hauses von der Pfarre ist eine gute halbe Stunde. 4.) Neuweg (oder eigentlich: Sittendorf zu
Neuweg) welches zu Sittendorf nummeriert ist (nämlich die Häuser von No 3-6)
mit 4 Häusern, wovon 2 nach Heiligenkreuz, zwei übern Bach zur Herrschaft
Purkersdorf gehören, 3 Viertel Stunden von Sittendorf entfernt, eine
Viertelstunde nördlich hinter Wildegg, in einem sehr engen Tal, welches den Häusern
kaum hinreichenden Raum gewährt. Daselbst entspringt der kleine Sparbach (Sparbbersbach
oder Sperbach), von welchem der Ort Sparbach den Namen hat. Auf der oberhalb
dieses Ortes befindlichen (sogenannten) Brandwiese ist der Standpunkt einer
der herrlichsten Aussichten über das Gebirge, auch kann man Wien sehen. 5.) Wildegg mit beiläufig 17-18 Seelen in
3 Nummern (nämlich Schloß No 1, Mayerhof No 2, einstiges Wirtschaftshäusel
No 3), eine starke viertel Stunde nördlich von Sittendorf; das Schloß ist
zwei Stockwerk hoch und hatte vormals eine kleine Kapelle zum Messelesen des
dortigen geistlichen Pater Verwalters von der Zeit an, als das Stift
Heiligenkreuz dasselbe erkaufte. Es gewährt mit seiner romantischen Lage auf
einem Felsen von rotem Marmor einen überragenden Anblick und zugleich eine
weitgehende Aussicht über die Gebirge und durch das Tal gegen Baden bis an
die ungarischen Grenzungsgebirge (Rosaliakapelle). Das Gebäude ist soweit im
guten Zustande, im unteren Geschoß wurde im Jahr 1836 eine Wohnung für den
Stiftsförster zugerichtet und die vormalige neben dem Schloß gestandene Försterwohnung
weggerissen. - Unterhalb des Schlosses liegt der herrschaftliche Mayerhof .-
Im Jahr 1683 wurde das Schloß von den Türken verbrannt und im Jahr 1686 dem
6. Februar hat Abt Clemens Schäffer die Herrschaft Wildegg für das Stift
Heiligenkreuz erkauft, um 26000 fl von dem Wohlgeborenen Herrn Ferdinand
Raimund Baron von Neudeck auf Wildegg, welches dasselbe noch besitzt, gänzlich
vereinigt mit der Herrschaft Heiligenkreuz. Zur Pfarre Sittendorf gehört keine
Filialkirche. Der Leichenhof der früher rings um die Kirche war, wurde im
Jahr 1832 auf eine Anhöhe auf der Straße nach Sparbach verlegt und den 5.
Juni 1832 von Seiner Hochwürden und Gnaden H. H. Abt des Stiftes
Heiligenkreuz Franz Xaver Seidemann feierlich eingeweiht; den Anfang machte
ein Requiem von hochdemselben gehalten für alle Verstorbenen, welche im alten
Friedhof um die Kirche begraben liegen und zugleich für die eben verstorbene
(3. Juni 1832) Magdalena Weißenböck, Witwe und Ausnehmerin in Sittendorf No
34, 79 Jahre alt, - darauf ein Libera_ und Einsegnung der Leiche, nach dieser
ging die Pfarrgemeinde in Prozession mit Nachtragung der Leiche in den zu
weihenden Leichenhof, nach vollendeter Weihe (bei welcher in allem 11
Geistliche waren) ging die Gemeinde wieder in Prozession in die Kirche zurück
und die Leiche wurde sodann beerdigt. Anschließend werden Namen jener 6 Personen
genannt, die im Jahr 1832 an der asiatischen Cholera starben: Peter Grünböck,
Franziska Hofmauer, Anna M. Fokerthaler, Rosalia Schlosser, Joseph Fokerthaler,
Jakob Zwirner. - Darauf folgt die Reihe der "stabilen Seelsorger in
Sittendorf", die - wie wir bereits wissen - mit P. Petrus Kainz beginnt,
den allerdings unser Pfarrchronist P. Leopold Gindl zwei Tage länger leben
und erst am 19. Mai 1791 in Münchendorf sterben läßt. Immerhin berichtet
unsere Chronik von P. Petrus Kainz - so die Sittendorfer Schreibweise - über
das Jahr 1783: "Er wohnte, weil der Pfarrhof noch nicht ausgebaut war
(was erst 1784 geschah) anfangs in der Mühle zu Sittendorf No 13. Weil ihm
aber manches da nicht behagte, zog er in das Haus No 34."_ - Daraufhin
folgt die Baurechnung des gesamten Pfarrhofes, der ich - und wahrscheinlich
jeder nicht fachkundige Historiker - hilflos gegenüberstehen. Bedauernswert
ist, daß der Allander Baumeister Philipp Schlucker hier nicht genannt wird,
der - wie mir persönlich P. Hermann Watzl versicherte - den Sittendorfer
Pfarrhof gebaut hat. Möglicherweise sind im - zur Zeit schwer zugänglichen
Stiftsarchiv Heiligenkreuz - noch entsprechende Belege dafür vorhanden. Es
wird gesagt, Baumeister Schlucker hätte noch mit seiner Verse den Grundriß
eines Hauses gezogen, seine Arbeiter haben einen überaus ausgeprägten Sinn für
Proportionen gehabt. Der erste Teil dieser Aussage wird nicht stimmen, der
zweite ist weithin sichtbar. Meine Aufmerksamkeit erregt das nun
angesprochene Wasserproblem, das uns ja auch heute immer wieder beschäftigt.
Da heißt es nämlich: " ...item <ebenso> ist ein gegrabener
Pumpbrunnen (ausgemauert) auch in dieser Rechnung begriffen, welcher bei 12
Kl. Tiefe haben soll, gegenwärtig (1837) und zwar schon mehrere Jahre ist er
zugedeckt und ungebraucht, weil das Wasser keinen guten Geschmack haben soll.
- Der spärliche Rohrbrunnen, welcher gleich neben dem alten ursprünglichen
pfarrlichen Brunnen angebracht ist, hat seine Quelle gleich außer dem
Pfarrhofgarten und seine ausgezimmerte Brunnenstube. Diese Brunnenstube liegt
zwar auf einer Wiese, welche zum Haus No 15 in Sittendorf gehört, man
verglich sich aber mit den damaligen Besitzer Ulrich Singer, Wagnermeister,
dadurch, daß man ihn mit Wiesen der Ortsherrschaft etwas seiner Wiese vergrößerte
(gegen des Schöberl Garten zu), damit er durch dieses Brunnenstube keinen
Schaden leiden möchte." Hochwürden P. Leopold Gindl schreibt:
"weil das Wasser keinen guten Geschmack haben soll." - Natürlich fällt
mir hier "soll" auf; wahrscheinlich hat P. Leopold sicherheitshalber
dieses Wasser nie gekostet und einen "entsprechenden Tropfen" als
Ersatz in Reserve gehabt. Ich will ihm aber nichts andichten! 1802 kauft P. Petrus Krause den bereits erwähnten
Altar der Ignatiuskapelle der Wiener Jesuiten; es mußte allerdings einige
neue dazu erstellt werden: das Altarbild, welches den heiligen Johannes den Täufer
darstellt und längst nicht mehr in unserer Kirche ist. Es werden aber in
diesem Zusammenhang zwei vergoldete Engel erwähnt, die heute nach wie vor das
Allerheiligste behüten. Ein gewisser Sebastian Millner, Bauer zu Sittendorf
No 29 hat nahezu soviel gespendet wie der damalige Abt Marian Reuter, die
Gemeinde Sittendorf und Dornbach zusammen. Den Rest hat der hiesige Pfarrer P.
Petrus Krause dazu gelegt. Für unsere Pfarre nichts Neues! - 1803 wurden neue
Kirchenstühle angeschafft. 1805 wurde der Kirche ein Kruzifix aus Erz, für
den Seitenaltar geschenkt, von dem heute hier nichts mehr zu sehen ist, es
soll von Raphael Donner sein. 1824 wurde die Kirche "ausgeweißiget"
und der Seitenaltar renoviert. - 1833 wurde der Kirchenturm, das Kirchendach
und das Sakristei neu gedeckt, die Kirche inwendig und auswendig verputzt und
"ausgeweißet", beim Hochaltar und Seitenaltar Ausbesserungen
vorgenommen, eine neue Treppe zum Hochaltar gemacht und die Stühle auf der Männerseite
mit einer neuen Treppe versehen, weil die alte schon morsch war. Bis zum Jahr 1837 hatte die Pfarrkirche
zwei kleine Glocken im Turm; am 16. Mai 1836 erhielt die größere Glocke
einen Sprung, daraufhin wurde die Glocke vom Schloß Wildegg "zur
Aushilfe" herab gebracht: auch diese erhielt am 14. Dezember 1836 einen
Sprung. - Ich verstehe nicht, wie wild man damals geläutet hat! War P.
Leopold Gindl so gütig? - Die beiden gesprungen Glocken wurden umgegossen und
mit der guten verbliebenen hatte nun Sittendorf seit 1837 drei Glocken. Die größere
dient zu allen Zeichen, die zu geben sind; die mittlere zum "Zusammenläuten"
und als "Armen-Seelenglöckel", auch zur Wandlung an Wochentagen,
die kleine als "Verseh- und Zügenglöckel". Am 3. Mai 1837 wurden
die beiden neuen Glocken in der Sakristei vom Hochwürdigsten Herrn Prälaten
des Stiftes Heiligenkreuz geweiht und am 4. Mai erstmals abends geläutet. Die Orgel wurde 1826 von Christoph Erler,
Orgelbauer in Wien, ganz repariert. Ebenso am 5. und 6. Oktober 1837. Die Silbermonstranz, die 1837 der einstige
Pfarrer P. Emerich Simala der Pfarre schenkt, ist längst nicht mehr
vorhanden._ 1838 wurde der Hochaltar neu marmoriert,
vergoldet, das Bild gefirnist, mit einer Rückwand versehen, die Statue des
heiligen Florian und des heiligen Johannes Nepomuk renoviert, das Lamm Gottes
versilbert. - Damals wurde auch das "Seiten - Altarl" beschrieben,
das bis 1996 als Seitenaltar in der Pfarrkirche Raisenmarkt zu sehen war und
nun angeblich im Stiftsmuseum Heiligenkreuz aufgestellt wird, beschrieben:
Heute würde man sagen: Ein Altar geht auf Reisen! "Das jetzige ‘Seiten = Altarl’,
ist das Modell vom Hochaltar in Heiligenkreuz und kam von der Kapelle zu
Wildegg ebenfalls 1838 nach dem Wunsche des Pl. Tit. Herrn Abt herab. -
Dasselbe wurde neu renoviert, die Vergoldung ausgebessert und das Frauenbild
Mater Dolorosa sub Curce, etwas vergrößert und übermalt vom ... Herrn Anton
Zach, hineingemacht. Früher als dieses Altarl in Wildegg stand, war das
Altarblatt Maria Himmelfahrt. Dieses Altarl ist noch etwas älter als der
Hochaltar in Heiligenkreuz (weil es als Modell früher mußte gemacht werden)
welcher 1699 den 15. August eingeweiht wurde. In dieses Altarl wurde zugleich
(1838) ein kleiner Tabernakel angebracht, damit derselbe in der Karwoche als
heiliges Grab dienen kann. Weil früher das Sanctissimum in die Sakristei
getragen wurde._ - Das obengenannte Frauenbild Mater Dolorosa wurde wie im
Taufprotokoll der Pfarre vorkommt, im Jahr 1757 den 24. Juni in der Kirche am
Hochaltar aufgestellt, im Jahr 1802 wurde der Rahmen in welcher es sich damals
befand, samt den 2 Engeln neu vergoldet, wie schon erwähnt wurde. Unter dem
Herrn Pfarrer P. Emerich Simala 1824 wurde das damalige (jetzt ganz kassierte
Seitenaltar) renoviert, und dieses Frauenbild aber ohne Engel unter dem
damaligen (erzenen Kruzifix, welches seit 1838 sich in Heiligenkreuz befindet,
um daselbst in der Kirche aufgestellt zu werden) angebracht. Erst im Jahre
1838, wie schon erwähnt wurde, kam es aus dem Rahmen heraus, und wurde als
Altarbild des kleinen renovierten Seitenaltars angebracht."_ Der
Vergolder Herr Anton Zach mit noch einem Vergoldergehilfen und einen
Lehrjungen arbeiteten 17 Tage an der Renovierung des Hochaltars, des
Seitenaltars, zweier Statuen und der Kanzel. "Ein neuer Teppich kam
ebenfalls 1838 von Heiligenkreuz für den Hochaltar herüber, für die
Festtage." 1838 werden auch die Kirchenfenster
erneuert. 1839 wurde vom Hochaltar bis zu den Kirchenstühlen ein neues
Steinpflaster gelegt, Kirchenfahnen wurden angeschafft oder erneuert. 1842
wurde ein neues versilbertes Rauchfaß samt Schiffchen der Kirche
"geopfert". Notiz zum Lutheranerkogel: "Der
sogenannte lutherische Friedhof oder Lutheraner Kogel (links wenn man auf
Wildegg geht, hinter des Zinsmeisters No 11 und Tischlers No 41, Häusern aufwärts
gelegen) hat seinen Namen, weil man zur Zeit der lutherischen Reformation die
Anhänger dieser Lehre aus der Gemeinde daselbst begrub und nicht in dem
Friedhof um die Kirche begraben ließ. - Im Jahr 1832, als der neue Friedhof
errichtet wurde, wurden daselbst die Steine zur Friedhofmauer gebrochen, wie
man noch sehen kann. Im Jahr 1843 hielt am 1. Juli Seine Fürsterzbischöfliche
Gnaden Vincenz Eduard Milde Erzbischof von Wien die Kirchen- und
Schulvisitation. Die Festlichkeit wird detailliert beschrieben. - Der Empfang
war vor der Kirche, der Erzbischof sprach in der Kirche vor dem Hochaltar auf
einem Armstuhl sitzend zum Volk, dann der Pfarrer P. Leopold Gindl von der
Kanzel aus. Die Gebete für die Verstorbenen hielt der Erzbischof "beim
Seitenaltar - weil es kurz vorher regnete, sonst wäre er in den alten
Friedhof hinausgegangen." Solche liturgische Alibifunktionen waren damals
üblich. Es fällt mir noch auf, daß - wenn ich richtig lese - "Seine Fürsterzbischöfliche
Gnaden" seine heiße Schokolade fürs Frühstück selbst mitgebracht hat
und nach dem 5 gängigen Mittagessen, das ab 14 Uhr im Schloß Wildegg
zelebriert wurde, auf Wunsch des Heiligenkreuzer Abtes mit Böllerschüssen
verabschiedet wurde. 1845 wird der Pfarrhof renoviert. Man
beginnt mit Kehlheimer Platten die Böden zu pflastern. Die Pfarre hatte
damals 415 Seelen, davon 220 männlichen und 195 weiblichen Geschlechtes:
Sittendorf mit Wildegg und Neuweg 147 männlichen und 120 weiblichen
Geschlechtes, zusammen 267; Rohrberg 15 männlich und 17 weiblich, zusammen
32; Dornbach 58 männlich und 58 weiblich, zusammen 116. - 1845 war die Anzahl
der Geborenen 20, der getrauten Paare 3, der Gestorbenen 21. 1847 wird der Dachstuhl gerichtet und der
Stukkaturboden. Dann folgt ein markanter Vermerk: "Das Chorgebäud,
welches beinahe mitten in der Kirche angebracht war und den hinteren Kirchenstühlen
das nötige Licht ‘benam’, wurde innen den Turm zurückversetzt; auf diese
Weise gewann die Kirche an Licht und zugleich wurden die den Kircheneingang
verunstaltenden Stiegen und Leitern auf den Chor und den Kirchendachboden
entfernt. Die Mauer, auf welcher der rückseitige Teil des Chores ruhte, wurde
abgetragen, in dem Turm ober den Chor eine Gurte gespannt, und den Oberteil
des Chores eingewölbt. Der Aufgang auf den Chor wurde von außen durch die
Kirchenmauer angebracht; deshalb das Kirchenfenster an dieser Wand vermauert
und dafür zur gehörigen Beleuchtung des Chores im Turm ein rundes Fenster
ausgebrochen." Das Gewölbe beim Kircheingang ist demgemäß nicht
romanisch! Möglicherweise brachte dieser Umbau die Stabilität des Turmes in
Unsicherheit und es mußte der starke Stützpfeiler vom heutigen
Kircheneingang außen rechts gebaut werden. Das besagte zugemauerte Fenster läßt
sich erahnen. Wie die Kirche mit der Sängerempore welche "beinahe mitten
in der Kirche angebracht war" aussah, dazu die erwähnten "Stiegen
und Leitern" ist mir unvorstellbar. - Es ist interessant weiterzulesen,
was sich unmittelbar in der Chronik anschließt. "Das Oratorium wurde über der
Sakristei ganz neu gebaut und von dort eine Stiege in den Dachboden geführt.
Ein Teil des Kirchendaches wurde abgetragen und über die neue aufgeführte
Mauer des Oratoriums gezogen, das übrige Kirchendach ausgebessert. Die Mauer
zwischen der Vorkammer und der eigentlichen Sakristei wurde abgerissen, um die
Stiege auf das Oratorium anbringen zu können."_ - Unter den 6 angeführten
Spendern waren 2 aus Sittendorf und 4 aus Sparbach. Die Sparbacher hatten also
ein Interesse an diesem Zubau.- "Wegen des neuen Oratoriumsbaues mußte
der Rauchfang, welcher auf dem alten Sakristeidach stand, abgetragen
werden." Weiterhin wird unter der Jahresangabe 1847
vermerkt: "Der Fußboden der Kirche wurde statt den Ziegeln mit
Kehlheimerplatten gepflastert, welche vom Stifte Heiligenkreuz in Wien gekauft
und durch Gemeinde Robotzüge hergeführt wurden. - Der Seitenaltar mußte während
dem Baue weggenommen und zur Ausbesserung nach Heiligenkreuz in die Tischlerei
gebracht werden. Er hatte durch die Feuchtigkeit der Mauerwand stark gelitten
... Die Kirche und der Turm sind größtenteils aus Tuffsteinen gebaut. Das
Mauerwerk zeigte starke Brandspuren, welche nach Möglichkeit ausgebessert
werden." - Somit wird meine Theorie, die Kirche sei aus dem gleichen
Baumaterial wie der mittelalterliche Teil von Heiligenkreuz und die Burg
Wildegg möglicherweise in Frage gestellt. Aber die gefundenen Brandspuren
verweisen auf das Katastrophenjahr 1683 und bestätigen meine Annahme, daß
1683 die Sittendorfer Kirche durch die Türken gebrandschatzt wurde: daraufhin
wurde die romanische Apsis zum Eingang, sie wurde zugleich verlängert und mit
der westlichen Apsis abgeschlossen. - Es fragt sich nur, warum hat man nicht
gleich den Sängerchor in den Turm hinein verlegt? Das muß doch einen Grund
haben! "Die Orgel, welche beim Bodenlegen
entfernt werden mußte, wurde vom Herrn Weisenbeck, Schullehrer zu Neuhaus,
wieder aufgerichtet und gestimmt. Die Holzpfeifen sind durch den Wurmfraß
schon stark beschädigt." - Also stand die Orgel - nicht wie vorher
vermutet - auf der Sängerempore, die in den Turm hinein gebaut wurde, sondern
herunten auf dem Pflaster. - Auch damals 1847 wurde die Kirche "ausgeweißt"
und der Turm "gefärbelt". - "Zu Baumaterialien wurden die
Steine aus den abgebrochenen Mauern und 2000 Stück Ziegel verwendet. Auch
wurden 5 ½ Kub. Kl. Steine gebrochen aus dem Felsen ober dem Pfarrhofe."
Vielleicht sind das die Steine für den Stützpfeiler! - Es werden anschließend
erstmals der Stadel erwähnt, der vergrößert und der Saustall, in dem ein
neuer Trog eingelegt wird; beide glorreiche Ereignisse finden 1847 statt. 1848, 3. Jänner: "In dem Kirchenturm
wurden die Fensteröffnungen mit neuen, gelb angestrichenen Jalousien
versehen, um den Schnee abzuhalten, der in früheren Zeiten bei heftigem
Schneegestöber in den Kirchendachboden hineingeweht wurde. Dieselben wurden
angeschafft auf Kosten des Stiftes Heiligenkreuz." "Die Wiener = Unruhtage des 13., 14.,
und 15. März d. J. <1848>, die Gerüchte von Zerstörung und Plünderung
mehrerer Häuser und Fabriken in und um Wien machten auch in dieser
Pfarrgemeinde alles bangen vor der drohenden Gefahr von Gewalttätigkeiten.
Schon hatten einige beschlossen, ihre Häuser zu verlassen und mit ihren
Kindern und ihrem Vieh in die nächsten Waldungen sich zu flüchten. Der
derzeitige Pfarrer <P. Cajetan Sevignani> ließ daher am 17. des Monats
früh um 8 Uhr die gesamte Sittendorfer Gemeinde sich beim Amtsrichter namens
Josef Sulzer versammeln und suchte den Versammelten in einer Zurede Mut und
Vertrauen einzuflößen. Er mahnte zur Einigkeit und zu festem Zusammenhalten
untereinander, um etwaige Plünderung oder Feueranlegung und dergleichen
abzuwehren; - ersuchte aber zugleich den brotlosen und im Frieden kommenden
Menschen Brot und andere Nahrungsmittel nach Möglichkeit zu reichen; - die
allerhöchst versprochenen Verbesserungen möge man auf dem Wege der Ordnung
und des Rechtes ruhig erwarten und dankbar annehmen. - Einstimmig war diesen
Vorschlägen beigetreten. Alle blieben zu Hause und bei ihrem Gewerbe. - Keine
Gewalttätigkeit. - Am 26. März wurde in der hiesigen Pfarrkirche ein Hochamt
mit Te Deum laudamus <Großer Gott, wir loben dich> gehalten zur
Danksagung für die von Seiner Majestät Kaiser Ferdinand bewilligte
Constitution und für die wieder hergestellte Ruhe und Sicherheit im
Lande."_ Oktober 1848: "Die Oktoberrevolution
und die Belagerung der Hauptstadt Wien machte auch die hiesigen Leuten recht
bange. Gegen Ende Oktober kamen einmal zwei Männer aus einem benachbarten
Dorfe in völliger Wut mit geladenen Gewehren nach Sittendorf und Dornbach und
forderten die hiesigen Männer auf, der Umsturzpartei in Wien gegen das
belagernde reguläre k. k. Militär zu Hilfe zu eilen und drohten, im
Verweigerungsfalle die Leute im eigenen Hause zu erstechen. Die hiesigen Männer
richteten Sensen, Gewehre und andere Waffengattungen zusammen, aber nicht um
nach Wien zu ziehen, sondern um im Notfall sich damit gegen die Wühler zu
verteidigen. Zum Glück waren diese Vorkehrungen unnötig."_ - "Die
hiesigen Männer richteten Sensen, Gewehre und andere Waffengattungen
zusammen" - man staunt über das Waffenarsenal der Pfarre Sittendorf! Für das Jahr 1850 und folgende wurden
<drei> neue Tauf- Trauungs- und Sterbeprotokoll<bücher>
angeschafft._ Im Juni desselben Jahres wird vermerkt: "Der Stadel wurde
um 1 Schuh gehoben und untermauert, der Dresch=Tenn neu gelegt, der Rauchfang
ausgebessert und zugedeckt." - "Der Stadel wurde um 1 Schuh
gehoben" - die Aula entwickelt sich! Am 29. Juni 1850 findet in der neu
konstituierten vereinigten Gemeinde Sittendorf - Dornbach die erste Wahl der
Gemeindevorsteher statt. Um 7 Uhr beginnt sie mit der Frühmesse, um 8 Uhr
wird im hiesigen Gasthauslokale zur Wahl geschritten. Gemeinderichter wird der
bereits erwähnte Josef Sulzer, Wirtschaftsbesitzer in Sittendorf 39. Nach
geschlossenem Protokolle - 12 Uhr mittag - begeben sich die Gemeindevorsteher
in die Pfarrkirche zur Eidesablegung, wobei auch von den Gewählten das Meßbuch
geküßt wird; die Zeremonie schließt mit Te Deum und eucharistischem Segen._ Am 8. November 1850 wird der
Kirchendachboden mit Ziegeln gepflastert. - Um den Jubiläumsablaß zur
erhalten zog man in der Zeit zwischen 15. November - 14. Dezember 1850 dreimal
in Prozession von der Sittendorfer Kirche nach einer heiligen Messe in die
Gaadener Kirche zum eucharistischen Segen, dann in die Heiligenkreuzer Kirche
zum eucharistischen Segen und wieder in die Sittendorfer zurück, wo ein
abschließender eucharistischer Segen mit Te Deum gehalten wurde._ - Damals
konnte ein Sittendorfer Pfarrer noch etwas energischer seine Schäfchen durch
die Himmelstür treiben! "Am 6. Dezember früh um 8 Uhr wurde
in dem hiesigen Gasthauslokale unter Leitung eines Offiziers die
Conscriptions-Revision vorgenommen. Die Aufschreibungen geschehen doppelt: a)
für die k. k. Bezirkshauptmannschaft - von einem Militärschreiber, b) für
die hiesige Gemeinde von einem Gemeindeschreiber. - Der Pfarrer hatte mit
seinen Tauf- und Sterbprotokollen dabei gegenwärtig zu sein. Die pfarrliche
Seelenbeschreibung leistete wesentliche Dienste zur schnelleren und sicheren
Vollführung des Geschäftes."_ 18. April 1851: "Wegen des großen,
belästigenden Luftzuges wurde vor dem Eingang in die Sakristei auf Kosten des
Stiftes Heiligenkreuz ein hölzernes Vorhaus gebaut." - 24. - 28. Juni
1851: "Da die Orgel in der hiesigen Pfarrkirche schon sehr schadhaft war,
so ließ das Stift Heiligenkreuz dieselbe durch Herrn Erler jun. Aus Wien
reparieren und in ganz brauchbaren Zustand herstellen." - Ein neues
Pfarrsiegel wurde besorgt, "sowohl zum Wachs- als auch zum Schwarzdruck
Gebrauche". Zum erstenmal lese ich 1855 von der
Wallfahrt zur Cholerakapelle am 15. August. Da überrascht mich folgende Eintragung
1859, sie müßte aus der Hand von P. Dr. phil. Hermann Umdasch stammen, falls
meine Research stimmt: "Die sehr baufällig gewordene alte Kirche, die
ganz von Tuffstein erbaut <ist>, wurde durch 2 starke Schutzpfeiler und
gezogene eiserne Schließen, die im Hinterteil der Kirche angebracht und
respektive durch den Chor gezogen wurden, vor weiterer Gefahr geschützt. Bei
dieser Gelegenheit wurde das Innere der Kirche durch einen Anwurf von
hydraulischer Kalke und Übertünchung renoviert, auch die Fenster in der
ganzen Kirche neu von außen angeschlagen, um dieselbe gegen die Nässe, die
sich durch nur inwendig angebrachte Fenster im Innern der Kirchenwände
verbreitete, zu bewahren, auch wurde die alte schadhafte Friedhofmauer gänzlich
entfernt ... An die Stelle der alten gänzlich unbrauchbaren Orgel wurde eine
neue von den Brüdern Erl in Wien erbaute Orgel mit 6 Registern
angeschafft." 1862: "Herr Bürgermeister Leopold
Tromayer hat vor der Kirche 4 Stück Lindenbäume pflanzen lassen. Herr Förster
Endele Xaver ließ ein neues Kripperl zu Weihnachtsfest verfertigen." 1863 wurde die mittlere Glocke, nachdem sie
"zersprungen" ist in Wiener Neustadt von Herrn Ignaz Hilzer
umgegossen und am 21. Juni vom H. H. Abt von Heiligenkreuz mit großer
Assistenz geweiht. 1864 lese ich erstmals von einem Kuhstall
im Pfarrhof. - 1866 leistet sich die Pfarre Sulz neue Kreuzwegbilder und übergibt
ihre alten der Pfarre Sittendorf. 1866 ist die große Glocke zersprungen und
vom Wiener Neustädter Herrn Ignaz Hilzer umgegossen und am 10. Mai geweiht
worden. - Bisher habe ich 4 zersprungene Glocken in der Geschichte Sittendorfs
gezählt. - Ich staune über die vitalen Läuterbuben! - 1871 erhält die
Kirche ein neues Schindeldach, die dazu erforderlichen 30.000 Stück werden im
Pfarrhof angefertigt; die Kirche wird innen und außen gefärbelt._ - Am 18.
Und 19. April 1877 wird statt der schadhaften hölzernen Rohrleitung eine
eiserne Rohrleitung von der Brunnenstube durch den Garten gelegt. - "Die
Betstunde am heiligen Rochustage (16. August) wurde in diesem Jahre nicht mehr
bei der im Orte befindlichen Kapelle, sondern - unter allgemeinem Beifalle und
sehr zahlreicher Betheiligung - im Gotteshause abgehalten unter Aussetzung des
Hochwürdigsten Gutes."_ - 1877 wurde wieder einmal der Hochaltar
renoviert, der Seitenaltar, "welcher dem Zerfalle so ziemlich nahe
war" zerlegt, nach Heiligenkreuz gebracht, "was sich nicht
ausbessern ließ, neu gemacht", die Kirche innen und außen "hin und
wieder" verputzt und ganz "geweißiget"._ - Der Seitenaltar
wird mit einem neugemalten Bild der Himmelfahrt Mariens am 15.-17. Juli 1878
wieder aufgestellt.. - Aus dem Nachlaß von Abt Edmund Komáromy wird eine
Kreuzpartikel "in einer Einfassung aus unedlem Metalle aber von gefälliger
Form" von der Kirche Sittendorf "angekauft"._ - Am 21. August
1878 erhält die Kirche Sittendorf zwei neue Altarsteine, die zu Staub
zerfallenen heiligen Reliquien (Hochaltar: des heiligen Märtyrers Sebastian,
der heiligen Jungfrau und Märtyrerin Victoria und des heiligen Märtyrers
Justinus; Seitenaltar: der heiligen Märtyrerin Vincentia und der heiligen Märtyrerin
Patientia) am Karsamstag mit den Resten der heiligen Öle verbrannt. - Die jährliche
Wallfahrt zur Cholerakapelle am 15. August 1878 ist "bei 40 Personen
stark".- Am 21. September 1878 erhält die Kirche von der Familie des
Herrn Wenzeslaus Kole(ek, k. k. Oberinspector der General-Inspection der österreichischen
Eisenbahnen, "ein silberplattiertes Rauchfaß samt Schifferl."
"Im Winter von 1878-1879 wird die erste Brunnenstube (Quelle) auf
einer zum Haus Nr. 36 gehörigen Wiese ausgeräumt und mit einem Pfosten überdeckt,
daß gleichend die erste Öffnung (oben auf dem zum Hause Nr. 17 gehörigen
Acker) bloß gelegt und gut ausgeräumt, - und die eisernen Röhren von dieser
Öffnung an bis zur Brunnenstube (an der südwestlichen Ecke des pfarrlichen
Gartens - aber außerhalb dieses Gartens) mittels der Reinigungskette gut
gereiniget." - Überrascht bin ich über die Beichtgelegenheit ab 5 Uhr
morgens anläßlich eines Jubiläums Seiner Heiligkeit Leo XIII. von
Osterdienstag bis Pfingstsonntag von 5-7 Uhr täglich an Wochentagen an
Sonntagen von 5-8 Uhr, an Samstagen von 5-7 Uhr vormittags und 5-8 Uhr
nachmittags.
Vom 15.-31. Juli 1880 wird die Friedhofsmauer ausgebessert und ein
neues Gittertor eingesetzt. Genau die Hälfte der Maurerarbeiten zahlte der
ehemalige Wirtschaftsbesitzer Joseph Sporrer Nr. 12 allein, die andere Hälfte
die "löbliche Pfarrgemeinde Sittendorf". - Vom 7.-10. August wurde
die gesamte Wetterseite der Kirche außen (auf der rechten Seite vom
Haupteingang aus) abgeschlagen und mit "hydraulischem Kalke"
angeworfen und gelb angestrichen." Damit steht fest, die Lieblingsfarbe
unserer Kirche ist gelb. Das ist die Erstnennung in der Chronik, was die Außenfarbe
unserer Kirche betrifft.
Das ist eine Enttäuschung: jetzt sind immer noch hölzerne
Wasserleitungsrohre nach der Eintragung vom Mai 1881 im Pfarrhofgarten. Ich wähnte
bereits eiserne dort zu haben!
Seit 1. Juli 1882 ist Rohrberg und Vogelgraben von Sittendorf
"ausgepfaret" und nach Sulz "eingepfaret" worden. -
"Am 8. Oktober <1882> fand eine Einweihung der neu gegründeten
Schule in Sparbach statt; die Sparbacher Kinder kommen von da an nicht mehr
nach Sittendorf in die Schule; der Religionsunterricht wird von Gaden aus
besorgt. - Im Herbste wurde ein neues Vorhaus <vor das Pfarrhaus>
hergestellt."
1886 wird die Orgel von Herrn Johann Kaufmann in Wien, Mariahilf,
Stumpergasse 48 repariert. Es wurden "die kreischenden Stimmen
herausgenommen und durch sanfte (Gamba und Gedeckt) ersetzt." -
"Nachträglich sei noch zum Punkt Orgel bemerkt, daß durch die
Anbringung der 2 sanften Register der ganze Orgelkasten mit Pfeifen
vollgestopft wurde und der Organist zum Altare nicht sehen konnte. Mithin
wurde zu einem Spiegel Zuflucht genommen, wie er jetzt angebracht ist und so
kann man vom Sitze der <Orgel> mittels des Spiegels zum Altare
sehen."_
P. Leopold Je(abek schreibt: "Es kommt einem sehr schwer vor
dieses Jahr <1891> mit einem Trauerspiel zu beginnen. Indessen es muß
sein. - Durch die Schlauheit der Dornbacher einerseits und durch die Lauheit
der Sittendorfer andererseits wurde in dem Jahr 1891 die ganze
Gemeindevertretung (durch Wahl) nach Dornbach verlegt. Der Sitz des
Ortsschulrates ist jedoch Sittendorf. Die Wasserleitung in der Gemeinde wurde
neu hergestellt. Die frühere größtenteils schadhaften Holzröhren wurden
durch gußeisene ersetzt. Die Quelle unter der Kirche wurde gedeckt und
geschlossen und mit einer Pumpe zum Gebrauche für die umliegenden Häuser
versehen."_ - Auch die Pfarrhofwasserleitung erhält Eisenrohre und wird
bis zur Quelle beschrieben. - "Die Zeit war regnerisch windig und darauf
kalt. Bei diesen starken Winden hat sich das Turmkreuz umgebogen und blieb in
dieser schiefen Stellung bis zum 30. Jänner 1892, an welchem Tage es samt der
Kugel um die Mittagszeit nach dem Läuten (5 Minuten) herabfiel." Das
Dekanat Heiligenkreuz wird geschaffen, zu dem Sittendorf nun gehört, die
Kirche innen und außen ganz gefärbelt, die morschen Kirchenstühle erneuert,
teilweise das Kirchendach ausgebessert, das Loch_ zur Gruft geöffnet,
"der ganze Schutt herausgeschafft und durchgeworfen. Dabei fand man von
einer Menge Kleingebein einen ziemlich gut erhaltenen Rumpf eines Neudecker
Ritters zu Wildegg samt Schädel und 2 andere scheinbar neueren Datums, einer
davon durchgesägt und gut erhalten._ Alles wurde auf einer hölzernen Bank,
die der Schreiber machen ließ, gebracht, aufgestellt und die Öffnung
vermauert. Ferner fanden sich vor die 5 kupfernen Aufschrifttafeln der Ritter
von Neudeck, wovon 2 sehr gut erhalten und leserlich sind."_ Schließlich
wird noch der Fund eines goldenen Ringes und einer Goldmünze vermerkt._
P. Leopold Je(abek war "auch als Cassier bei der hiesigen
Feuerwehr tätig."_ Auch sein Nachfolger P. Heinrich Sekyra wurde
"zum Cassier der Feuerwehr gewählt"._ - "Am 13. September
<1903> hat Sr. Gnaden, der Hochw. Hr. Prälat Dr. Gregor Pöck bei
unfreundlicher Witterung und bei ausgespannten Regenschirmen das neue
Friedhofskreuz eingeweiht."_
Im Jahr 1907 vermerkt bereits Pfarrer Hugo Presch, daß der Wiener
Fabrikant Robert Bergmann und seine Gemahlin Ida, die oberhalb der Waldvilla
(e(ula, am Rande des Füllenbergerwaldes eine kleine Villa erbauten, den
"lieben Sittendorfern" eine zwei Zifferblätter aufweisende Turmuhr
im Werte von 1200 Kronen zum Geschenk machten. Erneut wurde die Orgel vollständig
repariert._
1908 wurde der Seitenaltar durch einen neuen ersetzt, das angebliche
Modell des früheren Heiligenkreuzer Hochaltares wegen gründlicher Reparatur
entfernt._ Am 1. Juli desselben Jahres wurde die "Visitation und
Religionsprüfung der Schulkinder" durch Weihbischof Dr. Godfried
Marschall mit Triumphbogen am Eingang des Dorfes, weißgekleidetem Schulkind,
Musikkapelle, Böllerschüssen, Fahnen und Girlanden reichlich geschmückten
Straße begangen._
P. Marian Chocensky vermerkt, daß am 27. August 1910 seine Schwester,
Frau Sofio von Gadzi(ski, Hauptmannsgattin in Krakau, nachdem sie 11 Wochen
bei ihm gewohnt hat, ein weißes Meßkleid mit Goldstickereien im Wert von 350
Kronen spendete._ - Bei der Volkszählung am 31. Dezember 1910 zählte die
Gemeinde Sittendorf 508 Einwohner, Dornbach 224, Sittendorf 284. Zu Beginn des
Schuljahres 1919/11 zählte die hiesige Volksschule 108 Kinder, 35 Knaben und
53 Mädchen. Im Jahr 1910 wurden 4 Paare getraut und 1 Paar zur Trauung nach
Maria - Taferl entlassen. Legitimiert wurden 5 Kinder, geboren 15, darunter 1
totgeborenes und 1 bloß notgetauftes, 7 Personen sind gestorbenen, darunter 1
Ortsfremder._
In der Ortschulratsitzung vom 22. Jänner 1911 verlangen die Dornbacher
die sofortige Errichtung einer Filialschule in Dornbach; schließlich wird
beschlossen, die verlangte Schule erst nach 3 Jahren ins Leben zu rufen, bis nämlich
die auf der Sittendorfer Schule lastenden Schulden getilgt sind._
Einige Seiten danach findet sich die Eintragung: "Am 27. Juni.
<1911> abends wurde die verheiratete Ausnehmerin Theresia Lintinger,
eine dem Alkohol und dem Tabak frönende Greisin in ihrem Zimmer tot
aufgefunden, nachdem sie sich noch im Laufe des Nachmittags ihr geliebtes
Rumfläschchen beim Kaufmann hatte frisch einfüllen lassen."_
Am 11. November 1912 verstarb der hiesige Schulleiter Rudolf Bittmann
nach sechstägigem Krankenlager an Lungenentzündung. Am 3. November versah er
noch den Chordienst, am 6. November erteilte er den letzten Unterricht. Sein
Begräbnis war am 13. November; der Gaadener Kirchenchor sang Trauerlieder,
der Oberlehrer von Gaaden Leopold Schneider hielt einen Nachruf, "der
kein Auge trocken ließ". Rudolf Bittman war Absolvent des Brünner
Gymnasiums, hatte anscheinend wiederholt "domesticas controversias cum
uxore sua", d.h. "häusliche Auseinandersetzungen mit seiner
Frau", starb im 50. Lebensjahr und hinterließ eine Witwe mit 3 größeren,
aber noch unversorgten Kindern._ - Am 24. Februar 1913 bekam die hiesige
Volksschule eine neuen Schulleiter in der Person des Herrn Josef Reis, der
seit 16. November 1912 zur aushilfsweisen Dienstleistung der Schule in
Sittendorf zugewiesen war. Der neue Schulleiter wird als "sehr
musikalisch" beschrieben, der "die Orgel tadellos spielt" und
"den Kirchengesang in der kürzesten Zeit ganz bedeutend gehoben"
hat._ Daraufhin wird Ende April 1913 die Orgel der hiesigen Pfarrkirche von
der Firma Josef Ullmann und Sohn in Wien einer gründlichen Reparatur
unterzogen, der Blasebalg wurde neu beledert, ein neues Pedal eingesetzt, das
Spielwerk ausgestaubt und neu gestimmt._
Am 10. Mai 1913 verstarb im 74. Lebensjahre an Magenkrebs im Pfarrhof
die Mutter des hiesigen Pfarrers P. Marian Chocensky, Frau Anna Chocensky,
geborene Kaufich, Kaufmannswitwe. Sie wurde von ihrem Sohn im hiesigen
Ortsfriedhof am 12. Mai bestattet._
In der Zeit vom 10. Oktober bis 14. November 1913 herrschte in unserer
Pfarre die Maul- und Klauenseuche._
Am 31. Juli 1914 wurde durch ein Telegramm auch in Sittendorf die
allgemeine Mobilisierung angeordnet. Die Entsprechenden Angaben fehlen, weil
der Schreiber anscheinend nachfragen wollte und für die entsprechenden Zahlen
im Text einen entsprechenden Platz aussparte, der aber bis heute leer blieb.
Am 20. August wurde auch das zweite Aufgebot, die 37 - 42 jährigen
Landsturmpflichtigen einberufen, die in entsprechenden Etappen einrücken mußten.
Bis zum 27. November sind von der Gemeinde Sittendorf 46 Männer der Jahrgänge
1872 - 1893 eingerückt, darunter auch der hiesige Schulleiter Josef Reis und
der hiesige Mesner Anton Beer._ - P. Marian, der neben zahlreichen sonderbaren
Wetter- und Ernteberichten ebensoviele Zeitungsausschnitte in die Chronik
klebte, bringt zwei mit der Überschrift Sittendorf. Der erste berichtet über
eine hochherzige patriotische Tat. Der Wiener Hof- und Gerichtsadvokat Dr.
August Periz, der die Sommermonate schon seit einer Reihe von Jahren in
unserem stillen Orte verlebt stellt den armen Familien in Sittendorf und
Dornbach, die Kriegsteilnehmer hat, "für die Dauer des Feldzuges"
monatlich im ganzen 500 Kronen zu Verfügung, die durch das Bürgermeisteramt
zu Auszahlung gelangen. - Der zweite Zeitungsausschnitt vermeldet, daß die
Holzhauerswitwe Frau Josefa Mathauser, Kleinhäuslerin in Sittendorf sieben Söhne
als Soldaten einberufen hat.
Die Schule beginnt mit dem Aushilfslehrer Hans Wallisch "ganz
normal". - Die Kriegsanleihe wird erwähnt, Schulkinder sammeln
Weihnachtsgaben für die "im Felde stehenden Krieger". Von den
Schulmädchen werden Schneehauben, Puls- und Kniewärmer für die Soldaten
verfertigt._ - An Stelle des interimistischen Schulleiters Hans Wallisch, der
zum Waffendienst einberufen wird, kommt 1915 Karl Schwabl, geb. 1888, der
bisher in Mödling an Schulen tätig war. - In Wien grassieren die Blattern,
man läßt sich dagegen impfen._ - Am 11. Februar 1915 stirbt im Stift
Heiligenkreuz mit 45 Jahren Dr. phil. P. Florian Watzl, der wiederholt in
Sittendorf die Fronleichnams-Prozession hielt oder predigte._ - Im April 1915
wird durch die Schuljugend die "patriotische Kriegsmetallsammlung"
durchgeführt, alle entbehrlichen Metallgegenstände abgegeben, was 13 kg
Kupfer, 45 kg Messing, 65 kg Blei und 9 kg Unsortiertes ergab._ - Bald danach
werden die Lebensmittel rationiert, man beginnt beim Brot: Brotkarten werden
von der Gemeinde ausgegeben._ - Am 16. Mai 1915 wird erneut der Schulbau in
Dornbach in einer Ortsschulratssitzung verschoben._ - 12 - 14. jährige, die
in der Landwirtschaft helfen, brauchen nicht in die Schule gehen, was alle
"Faulpelze und Schulstürzer" ausnützen. Die Landsturmpflicht wird
bis zum 50. Lebensjahr ausgedehnt (früher bis zum 42. vollendeten)._ - Da der
Pfarrverweser von Gaaden P. Alberik Rabensteiner freiwillig zum Felddienst
meldete, übernimmt der Sittendorfer Pfarrverweser P. Marian Chocensky die
Seelsorge, Kanzlei und Religionsstunden in Gaaden und Sparbach. Der
provisorische Schulleiter Karl Schwabl wird zum Bürgerschullehrer in Mödling
befördert, die hiesige Schulleiterstelle übernimmt Arthur Haselrieder (geb.
7. Oktober 1893 in Fischamend und nach Wien zuständig), kann jedoch nicht die
Orgel spielen und so kommt ein Stiftskleriker des 3. Jahrganges Frater
Malachias Konwalina an Sonn- und Feiertagen, um die "Königin der
Instrumente" zu spielen._ - Vom 29. September - 2. Oktober wird eine
Sammlung von Wolle, Kleidern, Strümpfen, Unterwäsche, Teppichen und alle
Arten Kautschuk fürs Militär durchgeführt._ - 30 Kriegsgefangene Russen übernehmen
in Heiligenkreuz Feld- und Waldarbeiten und bewähren sich ganz gut._ Anschließend
liest man von Preissteigerungen, Wuchergesetzen, Höchstpreisverordnungen und
der dritten Kriegsanleihe._ - Anfangs Jänner 1916 stellt der hiesige Jagdpächter
Dr. August Periz seine oben erwähnte Unterstützung ein, weil sie teilweise
mißbraucht wurde._ - "Am Ostersonntag wurde hier eine vierstimmige Messe
aufgeführt (der Kleriker Fr. Malachias, der Familiar des Stiftes Hermann
Nigg, Fräulein Rosa Hirsch_ und ein Sängerknabe); für unseren Ort ein
Ereignis."_ - Am 30. April 1916 wird die Sommerzeit eingeführt._ - Am
15. Mai 1916 übernimmt der hiesige Schulleiter Josef Reis wieder seinen
Dienst. Am 27. Juli 1914 einberufen, nahm er an den Kämpfen gegen Serbien
teil, wo er am 18. November 1914 verwundet wurde: Durchschuß der linken Hand,
des Magenmundes und der rechten Lunge und beim Rücktransport Erfrierung der
beiden Füße. Infolge der Steifheit der linken Hand konnte er den Chordienst
nicht übernehmen. - Die vierte Kriegsanleihe wird erwähnt, die den Sieg
verheißt._ Am 25. Juni 1916 hält der Hohenfurther Professor in
Heiligenkreuzer P. Dr. Josef Tibitanzl die Fronleichnams-Prozession._ - Erneut
wird eine Metallsammlung durchgeführt und am Sonntag, den 30. Juli 1916, also
am zweiten Jahrestag des Kriegsbeginnes, eine Generalkommunion der Schulkinder
nach der Meinung des Heiligen Vaters "um Erlangung eines baldigen
Friedens" veranstaltet. In Sittendorf gingen 50 Kinder zu den heiligen
Sakramenten._ - Die Erhöhung des Bierpreises, die polizeiliche Besichtigung
in Privathaushaltungen an fleischlosen Tagen - nun Montag, Mittwoch, Freitag -
und die Einführung der Fettkarten scheinen den Chronikschreiber empfindlich
geschmerzt zu haben. - Die bereits erwähnte - nun 60 jährige Frau Johanna
Mathauser - hat jetzt neun Söhne im Feld. Frau Mathauser erhält am 9.
September den Besuch Ihrer k. Hoheit der Erzherzogin Isabella, der Gemahlin
des Feldmarschalls Erzherzogs Friedrich, die ihr eine Hundertkronennote überreicht._
- Steuerzuschläge, eine Zündmittelsteuer, "wucherische Zurückhaltung"
und neue Briefmarken werden beschrieben. - P. Dr. Alois Wiesinger - der spätere
Abt von Schlierbach - wird nun stabiler Seelsorger in Gaaden, dem Sittendorfer
Pfarrer P. Marian Chocensky bleibt jedoch die Katechetenstelle in Sparbach._ -
Es folgen Abgaben, Sammlungen, das Verbot der Gräberbeleuchtung zu
Allerseelen, die Wiedererrichtung des Königreiches Polen_, das Angebot, die
5. Kriegsanleihe zu zeichnen und der Tod des Kaisers Franz Josef im Schönbrunner
Schloß am 21. November 1916 um 9 Uhr abends im 86 Jahr seines Lebens (geb.
18. August 1830) und dem 68 Jahr seiner Regierung (seit 2. September 1848).
Inmitten von Fieberqualen hat er sich noch am letzten Tage seines Lebens zur
Arbeit gezwungen und nachdem er über sein Verlangen um 6 Uhr abends zu Bett
gebracht worden war, ordnete er an, am nächsten Tage um ½ 4 Uhr früh
geweckt zu werden, welcher Befehl jedoch nicht mehr ausgeführt werden konnte.
Am 30. November, dem Begräbnistag Seiner Majestät fand in Sittendorf ein
feierliches Requiem mit Libera statt. Der derzeitige Organist Frater Ottokar
aus dem Stift Heiligenkreuz führte mit noch 2 Klerikern eine dreistimmige
Messe auf._ Durch eine spätere Notiz, erfährt man, daß Frater Ottokar den
Familienname Holzer trägt und am Weihnachtstag 1916 mit den hiesigen Chorsängerinnen,
zumeist Schulmädchen eine vollständige lateinische Messe
"exekutierte".
1917 hat es in der Kirche minus 2 Grad; das Weihwasser im Holzbottich
war bis zum 27. März eingefroren! - Einige Seiten darauffolgend ist zu lesen:
"Da es an Mehl, Brot und Erdäpfeln auch auf dem Lande mangelt, ist die
Not schon eine ganz arge, das Durchhalten wird immer schwieriger. Interessant
ist die Tatsache, daß man auch Pflanzen, die bisher als Unkraut bekannt
waren, wie Brennessel, Allium ursinum, Bärenlauch (übrigens ein guter
Spinatersatz) als Gemüse verwendet werden."
"Am 23. Februar 1917 nach der 1. diesjährigen Kreuzwegandacht
wurden von den 3 Glocken unserer Kirche zwei zum Kriegsdienste einberufen. Die
Abnahme vollzog sich ohne jede Vorarbeit oder Gerüstaufstellung in dem
Zeitraume von einer knappen ½ Stunde. Die beiden Glocken wurden in der
Glockenstube abmontiert und sodann durch das Turmfenster hinabgeworfen. Bei
diesem ‘Fenstersturze’ ging die größere, die - weil zersprungen - schon
lange Zeit nicht mehr geläutet wurde, in Trümmer, während die kleinere
unversehrt blieb. Die größere Glocke, 68 cm Durchmesser und 147 Kilogramm
schwer mit dem Relief ‘Christus am Kreuz’ wurde im Jahre 1892 von Peter
Hilzer in Wr. Neustadt gegossen, die kleinere, 44 cm, 49 kg schwer mit dem
Relief ‘Christus am Kreuze und Maria mit dem Jesukinde’ stammt aus den
Jahren 1837, gegossen von Jakob Korrentsch in Wien. Die einzige noch
verbliebene mittlere Glocke 52 cm mit dem Relief ‘Madonna mit dem Kinde’
(Peter Hilzer 1863) wurde somit ‘ancilla pro omnibus’."_ - "Ein
Paket Landtabak wird künftighin aus vier Fünftel Tabak und einem Fünftel
Birkenblättern bestehen," meldet ein Zeitungsausschnitt. - "Nun
klappern viele Kinder mit schweren Schuhen daher, deren Oberleder ganz roh und
deren Sohlen aus Holz sind. Selbst diese plumpen Surrogate sind teuerer als
die feinsten Lederschuhe ante bellum <vor dem Krieg>."_ - Am
Ostermontag wird die Bevölkerung vor Sabotageakten feindlicher Agenten von
der Kanzel aus gewarnt. - Erzbischof Friedrich Gustav Piffl ordnet an, daß
bei den diesjährigen Firmungen kein Patenzwang besteht, da sonst viele
Firmlinge der Firmung fernblieben, zumal es in diesen so teuren Zeiten an
Paten mangelt._ - Eine 6. Kriegsanleihe wird auch in Sittendorf angeboten._ Eine sehr unliebsame Begleiterscheinung
dieser unseligen Kriegszeit ist das Überhandnehmen von Eigentumsdelikten, wie
Einbrüchen, Feld- und Gartendiebstählen. Auch unser Ort wird von
Diebsgesellen heimgesucht, denen es wiederholt gelingt, in manchen Bauernhäusern
eine ganz respektable Beute zu machen. So wird dem hiesigen Bauer Franz
Maschla 30 kg Schweineschmalz, in diesen Zeiten ein gar kostbarer und auch
nicht um Geld zu habender Artikel, Selchfleisch, Eier im Werte von 600 Kronen
gestohlen, unserer Nachbarin, der Theresia Mathauser wird ein lebendes
Jungschwein entführt und der hiesigen Stiftsgasthauspächterin Maria Größing
ein Bienenstock entwendet! Den größten Unwillen aber erregen die zahlreichen
Feldplünderungen, zumeist zur nächtlichen Zeit, bei welchen es die Diebe
namentlich auf die heuer so raren Kartoffeln abgesehen haben, die - wenn auch
noch unreif - zu Hunderten herausgerissen werden; auch Getreideähren werden
"requiriert", d. h. mittels Scheren abgeschnitten. Nicht bloß arme,
sondern auch reiche Leute nehmen an diesen Diebstählen teil, gegen die auch
die Flurwache machtlos ist. Auch im hiesigen Pfarrgarten wird am 20. August
gerade um die Mittagszeit ein junger akademischer Maler aus Wien, et quidem ex
honesta familia oriundus <aus einer ehrenwerten Familie>, beim
Obstdiebstahl erwischt und dem Bürgermeister überstellt, der ihm den wohlgefüllten
Rucksack - der in diesen Zeiten eine sehr wichtige Rolle spielt - abnahm und
eine Geldstrafe von 10 Kronen auferlegt. Die Eisenbahndiebstähle sind auch an
der Tagesordnung, nicht bloß einzelne Frachtgüter, Kisten und Gepäckstücke,
zumal wenn Eßwaren, Wäsche, Kleider und Schuhe enthalten sind, werden
spoliiert <geplündert>, sondern auch ganze Waggons, wenn auch
plombiert, erbrochen und ausgeraubt. Anfangs Oktober werden aus der
elektrischen Kraftanlage von Mödlinger - Hinterbrühler Straßenbahn der
kostbare Treibriemen entwendet und von den Dieben behufs Sohlenledergewinnung
zerstückelt. Infolgedessen bleibt der Betrieb dieser auch für Sittendorf so
wichtigen Strecke durch 2 Tage eingestellt. Durch die Unvorsichtigkeit eines rauchenden
Grasmähers entsteht am 24. August um 5 Uhr nachmittags in der Neukultur des
unseren Ort überragenden "kleinen Buchkogels" vulgo
"Schusterkogels" ein Brand, der sich bei der nun herrschenden Dürre
und Trockenheit unheimlich schnell ausbreitet und den angrenzenden Jungwald
ergreift, in welchem er sich gerade in die Richtung gegen die Waldvilla und
den Pfarrhof Bahn zu brechen sucht. Nur durch das zielbewußte Zusammenwirken
der Ortsinsassen, die sich ohne Unterschied der Stellung, des Alters und
Geschlechtes an der Eindämmung des Brandes eifrigst beteiligt, gelingt es,
das gefräßige Element in seinem verheerenden Laufe aufzuhalten und zu dämpfen.
Die von Heiligenkreuz, Sulz, Sparbach und Gaaden herbeigeeilten Feuerwehren
besorgen das Ablöschen der zahlreichen noch glimmenden Baumstümpfe. Als ein
großes Glück muß es bezeichnet werden, daß der tagsüber so heftig wehende
Wind gerade zur Zeit des Brandes aussetzt, sonst wäre wohl Sittendorf ein
Raub der Flammen geworden. Am Anbetungstag 5. Oktober 1917 wird
erstmals als hiesiger Regenschori ein Herr Hornschall genannt. - Etliche
Seiten danach erfährt man, daß Johann Hornschall bereits 68 Jahre alt ist,
1849 in Kaltenleutgeben geboren, das Schusterhandwerk erlernte und dann als
Musiker jahrelang in der Kurkapelle in Kaltenleutgeben und sodann in
Sauerbrunn tätig war und seit anfang Mai in Sittendorf als Organist und
Regenschori agiert. - In den Monaten November und Dezember 1917 wird die 7.
Kriegsanleihe zur Zeichnung aufgelegt. Anfangs Februar 1918 stoßt der stiftliche
Forstadjunkt von Siegenfeld anläßlich eines Pirschganges in dem einerseits
von der Gaadener- und andererseits von der Sittendorfer - Heiligenkreuzerstraße
begrenzten Wald auf einem im Dickicht versteckten, feldmäßig angelegten
Unterstand, in dem zwei entsprungene russische Kriegsgefangene hausten, die -
als sie sich ertappt sehen - sofort das Weite suchen und leider nicht
eingeholt werden können. Die genauer Durchsuchung ihres wohnlich
eingerichteten und mit Tür und Fenster versehenen Waldquartiers fördert
viele Gegenstände zu Tage, die von den in Sittendorf und der nächsten
Umgebung verübten Einbrüchen und Diebstählen herrühren. Nach der
Austreibung dieser "spelunca latronum" <Räuberhöhle> hören
wie mit einem Schlage die Einbrüche auf, um einige Wochen später ihre
Fortsetzung zu finden. Daß es den beiden Troglodyten <Höhlenbewohner>
recht gut ging, beweist der große Knochenhaufen nächst ihres Heimes._ Daß wir in einer höchst kritischen Zeit
leben, bezeugen die vielen Beschlagnahmungen oder - nobler ausgedrückt -
Requisitionen, von welchen nicht einmal die Kirchen verschont bleiben. Nachdem
im Vorjahrs 2/3 der Kirchenglocken abgeliefert werden mußten, kommen heuer
die Prospektzinnpfeifen der Kirchenorgeln an die Reihe. Bei uns erfolgt der
Ausbau der betreffenden Zinnpfeifen - Prinzipal 8 Fuß - durch den Orgelbauer
Josef Ullmann, Wien VIII, Lederergasse 28 "Mölkerhof". Die
Metallausbeute der eingezogenen 27 Pfeifen beträgt 18 kg 70 dkg; vergütet
wurden sie vom k. u. k. Kriegsministerium mit nur 15 Kronen pro kg! - Im
Handel kostet 1 kg Zinn 80-100 Kronen. Anfänglich sollten nur die
Prospektpfeifen der Orgeln mit mehr als 8 Registern_ der Beschlagnahme
verfallen, später aber wird die Inanspruchnahme auf alle Orgeln ohne
Unterschied der Registerzahl ausgedehnt; nur jene Werke, die einen besonderen
kunsthistorischen oder musikalisch künstlerischen Wert besitzen, werden
geschont. Aus diesem Grunde bleiben die beiden Orgeln in Heiligenkreuz völlig
intakt. Bei uns erfolgt der Ausbau am 5. April 1918. Gewährt nunmehr das Gehäuse
einen unschönen Anblick, so hat doch die Spielbarkeit fast gar nicht
gelitten. Das Stiftsgasthaus in Heiligenkreuz hat vom
1. Oktober 1917 an bis auf weiteres gesperrt. Die beiden Gasthäuser in
Sittendorf können jedoch ihren Betrieb fortsetzen, da sie zumeist Getränke,
Wein und hie und da auch Bier ausschenken und da die hiesigen Bauern infolge
ihres erträglichen Holzhandels - für 1 Meter! Holz nach Mödling zugestellt,
verlangen sie 50-60 Kronen - über viel Geld verfügen, auch stark
frequentiert werden. Im hiesigen Stiftsgasthaus wird nur an Sonn- und
Freitagen für die noch immer zahlreichen Touristen aufgekocht. Das Gasthaus
der Anna Berger unterhalb der Kirche wird allerdings im Juni 1918 wegen der
enormen Lebensmittel- und Weinpreise geschlossen._ Die nachfolgenden Seiten künden
vom Schleichhandel und schließlich vom Zusammenbruch der staatlichen
Versorgungswirtschaft und der Hungersnot im Land._ - Glänzend bezahlt sind
die Munitionsarbeiter und die in Kriegsbetrieben Bediensteten. Wochenlöhne ab
120 Kronen aufwärts, sind allgemein. Junge, kaum der Schule entwachsene Mädchen
verdienen täglich 10-13 Kronen und noch mehr und sind überdies unzufrieden,
da sie fast alles für ihren Putz verwenden._ Nach der Auflistung horrender
Preise folgt die Feststellung: Die einzige Fleischgattung, die sich der
Mittelstand noch kaufen kann, ist das Pferdefleisch 10-17 Kronen pro kg. Die
arme Bevölkerung konsumiert Hundefleisch! Wegen der großen Milchknappheit
ist der Preis für eine Ziege, die im Frieden schon um 8 Kronen zu haben war,
geradezu fabelhaft gestiegen. Für eine gut melkende Ziege werden 500 Kronen
und noch mehr geboten. - Zweiundzwanzigtausend (22.000) Kronen für einen
Stier. Es ist bekannt, daß die Höhe der Rindviehpreise bereits alle
menschliche Vorstellung übersteigt._ Am 28. Mai 1918 wurde die 8. Kriegsanleihe
zur Zeichnung aufgelegt. Schließlich folgt die Geldentwertung durch Notenüberflutung
oder Noteninflation und ein Zeitungsausschnitt über die Hinrichtung des
Exzaren Nikolaus II. in Jekaterinburg 16. Juli 1918._ "Aus der Strafanstalt Möllersdorf
sind über 200 Sträflinge nach Überwältigung der Aufseher
ausgebrochen," kann man in einem Zeitungsabschnitt lesen und in einem
anderen: "Am Abende vor Allerheiligen erschienen bei einem hiesigen
Wirtschaftsbesitzer fünf aus Möllersdorf entwichene Militärsträflinge und
baten flehentlich um ein Nachtmahl und Quartier. Aus Mitleid nahm man sie auf
und wies ihnen im Stalle eine Liegerstätte an." Und der Pfarrchronist
vermerkt dazu: "Einige der entwichenen Militärsträflinge haben auch
unseren Ort heimgesucht. Daß sie jedoch hier geplündert hätten, wie in
einigen Wiener Blättern zu lesen war, ist eine arge Übertreibung. Der im
<Zeitungs->Ausschnitte genannte Bauer ist der hiesige Bürgermeister
Josef Tromayer."_ Am 17. Dezember 1918 erkrankte der
bisherige Pfarrverweser P. Marian Chocensky an schwerer Melancholie, ein
Leiden, das sich bereits in der Abfassung der Pfarrchronik bemerkbar machte
infolge des Umsturzes und nicht zuletzt durch drückende Nahrungssorgen
vollends zum Ausbruch kam. An seiner statt wurde der nunmehrige Pfarrverweser
P. Stephan Harvanek mit der Excurrendo Provisur betraut, der wenige Wochen
zuvor nach 4 jähriger Kriegsdienstleistung als Feldkurat, davon 18 Monate in
Albanien, ins Stift zurückgekehrt war. Da er sich in Albanien zwar keine
Malaria, wohl aber einen Lungenspitzenkatarrh zugezogen hatte, der im März
zum Ausbruch kam, wurde er am 21. April durch P. Adalgott Benz abgelöst, der
bis zum 1. September die Pfarre versah."_ - Die Wahlen zur provisorischen
Nationalversammlung im Februar 1919 ergeben in unserer Gemeinde folgendes
Resultat: Christlichsoziale 115, Sozialdemokraten 95, Deutschnationale 1; die
Landtagswahlen am 4. Mai 1919: Christlichsoziale 139, Sozialdemokraten 59,
Deutschnationale 1. Ergebnis der außerordentlichen Volkszählung am 31.
Dezember 1919: Sittendorf 54 Häuser, 131 männlich, 128 weiblich, zusammen
259 Bewohner; Dornbach 38 Häuser, 113 männlich, 102 weiblich, zusammen 215
Bewohner. - Durch Landesgesetz vom 29. April 1920 wurde die politische
Gemeinde Sittendorf geteilt in die Gemeinde Sittendorf und Dornbach. Da
infolge der neuen Bundesverfassung Niederösterreich in zwei Bundesländer,
Wien und Niederösterreich Land, geteilt wurde, wurden die Wähler am 24.
April 1920 abermals zur Urne gerufen: Sittendorf: 85 christlichsoziale, 29
sozialdemokratische, 5 großdeutsche Stimmen; Dornbach: 44 christlichsoziale,
4 sozialdemokratische, 5 großdeutsche Stimmen. "Die am 24. Februar 1917 abgelieferten
Glocken harrten nur schon allzu lange auf einen Ersatz. Das Bedürfnis nach
einem solchen wurde umso fühlbarer, als die noch übrige Glocke einen Sprung
erhielt und im Verlauf kurzer Zeit mit der als Glockenersatz für
Turmuhrschlag angebrachte Traverse an Häßlichkeit des Tones
wetteiferte." Mit etwas Mühe konnte P. Stephan Harvanek 200 Raummeter
Holz vom Stift erhalten, das Sittendorfer Wirtschaftsbesitzer nach Mödling zu
einem Händler brachten. Somit konnten am 23. März die Glocken bestellt
werden. - Es folgt die Unterschrift: Gesehen bei der Visitation am 30. Juni +
Fr. G. Kard. Piffl. Im Frühjahr 1924 erhält Sittendorf die
langersehnte elektrische Beleuchtung. - Möglicherweise sind die beiden in der
Kirche noch heute vorhandenen Engel - rechts und links vom Tabernakel - eine
Anschaffung aus dem Jahr 1928. - Am 12. August 1928 feiert die Freiwillige
Feuerwehr Sittendorf das Fest ihres 40 jährigen Bestandes. Im Dezember
erfolgt die Gründung einer Heimwehrgruppe von ca 40 Mann._ "Am 2. Juni 1929, Sonntag nach
Fronleichnam, wurde von unbekannter Frevlerhand, die an der Straße nach
Heiligenkreuz stehende Marienstatue in mehrere Stücke gewaltsam zerschlagen.
Über Initiative von Frau Ottilie Rudolf wurde unter den Frauen von Sittendorf
eine Sammlung eingeleitet und eine Kopie der zerstörten Statue hergestellt,
die am 1. September durch den H. H. Dechant P. Berthold Scheibenreiter im
Beisein der Bevölkerung an Ort und Stelle geweiht wurde, woraufhin in der
Kirche eine Sühneandacht abgehalten wurde." - Am 1. Dezember 1930 übernimmt
Frau Rosina Kallinger den Organistendienst. Erst 1932 erhält die Kirche durch den
Elektriker Hubert Kehrn eine elektrische Beleuchtung, die am Anbetungstag (30.
November) erstmals erstrahlt. In diesem Jahr wird zum erstenmal die
Christmette um Mitternacht abgehalten unter zahlreicher Beteiligung selbst von
Dornbach und Neuweg. - Für die Einübung der Lieder in Schule und Kirche
kommt dem Pfarrverweser <P. Stephan Harvanek> die Kenntnis des
Orgelspieles sehr zustatten, der auch die lauretanische Litanei und
Sakramentsvesper als Organist vom Musikchore aus zu leiten genötigt ist. -
Schließlich findet sich die Eintragung. "Gesehen am 1. Juni 1933 + Th.
Kard. Innitzer." Mit 7. November 1940 verließ P. Stephan
Harvanek Sittendorf und Prof. P. Dr. Severin Grill zog in den Pfarrhof. P.
Severin erwähnt erstmals das Lager der gefangenen Franzosen, wo er eine
heilige Messe am 25. Dezember 1940 feiert und bewundert die schönen französischen
Lieder und den zahlreichen Kommunionempfang der Lagerinsassen. - Die Gesänge
der Karwoche am Chor besorgt Dr. Ludwig Mally (Eintragung vom 13. IV. 1941
Ostersonntag). - Mit 29. April 1941 übernimmt die Familie Schmölz in
Dornbach die Reinigung der Kapelle und das tägliche Angelusläuten. Die
Marienstatue von der Biegung der Heiligenkreuzerstraße, gegenüber der Pestsäule,
kommt in den Garten von Dr. Mally und wird dort am 31. Mai 1941 gesegnet. - Es
scheint sich um die Statue zu handeln, die nun in der Kirche ihren Platz hat. "Die Prozessionen an den Bittagen und
zu Fronleichnam sind heuer vom ‘Staate’ verboten worden." (6. VI.
1941) - "Der Gottesdienst bei den Franzosen im Lager der RAB ist mir
verboten worden." (17. VIII. 1941) - "Ukrainische Soldaten hielten
in der Kirche einen griechisch-katholischen Gottesdienst." (7. IX. 1941)
- "Seit acht Tagen haben wir in der Kirche einen Petroleumofen
aufgestellt, der sich ganz gut bewährt" (1. II. 1942). - Am 6. Februar
1942 werden die zwei größeren Glocken für die Metallsammlung abgenommen. -
1942 konnte die Fronleichnams-Prozession wieder durchgeführt werden. - Am 16.
VII. 1942 wird die Turmuhr durch die Gemeinde Wien repariert. - 21 Gefangene
starben 1942 im Lager, die meisten orthodoxen Glaubens. P. Severin spricht bei
einigen, wenn ihn die Polizei verständigt, privatim am Grabe Gebete. "Sonntag, den 16. Mai 1943 hat der
Mesner Franz Mathauser beim Öffnen der Kirche um ¾ 8 Uhr früh an der
Kirchentür eine Mumie oder ein mumienartiges Gebilde angehängt gefunden. Ich
vermutete eine Entwendung aus der Gruft zu einem Bubenstreich und ließ die
Mumie wieder in die Gruft bringen. Montag, den 17. Mai stieg ich durch das
Loch an der rechten Kirchenmauer in die Gruft ein und fand den Raum in großer
Verwahrlosung, so daß Zweifel in mir aufstiegen, ob die Mumie aus der Gruft
stammt. Es könnte sich auch um eine Leiche handeln, die im Wald gefunden und
in die Gruft geworfen wurde. Ich hab dem Polizeiamt Gaaden Mitteilung gemacht
... Die Polizei hat die Urheber des Leichenfrevels entdeckt. Zwei Buben des
Ortes, unwürdige Mitglieder der Staatsjugend, haben die Missetat auf dem
Gewissen. Es wurde darüber angeblich an ihre Schulleitung berichtet. Ob sie
eine Strafe erhalten, ist bei der jetzigen Sittenverwilderung fraglich."
- "In der Woche 23. - 28. VIII. 1943 wurde die Orgel von der Firma Josef
Ullmann ausgeputzt und gestimmt." Der Gottesdienst am Pfingstmontag 29. V.
1944 wird durch Fliegeralarm gestört. - 26. VII. 1944 Fliegerangriff: 500 m
vom Pfarrhof sind zwei Bomben gefallen. Nur Sachschaden: Fenster, auch in der
Kirche, zerbrochen. - Darauf beschreibt P. Severin die Festlichkeiten anläßlich
seiner silbernen Priesterjubiläums. Unter den anwesenden Studenten in
Sittendorf wird auch ein Herr Kurt Schubert von der philosophischen Fakultät,
ein hervorragender Orientalist erwähnt; er ist der bekannte spätere
Ordinarius für Judaistik und langjähriger Vorsitzender des Österreichischen
Katholischen Bibelwerkes Klosterneuburg. - Vom 28. August bis 2. September
1944 werden die Kirchenfenster repariert. Seit Anfang März 1945 sind Bombengeschädigte
aus Wien auch im Pfarrhof einquartiert. Der Ort beschließt, nur im äußersten
Notfall wegzugehen und auch dann nur in die umliegenden Wälder. Am 2. April
ist Sittendorf von Truppen aller Art besetzt, am 3. April sind all Truppen,
auch die SS, plötzlich abgezogen. 3 Uhr nachmittags beginnt das Schießen. In
der Nacht sind im Pfarrhof ungarische Soldaten einquartiert. Am Mittwoch , den 4. April wird eine stille
heilige Messe in der Kirche gefeiert. Um 1 Uhr geht P. Severin ins Flüchtlingslager
nach Neuweg, hält dort eine Ansprache, eine Abendmesse mit Generalabsolution
und Generalkommunion. Die Russen ziehen ein. Abends geht der Pater nach
Sittendorf zurück, alle Häuser sind geplündert. P. Severin übernachtet in
der Kirche; schwerster Artilleriebeschuß in der nächsten Umgebung die ganze
Nacht. Er rechnet jede Minute mit einem Treffer auf die Kirche und geht ohne
Zelebration in der Frühe nach Wildegg. Dort am Nachmittag heilige Messe, die
durch Hausdurchsuchung gestört wird; Plünderung und Verlangen nach
Auslieferung der Mädchen. Diese flüchten sich in P. Severins Zimmer, sie
beten bis 10 Uhr abends. Die Lüstlinge ziehen ab._ Man faßt den Entschluß, das Schloß zu räumen,
sich nach Sittendorf zurückzuziehen. Einrichtung eines Refugiums im Pfarrhof;
abends Einquartierung. Unter heftigsten Geschützdonner besucht P. Severin
Dornbach, nachmittags 4 Uhr heilige Messe. Bei Beginn der Nacht Brand in der
Nachbarvilla. Keine Belästigung der Mädchen hier, aber im Orte. "Samstag 7. Hl. Messe um 7 Uhr früh.
Besuch in den einzelnen Häusern. Überall Zeichen der Plünderung. Die armen
Menschen gebrochen und der Verzweiflung hingegeben. Die Polen ziehen in ihre
Heimat zurück. Ein Bauer, der sich durch Politik hervorgetan, erschossen. Ich
gehe durch das Dorf, das fortwährend von Autos durchfahren wird, deren Führer
mich um Auskunft fragen. Nachmittags wird das Dorf an mehreren Stellen angezündet.
Abgebrannt sind die Familien: Sulzer, Fockenthaler, Kaiser, Grasl, Kehrn,
Beer, Zimmermann, Maus, Rappolt. Der Pfarrhof ist voll von Flüchtlingen.
Samstag nachmittags erscheinen drei Bolschewiken und zwingen uns mit dem
Revolver, den Pfarrhof zu verlassen. Alles stürzt schreiend davon und
ergreift die Flucht in den Zwickelgraben bei Füllenberg. Es gelingt mir den
Meßkoffer zu retten._ Sonntag, der 8. April. Die Flüchtlinge
haben in den verschiedenen Bunkern, die dort schon vorher angelegt worden
sind, übernachtet, oft eng zusammengepfercht. Ich mit ihnen. Kein
Sonntagsgottesdienst <zur gewohnten Zeit>. Nachmittag wagte ich mich mit
Loisl, einem braven katholischen Slowakenjüngling, der russisch spricht, ins
Dorf zurück, um Kranke zu versehen und Meßwein für eine Abendmesse zu
holen. Einmal angehalten, sonst unbelästigt. Abendmesse und Genralkommunion
im Zwickelgraben. Zweite Nacht im Bunker._ Montag, den 9. April. Ich gehe in der Frühe
nach Heiligenkreuz. Dort herrscht mehr Ruhe als in Sittendorf. Es begegnen mir
Dr. P. Edmund, die Küchenschwester, P. Prior ... Dr. Älred und P. Hermann
finden sich ein und berichten, daß das Stift im allgemeinen wenig zu leiden
hatte. Die ungarischen Studenten, meine Hörer, die auch russisch sprechen,
haben vermittelt und das Ärgste abgewehrt. Die Bibliothek bis auf die zertrümmerten
Fenster völlig intakt. - Ich gehe nach dem Mittagessen trotz des Abratens der
Studenten in den Zwickelgraben zurück und halte dort eine kleine
Kommunionfeier mit dem Allerheiligsten, welches die Buben des braven
katholischen Postbeamten Pundy von der Schloßkapelle in Wildegg gerettet
haben. Ich beschließe nach Sittendorf zu gehen. Frl. Wagner kommt uns
entgegen und rät davon ab. Ich gehe daher nach Heiligenkreuz zurück,
zelebriere dort in der Sakristei und lege mich im Brüderinstitut zur Ruhe
..."_ Dienstag, den 10. April geht P. Severin über
den Zwickelgraben in den Sittendorfer Pfarrhof, in dem inzwischen eine
Telephonstelle einquartiert ist. "Der Hauptmann geruht mir gnädigst im
Salon auf dem Boden zu schlafen. Mein Schlafzimmer wird von ihm benützt. Ich
segne eine Frauenleiche im Garten des Schmiedemeisters Bergauer ein, gehe
hinauf nach Dornbach und bespreche mit der Witwe Stephan die Einsegnung und
das Begräbnis ihres erschossenen Mannes, des Ortsbauernführers Ignaz
Stephan. Von Dornbach nach Wildegg, wobei mich die Bäuerin Schmölz begleitet
und mir die bombenbeschädigten Felder zeigt. Im Schloß Wildegg alle
Wohnungen verlassen, Einrichtung und Inhalt ein wüstes Chaos. Ich berge
einige Wäschestücke von mir, Koffer und Taschenuhr gestohlen. Ein deutscher
Soldat bittet mich um Hilfe. Ich kann ihm nur den Rat geben, sich in der Nacht
zur deutschen Front durchzuschlagen._ Mittwoch, den 11. Ich ordne die verwüstete
Sakristei und gehe dann auf den Friedhof zur Einsegnung des erschossenen
Bauers Anton Kaiser. Seine Frau und seine Töchter haben ihm das Grab
geschaufelt und lasse den Leichnam, nur in ein Leintuch gehüllt, hinab. Als
ich den Friedhof verlasse, begegnen mir die Mutter und die Schwester des
Ermordeten. Sie kommen zu spät. Ich hatte sie in der früh aufgesucht, um sie
vom Begräbnis zu verständigen, aber in ihrer Wohnung nicht angetroffen.
Besuch bei ... Aussprache mit Dr. Mally. Zurück in den Friedhof, um Ignaz
Stephan einzusegnen. Leiche noch nicht eingelangt. Nachmittags Suche nach
einen toten deutschen Soldaten, der im (e(ula Garten liegen soll. Ich finde
ihn nicht. Einsegnung vom Wald aus super ignotum locum <über unbekannten
Ort>.Abends erfahre ich, daß er nicht im Garten, sondern im Straßengraben
gelegen und vom Mesner Mathauser und Bäuerin (e(ula an der
Heiligenkreuzerstraße beerdigt worden sei. Name: Hubert Bader ... (Soldbuch
unleserlich). Die Leute im Dorf wurden von den Bolschewiken schwer
drangsaliert. Der Major oder Hauptmann im Pfarrhof wird immer wieder um Hilfe
angegangen. Aber der Mann tut nichts._ Donnerstag, den 12. April Einsegnung des
inzwischen begrabenen Bauern Ignaz Stephan. Besuche im Ort ...Rückkehr in den
Pfarrhof. Der Hauptmann bietet mir Wein und Schnaps an. Den letzteren lehne
ich ab. Freitag, den 13. Besuch in Füllenberg. Die
Leute haben viel Bitteres mitgemacht. Reqirierungen und Schändungen oder Schändungsversuche
ohne Ende. Keine ruhige Nacht. Zwei Mädchen flüchten in den Pfarrhof und übernachten
in meinem Zimmer. Um 5 Uhr eine Abendmesse gelesen. Samstag, der 14. Versehgang nach Dornbach
..._ Sonntag, 15. Unruhige Nacht. Die Russen lärmen, schießen und quälen
die Leute im Dorf. Um 9 Uhr Pfarrgottesdienst. Nachher gehe ich nach
Dornbach" - der vermeintlich Kranke ist bereits tot, in einem primitiven
Sarg zugenagelt und auf den Wagen zur Fahrt in den Sittendorfer Friedhof
geladen. "Wir fuhren also nach Sittendorf. Auf dem Weg begegnen uns
Russen, die uns das gute, kräftige Pferd ausspannen und eine Mähre dafür
einspannten. Mühselig zog uns das arme Tier in den Friedhof. Einsegnung
..." <Wahrscheinlich hätte man den Gaul auch gleich begraben können!> Die im Pfarrhof einquartierten Russen
ziehen am 17. April fort._ - Bald kommen die nächsten Einquartierungen, Plünderungen
und Ausschreitungen der Russen. Am Sonntag, den 29. April liest man die
Eintragung: "Eine Frau bringt mir ein Abendessen" und dazu die
Bemerkung: "die Gemeinde ist rührend um mich besorgt"! - Dienstag,
den 1. Mai: "Nachmittag ca 5 Uhr ein Mord geschehen durch einen
betrunkenen Russen, der Bruder des Schmiedemeisters Heinz Bergauer, Franz
Bergauer, erstochen. Ich habe ihm noch die heilige Ölung gespendet. Keine
Maiandacht. Niemand traut sich in die Kirche."_ - Am Samstag vor dem
Dreifaltigkeitssonntag, dem 27. Mai war der erste Religionsunterricht in
Sittendorf. Das Schulkreuz, das beim Umbruch in die Kirche gebracht wurde,
wird feierlich von Kindern und Eltern begleitet in die Schule gebracht. -
Sonntag, 3. Juni wird nach sieben Jahren wieder eine feierliche
Fronleichnams-Prozession gehalten. - 18. Juni 1945 nach längerer Zeit 1.
Schulmesse. - 11. Oktober 1945: "In der Frühe, knapp nach meiner
heiligen Messe die Schreckensnachricht von der Ermordung von vier Personen an
der Sulzer Straße. Die Familien Tromayer und Rappold. Vom Herrn
Schmiedemeister Bergauer aufmerksam gemacht, eile ich zum Versehen. Ich konnte
nur mehr die Ölung spenden. Drei Personen bereits tot, ein Mann im Sterben.
Überall Lacken von Blut. Miserere, Domine, populi tui! <Erbarme dich,
Herr, deines Volkes!> - Am 27. Oktober stehen drei Särge in der Kirche! -
Nach langer Zeit wurde der Allerheiligentag 1945 wieder als öffentlicher
Feiertag begangen. Auch die Prozession auf den Friedhof konnte stattfinden. "17. November 1945: Neue
Einquartierung. Auch die Küche beschlagnahmt. Der Pfarrhof starrt vor
Schmutz." - 19. November: "Mein Gott, erlöse uns von diesen Teufeln
in Menschengestalt!" - 2. Dezember: "Nun haben unsere liebenswürdigen
Gäste auch noch einen bissigen Hund im Pfarrhof eingestellt und lassen ihn
frei herumlaufen. Das Vieh hat heute den Mesner überfallen und gebissen. Auch
auf mich ist er schon losgegangen." - 14. Dezember: "Der wilde Trupp
mit dem Wolfshund ist heute weggegangen. Der befehlende Offizier hat mir 100
Schilling gegeben. Dafür hat die Mannschaft fast das ganze Küchengeschirr
mitgenommen. Einige Stunden später kam die Neuen. Der Anführer derselben
machte mir Vorwürfe, warum alles gestohlen sei." - 7. April 1946 letzte
Eintragung von P. Severin: "Passionssonntag. Mit dem heutigen Tag übernimmt
P. Hadmar Borowan die Pfarre Sittendorf. Ich habe heute die Abschiedspredigt
gehalten und ad intentionem propriam <auf eigene Meinung> zelebriert.
Morgen werde ich noch ein Requiem halten, noch Schulunterricht erteilen und
nachher in das Stift übersiedeln. - Entgegen der ursprünglich verbreiteten
Ansicht, daß alle unsere Glocken schon eingeschmolzen seien, teilt mir der
Totengräber Heindl mit, daß auch die unseren Glocken zurückgegeben werden.
P. Eberhard Steinbauer hat für Sulz bereits Glocken zurückbekommen. Nummern
der Sittendorfer Glocken: 800 und 801."_ - Soweit also Prof. P. Dr.
Severin Grill. Die Sache mit den Glocken scheint sich dann doch anders
entwickelt zu haben. P. Hadmars erste Eintragung stammt vom
Palmsonntag. Er weint seiner bisherigen Pfarre nach, findet die Sittendorfer
Kirche als "ein Bild verständnisloser Vernachlässigung", die
"Kapelle in Dornbach vor dem Zusammenfallen", den "Pfarrhof von
Russen besetzt und verwüstet - Die Stimmung war gerade recht für die erste
Predigt, die ich am Karfreitag hielt. - Da mir schon bekannt war, daß die
hiesige Pfarrgemeinde wenig Eifer für den Sonntagsgottesdienst zeige, wolle
ich gerade hier mit meiner Tätigkeit beginnen"!_ Und nun versucht P.
Hadmar "die Pfarre auf Vordermann" zu bringen: es werden an Sonn-
und Feiertagen statt der einen 9 Uhr-Messe zwei Gottesdienste angeboten, vor
der nachmittägigen Segensandacht hielt er eine kleine Predigt; Christenlehre,
Seelsorgestunde werden eingeführt. Die Wallfahrten durch eine Kurrende von
Haus zu Haus belebt, in welche sich die Teilnehmer eintragen sollen. In
Dornbach unterzeichnet "jedes Haus", ca 40 Dornbacher - darunter ein
Mann - pilgern am 26. 7. 1946 unter Führung des Pfarrers von Dornbach nach
Heiligenkreuz, am 15. August sind es über 100 Sittendorfer, darunter ca 30 Männer
und Burschen, die über Siegenfeld zur Cholerakapelle
"durchbeteten"._ 1947 wird die Kirche gelb gefärbelt:
"Diese Farbe wurde gewählt, weil sie besonders beständig ist und lange
einen frischen, reinen Eindruck macht." Die vom Holzwurm
"vernaschte" Kanzel, eine einfache unbedeutende Heiligenkreuzer
Tischlerarbeit aus dem Jahr 1769 wurde entfernt, an ihre Stelle ein Rauchfang
erbaut, um die Kirche heizen zu können. Die elektrische Lichtleitung kam
unter Putz. - "In der Nacht vom 13. auf den 14. Mai wurde die Kapelle in
Dornbach erbrochen und ausgeraubt. Alle Skulpturen und Bilder, die einen
Kunst- oder Altertumswert hatten, wurden weggetragen._ Einige Tage später sah
der Pfarrer die wichtigsten Skulpturen von Dornbach und auch gestohlene ‘Türkenmadonna’
von Heiligenkreuz in Schaufenster der Kunsthandlung ‘Agathon’ in Wien I.
Opernring ausgestellt. Mit Hilfe der Kriminalpolizei kamen die Figuren wieder
zurück."_ - Es folgt die Eintragung: "Gesehen 26. IX. 47 + Th.
Kard. Innitzer Eb." Da der Pfarrer durch die
nationalsozialistische Regierung den ganzen Grundbesitz verloren hatte, wurde
nun die an den Pfarrgarten anstoßende Wiese vom Schmiedemeister Bergauer
durch Tausch erworben und so der Pfarrgarten bis zum Walde erweitert._ -
"Am Ende des Monats August 1947 starb der hiesige Ortsvorstand <Bürgermeister>
Notar Dr. Ludwig Mally ... Seit 20 Jahren besorgte fast Sonntag für Sonntag
Dr. Mally das Orgelspiel."_ Die Firma Josef Pfundner in Wien X gießt
1948 drei neue Glocken für Sittendorf, die vorhandene Glocke, die nicht zum
neuen Geläute paßt, wird in die Kapelle nach Dornbach übertragen. Das Stift
Heiligenkreuz spendet 10 m3 Brennholz, das verkauft wird. Der Betrag bildet
die erste Anzahlung bei der Firma Pfundner. Am 13. Juni 1948 weiht Abt Karl
Braunstorfer die Glocken, ein wahres Volksfest._ Am 8. Mai 1949 wird durch eine feierliche
Segnung die Renovierung der Dornbacher Kapelle abgeschlossen._ 1950 wird anstelle des vom Holzwurm
zerfressenen Hochaltars ein einfacher Holzaltar, anstelle "des schlechten
Hochaltarbildes" ein großes Kreuz aufgestellt. Eine Tabernakeltür aus
einer Anzahl kirchlicher Gegenstände, die die Bewohner der Marx Villa in
Gaaden dem Stift Heiligenkreuz zu Verfügung stellen, wird vom Restaurateur
Pause in Wien vergoldet und von Br. Konrad in der Heiligenkreuzer
Stiftstischlerei ein Tabernakel dazu gebaut. Ein Seitenaltar aus dem Jahr 1880
kam aus Heiligenkreuz. Aus alten Türen wird ein Beichtstuhl zusammengebaut
und in der Kirche Sakristei aufgestellt. - Von all dem ist heute noch das große
Kreuz und der Tabernakel geblieben. Der beschriebene Beichtstuhl war ein
einmaliges Kuriosum! - Am 22. November 1950, dem Cäcilienfest feiert man 20
Dienstjahre als Organistin und Regenschori von Frau Rosa Kallinger._ Vom 16. Bis 23. Dezember 1951 war die erste
Volksmission in Sittendorf gehalten von P. Klemens Maria Duchek aus dem
Kapuzinerkloster Irdning in Steiermark: "In Sittendorf war der Erfolg
gut, in Dornbach hätte er besser sein müssen."_ - Am 27. Jänner 1952
veranstaltet die Männerunde einen Lichtbildervortrag über Lourdes, den Herr
Pfarrer Dr. Jantsch aus Hinterbrühl hielt._ - Die Gemeinde Wien läßt 1953
einen sogenannten Schulpavillon aus Holz für zwei Schulklassen aufführen. -
Die Orgel wird repariert, aber die Firma Kauffmann Wien XV, Robert
Hamerlinggasse 30 hinterläßt einen schriftlichen Bescheid vom 8. Dezember
1953, welcher der Chronik beigeklebt ist: "Eine Erneuerung des
Holzpfeifenwerkes halte ich für nicht empfehlenswert, da der Tastenumfang,
die Lage des Pedal etc. und die räumliche Gestaltung des gesamten Werkes
nicht erhaltenswert erscheint."_ Im Marianischen Jahr wird vor der Kirche
eine Mariensäule aufgestellt, die früher im Wald an der Straße stand - sie
wurde bereits erwähnt - und durch die Straßenarbeiter entfernt wurde. Am 1.
Mai war Dekanatswallfahrt in Hafnerberg, ein großer Andrang zu den dortigen
Beichtstühlen, eine inhaltsreiche Meisterpredigt von P. Hermann Watzl, das
Mitwirken des Sittendorfer Chores und der Vorsitz des Dekanatsmännerführers
Josef Kallinger aus Sittendorf bei der anschließend Versammlung im
Hafnerberger Pfarrsaal werden u. a. erwähnt. - Am Sonntag, den 2. Mai 1953
wird die Gedenktafel für die Gefallenen des 2. Weltkrieges der Orte
Sittendorf und Dornbach enthüllt, die am Stützpfeiler der Pfarrkirche
angebracht ist._ - Seit 1. September 1954 gehört Sittendorf nicht mehr zum
XXIV. Bezirk von Wien, sondern ist wieder eine selbständige Gemeinde des
Landes Niederösterreich. - Erneut der Vermerk: "Gesehen 12. 5. 55 + Th.
Kard. Innitzer Eb."_ Damit zähle ich bereits den dritten Besuch von
Kardinal Innitzer in unserer Pfarre. "Ohne Verständigung erschienen eines
Tages die Bauarbeiter bei Abwesenheit des Pfarrers und räumten den Pfarrhof
vollständig aus. ‘Es erleichtert die Arbeit,’ sagte P. Franz, ‘wenn
alles auf einmal gemacht wird.’ Als der Pfarrer abends kam, hatte er kein
Bett zum Schlafen."_ Das ereignete sich offenbar 1956. Wie P. Hadmar sein
Bettproblem löste, wird nicht vermerkt. Er stellt nur fest: "Aber es
wurde schön im Hause."_ Am 1. November 1956 übernimmt P. Hadmar
das stiftliche Bauamt in Heiligenkreuz. Zuerst renoviert er in Trumau 1957,
dann in Würflach 1958 und schließlich 1959 in Sittendorf. Der Plafond der
Kirche wird erneuert, es kommt eine Holzdecke, ein mächtiger Eisenträger der
Orgelempore, neue Fenster, die Orgel erhielt ein Gebläse der Firma Herbert
Huber in Eisenstadt, ein Eternitdach der Firma Hoffmann in Gainfarn
<wahrscheinlich zugleich auch das Pfarrhofdach>, eine völlige
Neugestaltung des Hochaltares. Ein Graben wird um die Kirche zur Trockenlegung
ausgehoben und betoniert. Die Kirche ließ der Firmenchef Heinz Boubelik auf
seine Kosten ausmalen._ 1960 scheint die Renovierung abgeschlossen. -
1961-1962: Mit einer Venenentzündung und einem Lungeninfarkt kommt P. Hadmar
ins Wiener Spital Dornbach zum "Göttlichen Heiland"; ein volles
Vierteljahr kann er keine Messe zelebrieren; P. Guido Grünberg führt die
Pfarrgeschäfte und übernimmt die Schule._ - Am 25.April 1963 visitiert
Weihbischof und Generalvikar Jakob Weinbacher die Pfarre. Am 24. Juni 1962
wird die neue Wasserversorgunganlage in Sittendorf durch Abt Karl Braunstorfer
gesegnet. Am 22. September 1963 zelebriert P. Hadmar den letzten Gottesdienst
in Sittendorf. Bürgermeister Josef Kallinger dankte nach der heiligen Messe
namens der Gemeinde. Am 28. September 1963 wird Dr. P. Canisius Noschitzka vom
Dechant Dr. P. Walter Schücker - da der H. H. Abt Karl Braunstorfer beim
Konzil weilt - als Pfarrverweser eingeführt. Die Volksschule hat weiterhin P.
Guido Grünberg._ P. Canisius beklagt die allgemeine allmähliche
Abnahme der religiösen Substanz: kein Morgen- und Abendgebet, Tischgebet,
Engel des Herrn, Rosenkranz innerhalb der Familien! - Regenschori bis 1964
Frau Rosa Kallinger, seitdem Frau Schulrat Luise Chott. - P. Canisius schließt:
"Es bleiben also die 3 Hauptprobleme dieser Pfarre: 1.) schwaches
sakramentales Leben, 2.) stetige Entheiligung der Sonn- und Feiertage, 3.)
starkes Versagen der Männer im religiösen Leben."_ Aus Pfarrblatt,
Aufzeichnungen und Erinnerung
Seit 12. August 1966 darf ich in
Sittendorf verweilen. Mit Freitag, den 2. September, einer Arbeitsstunde der
Jugend ab 20 Uhr beginnt die liturgische Adaptierung der Kirche: das
Altarkreuz wird schwebend von der Decke herab zwischen Volk und Priester
befestigt; der Hochaltar wird etwas vorgerückt, sodaß in der Apsis - dem
Vorbild des alten römischen Gottesdienstes entsprechend - genügend Platz für
die Session entsteht._ Im Triumph wird die andachtstimmende Mariensäule, die
vor der Kirche stand, in das Gotteshaus getragen und aufgestellt. Der
Tabernakel kommt vom Hochaltar rechts unter das Ewige Licht, gegenüber der
Sakristeitür, auf den alten kleinen Seitenaltar, rechts und links nach wie
vor von den Engeln umgeben. Für den Fall, daß diese Neugestaltung nicht gefällt,
wird dem Schreiber dieser Zeilen eine Leibwache von der Jugend in Aussicht
gestellt, die um den Pfarrhof patrouillieren will! - Dies war glücklicherweise
nicht nötig! Es sind 21 Jugendliche am Werk. - Neue Ministrantengewänder
werden angeschafft, 5 neue Bänke kommen zusätzlich in die Kirche. - Die
Jugendarbeit wird fortgesetzt mit Diskussionsrunden, Kulturfahrten,
Diasabenden, einer Mitternachtsmesse im Karmel Mayerling und vieles andere
mehr. - Am 13. Jänner 1967 wird mir aus berufenem Munde in Heiligenkreuz zu
Ohr gebracht: "Du Sittendorf, bist keineswegs die geringste unter den
Pfarren des Stiftes Heiligenkreuz!" - Im Gasthaus fragt jemand:
"Jugend-Nachtwanderung, für was (sprich: wozu) das gut ist?" - Es
wurde die richtige Antwort erteilt: "Was hat die Jugend früher getan,
und für was war das gut?" - Ich danke für die Schützenhilfe. - Damals
werden unmittelbar nach Weihnachten Schilager in der Koberhütte organisiert.
Die Pfadfinder für Buben und Mädchen blühen auf! Es kommen Buben und Mädchen
aus fast allen Pfarren des Dekanates und darüber hinaus wie Hinterbrühl, Weißenbach
etc. Eine Zeit hindurch sind unsere Pfadfinderführer und Führerinnen
zugleich als Führung der Dekanatsjugend in der entsprechenden Diözesanstelle
gemeldet; dies währt bis 26. Jänner 1971. Man zählt etwa 60 Kinder und
Jugendliche, die zur hiesigen Pfadfindergruppe zählen. Umfangreich berichtet
darüber das Pfarrblatt, dann auch eine eigenes Informationsblatt
"Pfadpress". Viele Aktenordner sind gefüllt von Archivmaterial; man
sollte eine eigene Geschichte über die Jugendarbeit schreiben. Prof. Dipl. Ing. Josef Fleischer beginnt
1968 die neue Winterkapelle über der Sakristei zu errichten; er übernimmt
die gesamte Planung und Durchführung der Raumgestaltung ohne ein Honorar zu
verlangen und bezahlt noch dazu die ausständigen Rechnungen. Am 18. März
1969 wird dort die erste heilige Messe gefeiert. Im Pfarrblatt lese ich von einer Busfahrt
am 26. Oktober 1969 - Gamming, Lunz am See- und viele solcher Autobusfahrten
folgen. Im September 1969 beginnt durch völlige Eigeninitiative und
finanziell vollends auf Eigenaufbringung angewiesen der Umbau des kleinen
Stallgebäudes zu einem Jugendheim: die Casa Sancti Pauli entsteht. Unter
Anleitung einer Fachkraft - meist ist es Maurermeister Josef Gratzer -
arbeiten die Jugendlichen fleißig mit. Auch Jugendliche aus Wien und
Berndorf, Kautendorf und Neudorf bei Staatz helfen mit. Alle sind mit viel
Geschick und Humor hilfsbereit am Werk. 1970 fallen mir die Lagerfeuer im
Pfarrhofgarten in der sogenannten "Naturarena" auf. 1971 wird die
Trockenlegung durch einen abisolierten und schottergefüllten Graben am 19.
und 20. Dezember fertiggestellt. Am 28. März 1972 sind vier von unseren
Jugendlichen im Haus Nazareth von Maria Roggendorf Gäste im Jugendpräsidium
"Turm Davids". Im Auto, noch auf der Heimfahrt, beschließen sie,
auch in Sittendorf ein Jugendpräsidium zu gründen. Darum werden für 6.
April 1972 18.30 Uhr zu einem Informationsabend Jugendliche von überall her
eingeladen. Monsignore Professor Dr. Hans Gro(r, der Geistliche Leiter des
Senatus, zugleich Wallfahrtsdirektor von Maria Roggendorf, gestaltet mit
einigen Junglegionären das Abendprogramm. Auch kann man Kaplan Dr. Manfred
Fux aus Perchtoldsdorf mit vier Junglegionären begrüßen. Seither weht ein
neuer Geist. Schließlich werden zwei Jugendpräsidien und ein Erwachsenenpräsidium
in Sittendorf errichtet. Das war gewissermaßen die Pionierzeit der Legion
Mariens in Sittendorf. - Es werden 25 neue Sessel angeschafft. - Am 24. April
1972 visitiert Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym unsre Pfarre. Der Tag war
regnerisch, doch sehr erfolgreich. Vieles aus unserer Pfarrarbeit gefiel:
Gottesdienst, Pfarrgemeinderat, Schulkinder, Jugend, besonders Pfadfindern und
Legion Mariens, unsere Bauarbeiten und andres mehr. Der Besuch endet mit einem
Empfang, der zu Ehren des hohen Gastes im Erdgeschoß des Pfarrhauses gegeben
wird. - Am 6. Mai sind vier Junglegionäre aus Sittendorf beim Curientreffen
in Maria Roggendorf, am 13. fahren die Wichteln dorthin mit zur
Monatswallfahrt und auch an den nachfolgenden 13. des Monats trieb es immer
wieder einige von uns dorthin. Von vielen wunderschönen Kulturfahrten unserer
Pfarre per Autobus zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten wird begeistert im
Pfarrblatt berichtet. Am 4. November 1972 wird in Perchtoldsdorfer Pfarrheim
die neue Jugendcuria Vikariat Süd "Pforte des Himmels" gegründet. Der Firmenchef Heinz Boubelik läßt
anfangs Mai 1973 erneut auf seine Kosten die Kirche innen ausmalen; diesmal wählen
wir weiß. Am Tag der Monatsbeichtgelegenheit - die
bereits seit 1969 angeboten - wird im Juni 1973 erstmals zu einem
Gebetszentrum eingeladen, zur Anbetung des ausgesetzten Allerheiligsten im
Anschluß an die Abendmesse. Etwa 40 Jugendliche nehmen am 1. Mai 1974 am
ersten Einkehrtag in Sittendorf teil, den Kaplan Dr. Manfred Fux so gestaltet,
daß den Teilnehmern sogar das Stillschweigen bis zur abschließenden
Aciesfeier leicht fällt. Am 10. Mai 1974 wird eine aus Holz geschnitzte
Statue der Gnadenmittlerin in er Wochentagskapelle über der Sakristei
aufgestellt. Im August 1974 ist die Casa Sancti Pauli fast fertiggestellt. Am
11. September 1974 bestaunt man einige Löcher durch die Mauern der Kirche und
des Pfarrhofes, die für den Einbau einer Gasheizung erforderliche sind. Am 2.
Oktober ist diese endlich durch die Firma FLAGA Korneuburg fertiggestellt. In
der Karwoche 1973 hat der Eisenofen in der Kirche mit einem langen glühenden
Rohr, das aus der Mauer herausrutschte, furchtbar geraucht und die Beter gefährlich
bedroht. Vom 1.- 9. Februar 1975 unternimmt unsere
Jugendcuria mit den Wiener Jugendcurien eine Romwallfahrt. Zunächst geht es
im Schlafwagen der ÖBB bis Venedig, wo man einen Tag verbringt und anschließend
wiederum auf gleiche Weise bis Rom fährt. Vom 12. - 26. Juli 1975 sind einige
unserer Junglegionäre mit Air Lingus auf Studienfahrt nach Dublin. - Am 18.
Oktober wird die Casa Sancti Pauli beinahe zu klein: 36 Teilnehmer sind zum
JC-Treffen gekommen. Daran schließt sich ein JC-Wochenende. Höhepunkt ist
die Nachtanbetung von 22-24 Uhr, die Gemeinschaftsmesse in der Marienkapelle
und zum Abschluß der Psalter mit meditativen Dias: die Jugendlichen beten auf
römische Art drei Rosenkränze und betrachten dabei die 15 Geheimnisse, wozu
sie 42 Minuten brauchen. Viele verweilen kniend während des gesamten Gebetes.
Zum Wochenende sind 25 Junglegionäre geblieben; das noch immer im Aufbau
begriffene Erwachsenenpräsidium sorgt großzügig für das Abendessen und Frühstück.
- Am 25. Oktober 1975 verarbeiten unsere beiden treuen Maurer mit drei
freiwilligen Helfern insgesamt 6 m³ Beton, am 8. November sind es fünf
freiwillige Helfer und 8 m³ Beton: die "Aula Sancti Petri" hat
endlich einen Fußboden! Unter den Helfern ist ein Familienvater, der von der
Nachtschicht direkt zu unserem Arbeitseinsatz kommt; wahrhaftig eine heroische
Tat! Am Donnerstag, den 20. November 1975, dem "Gedenktag Unserer Lieben
Frau in Jerusalem", wird eine Wallfahrt nach Maria Kirchbüchl
organisiert. Etwa 50 Leute aus Sittendorf und Umgebung nehmen daran teil;
Altabt Karl Braunstorfer führt sie als Geistlicher Leiter an. Viel Jugend und
zahlreiche Priester sind gekommen. Das ist gewissermaßen die
"Probewallfahrt": man will mit 13. Jänner 1976 mit den
Monatswallfahrten in Maria Kirchbüchl beginnen. Über die Massenmedien muß
dieses durch Plakate bereits angekündigte Vorhaben abgesagt werden, da ein
Orkan in der Nacht vom 3. Auf 4. Jänner 1976 das Dach der Wallfahrtskirche völlig
zerstört. Aber am 13. Februar 1976 ist es dann soweit: Beginn der ersten
Monatswallfahrt in Maria Kirchbüchl. Aus Sittendorf wird ein Autobus
organisiert und von überall her pilgern mit Autobussen und Personenkraftwagen
die Menschen zu "Unserer Lieben Frau auf der Säule". - Am 13. April
1976 kann man den Wallfahrern in Maria Kirchbüchl die erste gedruckte Ausgabe
von "Mosaik" anbieten. - Am 21. / 22. August 1976 wird erstmals die
Aktion "Brennender Dornbusch" durchgeführt. Darüber bringt die
Wiener Kirchenzeitung vom 5. September 1976 mit der Überschrift "Ferkel,
Feuer und viel Idealismus" einen bemerkenswerten Artikel._ - Am 30.
August 1976 erhält die Aula den Asphaltfußboden und anschließend sind
Zimmermannsleute am Werk: Fachlehrer Valentin Winter und Sohn Erich aus
Heiligenkreuz. Auch die Eingangstüren treffen ein und zudem kann PGR
Friedrich Braun preisgünstig aus dem Wiener Künstlerhauskino über 140
Sitzgelegenheiten erwerben. - Am Samstag, den 25. September 1976 wird in der
Propstei zu Wiener Neustadt die Jugendcuria der Legion Mariens unseres
Vikariates in eine Jugendcuria Sittendorf und eine Jugendcuria Wiener Neustadt
geteilt. - Dezember 1976 wird berichtet, daß in der Aula die Heizung
fertiggestellt wurde, die Küche der Casa und der Raum darüber ebenfalls
einen Gasheizkörper erhielten. 1976 erhalten die Kirchenglocken ein
elektrisches Läutwerk. Am 6. Mai 1977 erfolgt die Weihe des neuen
Zeughauses der Feuerwehr in Dornbach. - Vom 1.-12. August 1979 erfahren unsere
Jugendlichen über 14 - insgesamt 21 - die "Traumreise Israel -
Sinai": vieles aus der Heiligen Schrift verstehen sie nun besser; sie
erleben, wo Gott besonders gewirkt hat. - Im Pfarrblatt Dezember 1979 ist zu
lesen, daß die Außenfassade unserer Pfarrkirche renoviert wurde und das
Zifferblatt und die Zeiger der Turmuhr ein neues Outfit erhielten. Von
1969-1979 erleben wir gut vorbereitete Kulturfahrten oder Pfarrausflüge,
jeweils einer m Frühjahr und einer im Herbst. Freitag, den 25. April 1980 führt
Weihbischof DDr. Helmut Krätzl die Visitation unserer Pfarre durch und stellt
fest: "Der sehr geschmackvoll ausgestaltete Altarraum und die schönen
Paramente vermitteln sicher den Gläubigen den Eindruck, daß Liturgie ehrfürchtige
Feier des Gottesdienstes ist ... Im schön ausgebauten Pfarrheim werden
Diaabende und andere Weiterbildungsveranstaltungen angeboten ..." - Am 22
Februar 1981 wird in der "Aula Sancti Petri" das 100. Treffen der
Jugendcuria "Maria, Pforte des Himmels - Sittendorf" gefeiert. Gegen
70. Teilnehmer finden sich in "Hochstimmung" ein. - Das Attentat auf
den Heiligen Vater Papst Johannes Paul II. Am Mittwoch, dem 13. Mai 1981 um
17.20 Uhr - die Sittendorfer Wallfahrer sind bereits in Maria Kirchbüchl, als
sie über Rundfunk davon erfahren - erschüttert die Pilger der
Monatswallfahrt zutiefst. Wir fühlen uns alle wie noch nie mit dem Heiligen
Vater verbunden und atmen auf, als das Radio uns unmittelbar vor dem Schlußsegen
einen hoffnungsvolle Nachricht über den glücklichen Verlauf der
Papstoperation bringt. Später erfahren wir allerdings, daß diese
Rundfunkmeldung zu früh war, aber irgend etwas stimmte ja schließlich doch
daran. - Eine französische Jugendzeitschrift schreibt 1981 über unseren
"Brennenden Dornbusch" von l’action "Buisson Ardent",
der von der "Arche d’alliance" organisiert wird. Es kommen dann
auch etwa 200 junge Leute. Beim 7. Brennenden Dornbusch mit Bischof Maximilian
Aichern aus Linz 21. /22. August 1982 stellt sich Rundfunk und Presse ein;
Reporter und Fotografen feiern mit. In den nachfolgenden Jahren verzichten wir
meist wieder auf Rundfunk und Presse, weil es ohne Medienrummel doch ruhiger
ist. - Am 19. Dezember 1982 vermerkt der Schreiber dieser Zeilen im
Pfarrblatt, daß im Vorraum zur Sakristei eine Wasserleitungsanschluß
installiert wurde. Am 13. Jänner 1983 habe ich unter anderem
in Maria Kirchbüchl gesagt: "Hätte ich gestern die Worte der Begrüßung
gesprochen, dann wären meine Gedanken anders formuliert worden: Mit großer
Sorge über meine jüngeren und älteren Mitbrüder im Stift Heiligenkreuz -
mit großer Sorge über die Studenten und Professoren unserer Hochschule
Heiligenkreuz - mit großer Sorge über die mir anvertraute Jugend, meine
Pfarrkinder, Verwandte und Freunde - mit großer Sorge über die Aufgaben
unseres Vikariates und der ganzen Kirche - wäre ich gestern zu unserer
‘Lieben Frau auf der Säule in Maria Kirchbüchl’ geeilt. Und weil ich mir
vorgenommen habe, alle meine inneren Nöte der Gottesmutter anzuvertrauen, fühle
ich mich heute - hier in Maria Kirchbüchl - wie ein kleines Kind, das sich
weh getan hat und zur - Mutter läuft. Die Mutter bläst ein wenig die
schmerzende Stelle und streichelt liebevoll darüber, und schon sind die
Schmerzen vergessen, das Schluchzen hört auf und alles ist wieder gut."
Warum diese Worte? - Auch ich denke heute noch darüber nach! Herzlich gratulieren wir Herrn Friedrich
Braun, der am 30. Jänner 1983 von Kardinal Dr. Franz König für den enormen
Arbeitseinsatz während der Umbauzeit unserer Pfarrgebäude und für seine Tätigkeit
im Pfarrgemeinderat den Stephanusorden in Bronze erhielt. - Ab Mittwoch, dem
23. März 1983 gibt es ein bescheidenes deutsches Chorgebet vor und nach der
jeweiligen Messe. - Am 7. Mai 1983 erhält das neue Feuerwehrhaus in
Sittendorf seine Segnung: ein strahlendes Fest über die Grenzen der Pfarre
Sittendorf hinaus. - Am 15. August 1983 pilgern mit dem Schreiber dieser
Zeilen 54 Fußwallfahrer zur Cholerakapelle, wo sich weitere Sittendorfer -
meist Gehbehinderte - einfinden, sodaß etwa 70 das heilige Meßopfer dort
mitfeiern. - Freitag, dem 19. August 1983 wird das neue Sittendorfer Postamt während
einer feierlichen Eröffnung gesegnet. - Donnerstag, den 8. September 1983
trifft um 16.45 Uhr das "heilige Feuer" durch eine Lichtstafette vor
der Kapelle in Ortsmitte ein, zu dem Vertreter der Feuerwehr und die Bevölkerung
eingeladen sind. Anschließend wird das "gesegnete Feuer", das zum
Katholikentag und dem Papstbesuch (15. September 1983) einlädt, in die
Pfarrkirche gebracht, wo ab 17 Uhr eine heilige Messe zelebriert wird. Das
Licht wird in der Pfarrkirche und in Familien bis zum Abflug des Heiligen
Vaters bewahrt. - Vom 23. - 30. Oktober 1983 wird "850 Jahre Stift
Heiligenkreuz" gefeiert. Sittendorf ist bei verschiedenen Veranstaltungen
immer wieder vertreten. Was macht unser Herr Pfarrer, wenn er nicht
in Sittendorf ist? - So könnte jemand fragen. Und die Antwort lautet
vielleicht: Er hält eine Rede, wie etwa die nachfolgenden Sätze zeigen. Es
handelt sich dabei um ein Dankeswort an den Sekretär der Kongregation für
die Sakramente und den Gottesdienst in Rom, Erzbischof Dr. Virgilio Noè, vor
dem Schlußsegen der Pontifikalmesse mit Professoren, Mitbrüdern und
Studenten am 14. November 1983 (Beginn war 15 Uhr). Exzellenz! Als Dekan der
Philosophisch - Theologischen Hochschule Heiligenkreuz darf ich Ihnen nun im
Namen aller Professoren, Mitbrüder und Studenten mit tief empfundenen Frieden
freudig und herzlich danken für Ihren Besuch in Heiligenkreuz und Maria
Kirchbüchl, der uns allen für immer in Erinnerung bleiben wird. Ihre
Anwesenheit in unserer Mitte ist ein historisches Ereignis! - Exzellenz
durften als Päpstlicher Zeremoniär den Päpsten Paul VI., Johannes Paul I.
und auch noch am Beginn seines Pontifikates Johannes Paul II. unmittelbar
dienen. Diese Nähe zu den Päpsten hat sie geprägt. Wiederholt haben Sie
vernommen: "Habemus Papam!" Dieses "Habemus Papam" ist der
Grund, daß die Hochschule Heiligenkreuz existiert; wir wären sonst längst,
zumindest während der letzten Hochschul - Studienreform Österreichs 1969
zugrundegegangen. Nur die Berufung auf das Konkordat zwischen dem Heiligen
Stuhl und der Republik Österreich vom 1. Mai 1934 hat unsere Lehrinstitution
gerettet und neu erblühen lassen, sodaß wir heute 23 Professoren und 7
Gastprofessoren, sowie 61 immatrikulierte Hörer zählen. — Diese Hörer
kommen aus dem gesamten deutschen Sprachraum und bisweilen darüber hinaus . .
. Auch unsere Nähe zum Papst ist Grundlage unserer Existenz. Dessen sind wir
uns bewußt: Wo der Papst ist, da ist Kirche - und Kirche ist nur dort, wo
diese Gemeinschaft mit dem Papst lebt. So darf ich Ihnen für Ihren
liebenswerten Einsatz und für Ihre aufopfernde Hingabe im bischöflichen
Dienst, den wir erfahren durften, danken. Somit wurde ein weiteres,
bedeutungsvolles Band der Liebe, des Gehorsams und der Brüderlichkeit
zwischen Rom und Heiligenkreuz geknüpft. Dazu bitten wir Exzellenz um Ihren
Segen." Am Beginn der 100. Monatswallfahrt am
Sonntag, den 13. Mai 1984 durfte ich in etwa in Maria Kirchbüchl folgendes
sagen: "Daß ich Sie heute begrüße, ist gewiß keine Überraschung!
Verwundert werden manche sein und fragen: Wo ist denn der Hauptzelebrant? -
Vor Monaten schrieb ich Seiner Eminenz Joseph Kardinal Ratzinger nach Rom, um
ihn zur 100 Monatswallfahrt einzuladen. Kardinal Ratzinger antwortete: ‘Ich
komme gerne, nur ist es 1984 noch nicht möglich!’ - Dann schickte ich ein
Briefehen an Seine Eminenz Kardinal Joachim Meisner nach Berlin. Die Antwort
war: ‘Zu spät, ich habe bereits alle Termine für diese Zeit vergeben.’ -
So übergab ich die Gestaltung dieses Jubiläums der Gottesmutter und bin überrascht,
was Unsere Liebe Frau arrangiert hat. Da die erste Monatswallfahrt Altabt Karl
Braunstorfer am 13. Februar 1976 geleitet hat, dachte ich schließlich, daß
es angebracht sei, unseren Abt Gerhard Hradil zu bitten, diese Jubiläumswallfahrt
zu leiten. Abt Gerhard nahm an, wurde aber krank und bat nun mich, in seinem
Auftrag und in seiner Vertretung dieses Pilgerjubiläum zu feiern. Verdutzt
sagte ich in Liebe und Gehorsam zu. - Dann versuchte ich, dieses Fest
besonders musikalisch zu gestalten; aber die ‘Madonna auf der Säule’
wollte anscheinend nur Herrn Werner Reidinger an der Orgel und Frau Maria
Sellner aus Baden mit dem Cello. - Verblüfft bin ich, daß manche meinen, es
sei passend, wenn ich die 100. Monatswallfahrt leite. Dies zu beurteilen überlasse
ich euch, liebe Pilger! Passender finde ich, daß Andreas Katan heute das
Vortragskreuz beim feierlichen Ein- und Auszug in Händen hält und die
vorletzte Fürbitte sprechen wird, weil er ganz besonders zu danken hat, wie
ihnen das heutige, atemberaubende ‘Mosaik’ bestätigen wird. Diese Ausgabe
ist zugleich die Festnummer, die u. a. alle 100 Geistliche Leiter unserer
Monatswallfahrten aufzählt. - Sie sollten heute mehrere Exemplare mitnehmen
und an die zuhause Gebliebenen verteilen ..."_ Im Pfarrblatt Oktober 1984 ist zu lesen:
"Wahrscheinlich haben Sie schon entdeckt, daß seit Juli d. J. der
Pfarrhof renoviert wird. Zunächst wurden die Fußböden im ersten Stock
erneuert und zugleich die entsprechenden Maurerarbeiten durchgeführt, dann
war der Maler am Werk. Unsere Wasserberg - Tischler brachten Ende August die Hälfte
der Bücherregale, die im Studierzimmer des Pfarrhofes aufgestellt wurden. Zur
Zeit, da ich diese Zeilen schreibe, fehlt die andere Hälfte der Regale noch,
sodaß meine Handbibliothek noch an den Wänden des Gästezimmers aufgestapelt
ist. Gestern waren 2 Maurer, 3 Kupferschmiede und 4 Maler am Werk. Fast bei
jedem Fenster sah ein andere Arbeiter in den Pfarrhof; das nennt man Außenrenovierung!
- Wir wollen aber dem Stift Heiligenkreuz dankbar sein, daß diese Arbeiten am
Pfarrhof getan werden. - Neben der Leitung der Hochschule habe ich seit 1.
September d. J. auch die der Stiftsbibliothek übernommen. Falls Sie mich in
Sittendorf nicht antreffen, finden Sie mich meist im Stift Heiligenkreuz (Tel.
0 22 58 / 282, Kl. 45 oder Kl. 66)." Die bisher größte Wallfahrt in Maria
Kirchbüchl ist am 13. August 1985 mit Eminenz Dr. Alfred Maria Kardinal
Stickler. Die Wallfahrtskirche kann die vielen Pilger nicht mehr aufnehmen,
man steht draußen bei den Autobussen, singt das "Meerstern ich dich grüße",
betete laut den Rosenkranz, vier Priester sind in den Beichtstühlen voll
beschäftigt... 1000 Liedertexte waren zuwenig! Abwechslung und Freude bringt die
Renovierung der Sakristei. Die Bestürzung über das Ansinnen, statt einer Türe
- laut Kostenvoranschlag des Stiftsbauamtes - ein Türl (60 x 60 cm) beim
Kryptazugang außerhalb der Kirche einzumauern, wird sofort am 21. und 22.
August 1985 den zuständigen Verantwortlichen mitgeteilt. Es ist aus gegebenen
Gründen zu hoffen, daß in absehbarer Zeit der Kryptazugang ordentlich
erstellt wird was auch daraufhin geschieht. Am Donnerstag, den 2. Oktober 1986
(sic!) werden die Maurerarbeiten beendet, die uns einen neuen Zugang zur
Krypta schufen. Am ersten Adventsonntag 1985 ist bereits
der Stall von Betlehem mit einem Hirten und einem Schäfchen in der Kirche
aufgestellt. Das ruft freudige Spender wach! Im Laufe des Advents können
daraufhin immer mehr Krippenfiguren gekauft werden. Spontan werden Stimmen
laut: "Ich bezahle die gesamte heilige Familie! - Ich übernehme den
Esel! - Und ich den Ochsen, weil er so gut zu mir paßt!" Am 27. Jänner 1986 richtet der öffentliche
Notar Univ.-Prof. Dr. Winfried Kralik ein Schreiben an die Pfarrkirche
Sittendorf aus dem nachfolgende Sätze stammen: Betrifft: Verlassenschaft
Heinrich PLANK, 1180 Wien, Cottagegasse 19, verstorben am 7. 12. 1985 ... Als
mit der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung beauftragter Notar
erlaube ich mir Ihnen mitzuteilen, daß Ihnen der Erblasser in seinem
Testament vom 2. 4. 1968, sowie Nachtrag vom November 1982, folgendes Legat
vermacht hat: "... das Bild mit der Segnenden Madonna (Ölgemälde),
mutmaßlich Ende des 18. Jahrhunderts, der Kirche in Sittendorf, Bez. Mödling,
falls ich es nicht schon zu Lebzeiten dorthin gegeben habe: im Gedenken an
meine Mutter Josefa, geb. Ecker, 2. 2. 1858 in Neuweg 7, Sittendorf ..."
Das Bild wird am Mittwoch, dem 5. Februar abgeholt und am Freitag, dem 28.
Februar in der Kirche aufgehängt. Wer die Kirche betritt, hat den Eindruck,
daß die Gottesmutter ihn begrüßend segnet, wer das Gotteshaus verläßt könnte
meinen, mit dem Segen Mariens nach Hause begleitet zu werden. Intuitiv folgen
wir beim Anbringen des Marienbildes einer uralten Tradition, nach der in der Nähe
des Haupteinganges eine Darstellung der Gottesmutter zu finden ist: das
erinnert an Maria, die "Porta caeli", Pforte des Himmels! - Während
es um den dritten Fastensonntag (2. März 1986) 20 Minusgrade und noch mehr
hatte, konnten wir in der Pfarrkirche infolge der Heizung geradezu ein
Blumenmeer bewundern. Herzlichen Dank den Spendern! Das bedeutendste Ereignis der letzten Jahre
in unserer Pfarre war zweifellos die Pontifikalmesse Seiner Eminenz Dr. Alfons
Maria Kardinal Stickler am Beginn der Gebetsnacht "Brennender
Dornbusch" (Samstag, 30. August 1986), die nun schon zum 11. Mal gefeiert
wurde. Rundfunk und Presse haben ausführlich darüber berichtet: Kathpress,
IDU, 2x Wr. Kirchenzeitung, Mödlinger Nachrichten usw. Dazu möchte ich nur
noch einige Zahlen ergänzen: zur Pontifikalmesse kamen nahezu 250 Gläubige,
etwa 70 empfingen in dieser Dornbuschnacht das Bußsakrament, 100 wurden während
der Morgenmesse gezählt, die nach 4 Uhr früh zu Ende ging. Die vielen lieben
jungen Leute waren äußerst diszipliniert! Um den ersten Adventsonntag 1986 herum wird
der Stiegenaufgang zur Kirche aus Granitsteinen von der Gemeinde Wienerwald
erbaut. Am zweiten Adventsonntag, dem 6. Dezember
1987, erlebt die Pfarre Sittendorf im Gottesdienst ab 9 Uhr ein musikalisches
Großereignis des neu gegründeten Chores unter der Leitung von Frau Anne
Rothgeb-Peschek. Nicht nur vierstimmigen Chorgesang und Orgel, auch Violine
und Flöte begeistern die Zuhörer, die in überraschend starker Anzahl den
Sonntagsgottesdienst mitfeiern. Sonntag, den 10 Juli 1988 singen wir am
Schluß des Gottesdienstes das "Großer Gott, wir loben dich." Die
Kirche ist innen neu ausgemalt worden! Am Montag, dem 21. Mai 1990 und dem
darauffolgenden Dienstag konnte die Bittprozession durchgeführt werden. Am
Mittwoch, dem 23. Mai war für die ganze Pfarre Sittendorf ein besonderer Tag.
Auxiliarbischof Professor Dr. Kurt Krenn hat im Auftrag von Seiner Eminenz
Hans Hermann Kardinal Gro(r die Visitation der Pfarre Sittendorf eröffnet.
Der Bischof wurde vom Pfarrgemeinderat, dem Pfarrer, den Ministranten und
einem Kinder-Flöten-Terzett beim Kircheneingang begrüßt. Die Gläubigen
nahmen bereits ab 18.30 Uhr ihre Plätze in der Kirche ein. Der Bischof
feierte mit uns einen Gottesdienst und sprach eindringlich über die
notwendige Erneuerung der Kirche. Im Anschluß daran war Exzellenz Krenn für
alle Gläubigen vor der Kirche bei einem vom Pfarrgemeinderat organisierten
Umtrunk persönlich zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit wurden dem Bischof
unsere 5 Erstkommunionkinder, 6 Firmlinge und deren Eltern vorgestellt. Ebenso
konnten fast alle Mitarbeiter der Pfarre dem Bischof bekannt gemacht werden.
Der Pfarrgemeinderat hatte nach dem Umtrunk mit dem Bischof eine Sitzung im
Aufenthaltsraum der Casa Sancti Pauli. Am Mittwoch, 20. Mai 1992 ab 20.00 Uhr
werden die INTERNATIONALEN THEOLOGISCHEN STUDIEN <ITS> ins Leben
gerufen: Proponent A. K. Fenz ladet die Pfarrgemeinderäte Frau Dr.iur. Andrée
Heindl, Herrn Herbert Reinhold Meister und Herrn Josef Kaiser jun. zur
Statutenbesprechung ins "Landgut Alland". - Sonntag, 12. Juli 1992
spricht ab 16.30 der Apostol. Proton. Prälat Dr. Johannes Fabian (Budapest):
"Das Zeitgeschehen um Kardinal Mindszenty aus persönlicher
Erfahrung." - Donnerstag, 6. August 1992 ab 20.00 Uhr im "Landgut
Alland" konstituierende Generalversammlung des Vereines ITS. Seither
erleben wir eine rege Tätigkeit._ 1993 wird von der Firma FLAGA ein Gastank für
Flüssiggas zwischen Kirche und Pfarrhof in der Erde des Pfarrhofgartens
versenkt, der die Heizung von Pfarrhof und Kirche speist. Aula und Casa werden
an die örtliche Erdgasleitung angeschlossen. Von 21. - 30. Oktober 1995 werden wegen der
Durchgasung der Pfarrkirche die heiligen Messen an Wochentagen in der Casa, am
Samstag und Sonntag in der Aula zelebriert. Es wurde uns für 25 Jahre eine
Kirche ohne Holzwurm verheißen. Für die Orgel kam jedenfalls diese Aktion
dennoch zu spät. Vorerst hat der Wurm überall zu knabbern aufgehört. 30 Jahre Pfarrer in Sittendorf wird mit
einer Dankmesse am Sonntag, den 11. August 1996 ab 9 Uhr zelebriert, woraufhin
sich ein Pfarrheuriger anschließt. Von 17-20 Uhr bestreitet Herr Herbert
Ullreich mit Herrn Karl Kainzbauer ein humorvolles Musikprogramm. Der
Reingewinn wird für eine neue Orgel in der Pfarrkirche gespendet. Die Außenrenovierung der Pfarrkirche wird
mit der Entfernung des Gerüstes am 23. November 1996, dem Vortag des Christ-König-Festes
abgeschlossen. Am 17. Oktober - also etwa ein Monat zuvor - mußte allerdings
noch folgendes Fax ins Bauamt des Stiftes Heiligenkreuz geschickt werden:
"Die beiden entfernten Tafeln gehören wieder dort angebracht, wo sie
weggenommen wurden, sie sind in diversen Kirchenbeschreibungen genannt und u.
a. auch bei Rätselrallyes gesucht. - Der Steinmetz soll die romanische
Quadern nicht so zuckersüß ausbessern, sondern etwas mehr vom Ursprünglichen
lassen!" Somit kommen "der Je(abek und die Gattingerin" wieder
auf ihren angestammten Platz zurück. Und da dem Steinmetz beim Erneuern des
Fenstergitters im romanischen Fenster zuviel Mörtel herausbrach - von den
alten Steinen war nichts mehr vorhanden - meinte er ein gotischen Fenster
gestalten zu müssen, bis ich ihn überzeugte, daß in der Kirche drinnen
dieses Fenster eindeutig romanisch ist. Auch das ging dann in Ordnung. -
"Ecclesia semper reformanda!" - "Die Kirche ist immer
erneuerungsbedürftig, aber auch erneuerungsfähig!" Damit höre ich
einfach auf, weil auch mein historisches Elaborat verlocken würde, alles
erneut zu überarbeiten. Letzte Eintragungen: Sonntag, 6. April 1997
- 25 Jahre Ursprung dreier Jugendcurien mit Sr. Eminenz Dr. Hans Hermann
Cardinal Gro(r OSB, 15.00 Uhr Pontifikalmesse in der Pfarrkirche Sittendorf,
anschließend (16.30 Uhr) in der Aula Sancti Petri - Referat: Eminenz spricht
zur Jugend; nachfolgend - Buffet. Die JC Sittendorf mit ihrem GL P. Augustinus
Fenz ladet daher ihre "Tochter-Jugendcurie Wiener Neustadt"
(musikalische Gestaltung), ihre "Enkel-Jugendcurie Burgenland" und
alle, die ein Herz für die Jugend haben, zu diesem Jubiläum herzlich ein. Internationale theologische Studien (ITS):
Vortrag von Sr. Eminenz Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky: "Zur
Situation der Erzdiözese Berlin." Musikalisches Rahmenprogramm:
Kurt-Martin Herbst, Bariton - Hannes Marek, Klavier, Aula Sittendorf Samstag,
12. April 1997 ab 19.30 Uhr. Unmittelbar diesem Programm vorausgehend ab 18.30
Uhr Abendmesse mit Sr. Eminenz Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky in der
Pfarrkirche Sittendorf. Chronologische Überblicke Sittendorf/Wildegg - Chronik
Geschichte Österreichs 11. Jh. Sichendorfer, ein babenbergisches
Ministerialengeschlecht im heutigen Sittendorf 1114
Erstlingsnennung von Sittendorf 1133
Gründung des Stiftes Heiligenkreuz - Gründungsdatum: 11. September
1133 1136
Die Gründungsurkunde von Stift Heiligenkreuz nennt zweimal Sittendorf
und einmal den Dornbach 1148 - 1165 Heinrich von Wildegg BvW_ 1156
Österreich wird Herzogtum 1165 - 1187 Samson (?) von Wildegg BvW 1177 - 1194
Herzog Leopold V. 1187 ? - 1196 Walter von Wildegg BvW - ca
1166 treten Walter und Hartnid von Sittendorf als Zeugen auf bei der Gesamtübereignung
von Siegenfeld an Heiligenkreuz_ 1188
erste urkundliche Erwähnung Wildeggs 1189 - 1191
3. Kreuzzug 1192
Steiermark kommt zu Österreich 1196 - 1232 Ortlof von Wildegg BvW 1232 - 1261 Konrad von Wildegg BvW 1241
Mongoleneinfall in Europa 1246
Ende der Babenbergerherrschaft 1261
letzter Wildegger stirbt, Altenburger in Wildegg 1261 - 1283 ? Rapoto und Wulfing von
Altenburg BvW 1251 - 1276
Otakar von Böhmen_ 1276
Beginn der Habsburgerherrschaft 1283 ? - 1307 Dietrich von Altenburg BvW 1307 - 1322 Otto von Altenburg BvW 1322 - 1324 ? Rapoto II. von Altenburg BvW 1324 ? - 1346 Hertneid von Altenburg BvW 1335
Kärnten, Krain und Südtirol an Österreich 1346 - ? Leutold Veusel de Alecht (Alland)
BvW ? - 1362 Chraft und Leutlein de Alecht
(Alland) BvW 1362 - 1455
Neuhauser in Wildegg ? Eberhard, Alber, Thomas, Michael von
Neuhaus BvW 1363
Tirol an Österreich 1365
Gründung der Universität Wien 1392 ? - 1414 Peter und Georg von Altenburg
BvW ca. 1400
Zeit der Raubritter 1414 - 1427 Pankraz von Neuhaus BvW 1427 - ? Gilg von Neuhaus BvW ? Walpurgis, Giburg und Barbara von Neuhaus
BvW ? Ulrich Eybesbrunner BvW ? - 1465 ? Lambrecht Eybesbrunner BvW 1455 - 1479
häufige Besitzerwechsel 1457
in Ungarn kommt Matthias Corvinus_ an die Macht 1465 - 1471 Andre Greisenecker BvW 1471 - 1479 Paul Waser BvW 1479 - 1486 Söldnerführer (Hans) Jan
Holuber BvW 1485 - 1490
Matthias Corvinus residiert in Wien 1486
Achaz von Neideck (Achatz von Neydeck) kauft Wildegg 1486 - 1518 Achaz von Neideck BvW 1493 - 1519
Kaiser Maximilian I._ 1493
Achaz von Neideck
wird mit Wildegg belehnt 1517
Thesen von Martin Luther_ 1518 - 1536 Wolfgang von Neideck BvW 1525
Bauernkriege 1529
Türken belagern Wien - bezüglich Wildegg sind keine urkundlichen
Quellen vorhanden - die Türken konnten anscheinend die starke Burg nicht erstürmen 1536 - 1550 Ott von Neideck BvW 1549
Umbau der Burg 1550 - 1579? Ott von Neideck mit seinen Brüdern:
Martin (gest. 1565), Servatius (gest. 1568), Ulrich (gest. 1579?) BvW 1555
Augsburger Religionsfrieden_ 1579 - 1651
Streitigkeiten (der Baronin Klara von Neudeck, die den Protestantismus
auf Wildegg einführte) mit Stift Heiligenkreuz um die Kirche in Sittendorf,
die bis 1623 protestantisch blieb (Sittendorfer Kirchenschlüssel sind mit
kaiserlichem Dekret vom 17. Dezember 1623 dem Stift Heiligenkreuz
auszuliefern) - 1579 - 1623 = 44 Jahre ohne Zugang zur Kirche für die
romtreue Bevölkerung? 1579 - 1593 Servatius d. J., Ehrenreich
(gest. 1595), Joachim Ulrich und Hans Willhelm (gest. nach 1614) BvW 1594
Gruft in der Kirche Sittendorf errichtet_ 1580
Beginn der Gegenreformation in Niederösterreich 1593 - 1601 Andre Ehrenreich d.J.(= Andreas
Neudeck), Adam, Georg Sigmund und Hieronymus (alle belehnt 1593) BvW 1601 - 1611 Johann Wilhelm von Neideck
(belehnt 1601) BvW 1611 - 1623 Johann Adam von Neideck
(belehnt 1611) BvW - in der Gruft der Pfarrkirche 1618 - 1648
Dreißigjähriger Krieg 1621
Anbau des Vorwerks (Kapelle und Rundturm auf Schloß Wildegg) 1623 - 1650 Hans Georg von Neideck (belehnt
1623) BvW 1650 kehrten die Neudecker zum katholischen
Glauben zurück 1650 - 1664 Ehrenreich Ferdinand, Freiherr
von Neideck (belehnt 1652 od. 1650) BvW 1664 - 1672 Adam Max von St. Julian,
Lehensträger der minderjährigen Kinder (Friedrich und Hans Ludwig) BvW 1672 - 1682 Ehrenreich Friedrich (gest. im
Duell 1679) und Johann Ludwig<in der Gruft der Pfarrkirche>, Freiherrn
von Neideck (belehnt 1672) BvW 1679
Ehrenreich Friedrich von Neidecks Duell 1682 - 1686 Ferdinand Raimund, Freiherr von
Neideck (belehnt 1683) BvW - nach 1650 katholisch 1683
Brand der Burg (Zerstörung durch die Türken) Türken vor Wien 1686
Stift Heiligenkreuz kauft Wildegg 1686- ca. 1700
Instandsetzung der Burg 1686 - 1776
geistliche Verwalter 1701 - 1714
Krieg mit Frankreich um das spanische Erbe 1714
Teilung des spanischen Erbes, Österreich erhält Belgien, Luxemburg, Neapel, Sardinien und
Mailand 1733
erste Öffnung der Gruft 1740 - 1780
Maria Theresia 1756 - 1763
Siebenjähriger Krieg gegen Preußen 1776 - 1812
Meier_ betreuen Wildegg 1780 - 1790
Kaiser Joseph II. 1782
Dornbach kommt zu Sittendorf: von der Pfarre Heiligenkreuz erhält die
Pfarre Sittendorf 24 Seelen in Dornbach - dafür wird mit 40 Seelen der
Lindenhof, der bisher zu Sittendorf gehörte, an die Pfarre Sulz angegliedert 1792 - 1806
Koalitionskriege gegen Frankreich_ 1805
Österreich verliert den Krieg, Napoleon besetzt Wien 1806
Kaiser Franz II. gibt die Auflösung des Heiligen Römischen Reichs
bekannt 1812 - 1832
Verwalter 1812
Napoleons Feldzug nach Rußland 1813
Österreich, Preußen und Rußland besiegen Frankreich 1814 - 1815
Wiener Kongreß 1832 wird der um die Kirche liegende
Friedhof auf eine Anhöhe auf der Straße nach Sparbach verlegt 1832 - 1875
Meier betreuen Wildegg 1833
zweite Öffnung der Gruft 1836
wird die Glocke aus dem Südostturm der Burg Wildegg in die
Sittendorfer Pfarrkirche gebracht ab 19. Jh. bis 1947
Heiligenkreuzer Forstmeisterei in Wildegg untergebracht 1848
Märzrevolution 1848 - 1916
Kaiser Franz Joseph I. 1851 ein neues Pfarrsiegel wurde besorgt,
"sowohl zum Wachs- als auch zum Schwarzdruck Gebrauche" 1875 - ca. 1933
weltliche Pächter 1867
Ausgleich mit Ungarn, Österreichisch-ungarische Monarchie 1878 aus dem Nachlaß von Abt Edmund Komáromy
wird eine Kreuzpartikel "in einer Einfassung aus unedlem Metalle aber von
gefälliger Form" von der Kirche Sittendorf "angekauft". 1897 in Dornbach eine aus Steinen gebaute
Kapelle - an der Stelle der hölzernen zum hl. Leonhard 1914
Ermordung Franz Ferdinands u. Gemahlin in Sarajewo 1914 - 1918
Erster Weltkrieg 1916 - 1918
Kaiser Karl I. 1918
Gründung der Republik Deutschösterreich 1919
Friedensvertrag von St. Germain, Festlegung neuer Grenzen 1923
Verein österreichischer Wanderfreunde mietet die Burg Wildegg 1927
Brand des Justizpalastes 1928
Einweihung der Wildegger Burgkapelle 1931
Zusammenbruch der Nationalbank 1933
Ausschaltung des Parlaments 1934
Februarkämpfe zwischen Regierung und Sozialdemokraten, Dollfuß wird von Nationalsozialisten
ermordet 1938
Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich 1938 - 1945
pfarrliche Jugendgruppen werden von der Gestapo registriert_ 1939 - 1945
Zweiter Weltkrieg 1945
am Mittwoch, den 4. April ziehen die Russen in Sittendorf ein 1945
Proklamation über die Unabhängigkeit Österreichs 1946
erstes Dekanatshelfertreffen in Wildegg 1947
Konstituierung der KJSÖ, erster Verwalter in Wildegg 1948
erster Grundkurs der Jungschar in Wildegg, Mietvertrag der Jungschar
mit Stift Heiligenkreuz 1955
Staatsvertrag, Neutralitätserklärung 1956
Große Koalition nach Neuwahlen 1966
Neugestaltung der Kapelle im Schloß Wildegg ÖVP-Alleinregierung 1970
SPÖ-Alleinregierung 1972 hält am 6. April durch Monsignore
Professor Dr. Hans Gro(r, Geistlicher Leiter des Senatus, Wallfahrtsdirektor
von Maria Roggendorf, die Legion Moriens Einzug in unserer Pfarre 1976 beginnen von Sittendorf aus am 13.
Februar die Monatswallfahrten in Maria Kirchbüchl 1983
Kleine Koalition 1986
Heiligenkreuz schenkt die Burg der Erzdiözese Wien (10.1. 1986 - 300
Jahre nachdem das Stift Heiligenkreuz die Burg
gekauft hatte)
Große Koalition 1987
Jungschar übernimmt die Räume der Wanderfreunde, Beginn der
Restaurierung 1988
Abgrabung des Erdgeschosses, 800-Jahr-Feiern der Burg Wildegg 1992 werden am 20. Mai die INTERNATIONALEN
THEOLOGISCHEN STUDIEN <ITS> ins Leben gerufen Die Besitzer von Wildegg im Mittelalter Heinrich von Wildegg
1148 - 1165 Samson (?) von Wildegg
1165 - 1187 Walter von Wildegg
1187 ? - 1196 Ortlof von Wildegg
1196 - 1232 Konrad von Wildegg
1232 - 1261 Rapoto und Wulfing von Altenburg
1261 - 1283 ? Dietrich von Altenburg
1283 ? - 1307 Otto von Altenburg
1307 - 1322 Rapoto II. von Altenburg
1307 - 1324 ? Hertneid von Altenburg
1324 ? - 1346 Leutold Veusel de Alecht
1346 - ? Chraft und Leutlein de Alecht
? - 1362 Eberhard, Alber, Thomas, Michael von
Neuhaus
? Peter und Georg von Altenburg
1392 ? - 1414 Pankraz von Neuhaus
1414 - 1427 Gilg von Neuhaus
1427 - ? Walpurgis, Giburg und Barbara von Neuhaus
? Ulrich Eybesbrunner
? Lambrecht Eybesbrunner
? - 1465 ? Andre Greisenecker
1465 - 1471 Paul Waser
1471 - 1479 Hans Holuber
1479 - 1486 Achaz von Neideck
1486 - 1518 Die Neidecker in Wildegg Achaz von Neideck
1486 - 1518 Wolfgang von Neideck
1518 - 1536 Ott von Neideck
1536 - 1550 Ott von Neideck mit seinen Brüdern: Martin
(gest. 1565), Servatius (gest. 1568), Ulrich (gest.
1579?)
1550 - 1579? Servatius d. J., Ehrenreich (gest. 1595),
Joachim Ulrich und Hans Wilhelm (gest. nach 1614)
1579 - 1583 Andre Ehrenreich d.J., Adam, Georg Sigmund
und Hieronymus
1593 - 1601 Johann Wilhelm von Neideck
1601 - 1611 Johann Adam von Neideck
1611 - 1623 Hans Georg von Neideck
1623 - 1650 Ehrenreich Ferdinand, Freiherr von Neideck
1650 - 1664 Adam Max von St. Julian, Lehensträger der minderjährigen Kinder
1664 - 1672 Ehrenreich Friedrich (gest. im Duell 1679)
und Johann Ludwig, Freiherrn von Neideck
1672 - 1682 Ferdinand Raimund, Freiherr von Neideck
1682 - 1686 (belehnt 1683) Pfarr(v)er(weser)in Sittendorf 1. P. Dr. theol. Petrus Kainz
1783-1788 2. P. Augustin Wiss
1788-1790 3. P. Xaver Karner
1791-1797 ... P. Augustin Wiss
1798-1801 4. P. Petrus Krause
1801-1805 5. P. Chrysostomos Dittrich
1805-1810 6. P. Amand Kalina
1810-1812 7. P. Benedikt Gedler
1812-1819 8. P. Gerhard Raser
1819-1822 9. P. Emerich Simala
1822-1831 10. P. Leopold Gindl
1831-1839 11. P. Johannes B. Krug
1839-1841 12. P. Gustav Lorenz
1841-1842 ... P. Leopold Gindl
1842-1845 13. P. Cajetan Sevignani
1845-1852 14. P. Dr. phil. Hermann Umdasch
1852-1860 15. P. Theodor Koch
1860-1868 16. P. Alberik Wilfing
1868-1875 17. P. Paulus Traint
1875-1881 18. P. Leopold Je(abek
1881-1902 19. P. Heinrich Sekyra
1902-1906 20. P. Hugo Presch
1906-1909 21. P. Marian Chocensky
1909-1018 22. P. Stephan Harvanek
1918-1940 23. P. Dr. theol. Severin Grill
1940-1946 24. P. Hadmar Borowan
1946-1963 25. P. Dr. iur. can. Canisius Noschitzka
1963-1965 26. P. Guido Grünberg
1966 (1.1.)-1966 (11.8.) 27. P. Lic. Dr. theol. Augustinus Fenz
1966 (12.8.)-dato_ Österreich: Herrscherliste Die Markgrafen der bayerischen Ostmark bzw.
von Österreich (976-1156), die Herzöge (1156-1453) und die regierenden
Erzherzöge (seit 1453) von Österreich; die Könige von Ungarn und Böhmen
(seit 1526/27); die Römischen Kaiser (seit 1804 Kaiser von Österreich) Babenberger
(976-1246) Leopold I.
976- 994 Heinrich I.
994-1018 Adalbert der Siegreiche
1018-1055 Ernst
1055-1075 Leopold II.
1075-1095 Leopold III., der Heilige
1095-1136 Leopold IV. (Hzg. von Bayern 1139-1141)
1135-1141 Heinrich II. Jasomirgott (Hzg. von Bayern
1143-1156)
1141-1177 Leopold V. (Hzg. von Steiermark 1192-1194)
1177-1194 Friedrich I., der Katholische
1194-1198 Leopold VI., der Glorreiche (Hzg. von
Steiermark 1194-1230) 1198-1230 Friedrich II., der Streitbare (Hzg. von
Steiermark 1230-1246)
1230-1246 Hermann (Markgraf von Baden)
1247-1250 Ottokar II. Przemysl (König von Böhmen)
1251-1278 Habsburger Albrecht I. (Hzg. von Steiermark; Röm. König
seit 1298)
1282/83-1308 Friedrich III., der Schöne (Röm. König
seit 1314)
1308-1330 Albrecht II., der Lahme
1330-1358 Rudolf IV., der Stifter
1358-1365 Albrecht III. und Leopold III.
1365-1379 Teilung 1379-1493 Albertin. Linie in Ober- und Niederösterreich
1379-1457 Albrecht III.
1379-1395 Albrecht IV.
1395-1404 Albrecht V. (Röm. König [A. II.] seit
1438)
1404-1439 Ladislaus Posthumus (König von Ungarn und
Böhmen [L. V.] 1440/1453) 1439/52-1457 Leopoldin. [steir.] Linie in Inner-, Vorderösterreich
und Tirol 1379-1493 Leopold III.
1379-1386 Wilhelm
1379-1406 jüngerer steir. Zweig in Innerösterreich
Leopold IV.
1406-1411 Ernst der Eiserne
1411-1424 Friedrich V. (Röm. König/Kaiser [F. III.]
seit 1440/1452)
1424/35-1493 älterer Tiroler Zweig in Vorderösterreich
und Tirol
1406/11-1490 Friedrich IV.
1406-1439 Sigmund
1439-1490 Röm. Kaiser
1493-1564 Maximilian I. 1493-1519 (Röm. König/Kaiser
seit 1486/1508) 1493-1519 Karl I. (Röm. König/Kaiser [K. V.] seit
1519/1530; König von Spanien seit 1516) 1519-1521/22 Ferdinand I. (Röm. König/Kaiser seit
1531/1556; König von Ungarn und Böhmen seit 1526/27) 1521/22-1564 Teilung 1564-1619/1665 Österr. Hauptlinie in Österreich unter
und ob der Enns (niederösterr. Lande), Könige von Böhmen und Ungarn und Röm.
Kaiser 1564-1619 Maximilian II.
1564-1576 Rudolf II.
1576-1612 Matthias
1612-1619 Steirische Linie (Innerösterreich)
1619-1780 Könige von Böhmen und Ungarn, 1619-1740 Römische Kaiser Karl II.
1564-1590 Ferdinand II. (Röm. Kaiser seit 1619)
1590/1619-1637 Ferdinand III.
1637-1657 Leopold I.
1657-1705 Joseph I.
1705-1711 Karl VI.
1711-1740 Maria Theresia
1740-1780 Tiroler Linie in Vorderösterreich und
Tirol (oberösterr. Länder) Ferdinand II.
1564-1594 Maximilian III.
1602-1618 Leopold V.
1618/25-1632 Ferdinand Karl
1632/46-1662 Sigmund
1662-1665 Habsburg-Lothringer Könige von Böhmen und Ungarn und Röm.
Kaiser bzw. Kaiser von Österreich Joseph II.
1780-1790 Leopold II.
1790-1792 Franz II. (I.) (Röm. Kaiser 1792-1806;
Kaiser von Österreich (F.I.) seit 1804) 1792-1835 Ferdinand I.
1835-1848 Franz Joseph I.
1848-1916 Karl I.
1916-1918 Ut in omnibus glorificetur Deus et Beata
Virgo Maria! _ Lit. dazu u.a.: H. Wolfram, Österreichische
Geschichte (378-907), Grenzen und Räume, Wien 1995; F. Weis-sensteiner, Die
Erzdiözese Wien in ihrer Geschichte, Bd. I Strasbourg 1995; K. Gutkas,
Geschichte des Landes Niederösterreich, 5. Aufl. St. Pölten, 1974, 565-569
(= Gutkas). - Gleich vorweg muß ich gestehen, daß ich hiemit - mit Ausnahme
der Sittendorfer Pfarrchronik - nur eine Arbeit aus vielfacher sogenannter
Sekundärliteratur für meine Pfarre bzw. die Einwohner der Gemeinde
Wienerwald verfasse. Auf ein gründliches Quellenstudium kann ich mich - wegen
dringlicher Publikationsvorhaben aus meinem Lehrtätigkeitsbereich - nicht
einlassen. Ich würde empfehlen, daß bald ein jüngerer Mitbruder über
unsere Pfarre eine Dissertation verfaßt. Materialien sind in ausreichendem Maße
vorhanden. - Der Leser wird bisweilen historische Ungereimtheiten entdecken,
die auch mir gelegentlich entgangen sind. - Ich muß allerdings bekennen, daß
mir mit dieser historischen Skizze über die Pfarre Sittendorf und den damit
verbundenen geschichtlichen Entdeckungen ein spannender Ausflug in die
Heimatgeschichte geschenkt wurde. _ Römerzeit und Völkerwanderung (bis 6.
Jh.): Der Raum des späteren Österreich wurde von der Errichtung der Provinz
Noricum in der augusteischen Expansionsphase bis ins 5. Jh. durch die Römerherrschaft,
danach durch die Auseinandersetzung zwischen germanischen und slawischen Stämmen
bestimmt. - Die bayerische und babenbergische Herrschaft (6. Jh.-1246): Das
bayerische Herzogsgeschlecht der Agilolfinger konnte vom 6.-8. Jh. durch
Ausdehnung seines Territoriums bis zu den Hohen Tauern und zum Wienerwald eine
Vormachtstellung im SO erreichen, die erst 787/788 durch Karl d. Gr. mit der
Beseitigung des älteren bayerischen Stammes-Herzogtums und seiner
Eingliederung in das Fränkische Reich endete. Keimzelle des späteren Österreichs
wurde die bayerische Ostmark, die 976 als Reichslehen bei bayerischen Lehnsabhängigkeit
den Babenbergern verliehen wurde. Diesen gelang es seit Mitte des 11. Jh.,
durch Erwerb von Adelsherrschaften, Vogteirechten und Kirchenlehen, durch
Rodung, Landesausbau und Heiratspolitik (1192 Erwerb der Steiermark), eine von
Bayern unabhängige Machtposition aufzubauen. 1156 kam es zur Verselbständigung
der Mark als Herzogtum Österreich. _ Awaren (Avaren), zu den Hunnen gehörendes,
vermutlich protomongolisches nomadisierendes Steppenvolk aus Zentralasien; ließen
sich im 6. Jh. n. Chr. an Donau und Theiß nieder, wo sie ein eigenes Reich
errichteten, das nach der Niederlage (791-803) gegen Karl d. Gr. verfiel. _ H. Watzl, "...In loco, qui nunc ad
Sanctam Crucem vocatur ...", Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des
Stiftes Heiligenkreuz, Heiligenkreuz 1987 (= Hermann Watzl), 320 Anm. 168:
"Daß die heutige Heiligenkreuzer Gegend vor Gründung des hiesigen
Klosters und noch während des 12. Jh. religiös kirchlich nach Klosterneuburg
hin orientiert war ist bisher nicht beachtet worden. Vgl. die einschlägigen
Traditionen. Alland. c 1123 (<Traditionskodex Klosterneuburg> FRA II/4
n. 15, S. 4), c 1125 (n. 29 S. 7).- Arnstein. 1169 (n. 340 S. 68), vor 1177
(n. 518, S. 111), 1196 - 1216 (n. 444 S. 96).- Gaaden, c 1130 (n. 100 S. 12),
1169 (n. 340, S 68), vor 1177 (n. 518 S. 111). 1185 (n. 545 S. 130).-
Sittendorf, 1114 (n. 149 S. 32), c 1123 (n. 16 S. 4). c 1125 (n. 44 S. 11), c
1137 (n. 163 S. 34) c 1139 (n. 172 S. 36). 1170 (n. 345 S. 39). 1171 III 31.
(n. 340 S. 72).- Sparbach c 1128 (n. 79 S. 17), c 1131—1143 (n. 195 S. 40).
c 1139 (n. 188 S. 39), 1186 (n. 374 s. 77.).- Sulz c 1125 (n. 44, S. 11), c.
1139 (n. 172 S. 36). Datierung nach gefälliger Mitt. von Professor Dr.
Berthold Cernik, Klosterneuburg." - Demnach scheint im heutigen
Heiligenkreuzer Gebiet Sittendorf als älteste Erstbenennung mit den meisten
Urkunden im genannten Klosterneuburger Traditionskodex auf. _ Das Archiv des Bistums Passau,
Luragogasse 4, teilt mit Schreiben vom 1. 2. 1988 mit: "Die
mittelalterliche Urkundenüberlieferung der Passauer Bischöfe befindet sich,
soweit sie sich je zu Passau befunden hat, heute praktisch vollständig im
Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München. Da aber Urkunden nicht nur original
überliefert sind, sondern auch in Abschriften, ist es durchaus möglich, daß
sich diese Urkunden in Kopialbüchern erhalten haben, die unter anderem im Diözesanarchiv
Wien liegen könnten. Wenden Sie sich daher bitte mit Ihren Fragen auch an die
Kollegen in Wien. Zu den Passauer Diözesanmatrikeln verweise ich Sie auf die
Edition von Rudolf Zinnhobler, die bisher allerdings nur für das westliche
Offizialat vorliegt, in der Einleitung zu Bd. 1 aber sich umfänglich über
die Matrikeln äußert: Rudolf Zinnhobler, Die Passauer Bistumsmatrikeln für
das westliche Offizialat, I: Einleitung. Die Archidiakonate Passau und
Interamnes = Neue Veröffentlichungen des Institutes für Ostbairische
Heimatforschung 31 8 (Passau 1978). In der in unserem Hause verwahrten
Bistumsmatrikel aus dem Jahre 1429 (ABP, OA B 139) heißt es auf S. 4:
‘Sickendorff, VIII t (Talente)’. Als Patron ist angegeben das Geschlecht
der ‘Wildeckher’. Die bei Zinnhobler angegebene Abschrift "ABP, OA, B
81’ liefert den gleichen Eintrag. In unserem Ordinariatsarchiv verwahren wir
keinerlei spezifische Unterlagen zu Sittendorf. Mit freundlichen Grüßen Dr.
Herbert W. Wurster." _ Seit 896 besetzten die Magyaren das
Pannonische Becken, assimilierten die hier lebenden Völker (Germanen, Slawen,
Dakoromanen u. a.) und unternahmen Raubzüge in ganz Europa (933 bei Riade,
955 auf dem Lechfeld, 970 vor Byzanz besiegt). Stephan I., der Heilige, ließ
sich im Jahre 1001 mit einer von Papst Silvester II. verliehenen Krone
(Stephanskrone) zum König krönen. _ Karolinger (Karlinger), fränkisches
Herrschergeschlecht aus dem Mosel-Maas-Raum, benannt nach Karl d. Gr.;
hervorgegangen aus einer Verbindung zwischen Arnulfingern und Pippiniden; 687
Hausmeier im Gesamtreich (Pippin II.), 751 Könige (Pippin III.). Die
Karolinger erloschen in der lothringischen Linie 869, in der italienischen
875, in der ostfränkischen 911 und in der westfränkischen 1012. _ Dankenswerter Weise schrieb der
Stiftsarchivar Professor h.c. P. Hermann Watzl (+ 13. 11. 1986) im Jahr
1967/1968 in "Unser Pfarrblatt - Dekanat Heiligenkreuz" 2. Jahrgang,
1967, Nummer 5, Nummer 11; 3. Jahrgang, 1968, Nummer 1 (= Pfarrblatt) auf
Einladung des Schreibers dieser Zeilen einen Abriß über die Pfarre
Sittendorf. Er stützte sich auf Malachias Koll< siehe anschließend>,
was beispielsweise durch die Übernahme einiger Ausdrücke wie "roter
Marmorfelsen" auf dem Wildegg steht ersichtlich ist (vgl. Pfarrblatt). Im
folgenden stützt sich dieser Geschichtsüberblick zunächst auf diese Arbeit
von H. Watzl im Pfarrblatt. - Ein immens großer Vorteil bildet nun der
Sammelband Watzl (siehe anschließend). _ Hermann Watzl 305 Anm. 32¸vgl. ebd. 304
Anm. 17. _ Ebd. 328. 533 Anm. 20. 22. _ Hermann Watzl 305, Anm. 29. - Der Bach
"Dornbach" wird bereits 1136 in der Stiftungsurkunde genannt, wie
anschließend gezeigt wird. Koll 191 gibt, wie anschließend ersichtlich ist,
bereits das Jahr 1002 an, was wahrscheinlich die gewohnte Verwechslung mit
Dornbach Wien XVII ist. - Zur Jahreszahl 1236 in Verbindung mit Dornbach GB Mödling
vgl. Hermann Watzl 93. 178. - Grub (von Grube kommend), Dornbach und
Sittendorf kommen erst 1686 durch den Kauf von Wildegg zu Heiligenkreuz (ebd.
305f). _ Zisterziensergründung. _ Hermann Watzl 304, Anm. 17; ebd. 518. _ Ebd. 519 beachte auch ebd. 520. 522. 524. _ F. Hlawatsch, Die Heiligenkreuzer
Stiftungsurkunde 1136, Sancta Crux 1935, Jubiläums-Festausgabe, Heiligenkreuz
1935,3f (= SCJ). _ Druckfehler in SCJ, wo 1106 steht! _ Lothar III. von Supplinburg, * 1075 (?),
+ Breitenwang (Tirol) 3. (4.?) 12. 1137, Herzog von Sachsen (seit 1106), König
(seit 1125), Kaiser (seit 1133). Gegen staufische Thronansprüche durch
Verbindung mit den Welfen zum König gewählt. Im Konflikt mit den Staufern
(1127 Gegenkönigtum Konrads [III.]). setzte sich Lothar 1135 durch. _ Otto von Freising, * um 1111/1114, +
Kloster Morimond bei Langres 22.9. 1158, deutscher Geschichtsschreiber, Sohn
des österreichischen Markgrafen Leopold III., des Heiligen; trat 1132/33 in
das Zisterzienserkloster Morimond ein (um 1137 Abt); 1138 Bischof von
Freising; seine "Chronik oder Geschichte der zwei Reiche" (8 Bücher,
1143-46) deutet die Geschichte als das Ringen zwischen dem Gottesstaat
(Civitas Dei) und dem durch Gewalt und Unglauben geprägten Weltstaat (Civitas
terrena). Verfasser eines Tatenberichts seines Neffen, Kaiser Friedrich I.
Barbarossa (2 Bücher, bis 1156 reichend, 1157 abgefaßt). Sein Gedenktag ist
der 7. September. _ Hermann Watzl 16. _ Österreichische Wanderfreunde, Wien,
IX., Fuchsthallergasse 11. Vierzig Jahre in Wildegg, als Manuskript vervielfältigt
= Wanderfreunde 11. _ Leopold V. (1177-1194). Gutkas 61ff
schreibt: "Im Jahre 1187 hatten die Mohammedaner unter Sultan Saladin
Jerusalem zurückerobert. Die Kreuzfahrerstaaten in der Levante, am Ende des
11. Jahrhunderts gegründet und seither meist von französischen Rittern
gehalten, mußten um ihren Bestand bangen. In diesem Augenblick begrub das
Abendland allen Zwist und die Blüte der Ritterschaft zog aus ins Heilige
Land. Die Deutschen unter Führung Friedrich Barbarossas wählten wiederum den
Landweg entlang der Donau. Ein mächtiges Heer, gefolgt von einem gewaltigen
Troß, strömte durchs Alpenvorland und verübte auch manche Gewalttat, wenn
es nicht das erhielt, was es wollte. Herzog Leopold von Österreich folgte
erst später mit kleinem Gefolge auf dem Seeweg nach. Als Akkon kapituliert
hatte, ließ der englische König Richard Löwenherz das Banner der Österreicher
von den Zinnen der Stadt entfernen und schloß die Deutschen und Italiener von
der Beute aus. Später eroberte er Zypern, das einem byzantinischen Verwandten
des österreichischen Herzogs gehörte. Daraufhin verließ der Babenberger das
Kreuzheer und zog heim. Der englische König entging seiner Rache nicht. Auf
dem Heimweg verschlugen ihn Stürme an die Küste Istriens, und er mußte den
Landweg durch feindliches Gebiet einschlagen. Unerkannt hoffte er nach Sachsen
zu gelangen, mit dessen Herzog er verwandt war. Durch Zufall wurde er bei Wien
erkannt und von Leopold in der Burg Dürnstein gefangen gehalten. Nur durch
hohes Lösegeld in Edelmetall, so hoch wie sein Erlös für Zypern, das er den
Maltesern verkauft hatte, gewesen war, konnte er die Freiheit wieder erlangen.
Die Hälfte davon, 11.690 Kilogramm Silber, für dessen Aufbringung in England
die Kirchenschätze eingeschmolzen werden mußten, fiel dem Herzog zu, die
andere Hälfte dem deutschen König. Diese Summe verwendete Leopold zur Anlage
einer neuen Stadt, Wiener Neustadts, an der österreichisch-steirischen
Grenze, sowie zur Ausgestaltung und Befestigung anderer Grenzstädte, wie Wien
und Hainburg ... Ritterliches Wesen und Lebensart, nicht so fein und zart, wie
es in romantischen Darstellungen oft gesehen wird, aber doch edel und hehr in
einer an und für sich rauhen Zeit, waren das Sinnbild der Kultur des 12.
Jahrhunderts. Schönsten und höchsten Ausdruck fand diese ritterliche Kultur
im Minnesang. Der Hof Leopold V. war eine der bedeutendsten Pflegestätten in
Süddeutschland. Hier wirkte der Elsässer Reinmar der Alte, die ‘Nachtigall
von Hagenau’, dessen Tod Gottfried von Straßburg in seinem ‘Tristan’
1210 beklagte. Seine formvollendeten Gedichte, reich an sinnigen
Herzensworten, pflegten vor allem die wehmütige Klage über unerhörte Liebe.
Als Leopold V. zu Weihnachten 1194 starb, legte er dessen Witwe Helene ein rührendes
Trauerlied in den Mund. - Der Tod dieses Babenbergers war auch tragisch. Die
Gefangennahme eines Kreuzfahrers hatte ihm den päpstlichen Bann eingetragen.
Englische Chroniken dieser Zeit, auf Usterreich besonders schlecht zu
sprechen, berichten von einer Anzahl Katastrophen im Lande und sehen darin
eine Strafe Gottes für die Handlungen des Herzogs. Tatsächlich haben in den
letzten Lebensjahren Leopolds ein Brand in Wien, Überschwemmungen der Donau,
gefolgt von Hungersnot und Pest, stattgefunden, doch erwähnt keiner der
einheimischen Chronisten, daß das Volk diese Heimsuchungen als Vergeltung für
die Gefangennahme des englischen Königs angesehen hat. Mitten in heiterer
Festtagslaune, bei Turnierspielen in Graz, stürzte der Herzog vom Pferde und
brach sich ein Bein. Die ärztliche Kunst der Zeit wußte dafür keine Rettung
mehr. Wenige Tage später ist er gestorben, nachdem er noch auf dem
Sterbebette die Zusicherung gegeben hatte, daß der Rest des Lösegeldes an
England zurückgezahlt werden würde. Dafür wurde er vom Banne gelöst. In
Heiligenkreuz liegt er begraben." _ Laab im Walde. _ Friedrich I. Barbarossa
"Rotbart", * Waiblingen (?) 1122, + im Salef (= Göksu nehri,
Kleinasien) 10.6. 1190 (ertrunken), als Friedrich III. Herzog von Schwaben, Römischer
König (1152), Kaiser (1155). Trennte 1156 Österreich als babenbergisches
Herzogtum. vom Herzogtum Bayern ab. Nach dem 1. Italienzug 1154/55, der der
Kaiserkrönung galt, kam es 1157 (Reichstag zu Besancçon) zum 1. Konflikt mit
dem Papsttum, als Friedrich sich weigerte, das Kaisertum als päpstliches
Lehen "beneficium" anzuerkennen. Die folgenden Italienzüge (1158,
1163, 1166-68, 1174-77) wurden unternommen, um die kaiserlichen Rechte in den
lombardischen Städten wiederherzustellen (Ronkalische Reichstag 1158 -
Ronkalische Felder, Ebene in der Emilia-Romagna, benannt nach dem Ort
Roncaglia <= Piacenza>; im MA Heerlager der Römischen Könige und
Kaiser) und um das 1159 ausgebrochene Schisma zwischen den Päpsten Alexander
III. und (dem von Friedrich unterstützten) Viktor (IV.) zu beenden; sie
endeten mit einer Niederlage des deutschen Ritterheeres. 1178 ließ sich
Friedrich in Arles zum König von Burgund krönen. Im Reich gelang ihm der
Ausbau der staufischen Hausmacht (v. a. Städtegründungen) und der Sturz
Heinrichs des Löwen (1180 Teilung des Herzogtums Sachsen, Bayern an die
Wittelsbacher), doch kein Ausgleich mit den Welfen. Auf dem 6. Italienzug 1184
ließ er seinen Sohn Heinrich (VI.) zum König von Italien krönen. Friedrich
fand auf dem 3. Kreuzzug (1189-92) den Tod. _ Dieser Text - der weniger spirituell als
die Stiftungsurkunde des Heiligen Leopold erscheint - ist der Festschrift
entnommen: L. Schmetterer, Burg Wildegg 1188-1988, Wien 1988, 4.- Über diese
Übersetzung bin ich gar nicht glücklich, ich weiß aber, wie schwer es
bisweilen ist, die richtigen Worte zu finden und die topographischen
Bezeichnungen zu treffen. Der Übersetzer scheint nicht erkannt zu haben, daß
sein "Lupa" = "Laab im Walde" bedeutet (Hermann Watzl 78).
Zudem fehlen auch die Namen der Zeugen, vor allem "Walther de
Wildekke". Was die Erstlingsnennung von Wildegg betrifft stimmt die
Zeitangabe nicht mit Pfarrblatt überein. Leider kann ich Prof. P. Hermann
Watzl nicht mehr fragen, er ist bereits am 13. November 1986 verstorben. -
Soweit aber aus Hermann Watzl 430 ersichtlich ist, wäre diese Wildegger
Urkunde in Ort und Datum mit der Schenkung der großen Heiligenkreuzer
Kreuzreliquie identisch, "jener Kreuzreliquie, die der Landesherr aus
Jerusalem mitgenommen" hat und in der Versammlung von 40 Freien und
Ministerialen, am Dienstag vor Pfingsten am 31. Mai 1188 in Mautern tagte. Daß
Leopold V. in Mautern am 31. Mai 1188 mehrere Urkunden in Kraft setzte, bestätigt
Hermann Watzl 77f. Man beachte ebd. Als Ergänzung zu oben gebrachter Urkundenübersetzung:
"Collem quoque, qui Rohr vel Waasen Kogl dicitur, cum silva circumiacente
et agnis rebusque ecclesiae violentia iniusta direptum, iudicario ordine
restituit (Leopoldus dux) et ab ecclesiae possessionibus numquam in perpetuum
segregandum privilegio sancivit. Sunt autem isti termini eiusdem privilegii:
per ascensum viae, quae vulgo Rohrenweg dicitur, usque ad semitam exeuntem de
Wildekke et ducentem ad semitam venientem de Louppe et per eandem sernitam in
Sulze et per descensum ripae, quae vocatur Medelich, usque ad praedictam viam
quam Rohrenweg nominavimus. Huius rei testes sunt: Ulricus de Gadme et filius
eius Wichardus, Ortholfus de Kürchstetten etc. - Extat et aliud privilegium
eiusdem ducis ubi prohibetur ne quisquam in hoc loco Rorech habeat facultatem
aedificandi castellum. Datum anno domini 1188 secundo kalendas iunii in
Mutern, regnante imperatore Friderico, feliciter amen. - Das predium Roreh
oder Rorech ist identisch mit dem Rohrberg oder Sulzer Berg der collis Rohr
oder Waasen Kogel hingegen mit dem im Zentrum dieses Gutes liegenden
Rohrkogel. Da unser Regest Schafe als Raubgut erwähnt, war dieses Prädium
ein Annex der Klostergrangie Sulz, die uns 1185 und 1187 in den päpstlichen
Privilegien für Heiligenkreuz begegnet. Das klösterliche Urbar von 1388
bezeugt das praedium in Roreh mit dem pratrum adiacens als Pachtgrund. Das
Grundbuch über die Waldmark von 1431 bringt unter den Gehölzern der Cisterce
den Rarperkch an des hertzogenambt rigel gelegen zwischen Siiltzt und Wildegk
mit der Rarwis, dem Waasen, nach dem der Rohr Kogel auch Waase Kogel genannt
wurde. - Die Grenzen dieses Gutes sind: Von der Furt des Mödlingbaches bei
der Rohrmühle <Sulz Nr. 36> ein Feldweg in nordöstlicher Richtung
durch die heutige Streusiedlung Rohrberg zum Roten Kreuz auf den Sulzer- oder
Rohrberg (per ascensum viae quae vulgo Rohrenweg dicitur). Von hier in der
Fortsetzung eines Waldweges, der beim Schlosse Wildegg beginnt, die Südlehne
des Sulzer Berges in westlicher Richtung entlang bis zur Kapelle auf der
Sulzer Höhe. Dieser Grenzweg ist heute das Gemärke der Ortsgemeinden Sulz
und Kaltenleutgeben (usque ad semitam exeuntem de Wildekke et ducentem ad
semitam venientem de Louppe). Hier mündet der Weg in die alte Straße Sulz -
Laab im Walde). Von der genannten Kapelle südlich abwärts nach Sulz in den Mödlingbach
(et per eandem semitam in Sulze) und in südöstlicher Richtung dessen linkes
Ufer entlang zur Furt bei der Rohrmühle (et per descensum ripae quae vocatur
Medelich usque ad praedictam viam, quam Rohrenwech nominavimus). - Zweifellos
ist das praedium Roreh 1188 ein Teil jenes kleinen Besitzes, in dem die Gegend
um Sulz 1136 beim Tode des Markgrafen Leopold III. zerfiel. Nach unserer
Grenzbeschreibung ist das mittelalterliche Sulze < Ebd. 79 Anm. 13:
"Das Bauerndorf Sulz, das an Stelle der Klosterbesitzung Sulz getreten
und ab 1293/94 nachweisbar ist (Gsell, Gültenbuch S. 23), ist am Ende des 15.
Jahrhunderts verödet. Das Urbar 1520 fol. 50 (Archiv Heiligenkreuz R. 14 f.
43 n. 7) hat die Eintragung: Sulz: totum vacat. Nach einer Nachricht von 1641
VII. 16 wurde der Ort vor 50 Jahren (1590) wieder erhoben (Archiv
Heiligenkreuz R. 24 f. 8 n. 6." - Vgl. dazu ebd. 328: "In diese
Jahre aber fallen die Kriege mit Ungarn, 1477-1488. Durch diese, sei es durch
Brandschatzung, sei es durch Aussiedlung der Holden in die entvölkerten
Klosterdörfer der Wiener-Ebene, ist mehr als die Hälfte des
mittelalterlichen Grub verödet."> als östlich der alten Straße auf
die heutige Sulzer Höhe zu suchen. Nach dem kaiserlichen Waldbuche von 1572
grenzte es westlich und südwestlich an das Gebiet Stangaul. Teile dieses
praedium Roreh sind heute noch im Besitze des Klosters Heiligenkreuz. Die
Rotte Rohrberg - ausgenommen die Rohrmühle - ist eine Gründung der Cisterce
aus dem 17. Jahrhundert. - Über die Person jenes babenbergischen
Ministerialen, der das Gut Rohreck im eigenen Interesse zu Befestigungsbauten
ausnützen und an sich reißen wollte, sind wir nicht unterrichtet." _ Diese Angabe ist fragwürdig: entweder
liegt Hermann Watzl eine Urkunde vor, die mir unbekannt ist, oder es stimmt
doch 31. Mai 1188; siehe vorausgehende Anm. _ Hermann Watzl 42: Walter und Hartnid von
Sittendorf. _ Nicht 1250, Ob.Öst. Urkb. III S 173. _ Nach Donin, der die Erbauung des
mittelalterlichen Wildegg in die erste Hälfte des 13. Jh. verlegt, ist er der
Erbauer der Burg (R. K. Donin, Wildegg, Wien 1927). _ Gemeint ist das heutige Mayerling. _ Für Sittendorf bietet sich das Haus Nr.
19 an, das zur Zeit Dipl.- Ing. Franz Denk mit Familie bewohnt und der Kirche
an nächsten steht. _ Verständnisvoll übersetzt: betreut,
betreuen. _ Hermann Watzl 547f <B. Gsell, Beitrag
zur Geschichte der Reformation in Nieder-Österreich, Österreichische
Vierteljahrschrift für katholische Theologie, Jg XII, 2 Heft, Wien 1872,S.
17.>. _ H. Watzl zitiert als Quellen in
Pfarrblatt: M. Fischer, Codex traditionum ecclesiae collegiatae
Claustroneoburgensis, Font. Rer. Austr.<FRA> Bd. 4, Wien 1851; J. N. Weiß,
Urkunden des Cistereienserstiftes Heiligenkreuz Bd. 1 und 2. Font. Rer. Austr.
Bd. 11 und 16, Wien 1856 und 1859; Urkundenbuch des Landes ob der Enns, Bd.
III, Wien 1862; R. K. Donin, Wildegg, Wien 1927; H. Fichtenau und E. Zöllner,
Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, Bd. 1 und 2, Wien
1950 und 1955. _ Das Stift Heiligenkreuz in Oesterreich V.
U. W. W.[= Viertel unterm Wienerwald] mit dem dazu gehörigen Pfarreyen und
Besitzungen samt dem vereinigten Stifte St. Gotthardt in Ungarn. Topographisch
geschichtlich dargestellt von Malachias Koll. Kapitular dieser beiden Stifte.
Mit 5 Ansichten. Wien 1834,188-195[= Koll]. _ Füllenberg. _ Mödlingbach als Grundgrenze! - In der älteren
Generation Sittendorfs ist heute noch die Verwendung von "Drentern und
Herentern", hochdeutsch "die drüben und hüben (Wohnenden)",
wobei wahrscheinlich die "Drentern", die bei der Kirche gelegenen Häuser
mit ihren Bewohnern gemeint, weil in diesem Wort noch "darüber",
also höher gelegen mitschwingen kann. - Aber das ist meine mehr oder minder
persönliche Erklärung. _ Hermann Watzl 545: "Schnell nach dem
am 17. Juli 1381 erfolgten Tode Johann Fürstenaus besetzte die Cisterce
Heiligenkreuz die nunmehr ihr inkorporierte Pfarre Alland mit einem ihrer
Professen. Am 29. Juli 1381 <FRA II/(16), n 300, S. 347> beauftragte der
Diözesanbischof von Passau, Johann von Scharffenberg, den namentlich nicht
angeführten Pfarrer von Sittendorf, den Nikolaus von Weitra, Priester und Mönch,
ihm von Abt Coloman und dem Konvent von Heiligenkreuz präsentiert, in den
Besitz der Pfarre Alland einzuführen. Zweifellos repräsentiert dieser
Priestermönch in seiner Person sein Kloster, das durch ihn zum Zehentherren
der Heiligenkreuzer-Waldmark aufrückt. Die Pastoration der erworbenen Pfarre
versieht aber, den Ordensvorschriften noch entsprechend, nicht der
Cistercienser, sondern dessen Vikar im Pfarrhofe zu Alland, namens Heinrich
Schusling, ein Weltpriester, der zuständigen Diözese Passau, etwa Kaplan bei
Pfarrer Fürstenau." _ Ist nun in der Totenkapelle des
Kreuzganges Heiligenkreuz. _ Die Erweiterung zu diesem Friedhof an der
Sparbacher Straße wurde am 1. November 1996 von Herrn Kaplan Mag. theol.
Josef Kantusch aus Klausenleopoldsdorf gesegnet. _ Der Schreiber dieser Zeilen bezweifelt
diese Angabe und verweist oben auf Anm. 11. _ Heute ist nur eine Kapelle zur heiligen
Mutter Anna in Dornbach bekannt. _ Vgl. Anm. 1. _ Die Jahreszahl 1391 scheint Koll völlig
entglitten zu sein, nach Pfarrblatt wurde besagter Kauf am 9. VII. 1486 getätigt.
Dies harmoniert mit den Angaben in Hermann Watzl 419, 421. _ Im Kreuzgang wurden die Neudecker
begraben, im Kapitelsaal war die Grablege der Landesherren. _ F. Puxrucker, Schloß Wildegg.
Beschreibung seiner Einrichtung und Denkwürdigkeiten, Mödling 1933, 29 (=
Puxrucker) erwähnt "die Namen von zwölf Neudeckern". _ Lib. I. Manuale Ecclesiae Sittendorffens:
continens copulatos ab anno 1729 usque 1814 inclus. zugleich Gedenkbuch und
fol. 83 Stiftungsprotokoll fol. 45 = Chr I 87: "Ericus obiit anno
1605." _ Ebd.: "Joannes Ludovicus, anno
1682." _ Puxrucker 29 erwähnt "zwölf
Neudecker" in der Gruft. _ Ebd. 8f. _ Ebd. 11. Allerdings ist ebd. 12 zu lesen:
"Donin meint, daß die Burgkapelle von Wildegg nicht nur Wandlungen,
sondern auch Wanderungen mitgemacht hat und daß sie zeitweilig im Zimmer des
Südostturmes im ersten Stock untergebracht war." _ Ebd. 12. _ Ebd. 13. _ Ebd. 19f. Wenige Zeilen später ist zu
lesen (ebd. 20): "In den Notizen des P. Nepomuk Weiß, des Verfassers des
Heiligenkreuzer Urkundenbuches, steht noch von einer anderen Übernachtung,
der eine Authentik zugebilligt werden kann und zwar nächtigen vom 1. auf den
2. November 1839 auf Schloß Wildegg ‘wegen der angeblichen Geister’ die
Patres Ambros Schöny und Aloysius Rziha. Von irgendwelchen magischen Dingen müssen
sie indessen nichts erlebt haben, sonst hätten sie davon berichtet. Dagegen
vermerken sie etwas für die Baugeschichte der Burg beachtenswertes. Am
Allerseelentag morgens lasen sie in der Burgkapelle die Messe, was dort seit
dreißig Jahren nicht vorgekommen ist. Die Burgkapelle muß demzufolge doch
noch gut erhalten gewesen sein." Sieht man bei F. Watzl, Die
Cistercienser von Heiligenkreuz, in chronologischer Reihenfolge nach den
Quellen dargestellt, Graz 1898 (= Florian Watzl - einfacher Weise bedeuten die
Zahlenangeben hier die vom Autor den einzelnen Artikeln vorangestellten
Nummern) nach, so findet man unter 803 einen Ambros Schöny, der am 18. Jänner
1785 zu Mayerling geboren, am 26. Dezember 1808 seine Primiz feierte und nach
verschiedenen Aufgaben außerhalb von Heiligenkreuz im Jahr 1839 wohl im Stift
wohnte. Er starb, vom Schlag getroffen, während eines Spazierganges auf dem
Bodenberg am 7. November 1848. - Alois Rziha findet sich in Florian Watzl 860,
der allerdings am 16. Februar 1823 zu Trübau in Mähren geboren, am 7.
September 1844 ins Noviziat eintrat, am 15. August 1849 seine Primiz feierte,
1851 sogar 48 Seiten über "Obstbaumzucht" publizierte und am 6.
September 1870 in St. Gotthard starb. Demnach war P. Alois im Jahr1839 volle
16 Jahre und nicht einmal im Noviziat. Er kann also höchstens der Messe
ministriert haben! _ Puxrucker 22. _ Ebd. 27. _ Ebd. 24. _ Der 24. Juni ist Patroziniumsfesttag der
Sittendorfer Kirche zum Heiligen Johannes des Täufers. _ Zumindest vor 1594, denn Koll 195 nennt
als ersten, der in der Familiengruft bestattet wurde Miximilian + 1594. Möglicherweise
brachte das Ausheben der Gruft Stabilisierungsprobleme, sodaß der gewaltige
Stützpfeiler an der Nordseite der Kirche erforderlich wurde. - Wir werden später
darüber lesen! _ Florian Watzl 870: 4. Juli 1837 in Wien
geboren, wurde am 14. September 1855 in Lilienfeld eingekleidet, trat am 5.
August 1858 ins Stift Heiligenkreuz über, am 18. Juni 1874 (Korrektur von P.
Friedrich Hlawatsch) zum außerordentlichen Professor der orientalischen
Sprachen und der höheren Exegese des alten Bundes an der theologischen Fakultät
der Wiener Universität ernannt, wird schließlich Ordinarius und dreimal
Dekan; unternahm wissenschaftliche Reisen, darunter 1869 und 1884 ins Heilige
Land, erhielt hohe Auszeichnungen und Orden und starb am 5. Oktober 1919
(Anm.) _ Die T-Form ist nur dann zu erkennen, wenn
der heute vermauerte Stiegenabgang miteinbezogen wird.. Die Gruft ist seit
Oktober 1985 durch einen Stiegenabgang an der Nordseite zugänglich; die
besagte "Quermauer" ist anscheinend nicht vorhanden! _ Die Pfarrchronik, der ich nachfolgend
einsichtig werde, gibt eine genaue Jahreszahl an. Sie wird hiemit noch nicht
genannt, um dem Leser die Spannung nicht zu rauben! _ Statt der Gemeindeanschalgtafel ist heute
eine Mamortafel mit den Namen der im Krieg Gefallenen, das sogenannte
Kriegerdenkmal. _ Das besagte "Loch" wurde 1985
zu einem Eingang vergrößert. _ Auf dem Pfarrhofboden sind sie nicht
mehr, sie wurden schon vor 1966 ins Stift Heiligenkreuz gebracht, wo noch
zumindest zwei im Archiv unter Archivar P. Hermann Watzl verwahrt wurden. _ Puxrucker 29 bringt eine Darstellung der
Kirche von Sittendorf, auf die in diesem Satz verwiesen wird. _ Die Schrift der Tafel ist bereits
verschiedentlich verändert und kaum mehr restlos exakt zu entziffern. _ Ochsenauge: architektonisches ovales oder
rundes (Dach-)Fenster (Bullauge). _ Janitscharen [zu türkisch yeniceri,
eigentlich "neue Truppe"], vom 14. Jh. bis 1826 die Kerntruppe des
osmanischen Sultans, unter der christlichen Jugend der Balkanprovinz
ausgehoben, zum Islam erzogen. _ Nach Florian Watzl 517 ist P. Bernhard
Piller am 12. April 1635 in Perchtoldsdorf geboren, wurde am 23. Juli 1956 im
Stift Heiligenkreuz eingekleidet, starb am 8. November 1699 in Trumau und
wurde im nördlichen Flügel des Heiligenkreuzer Kreuzganges bestattet. _ Puxrucker 27-32. Es folgt ebd. 32 noch
ein Hinweis auf das Verdienst der Heiligenkreuzer in Angelegenheiten der Schloßerhaltung
von Wildegg, weil weltliche Besitzer nicht selten ihre Burgen dem Verfall
preisgaben. Schließlich werden noch zwei Gemälde von Theodor Festorazzo erwähnt,
die heute in der Gemäldegalerie des Stiftes Heiligenkreuz zu sehen sind, das
eine stellt Sittendorf dar, das andere zeigt Wildegg, das 1847 gemalt wurde. _ Ebd. 25. - Noch eine Bemerkung sei
festgehalten (ebd. 26): "Zehn Minuten nordwestlich von Wildegg auf dem
Waldweg, der nach Sulz = Stangau führt, erinnert ein ... Kreuz ... an den
Totschlag, begangen an dem Förster Enderl durch Wilderer." _ Florian Watzl 756. - Er wurde also 76
Jahre alt. Folgende handschriftliche Ergänzungen und Korrekturen
verschiedener Archivare sind am Rand dieser Angaben zu lesen: Georg - tatsächlich
steht im Sittendorfer Taufbuch Johann Georg - Eintritt 30. XI. 1773 - 1782
praefectus alumnorum, nur bis 1802 war er Novizenmeister, sein Sterbetag war
ein Dienstag. - Administrator des Stiftes war P. Engelbert nach dem Tod von
Abt Marian II. Reutter 21. Oktober 1805 - 6. August 1806 zusammen mit P.
Nikolaus Kasche und P. Gregor Kreminger (ebd. 760. 761) _ Florian Watzl Seite 212. _ Hermann Watzl 545 <FRA II/(16), n 300,
S. 347>. _ Hermann Watzl 546. _ Hermann Watzl 547. _ Florian Watzl 603: "Als 1742 die
Preußen bis nach Niederösterreich streiften, wurde er von ihnen
gefangengenommen, nach einiger Zeit aber wieder freigelassen." _ Ebd. 624: "Im Herbst 1734 kam er als
Prior und Administrator mit der ersten Colonie nach St. Gotthard, wo er bis
1737 verblieb, verwaltete 1737-1740 das Gut Wildeck." _ Ebd. 605. _ Ebd. 620. _ Ebd. 616. _ Ebd. 640. _ Ebd. 645: "Als Professor der
Theologie <1737-1743> verfaßte er eine Theologia moralis in drei Bänden.
1738. (Cod. 490-492 der Stiftsbibliothek.)." _ Ebd. 660: "Edmund König, am 13.
Oct. 1710 (laut Taufmatriken) zu Baden in Niederösterreich geboren, legte am
25. Jänner 1730 die Profess ab und feierte am 21. Jänner 1734 seine Primiz.
Er war als Sängerknabe im Stifte erzogen worden. 1734 zog er mit der ersten
Colonie nach St. Gotthard, wo er bis Oct. 1735 blieb, lehrte hierauf bis 1737
im Stifte Philosophie, 1737 bis c. 1740 in Baumgartenberg Theologie und
1740-1742 Theologie im Stifte. 1742-1744 war er äbtlicher Secretär,
1744-1747 Prior und Administrator in St. Gotthard, c. 3. März 1747 bis c.6.
Juni 1748 Verwalter und Pfarrverweser in Mönchhof, 1748-1749 Novizenmeister
und bekleidete 1749 bis 1754 die Ämter eines Subpriors, Vicars von Sittendorf
und Bibliothekars. 1754 bis c. 1757 verwaltete er das Gut Wildeck, war hierauf
c. 1757 bis ? Prior im Stifte, dann Verwalter in Trumau. Administrator von St.
Gotthard und März 1765 bis Nov. 1770 Pfarrverweser in Winden. Er starb am 8.
Dec. 1772 und wurde im Kreuzgange begraben. "Vir studiorum amantissimus
et cultui Mariano addictus" (Doczy). Er veröffentlichte im Drucke drei
Predigten: 1. Trost- und Ehrenrede über die wunderbarliche Macht und
Barmherzig keit der Jungfräulichen Mutter Gottes Mariä, da von Errichtung
ihres Gnadenbildes in dem herrlich neu erbauten Gottes-Haus des sogenannten
Hafner-Bergs unter dem Schutz des Stiftes Mariä Zell in Österreich 0. S. B.
den 26. Juli als an dem Festtag der hl. Annae anno 1753 das erste Saeculum,
begangen wurde. Vorgetragen von A. R. ac Eximio P. Edmundo König, des h.
Cist. Ord. zum heil. Creutz Professo und p. t. Sub-Priore. Wien, gedruckt bei
Leopold Joh. Kais. Reichs-Hof-Buchdruckerei. 2. Lob- und Ehrenrede über Leben
und Tod der heiligen Jungfrauen und Märtyrin Caeciliae, als eine hochlöbl.
allhier in Wien aufgerichte musicalische Congregation in der hohen
Metropolitan-Kirchen bei St. Stephan das gewöhnliche Titular-Fest ihrer
Schutz-Frauen den 22. November mit jährlich feierlicher und prächtiger
Andacht begienge. Verfasset und vorgetragen von P. Edmundo König. Wien,
gedruckt bei Joh. Peter von Ghelen, Kais. Königl. Hof-Buchdrucker. 3. Trost-
und Ehren-Rede Über den mächtigen Schutz Mariae, da in dem Stift Mariä Zell
in Österreich Ordinis Sancti Benedicti dessen uraltes und andächtiges Mariä-Bild
auf den herrlichen hohen Altar des neu erbauten Gottes-Haus übersetzet und
bey zahlreicher Menge des Volcks der hohe Geburtstag dieser Jungfräulichen
Mutter den 8. September im Jahr des Herrn 1759 auf das feyerlichste begangen
wurde. Verfasset und vorgetragen von. P. Edmundo König. Wienn, gedruckt bei
den Heyingerischen Erben." _ Ebd. 669. _ Ebd. 673. _ Ebd. 676: "Daniel Edler von Focky,
am 18. Mai 1717 zu Wien geboren, legte am 30. Mai 1734 Profess. ab .und
feierte am 2. Oct. 1740 seine Primiz. C. 7. Dec. 1743 bis c. 27. Oct. 1745 war
er Pfarrverweser im Stifte und Convictspräfect, - 1745-1746 Küchenmeister
und 24. Sept. 1746 bis Ende Juli 1749 Subprior, Bibliothekar und Vicar von
Sittendorf. Am 2. August 1749 verließ er mit Erlaubnis des Abtes Robert das
Stift und trat zu La Trappe in das Noviziat. Da er sich jedoch der Strenge der
dortigen Observanz nicht gewachsen fühlte und krank wurde, kehrte er Ende
Oct. 1751 wieder nach -Heiligenkreuz zurück. 1752-1756-war er in St. Gotthard
als Kämmerer und in der Seelsorge thätig, administrierte 1. Dec.1756 bis 8.
Oct. 1757 die Pfarre Trumau und wirkte hierauf eine Zeitlang als Missionär in
Oberösterreich. Nach seiner Rückkehr ,war er bis 1761 Kellermeister in St.
Gotthard, 1. Februar.1761 bis Jänner 1764 Pfarrverweser in Winden und l764
bis c. 1767 Prior. Hierauf unternahm er eine Pilgerfahrt ins heilige Land
(1767 bis 1768), wirkte c. 1768-1770 als Novizenmeister und 3. Nov. 1770 bis
9. ;März 1773 abermals in Winden als Pfarrverweser, wo unter ihm die Kapelle
zu Ehren des heil. Johann v. Nepomuk erbaut und am 5. Nov. 1772. vom Abte
Alberik eingeweiht wurde. 1773 kam er endlich als Hofmeister nach Wien, wo er
am 28. Mai 1778 starb. Er wurde im nördlichen Flügel des Kreuzganges
begraben. Sein Epitaphium nennt ihn: >Vir piorum desideriorum.<" _ Ebd. 747. _ Ebd. 739. Diese erste Tätigkeit von P.
Augustin Wiss wird allerdings in Florian Watzl nicht erwähnt, ist aber durch
die Matrikeln in Sittendorf und Chr I 93 erwiesen. _ Florian Watzl 758. _ Ebd. 775. _ Ebd. 778. _ Ebd. 762. _ Chr I 93. _ Ebd. _ Florian Watzl 810. _ Chr I 93: März statt Mai! _ Chr I 93: hat "Oberndorf". _ Florian Watzl 789. _ Ebd. 776. _ Chr I 94: * 22. Oktober 1780. _ Ebd. 813. _ Ebd. 843. _ Ebd. 844. _ Ebd. 849. _ Ebd. 863. _ Ebd. - Rudolf, * Schloß Laxenburg bei Mödling
21.8. 1858, + Jagdschloß Mayerling 30.1. 1889, Erz-Hzg. und Kronprinz.
Einziger Sohn Kaiser Franz Josephs I.; beging mit seiner Geliebten, der
Baronesse Mary Vetsera (* 1871), unter nicht restlos geklärten Umständen
Selbstmord. - Alle die etwas über die besagte Affäre wußten, wurden soweit
möglich zum Schweigen verpflichtet. So erhielt auch P. Alberik eine hohe
Auszeichnung, damit er weiterhin schweigt. _ Ebd. 869. _ Ebd. 876. _ Mitteilung von Frau Stefanie Kalcher und
Frau Klara Peyerl. _ Für einige Ergänzungen in der Reihe der
Sittendorf Pfarrer ab 1902 bin ich meinem jüngeren Mitbruder P. Michael Weiss
zu Dank verpflichtet. _ Vitam suam per mortem voluntariam mente
perturbatione seu dementia <sensibus obumbratis> finivit. - Das
Sterbebuch der Pfarre Heiligenkreuz hat einige Angaben über sein Sterben und
vermerkt sein Begräbnis durch Prior Scheibenreiter am 17. August im
Heiligenkreuzer Ortsfriedhof. Dort ist jedoch keine Grabinschrift und daher
auch kein Grab zu finden. _ Ebd. 578. _ Ebd. 670. _ Ebd. 560. _ Ebd. _ Ebd. 535. _ Ebd. _ Ebd.546. _ Ebd. _ Ebd. 554. Von Sittendorf ist nicht die
Rede. Die Bevölkerung - in die Burg Wildegg geflüchtet - wurde von den Türken
niedergemetzelt. _ Ebd. _ Ebd. 559. _ Ebd. _ Ebd. 555. _ Ebd. _ Ebd. 532. _ Ebd. - Danach war auch die Pfarre
Sittendorf von den Türken "verwüstet". _ Ebd. 564. - Wahrscheinlich war ein
geordnetes Theologiestudium unmittelbar nach den Türken in Wien nicht möglich.
Professoren geflohen? _ Ebd. 583: Familienname nach einer
Korrektur im Archivarenexemplar. _ Ebd. _ Ebd.594. _ Ebd. 575:"Fuerat singularis B.
Virginis Mariae cultor, devotus, doctus Religiosus, fidelis, providus, bonus
oeconomus, fratrum amator, videbatur ad maiora natus, siquidem Augustissimum
Caesarem Carolum sextum sibi valde alloquio habuit familiarem, dum in dominio
Trumau solertem ageret praefectum." _ Ebd.569: "Vir semper hilaris,
testimonium bonae conscientiae in facie praeferens." _ Ebd. 593. _ Ebd. 596. _ Ebd. 617. _ Ebd. 623. _ Ebd. 633. _ Ebd. 652. _ Ebd. 656. _ Ebd. 662. _ Ebd. 675 mit Archivkorrektur. _ Ebd. 672. _ Ebd. 684. _ Ebd. 679. _ Ebd. 674. _ Ebd. 691. - Puxrucker 33f hat bisweilen
divergierende Angaben: So läßt er beispielsweise P. Rainard Ruetz auf
Wildegg sterben, läßt P. Alan Rhem aus, nennt P. Tobias Schöppius einfach
Schoppius. _ Chr I. Die Eintragungen von P. Leopold
Gindl gehen eindeutig auf Koll zurück. _ Chr I 83. _ Chr I 86. _ Ebd. 85. _ Nach Florian Watzl 616 ist P. Paulus erst
1734 Vicar für Sittendorf. _ Chr I 87. - Eine - in jedem guten Lexikon
auch heute noch zu findende - Hunderasse: "Windspiel". _ Chr I 87. _ Wörtlich nach Koll 190. _ Ebd. bereits bei Koll. Damit ist
"excurrendo" gemeint: die Priester wohnten im Stift Heiligenkreuz
und kamen zu Fuß, gelegentlich sicher auch per Pferd oder Gespann nach
Sittendorf. _ Das stimmt allerdings mit meiner Liste
der Vicare nach Florian Watzl nicht überein. Aber deshalb wird ja die Welt
nicht zusammenstürzen. _ Chr I 89. _ Hermann Watzl 548. _ Freundliche Mitteilung von Oberschulrat
Robert Müller am 22. Dezember 1996 nach einem Vortrag über die Geschichte
der Pfarre Sittendorf an den Schreiber dieser Zeilen. _ Ebd. - Nachfolgende Angaben sind immer
noch von P. Leopold Gindl aus dem Jahr 1835. _ In völliger historischer Unkenntnis
schreibt P. Leopold Gindl einfach Koll 191 ab, nichtsahnend, daß es sich um
das Dornbach in Wien 17 handelt. _ Mit Bleistift hat eine spätere Hand
unter 119 die Zahl 125 geschrieben. _ Zum hl. Leonhard. _ An verschiedenen Stellen, aber besonders
hier wird Koll ergänzt. Von einer "kleinen Kapelle des heiligen
Leonhard" Koll 192 ist nun nicht mehr die Rede. - Wo ist sie geblieben? -
Vermutlich ist die hölzerne Leonhardkapelle abgerissen und an ihrer Stelle
eine Annakapelle errichtet worden. _ Numerierung. _ Es ist die bereits gebrachte Urkunde mit
der mE. mutmaßlichen Erstlingsnennung von Wildegg. _ Vermutlich Nummer 3; ist auch mit Lupe
unleserlich, weil anscheinend eine Korrektur versucht wurde. _ Jetzt steht man in der Chr I 91. _ Koll 191 hat die Einweihung bereits 1831
angesetzt; was tut es (2 Petr 3,8): "Das eine aber, liebe Brüder, dürft
ihr nicht übersehen: daß beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend
Jahre wie ein Tag sind." (Ps 90,4). _ Ausnehmerin kommt von
"Ausnahme". Auch mein Onkel Michael Fenz hat in Eichenbrunn 61 eine
Ausnahme gebaut gehabt: Küche, Schlafzimmer und Speis (ein Raum für
Speisen), für den Fall, daß er seinen Hof der nächsten Generation übergibt
und dort geruhsam mit seiner Frau den Lebensabend verbringt. - Das war das
Appartement, die Seniorenwohnung von damals. _ Lied der lateinischen Begräbnisliturgie. _ Chr I 92. Die Leiche wurde im neuen
Friedhof beerdigt! Bemerkenswert ist, daß die Leiche der Prozession
"nachgetragen" wurde. - Nun ist der Abschreiber bereits am Beginn
von Chr I 92 angelangt. _ Vermutlich war ihm vor allem zuviel Lärm
in der Mühle! _ Ich nehme an, daß das Klafter heißt. -
Klafter, alte deutsche. Längeneinheit; 1 Klafter = 6 oder 10 Fuß (rund 1,7-3
m). Fuß = 30,48 cm. Vielleicht kann ein Leser mir das ausrechnen. Aber schließlich
ist es egal: wer weiter liest erfährt, daß der Brunnen ohnedies zugeschüttet
wurde. Er hat nur insofern seelsorgliche Bedeutung, daß der jeweilige Pfarre
durch das schlechte Wasser nicht zugrunde ging. _ Chr I 92f. Daraufhin folgt die
Fortsetzung der "stabilen Seelsorger" in Sittendorf. Den P. Augustin
schreibt er "Wiß" statt Wiss; läßt P. Xaver Karner in Wien
sterben, trägt exakt die zweite Amtszeit von P. Augustin Wiß ein. _ Niederösterreichische Ausdrucksweise für
Wein. _ Chr I 96-98. _ Ebd. _ Ebd. 99. _ Ebd. _ Ebd. 101. _ Über die damalige Liturgie kann man nur
staunen! _ Chr I 99f. _ Ebd. 100. _ Ebd. 101. _ Ebd. 102 _ Ebd. _ Ebd. 103ff. _ Ebd. erste Erwähnung der Kanzel. _ Gemeint ist der Sängerchor vermutlich
mit der Orgel aus dem Jahr 1826. _ Wegnahm. _ Chr I 107. _ Ebd. _ Ebd. 107. _ Das Modell des barocken Hochaltars von
Heiligenkreuz, das oben bereits beschrieben wurde. _ Kubik Klafter. _ Chr I 108. _ Ebd. _ Ebd. 109. _ Ebd. _ Ebd. 110. _ Ebd. 111. _ Ebd. 112. _ Ebd. _ Ebd. 113. _ Ebd. _ Ebd. _ Ebd. 114. _ Ebd. 115. _ Ebd. 116. _ Ebd. _ Ebd. 116f. - 1863 hat man außerdem
wieder einmal eine Wasserleitung für den Pfarrhof gebaut (ebd. 118). _ Ebd. - Vor 1960 hat P. Hadmar in die
Sittendorfer Kirche neue Kreuzwegstationen - Gipstafeln, die beim Ankauf möglicherweise
wie Speckstein ausschauten - anbringen lassen und die alten Kreuzwegbilder,
wahrscheinlich die ursprünglichen Sulzer Kreuzwegbilder, in die Kapelle nach
Dornbach gebracht. _ Ebd. 119. _ Ebd. 122. _ Ebd. 123. _ Ebd. _ Ebd. 124. _ Ebd. 125. _ Ebd. _ Ebd. 126. _ Ebd. 127. _ Ebd. 129. _ Ebd. 131. - Chr II 10. _ Chr I 131. _ Ebd. 132. _ Gedenk-Buch der Pfarre Sittendorf vom
Jahre 1891 angefangen T. II. = Chr II 1. _ Heute Eingang zur Gruft. _ Dieser durchgesägte Schädel ist noch
heute in der Gruft zu sehen. _ Chr. II 5 _ Ebd. _ Ebd. 10. - Ebd. 11: "Außerdem
beglich das Stift die Auslagen für ein neues Wandl per 16 K.<Kronen>.
In der Küche wurde statt des unappetitlichen Beckens, das eher einem Pissoir
ähnlich war, eine neue Muschel und Pipe <Faßhahn> angebracht, welche
20 K. Kostete, die der Schreiber dieses vorläufig bezahlte. Für Montieren 24
K. (Karlhofer von Baden)." - Anscheinend war es immer schon notwendig, daß
zu guter Letzt der Pfarrer alles selber bezahlt! _ Ebd. 12. _ Ebd. 25. _ Ebd. 33. _ Ebd. 34. _ Ebd. 35. _ Ebd. 42. _ Ebd. 47. _ Ebd. _ Ebd. 53 (Das Sterbebuch V, 41, 2 .
vermerkt: geb. Kehl, verh. Seit 24. VII. 1860, Ehegattin des Florian
Lintinger, geb. 2. 8. 1836 zu Nöstach, Pfarre Hafnerberg, Alter 74,
Gehirnblutung). _ Ebd. 81f. _ Ebd. 93. _ Ebd. 96. _ Ebd. 96f. - Ihr Mann, der Vater von P.
Marian hieß Johannes (ebd. 103). _ Ebd. 101. _ Ebd. 115f _ Ebd. 115. _ Ebd. 124. _ Ebd. 126. _ Ebd.128. _ Ebd. 130. _ Ebd. 132. _ Ebd. 134. _ Ebd. 137. _ Ebd. 140. _ Ebd. 141. _ Ebd. 144. _ Ebd. 146-149. _ Ebd. 152. _ Später verehelichte Kallinger. _ Ebd. 157. _ Ebd. 158. _ Ebd.159f. In der Seitenzählung liegt ein
Fehler vor. Ich halte mich jedoch an die mit Bleistift angegebene
Nummerierung. _ Ebd. 160. _ Ebd. 165. _ Ebd. 170ff. - Mündliche Mitteilung: Frau
Mathauser heißt nicht Johanna sondern richtig Josefa, hat 8 Söhne, davon 7
eingerückt! _ Ebd. 174f. _ Ebd. 176f. _ Ebd. 178-182. Es schließt hiemit Chr II. _ Pfarr Gedenkbuch Tom: III. = Chr III 3. _ Ebd. 7. _ Ebd. 7f. _ Ebd.8f. _ Ebd. 11. _ Ebd. 14. _ Ebd. 19f. _ Ebd. _ Ebd. 24. _ Ebd. 38a. _ Ebd. 34f. _ Ebd. 44. _ Die Sittendorfer Orgel von 1918 hat 6
Register. _ Chr III 45. _ Ebd. 47. _ Ebd. 49. _ Ebd. 51. _ Ebd. _ Ebd. 56f. _ Ebd. 71. _ Ebd. 76. _ Ebd. 77. _ Ebd. 79. _ Ebd. 79f. _ Ebd. 81. _ Ebd. 82. _ Ebd. 82ff. _ Ebd. 84f. _ Ebd. 86. _ Ebd. 87. _ Ebd. 88. _ Tagebuchblätter aus den ereignisreichen
Wochen des April 1945 über das Leben in und um das Schloß Wildegg von Hedwig
Moritz<= Moritz; hektographiert erschienen in: Wildegg, Österreichische
Wanderfreunde, Wien IX, Fuchsthallergasse 11, Vierzieg Jahre in Wildegg, ohne
Jahresangabe, Seite 13-28. - Man beachte den Namen Loisl. Schade, daß ich über
ihn nicht mehr erfahren konnte als daß er wahrscheinlich zu den Arbeitern in
der Meierei Wildegg gehörte. Was aus ihm geworden ist, würde mich
interessieren. Auch von Frau Hedwig Moritz konnte ich bis dato nichts
erfahren. >: Am Abend des Ostersonntags 1945. Seit dem
Karfreitag drängen sich die Ereignisse so zusammen, daß ich nicht zum
Schreiben kam. Doch jetzt umfängt mich die Ruhe der Nacht - unterbrochen vom
fernen Kanonendonner - und ich blicke zurück in die große heilige Woche. Die im Schloß evakuierten Familien mit
ihren Kindern - auch die Försterleute - feierten die heilige Woche mit, sogar
meine alte Mutter raffte sich an den Kartagen zur Teilnahme an den Zeremonien
im Sittendorfer Kirchlein auf. Wohl war es hier recht schlicht, aber dafür
vereinte uns am Gründonnerstag ein Volkshochamt. Wie glücklich waren wir
alle. Wir wanderten in den lachenden Frühling hinein und nach Wildegg hinauf,
den Herrn in unserer Seele. Der Förster hatte uns ein Stück seines Gartens
überlassen. Trotz der Ungewißheit hatte ich den Grund schon vorbereitet und
baute im Beisein der Kinder Spinat, Erbsen, Radieschen und Petersilie an. Wer
wird hier ernten? Und wird alles hier so bleiben, wie es jetzt ist? Diese
bitterernsten Fragen legten eine sehr wehmütige Stimmung über das so schöne
und frohe Gartenwerk. Eine Teilantwort wurde uns schon am
Karfreitag gegeben. Nach den Zeremonien am Vormittag flüsterte mir Herr
Mally, der wie viele andere, zum Volkssturm eingerückt war, am Heimweg zu:
"Wien wird evakuiert!" Und dann stürmten die Hiobsbotschaften von
allen Seiten an uns heran: "Wir müssen fort! Bleiben sie hier?" Da
muß wohl zuerst selber in aller Vorsicht und Verantwortung Klarheit
verschafft werden. Am Samstag sickerte bei uns durch, warum alles auf einmal
so schnell gehen müsse: die Russen sind von Steinamanger nach Güns vorgestoßen
und haben die "Reichsgrenze" erreicht. Die Grenze unseres geliebten
österreichischen Vaterlandes, ja unserer engsten Heimat! Und da sollen wir
jetzt Hals über Kopf fort? Wir berieten lange und gründlich. Als besonnener
Mann sprach Herr Pundy das aus, was alle im zweiten Stock des Schlosses
dachten: "Wir bleiben hier. Wir warten die Ereignisse hier ab. Obwohl ich
in Tirol bei Bauern ein Plätzchen reserviert hatte, ließ ich mich nicht vom
allgemeinen Fluchtfieber anstecken. Wie wir nach und nach hörten, wurden die
Leute bloß bis St. Pölten oder höchstens bis Melk gebracht und dann dem
Schicksal überlassen. Durch Sittendorf rollten ununterbrochen die
Wagen mit den Flüchtlingen. Die "Reichsstraße" dürfte schon
verstopft sein, denn auch die Militärautos fahren auf Umwegen. Wir hätten
von hier weggehen sollen, damit die Fliehenden für ein paar Tage Platz bekämen.
Wir glaubten auch, daß wir hier vor Bomben und den Artilleriegeschoßen
besser geschützt sind als in Wien. (Manche von den derzeitigen Bewohnern
Wildeggs hatten überdies nur ein zerbombtes Heim in Wien). Gerne hätte ich
noch heute untertags zu Fuß unser Heim in Mauer aufgesucht, aber ich wagte es
nicht. Autobus fuhr keiner mehr. Und wenn sich die Ereignisse überstürzen,
bin ich von Kindern und Mutter abgeschnitten, das darf ich nicht riskieren. Inzwischen kam eine der geflohenen Familien
wieder zurück, weil sie nicht durchkonnte. Und Sittendorf gleicht einem
Heerlager. Heute sagte der Wehrmachtsbericht, daß eine Einheit der
feindlichen Truppen über Güns bis südlich von Wienerneustadt vorgestoßen
sei. Diese Vorgänge ließen uns den ganzen Ernst des Karfreitags erleben. Wir
feierten diesen heiligen Tag in inniger Gemeinschaft mit unserem Erlöser.
Auch abends trafen wir uns alle im Schloß zu gemeinsamer Betrachtung und
Leidensandacht. Dabei lasen wir die Passion mit verteilten Rollen. Unsere
Lieder wurden zum himmelstürmenden Gebet: "Heil'ges Kreuz sei unsere
Fahne in dem Kampf und in der Not, die uns wecke, die uns mahne, treu zu sein
bis in den Tod." Aber noch hatten wir keine Ahnung, mit welcher Wucht und
Tragweite dieses Bekenntnis bald von uns durch die Tat abverlangt werden würde. Am Karsamstag waren wir Wildegger wiederum
im Sittendorfer Kirchlein vereinigt. Mehr denn je erlebten wir beim Einzug in
die dunkle Kirche, daß Christus unser einziges Licht in dieser Dunkelheit und
Not sei. Nach dem Volkshochamt sang der Priester "Der Heiland ist
erstanden" und wir geleiteten den Herrn in eucharistischer Prozession in
die frühlingshafte Natur. Am Abend des Karsamstages kam noch zu unserer großen
Freude meine Schwester aus Wien zu uns. So konnten wir gemeinsam Ostern
feiern. Der Ostersonntag mit seinen schlichten Gaben und seinem festtäglichen
Essen war wie ein Atemholen, ein Kraftsammeln vor dem Sturm. Die täglichen
Alarme und die Massen von Militär in Sittendorf vermochten uns nicht mehr aus
der Ruhe bringen. Nachmittags hielten wir gemeinsam im Schloß
- vor einem blumengeschmückten Altar - Osterandacht. Hernach hatten wir vor,
auf der Spielwiese ein fröhliches Ostereiersuchen zu machen. Dazu kam es
nicht mehr. Mehr als vierzig Menschen kamen nach und nach im zweiten Stock
zusammen, die Buben trugen brennende Kerzen und wir sangen das Halleluja. Während
der Andacht wurde der Oberförster hinausgerufen. Und hernach erfuhren wir die
Hiobsbotschaft: Bis Ostermontag 5 Uhr muß geräumt werden, da die Front
hierher kommen wird. Herr Pundy und ich waren noch im Pfarrhof, aber alle
unsere Umfragen konnten keine eindeutige Klarheit bringen: Soll die
Evakuierung zwangsweise erfolgen oder kann man freiwillig gehen oder bleiben.
Wir änderten unseren Entschluß jedenfalls nicht, sondern nahmen uns nur vor,
bei einem eventuellen Zwang für einige Zeit in den Wald zu fliehen. Auch der Ostermontag stand unter dem
Eindruck der kommenden Ereignisse. Bitter war der Abschied von meiner
Schwester. Besonders schwer natürlich für die Mutter. Wann und wie werden
wir uns wiedersehen? Wir beten inniger denn je für einander und stellen uns
ganz unter Gottes starken Schutz und fliehen unter den schützenden Mantel der
Muttergottes. Bis tief in die Nacht hinein habe ich
verpackt und versucht, einige Dinge an einem gemeinsamen Versteck
unterzubringen. Auch ein Sofortgepäck für den Ernstfall bereitete ich vor.
Das Artilleriefeuer nähert sich immer mehr. Stundenlang ist es in der Nacht
von Ostermontag auf Osterdienstag pausenlos zu vernehmen. Am Dienstags den 3. April. Heute hat sich
die Spannung wesentlich verstärkt. Immer näher rückt das Trommeln der
Artillerie. Ich backe Brot, Lebkuchen und Keks. Mitten in dieser friedlichen
Arbeit platzt die Nachricht: Wir werden unter Artilleriebeschuß kommen und
sollen unsere Zuflucht nach Neuweg nehmen. So ziehen wir, schwer beladen mit
den nötigen Vorräten, Kleidern und Decken über die zart keimenden Felder
und grünenden Wiesen in den kleinen Weiler. Dort ist es heute gar nicht still
wie sonst. Halb Sittendorf hat sich hier herauf geflüchtet. (Ein anderer Teil
zog zum Füllenberg). Das Treiben ist so lebhaft, daß es fast fröhlich
anmutet. An das Trommelfeuer und an die Tiefflieger haben wir uns ja schon gewöhnt.
Zuweilen suchen wir aber doch Deckung. Riesengroße Trümmer fliegen durch die
Luft und markerschütternde Detonationen sind zu hören. Die umliegenden
Flackstellungen werden in die Luft gesprengt. Wir finden in der Scheune des
Lechner-Bauern unser Quartier. Mehrmals noch laufen die Erwachsenen ins Schloß
zurück, um etwas zu holen. Ich darf mein Brot beim Lechner backen. Milch
bekommen wir hier in reichlichen Mengen, da nichts mehr abgeliefert werden
kann. In Decken eingewickelt, richten wir auf dem Heu unser Lager zurecht. Ich
wäre gern wo abseits sitzen geblieben, aber die Kinder liegen auf meinem Schoß,
die Mutter neben mir. Sie waren abends doch recht müde und verzagt. So
ergings allen Müttern mit ihren Kleinen. Wir kauern uns im spärlichen Raum
zusammen, langsam schleichen die Stunden dahin. Manchmal beten wir leise den
Rosenkranz um den Schall grollender Geschütze zu dämmen. _ Moritz: Aufatmend begrüßen wir die
ersten grauen Streifen, die durch die Ritzen unseres Stadels fallen und den
neuen Tag verkünden: Mittwoch, den 4. April. Die Kinder sind unausgeschlafen
und müde. Sie wissen auch nicht recht, was sie vor Langweile machen sollen.
Und dabei nimmt die Spannung zu, das spüren auch die Kleinen. Ich koche mit
Frau Pundy noch ein rasches Mittagessen im Schloß. Dann aber wird es Zeit,
nicht mehr auseinanderzugehen. In unserem Stadel wird es immer ungemütlicher.
Man hat das Gefühl, daß jeden Augenblick ein Artilleriegeschoß durchkommen
wird. Diese Scheune steht ja ganz am vorderen Rande des Grabens, an dem
entlang sich die Häuschen Neuwegs hinziehen. Während ich noch mit Herrn
Pundy berate, wie die kommenden Dinge zu meistern sind, hat die Angst
allgemein um sich gegriffen. Alles wandert zum Lechnerwirt im Talschluß, wo
schon viele Sittendorfer eingetroffen waren und man kaum durchkommt zwischen
lauter Pinkeln und Sachen. Aber Pater Professor Severin Grill, der als
getreuer Hirte seinen Pfarrkindern nachgezogen ist, will hier ein heiliges
Opfer feiern. Zur vorgehabten Seelsorgestunde für die Kinder kam es wegen
ihrer Befangenheit und dem allgemeinen Wirbel natürlich nicht mehr. Trotz großer
Ängstlichkeit meiner Mutter laufe ich mehrmals in den Stadel zurück, um
unser Gepäck zu holen. Wir müssen uns ja an das Schießen gewöhnen. Eben
komme ich mit unseren letzten Pinkeln beim Wirt an, als Professor Grill zu
sprechen beginnt. Er erteilt mit Rücksicht auf den Ernst der Lage allen die
Generalabsolution, mahnt uns zum Durchhalten und verkündet, daß Herr Pundy,
Frau Tromayer und Loisl Lachkowicz als Delegation unserer Gemeinschaft gegen
das Schloß ziehen wollen, um die deutsche Verteidigung zu veranlassen, aber
auch um den Russen verstehen zu geben, das Schloß zu schonen, denn die Frauen
und Kinder seien nur vor der SS geflüchtet. Die drei Tapferen erlebten, wie sie uns später
berichteten, das Näherrücken des Kampfes auf der Heiligenkreuzerstraße
oberhalb von Sittendorf. Die deutschen Panzer, die vor dem Schloß aufgefahren
waren, verschwanden bald von selber. Aber nur Herrn Pundys Eingreifen ist es
zu verdanken, daß der Ortsgruppenführer von Gaaden, der in voller
"Volkssturmuniform" die im Schloß versteckten Sittendorfer
Parteibonzen zur "Verteidigung" aufrief, bald wieder abzog. Es war höchste
Zeit gewesen, denn in einer halben Stunde waren schon die Russen da. Bei uns in Neuweg hallen die Anrufungen des
Rosenkranzes zum Himmel, manche wollen doch noch beichten. Und dann bereiten
wir uns für die heilige Messe vor. In der kleinen, engen Wirtsstube, mitten
unter Pinkeln und Säcken und Kinderbetten, zwischen zusammengeschobenen
Tischen und Banken, auf der kleinen Kredenz der Schank, wollte unser Herr zu
uns kommen. Da platzt auf einmal die furchtbare Nachricht in unsere
friedvollen Vorbereitungen: vor dem Gasthaus rollen deutsche Panzer auf und
die SS verschanzte sich mit Kisten voll Panzerfäusten hinter den wenigen Häusern
des Weilers. Schon strömen weinende Frauen hinaus und flehen den vor dem
Gasthaus stehenden Oberleutnant händeringend an, von diesem Vorhaben ablassen
zu wollen. Auch Professor Grill und ich gehen für die Dorfgemeinde bitten.
Der Mann ist noch Mensch geblieben, er sieht unsere Gründe ein, doch muß er
uns erklären, daß die Änderung des Befehles nicht in seiner Macht stünde,
sondern beim Kommandeur liege. Eigenmächtiges Handeln würde seinen Kopf
kosten. Wider alle Einsicht verstärken sich unsere Bitten und der Mann
verspricht zuletzt alles zu tun, was nur möglich wäre. Im Gastzimmer beten wir dann mit unserem
Hirten <P. Severin> innig die Allerheiligenlitanei. Noch nie haben wir
so spürbar den Schutz und die Hilfe unserer Heiligen empfunden. Mit jedem
"Bitt für uns" werde ich ruhiger. Die Ergebung in das, was Gott mit
uns zulassen wird, ist schon sein erstes Gnadengeschenk. Und was immer auch
kommen möge: wir stehen nicht allein. Die ganze himmlische Heerschar ist uns
zur Seite. Immer stiller, aber inniger werden unsere Gebete und wenn auch -
wer könnte das nicht verstehen - die Angst in einzelnen von uns wieder
hochkommen will, so empfangen wir jetzt den stärksten Trost: die Messe
beginnt. "Wohin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücken?"
... so singen wir aus tiefster Seele. Unser konzentriertes Mitfeiern tut sich
ganz spontan im gemeinsamen Antwortgebet kund. Auf einmal kann die
Sittendorfer Gemeinde liturgisch beten. - Pater Severin hat uns einmal später
im vertraulichen Kreis gesagt, daß er von Natur aus ein etwas zaghafter
Mensch sei, daß er aber in diesen Schreckenstagen erlebt habe, wie Gott ihn
immer im rechten Augenblick mit Kraft und Entschiedenheit begnadet habe. Dies
offenbart sich in seiner Meßansprache. Er ist voller Mut und Vertrauen und
vermag dies auch seiner Gemeinde zu schenken. "Kraft meines Priestertums
kann ich ihnen aus voller Überzeugung sagen: Gott hält die Hand über uns.
Es wird uns hier nichts geschehen. Wir werden gut durchkommen. Seien sie überzeugt
davon." Wie vermochten solche Worte zu stärken und mutig sangen wir zum
Trommeln der Geschütze unser Meßlied weiter. Tiefe Stille dann. Sogar die
immer wieder aufweinenden Kleinkinder halten ein. Gott wird in dieser
Wirtsstube gegenwärtig und stärkt mit Seinem heiligen Leib die so mühselig
beladene Gemeinde. Nur kurz, aber innig wie noch nie, vermögen wir dem Herrn
zu danken. Dann nehme ich die Buben an der Hand, stütze die Mutter und wir müssen
durch die Küche ins Freie hinaus, damit die Nachfolgenden die Kommunion
empfangen können. Es dauert lange bis die große Zahl gestärkt ist. Zum Ende
der Messe bleiben wir im Freien. Drinnen wird der Platz immer spärlicher.
Wir sitzen auf einer Bank und plaudern von unseren Erlebnissen: die SS-Panzer
sind ja während der Messe ohne Aufsehen durch das "Speckkammerl"
abgefahren. Da kriechen auf einmal unter einer Wagenstange drei schwer
bewaffnete Russen hervor. Schon stehen sie vor uns. "Wer spricht
russisch?" So übersetzt uns der Loisl ihre Worte. Sie kamen, von uns
unbemerkt, über die Neuweger Wiese herunter. Die Kinder wollen allerdings
schon während der Messe ein paar Russen gesehen haben. Die Frauen und Kinder
gehen ins Haus, die Männer sprechen mit den Soldaten, zu denen sich bald
andere gesellen. Interessant war zu beobachten, wie sie die
"Unterwerfung" unseres Weilers weitermeldeten. Ein Soldat stellte
ein telefonisches Gerät in die Wiese, über ihm wurde ein Tiefflieger
sichtbar. Nach Entgegennahme der Meldung hißte der Flieger eine weiße Fahne
und flog davon. Die Männer mußten dem Kommissar und einigen Soldaten gleich
ihre Uhren opfern. Dann sind wir wieder allein. Wir können es noch immer
nicht fassen, daß wir so ohne militärischen Nahkampf durchgekommen sind. Groß
ist unsere Freude und der Dank gegen den Herrn. Bei leise beginnender Dämmerung
verabschieden wir Wildegger uns von den Sittendorfern und wandern ins Schloß.
Dort ist es wundervoll friedlich und still. Die Müden legen sich bald zur
Ruhe. Nur zu zwei und zwei halten wir Wache. Einmal in der Nacht ist der
Artilleriebeschuß so arg, daß wir alle wecken und in den Keller gehen. Bis
vier Uhr früh sitze ich dann mit Herrn Pundy beim Fenster der Küche im
Wanderfreundeheim. Wir verfolgen die Kämpfe, die sich zum Kaltleutgebner Tal
hinziehen. Dann schlafen wir ein wenig. _ Moritz: Donnerstag, den 5. April. Fast möchte
ich über diesen Tag "Karfreitag" schreiben. Er wurde uns zum
bittersten Tag aller leidvollen Erlebnisse während dieser Kriegszeit. Ich
hoffe fest, daß nicht viel härtere Kraftproben oder wenigstens solcher
anderer Art über uns kommen mögen. Gott sei uns gnädig! Angefangen hat der
Tag schön und ruhig. Wir fühlen uns geborgen in unserem Schloß und gehen
unseren häuslichen Arbeiten nach. Nur als der Artilleriebeschuß in den
Vormittagsstunden recht nahe und arg war, schickten wir die Mütter und die
Kinder in die Försterwohnung. Herr Pundy, der sogar schon in Sittendorf war,
bringt die frohe Botschaft, daß P. Severin mit uns um 5 Uhr in der Schloßkapelle
ein hl. Meßopfer feiern will. Mit wahrer Freude säubern wir die verstaubten
Altäre, holen vom "Hausaltar" die Osterblumen herunter und wir
atmen auf in der Vorfreude dieses Meßopfers. Gestern haben wir in Neuweg
gesungen, heute beten wir still für uns und grüßen im ehrfürchtigen
Schweigen den Herrn in der Brotsgestalt. Ist es die Nachwirkung der gestrigen
Erlebnisse oder eine Bangigkeit vor allem Kommenden, die uns so niederdrückt?
Gleich nach der Wandlung wird im Flüsterton die Hiobsbotschaft
hereingebracht: vier Russen sind gekommen! Loisl, unser bester Dolmetsch, der
Oberförster und zuletzt Herr Pundy verlassen die Kapelle, um mit den
"Herrn" zu verhandeln. Wir andern stärken uns mit dem heiligen
Brot. Wahrlich, so nötig haben wir es noch nie gehabt. Einmal schaut ein
Russe hämisch grinsend herein und verschwindet wieder. Bang bleiben wir nach
der Messe im inneren Burghof stehen. Die Männer hatten die Russen in die Försterwohnung
und in den Luftschutzkeller begleitet. Einer der Russen zeigt uns zwei
Revolverpatronen, die er angeblich im Keller gefunden hat. Er erklärt uns,
wenn sich im Schloß ein Revolver findet, so werden wir alle erschossen. Das
war der erste Einschüchterungsversuch dieser wilden Burschen. Uhren fallen
zum Opfer. Es sind bange Viertelstunden, während die Russen die Wohnungen der
Familien Ritter (Pächter des Meierhofes) und Stöhr < Das ist der Primar
von Mödling, dessen Operationsschweser Sr. M. Restituta Helene Kafka war.
Gegen Kriegsende ermordete er seine Frau, seine vier Kinder und nahm sich
selbst das Leben. Sr. M. Violanta Richtsfeld kam zum sterbenden Primar, der
schrie: "Laßt mich sterben, ich muß vor meinen Schöpfer treten und
verantworten, was ich meiner Familie angetan habe." Man konnte ihn nicht
mehr retten.>im ersten Stock und unsere im zweiten
"besichtigten". Immer später wird es. Und qualvoll ist dieses
Warten. Man muß zusehen, wie so ein Kerl den Professor Grill
"abstiert" <Alle Taschen des Gewandes untersucht (und
ausraubt)!>; nichts kann man machen, als die Faust im Sack ballen - und ein
Stoßgebet zum Himmel senden. Endlich kommen die Männer herunter. Försters
polnische Hilfe <Sophie>, die auch als Dolmetsch fungiert, macht ein
ganz zugeknöpftes Gesicht. Schon befürchten wir Schlimmes, da hebt einer der
Kerle seine Hände und sagt auf russisch: "Alle zu Bett!" Aufatmend
gehen wir die Stiegen hinauf, doch sie paßten genau auf, wohin wir gingen, nämlich
in den Tagraum des Wanderfreundeheims. Während wir noch unsere Beobachtungen
austauschen, kommt Sophie herein und - o Schrecken - hinter ihr wieder diese
Russen. Sophie verdolmetscht uns ihre Forderung: entweder gehen drei Mädchen
oder Frauen mit ihnen oder wir werden alle erschossen. Am meisten stachen
ihnen die ganz jungen Mädchen in die Augen. Die fangen zu weinen und jammern
an. Frau Pundy fällt in Ohnmacht - wir bemühen uns um sie, da flüstert mir
Herr Pundy zu, doch vorsichtig zu sein, sie verfolgten alle meine Bewegungen.
Nun kriecht das Grauen wieder hoch. Wir versuchen es mit Bitten. Aber sie
wollen uns ja quälen. Sie kommen herein, stellen ihre Forderung, gehen wieder
auf den Gang und lassen uns allein in unserer Not. Dieses Katz- und Mausspiel
treiben sie wohl länger als eine Stunde. Jedes Gefühl für Zeit ist uns
allerdings abhanden gekommen. Die Minuten dauern eine Ewigkeit. Wenn einer der
Männer hereinkommt, beleuchtet er uns blitzartig mit seiner Taschenlaterne
(vom Förster <entwendet>). Die Mädchen verstecken sich hinter uns
Frauen, die Kinder weinen und hängen sich an meine Kleider. Wir bitten und
beten in Angst und Verzweiflung. Aber unser Beten macht die Kerle anscheinend
noch wütender. Herrn Pundy, der zu einem sagt: "Es ist ja mein
Kind," stößt er brutal zurück und schlägt mit der Handgranate auf den
Tisch, daß alle erzittern und die Kinder nur noch verschreckter aufweinen.
Einer will schon auf dem Gang die Handgranate entschärfen und in uns
hineinschmeißen. Sein Komplize ist doch noch rarer; er hält ihn zurück:
"Sei doch ein Mensch!" sagt er zu ihm. Nicht einmal die aus ihrem
Herzanfall noch nicht erwachte Frau Pundy schreckt diese Soldaten zurück.
Frau Pundy hat es nicht ertragen können, als wir uns gegenseitig mit
Weihwasser bekreuzten und uns mit einem Friedenskuß voneinander
verabschiedeten, für alles bereit. Wir sind fest entschlossen, lieber den Tod
zu wählen, als mitzugehen. Dreimal sprechen wir leise, da wir keinen andern
Exorzismus kennen: "Weiche böser Geist!" Leises Gebet stärkt uns.
Nun einmal entschlossen, wird es ruhiger in mir. Noch zieht aber so vieles in
dieses Erdenleben. Und das Herz scheint zerbrechen zu wollen, wenn ich auf die
Buben blicke: Mein Gott, zusehen zu müssen wenn einem die Kinder erschossen
werden, da wäre man wohl zu allem fähig. Gott steh uns bei! Nicht denken!
Auch daran nicht! Nur fest bleiben und ruhig! Und wie schön wird es drüben
sein! Keine Russen, keine Qual, keine Schande! Mittlerweile ist es dunkel
geworden. Noch einmal kommen die Quäler herein. Wieder steigt Wehklagen,
Jammer und Angst hoch. Wie so leicht ist es doch, in sonnigen und friedlichen
oder auch nur sorgenbeladenen Tagen zu sprechen: "Herr, was verfügst Du
zu tun mit mir?" Und doch ist es das menschlichste Wort seinem Schöpfer
gegenüber. Warum fürchte ich mich? Nein, es ist nicht Furcht, es ist das
arme Herz, das sich noch nicht losgerissen hat, von dem, was das Leben so schön
macht, so liebenswert und groß. Ob Gott ein solches Ende will? In den
ruhigeren Stunden nachher und in der langen, schlaflosen Nacht ist mir hell
und tief die Klarheit aufgegangen: Es wird so manches Opfer in diesen
Fronttagen geben, das für Jungfräulichkeit und eheliche Reinheit und Treue
dargebracht wird; gerade in unserer pansexualisierten Zeit können nur
Unschuldige dieses Opfer darbringen. Nur um Kraft und Stärke muß ich, müssen
wir unablässig bitten und beten. - Noch einmal haben uns die Männer mit der
Taschenlampe einzeln grell beleuchtet. Scheinbar haben wir sie mit unserer
Standfestigkeit doch ermüdet. Herr Pundy hat recht mit seiner Mutmaßung: sie
scheuen sich, ein Blutbad anzurichten. Nun erklären sie uns, wir sollten es
uns noch einmal überlegen. In einer Stunde wollen sie wieder um Antwort
kommen. Mit den Polen aus der Meierei unterm Schloß ziehen sie, wie wir später
erfuhren, nach Sittendorf hinunter. Die ganze Schloßgemeinschaft, auch jene,
die nicht dieser Marter ausgesetzt gewesen waren, verrammelten sich in der
ebenerdigen Försterwohnung. Ihre Bewohner sind so lieb entgegenkommend; die
alte Mutter der Hausfrau bewirtet uns nach der Reihe. Etwa vierzig Leute sind
wir hier beisammen und fühlen uns stärker, weil wir so viele sind. Inbrünstiger
noch als gestern beten wir miteinander die Allerheiligenlitanei. Wohl
schrecken wir bei jedem kleinsten Geräusch zusammen und meinen, unsere Henker
wären wieder da. Aber auch Müdigkeit und Erschöpfung machen sich geltend.
Frau Pundy, die sich langsam wieder erholt hatte, schläft ein; auch meine
alte Mutter überkommt eine ganz große Müdigkeit. Die armen alten Frauen! So
einen Jammer mit ansehen zu müssen! Wir lagern recht und schlecht auf dem Fußboden.
Den Kindern fallen zuerst die Augen zu. Professor Grill ruht nebenan im
Turmzimmer und will sofort geweckt werden, wenn die Männer wieder kommen
sollten. Aber sie tauchen nicht mehr auf. Wahrscheinlich haben sie in
Sittendorf andere Opfer gefunden. Langsam schleicht die Nacht dahin zwischen
Beten und Schlummern. _ Moritz: Freitag, den 6. April. Unsere müden
Augen sehen fragend in den neuen Tag. Wir wollen, menschlicher Voraussicht
nach, den besten Weg wählen, um solche Erlebnisse wie die gestrigen zu
vermeiden. Daß es doch nicht besser geworden ist, erfahren wir von zwei
Frauen, die aus Sittendorf heraufkamen. Gestern vormittags flüchteten die
beiden Matzinger-Mädchen, denn zuerst steckten Russen einen bei der
Jugendherberge zurückgelassenen deutschen Panzer in Brand und dann setzten
sie den Mädchen nach. Unsere Absicht, wieder nach Neuweg zu flüchten, gaben
wir auf und entschlossen uns, ins Pfarrhaus nach Sittendorf zu gehen. Wir
waren der Meinung, dort sicherer und geschützter zu sein. Der Oberförster
kehrte allerdings mit seiner Familie und der Familie Kuthan ins Schloß zurück,
um doch nicht alles preiszugeben. Aber noch am selben frühen nachmittag sind
sie alle ins Pfarrhaus nachgekommen. Es war nicht auszuhalten im Schloß. Der
Weg nach Sittendorf gestaltete sich aufregend genug. Wir waren alle mit
unserem Flüchtlingsgepäck beladen. Die Dorfstraße können wir nicht überqueren,
da ununterbrochen die Panzer auf ihr dahinrollen. Endlich rutschen wir durch
eine Lücke. Das Artilleriefeuer wird immer ärger. Die Flieger kommen auch
noch hinzu: deutsche Tiefflieger, welche die feindlichen Nachschublinien
bombardieren. Es haut uns alle hin, ganz in unserer Nähe hat es
eingeschlagen. Ich laufe trotzdem weiter, denn die Buben sind schon voran.
Neben ihnen fühle ich mich erleichtert, lege die lederne Aktentasche als
Splitterschutz auf ihre Köpfchen und wir harren, bis es etwas weniger drohend
zugeht. Im Pfarrhof herrscht unglaubliche Verwüstung. Sinnlose Zerstörung
starrt uns aus allen Räumen entgegen. Viele eifrige Hände bringen bald etwas
Ordnung in das Chaos. Der ins Pfarrhaus Fliehenden werden immer mehr. Wir
haben wahrlich keine Zeit zum Nachgrübeln oder an kommende Schwierigkeiten zu
denken. Es heißt jetzt, die gegenwärtige Situation zu meistern. Erst 27
Menschen und dann mehr als 30 haben wir zu verköstigen. Da heißt es für die
Männer, das Fehlende aufzutreiben. Zwei Frauen, die Küchendienst haben,
sollen ein Essen für alle zubereiten. Die Arbeit macht sich segensreich
bemerkbar; wir werden wieder ruhiger. Verhältnismäßig ruhig geht der Tag
dahin. Von 5 Uhr an wagen wir nicht mehr den Gottesdienst in der Kirche
mitzufeiern. Im Hausflur des Pfarrhofes beten wir gemeinsam, liest der
Vorbeter die Meßgebete laut vor. Wiederum naht die Zeit des zweiten
Truppennachschubes an diesem Tag. Der deutsche Fernbeschuß macht uns richtig
erbeben. Das Pfarrhaus liegt direkt an der Nachschubstraße. Zuerst kommen bloß
einige russische Fernsprechleitungsleger herein. Es sind anständige Menschen,
die den Kindern sogar Zuckerln schenken. Dann kriegen wir noch eine
Einquartierung. Sieben Mann schlafen in dem ebenerdigen Zimmer. Wir müssen in
den oberen zwei Räumen zusammenrücken. Gut, daß wir die vielen hungrigen Mägen
schon so früh versorgt haben. Jetzt kochen erst die Russen auf. Der Koch
bringt eine Menge Hühner und wir müssen ihm beim Putzen helfen. Je später
es wird, desto mehr alte Frauen lösen uns ab. Uns wird es immer ungemütlicher.
Als wir schon "zu Bett" sind, daß heißt, mit unserer Decke auf dem
Teppich liegen, dringt die Kunde durch, daß die nebenstehende Villa brennt.
Da das Pfarrhaus ein Schindeldach hat, könnte es durch Funkenflug gefährlich
werden. Und wir wollen unbedingt verhindern, in der Nacht davonlaufen zu müssen.
Die Russen sagen den Frauen und Mädchen volle Sicherheit zu, wenn sie beim Löschen
helfen. Einige wenige wagen wir uns hinaus. Man hat kein gutes Gefühl, wenn
man im Dunkeln mit dem Eimer voll Wasser beim russischen Posten vorbei muß.
Bis 11 Uhr nachts haben wir gearbeitet. Die Gefahr scheint gebannt zu sein.
Kurz vorher beobachtete ich, wie die Russen Wein in ihre Stube tragen. Da
werde ich mißtrauisch und gewahre, daß sich alle Jüngeren bereits gedrückt
haben. Ich stelle meinen Kübel schnell hin und laufe zum oberen Stock hinauf.
Eine nicht sehr ruhige, aber dafür umso länger scheinende Nacht schleicht
dahin. _ Mündliche Mitteilung: Meßkoffer wurde
von Frl. Leopoldine Müller und Frl. Steffi Peyerl - mit einem Stock vom
damaligen Zaun durch den Griff gezogen - in den Zwickelgraben getragen. -
Moritz: Samstag, den 7. April 1945. Ein arbeitsreicher Tag. Die Verantwortung,
für so viele Menschen einteilen zu müssen, liegt zum Großteil wieder an
mir, weil Frau Pundy die von Wildegg geholten Sachen verteilen muß. Das
Kochen ist nicht so einfach, denn außer uns kocht der Russe wieder vier Hühner
und noch so manches Gute für seine Soldaten. Er bringt einen Berg Mehl. So
viel, daß er auf allen Seiten über das Nudelbrett hinabläuft. Davon soll
ich Nudeln machen. Ich wundere mich selber, daß ich das fertigbringe. Meine
Hand verschwindet fast neben der riesigen des Kochs, als er mir einmal zeigt,
wie er kneten kann. Dabei "plaudern" wir auch miteinander. Er sagt
das jeweilige Wort russisch, ich auf deutsch. Dann erfahre ich, daß er aus
Rostow stammt, verheiratet ist und ein kleines Mäderl hat. Als Dank für
meine Mühe schenkt er mir eine große Dose Schmalz. Leider ist sie uns dann
gestohlen worden, als wir wieder fliehen mußten. Diese Einquartierten verließen
uns nach dem Mittagessen. Ein ruhiger Nachmittag ist uns beschieden, bis die
neuen Truppen einziehe. Ich bin gerade mit dem Pundy Karli im Dorf, um Milch
zu holen. Jeder von den Bauern klagt sein Leid. Man kommt nicht gleich fort.
Sie haben schon fast alles Vieh verloren und die Frauen finden keine Ruhe. Wir
kommen gerade beim Vierzehner-Tromayer heraus, als der Einmarsch beginnt. Was
für Horden ziehen da ein! Mir wird angst und bang. Ich treibe den Karli zur
Eile an. Die schreckliche Angst war nicht unbegründet. Sehr viele Frauen und
Mädchen haben sich schon ins Pfarrhaus geflüchtet. Von einem Messefeiern
kann keine Rede sein. Da stürzen drei Soldaten herein und erklären, daß sie
Quartier brauchen. Und wir sollen alle hinaus. Sie schleppen gleich drei
Frauen mit. Wüst sehen die Kerle aus. Wir packen in Eile unsere notwendigsten
Sachen. Fernbeschuß aus dem Westen drückt uns nieder. Immer wieder schlägt
es in nächster Nähe ein. Eine Granate fliegt mitten hinein ins Arbeitszimmer
des Professors, wo eine Menge Leute beisammen sind. < Es wird aber kein
Schaden und keine Verletzung beschrieben; so scheint dies nur ein Streifschuß
ohne größere Folgen zu sein. Das Arbeitszimmer des Professors war im ersten
Stock vorne zur Kirche hin. Noch heute lebende Zeugen, die damals im Zimmer
waren, können mir nichts derartiges berichten. Vielleicht meinte Frau Hedwig
Moritz einen Granatsplitter, aber auch daran kann sich niemand erinnern. Es
wird mir allerdings bestätigt, daß einige Gewehrkugeln in den sogenannten
Salon, das große Zimmer im ersten Stock auf der Südseite auch durch die
Decke kamen.> Wir beten innig vereint um Schutz und Hilfe. Da stürzen
wieder einige Russen ins Haus und jagen uns alle, mit Revolvern drohend,
hinaus. Einer sagt sogar, wir müßten wegen der deutschen Tiefflieger fort.
Wir nehmen unser bereitstehendes Sofortgepäck und laufen hinaus. Wir haben
das Gefühl, daß sie uns nachschießen wollen und eilen so schnell wie nur möglich
in die Deckung der Waldbäume. Schüsse knallen hinter uns. So machten sie
diesmal Quartier. Kaum wagen wir uns umzusehen. Das Pfarrhaus brennt gottlob
nicht. Aber die ganze Häuserzeile vom Sulzer bis zum Zimmermann ist ein
Flammenmeer. Ich untersage den Kindern das öftere Umschauen, weil der Anblick
der brennenden Häuser ganz schaurig ist und wir ja auch weiter müssen. Wir
flüchten in zwei Gruppen. Die erste führt Professor Grill, die zweite der
Oberförster. Es sind sogar zwei ganz kleine Kinder in ihren Kinderwagen
dabei. Und auch einige alte Frauen. Mein liebe, arme Mutter! So mühsam ist
der Pfad durch das dichte Waldgestrüpp. Immer lauter brausen die Flieger über
uns. Dann heißt es: Hinlegen, Deckung suchen! Die Laubbäume tragen erst
Knospen. Nur die wenigen Nadelbäume vermögen uns wirklich zu decken. Mutter,
die Buben und ich, wir kauern uns dann immer gemeinsam auf den Boden unter
einen Baum. Da das Gepäck ganz schön drückt, bin ich für solch eine
Atempause sehr dankbar. Seit der freie Himmel Gottes über mir und meinen
Lieben ist, bin ich völlig ruhig geworden. Wenn man beim Anblick dieser wüsten
Burschen im Pfarrhause das Schlimmste befürchtet hatte, wird man durch
Flieger nicht mehr sehr beunruhigt. Kann es etwas Beruhigenderes und Beglückenderes
geben, als sich restlos in die Hand Gottes befehlen? Ich tue es in Ruhe und
Vertrauen für alle meine Lieben und die Flüchtende Gemeinde. Viel denken
kann ich bei dem schweren Schleppen nicht. Doch unser Gottvertrauen und der
Friede des Waldes schenken uns tiefen Trost. Nach einigen Irrwegen finden wir den
"Zwickelgraben" und die zweite Gruppe. Auch andere Sittendorfer sind
schon hier. Besonders junge Frauen mit ihren Kindern. Um für die Fronttage
ein Versteck zu haben, hatten die Sittendorfer in diesem Graben - südwestlich
vom Füllenberg - Unterstände gebaut. Der versteckte Platz liegt direkt über
dem Bach. Da wohnen alle Kleinkinder mit ihren Müttern. Wir nennen ihn das
Hauptlager. Auch Vieh haben die Leute mitgenommen. Längs des Grabens ziehen
sich noch mehrere "Bunker" hin, behelfsmäßig mit Laub bedeckte,
wenigstens von oben her Regenschutz bietende Hütterln. Rasch sind die
einzelnen aufgeteilt. In "St. Anton" ziehen wir mit insgesamt 19
Personen ein. Rasch heißt es, notdürftig die Strohsäcke zu richten, alles
anzuziehen und im Dämmern ein wenig zu essen. Dann senkt sich die Dunkelheit
der ersten Waldnacht auf uns herab. Im Graben ist es kalt. Das unbequeme Lager
und die Schießerei läßt uns Erwachsene nicht viel schlafen. Nur die Kinder
schlafen friedlich. Tiefe Dankbarkeit gegen Gott erfüllt mich: wir sind
geborgen - und hier gibt es keine Russen. _ Moritz: Weißer Sonntag, dem 8. April
1945. O du heiliger Weißer Sonntag im Zwickelgraben! Ich glaube, so alt kann
ich gar nicht werden, um jemals diesen Tag vergessen zu können. Vorerst
merken wir noch recht wenig vom Sonntag. Es gilt, unser Quartier nur einigermaßen
herzurichten. Von einem weiter oben versteckten Bauernwagen holen wir uns
Matratzen und Zudecken. Dann gibt es vor allem schwere Männerarbeit; den
Boden unseres Bunkers zu planieren, denn in der Nacht sind wir alle weiter
hinunter gerutscht, so schief ist die Grundlage. Wenn Frau Pundy und ich, für
die keine Strohsäcke in der ersten Nacht da waren, nicht sitzend die
Rutschenden aufgehalten hätten, wären sie wohl durch die offene
"Wand" ins Freie gerutscht. Während nun die Männer durch Pfosten
und Aufschütten von Erde eine halbwegs ebenen Erdboden zustande bringen,
sammeln wir Zweige von Fichten und Tannen und dichten damit die Wände. Dicke
Pfeiler tragen das Dach an den Ecken. Die Wandfüllung besteht aus Zweigen und
wir spannen innen noch Decken und Tücher, um den Wind abzuhalten und vor
allem um zu vermeiden, daß abends ein Schimmer der kleinen Stallaterne
durchleuchten kann. Die Kinder sammeln eifrig Holz. Frau Pundy kocht ein
Mittagessen, abends gibt es Reste. Wie gut, daß wir Erdäpfel unter den Vorräten
der Bauern finden. Professor Grill bestärkt uns in der Meinung, daß wir sie
nehmen dürfen. Im Laufe des Tages kommt auch der Bauer, der gemeinsam mit
zwei anderen Familien den Unterschlupf errichtete. Anfangs ging er mit seinen
Leuten ins Dorf zurück, als die Front vorüber war. Jetzt hausen sie wegen
der allgemeinen Unsicherheit am Füllenberg. Er läßt uns großzügig
Freiheit über den Erdäpfelvorrat und nach zwei Tagen schenkt er uns sogar
etwas von dem versteckten Fleisch, weil sie es nicht glauben konnten, daß wir
uns gar nichts genommen hätten. Milch bekommen wir auf dem Füllenberg. Trotz
Knappheit können wir nicht verhungern. Bei unseren Arbeiten brausen die
Flieger über uns hinweg, die Artillerie trommelt. Selbst das Sausen der
Geschosse erschreckt uns nimmer. Nur in der Nacht rauben uns diese lärmenden
Trommelfeuer den Schlaf. Sehen können wir zwar nicht, wohin die Flieger
ziehen, und so können wir auch gar nicht die Frontlage verfolgen. In dem so
hoch und exponiert stehenden Schloß war dies eher möglich. Es machte uns
aber nichts aus, daß wir versteckt sind. Im Gegenteil, so viel Schönes gibt
es im Wald zu sehen, der sich anschickt, sein allererstes Frühlingskleid
anzuziehen. Die Vögel singen trotz Kanonendonner. Und wenn die Sorgen das
Herz beschleichen wollen um die Lieben in Wien, dann richten wir unseren Blick
vertrauend aufwärts. Endlich sind alle nötigen Arbeiten getan
und wir können Sonntagswäsche halten. Gut, daß wir vor dem "Haus"
im Graben gleich Wasser haben. Karli hat einen netten Steg gemacht und so können
wir prächtig schöpfen. Ganz nahe am Wasser ist unsere offene Feuerstelle,
auf der schon das Abendessen dampft. Die Kinder sträuben sich sehr gegen das
Waschen. Sie meinen, im Wald wäre das überflüssig. Sie schauen ja schon wie
kleine Höhlenkinder aus. Aber den Grund fürs Saubermachen sehen sie doch
ein: um 5 Uhr gibt’s im Hauptlager eine heilige Messe. Weißer Sonntag ist
obendrein! Erinnerungen an den Erstkommuniontag bilden unsere Gespräche beim
Waschen. Die Meßfeier wird uns allen unvergeßlich
bleiben. Ein rohes Holzbrett wird zum Altartisch. Kerzen und Blumen fehlen,
aber der blaue Himmel strahlt und die Buchen leuchten in ihrem zartesten Frühlingsgrün
untermischt von den Farben der verstreut herumstehenden Tannen und Fichten.
Wir stehen rund um den Altartisch. So opfern wir, jederzeit bereit, dem Anruf
Gottes zu folgen. Nur die kurzen Antworten sprechen wir gemeinsam, ansonsten
schauen und schweigen wir. Die Kinder können so gut der heiligen Handlung
folgen <weil sie so nahe beim Altar stehen>. Das Rauschen des Windes im
hohen Dom der Buchen wird zur Orgel. Statt eines leisen Wandlungsglöckleins
donnern die Kanonen. Ergriffen begrüßen wir die weiße Hostie, in die der
Herr eingebrotet ist. Die Worte des Evangeliums vom ungläubigen Thomas und
die Gedanken des Professors bestärken uns in der festen Zuversicht, daß
unser Glaube den Sieg davontragen wird. Und dann dürfen wir den Herrn
aufnehmen. Er stärkt uns schwache Menschen. Nun sind wir nicht mehr
verlassen. Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden, so hatten wir
gefleht in bangen Stunden der Gefahr und den schlaflosen Nächten. Und nun ist
der Herr zu uns in diese Waldeinsamkeit herabgestiegen und bleibt bei uns. Große
Zuversicht kehrt in unsere Seelen ein. Vergessen sind die bitteren Stunden der
letzten Tage. Gott hat uns an sein Vaterherz genommen. Sogar der Schmerz um
die fernen Lieben ist linder. Nach dem gemeinsamen Mahl und Nachtgebet senkt
sich Ruhe und Friede auf den Zwickelgraben herab. Die Kleinkinder weinen
manchmal - sie sind ganz aus der Ordnung. Ich lasse die Sorge nicht groß
werden, daß Kinderweinen spähenden Russen den Weg zu uns weisen könnte und
was dann sein würde ... Nein, ich bete nicht den schmerzhaften, sondern österlichen
Rosenkranz. _ Moritz: Montag, den 9. April 1945. Ein Spähtrupp
der Unentwegten entschließt sich vorsichtig nach Wildegg vorzufühlen. Herr
Pundy, Loisl, Frau Kuthan und ich. Einer der Pundybuben schließt sich noch
an. Durch Sittendorf sind wir ganz gut durchgekommen. Wohl steckt die Angst
vor den Russen noch immer in uns. In der Meierei will man uns Mut machen,
wieder ins Schloß zu gehen ... Obwohl uns Frau Ritter großzügig mit
Lebensmittel beschenkt, wollen wir mit unserer Rückkehr noch abwarten. Im
Schloß selber sieht es fürchterlich aus. Vom Keller bis zum letzten Stock
sind alle Räume und darin jeder Schrank und jeder Koffer durchwühlt und geplündert
worden. Wir bemerken gleich beim Kommen, daß die Kapelle erbrochen wurde. Die
Meßkleider, daß Meßbuch, das holzgeschnitzte Kreuz liegen auf dem Boden.
Das Altarbild des hl. Bernhard ist mit vielen Messer- oder Säbelhieben
durchstochen. Vasen und Kerzenleuchter sind umgeworfen. Der Tabernakel ist
erbrochen, die Türen wurden gewaltsam herausgerissen, die weiße Seide hängt
zerfetzt herunter. Die Madonna aus der Kapellennische ist total zerdroschen.
Den Kopf finden wir zerstückelt beim Schloßtor. Ich muß dabei der
Schwestern Bostl gedenken, die diese Immakulata-Statue seinerzeit spendeten.
Da durchfährt mich ein Blitz - ich habe es zuerst entdeckt: die kleine gelbe
Dose, in welcher der Pfarrer die Hostien verwahrte. Unter wirrem Durcheinander
liegt sie am Altartisch. An die drei Viertel großen Hostien
<wahrscheinlich hat P. Severin eine große Hostie gevierteilt>, die
schon konsekriert waren, die aber der Oberförster, Herr Pundy und Loisl nicht
konsumierten, weil sie zu den Russen abberufen wurden, hat in der allgemeinen
Aufregung niemand mehr gedacht. Aber nichts ist dem heiligen Leib geschehen.
Wahrscheinlich haben die Wüstlinge gar nichts bemerkt davon. Fast meine ich,
einen liebevollen Vorwurf zu hören: Ihr seid davongelaufen und habt mich
allein gelassen. Ich habe euch trotzdem beschützt. Schnell schiebe ich die
Dose in Loisls Tasche, um sie einigermaßen gesichert zu wissen. Nochmals schauen wir uns den Greuel der
Verwüstung an. Im ersten Stock wurden später dann auch die schönen Möbel
und Geräte kaputt geschlagen. Ich finde unsere Schreibmaschine zertreten am
Fußboden, obwohl ich sie versteckt habe. Irgendeiner muß gegen die
Intelligenz gewütet haben, den auf meinem Tisch, den ich mir als Schreibtisch
eingerichtet hatte, ist alles zerrissen, durcheinander geworfen und durchnäßt.
Trotzdem muß ich dankbar lächeln: das holzgeschnitzte Kreuz aus unserer
Wohnung ist völlig unversehrt und durch die Fenster schaut das erst zarte Grün
herein: so friedvoll und tröstend wirkt dieses Bild auf mich. Wir nehmen
einige Eßsachen mit, ich packe eine Tuchent in ein Leintuch, um meiner
lieben, vom Rheuma geplagten Mutter etwas Warmes für die Nacht zu bringen und
dann verlassen wir das leere Schloß. Durch die mit Blumen bedeckten Wiesen
schreitend, können wir die Überfülle des Frühlings gar nicht fassen. So
schön war es um diese Jahreszeit schon lange nicht. Nur im Graben merken wir
nichts von der Wärme des Lenzes. Besorgt bleiben wir auf dem Füllenberg beim
Marterl stehen (damals schmückte noch ein schönes Marienbild den steinernen
Bildstock). Unser Blick geht dorthin, wo Wien liegen muß. Von Nord nach Südost
zieht sich eine dicke schwarze Wand hin. Brennen die Vororte Wiens? Spielt
sich der Kampf schon in der Stadt ab? Nichts erfahren wir, kaum sickert ein Gerücht
durch. Die Bangnis um Mauer wächst in mir. Zu der Sorge um die fernen Lieben
in der Weite hat sich nun die brennende Sorge um alle Lieben in unserer Stadt
gesellt. Nur im Herrn finden wir Kraft und Ruhe. Für mich ist es immer wieder
ein Erlebnis, in unseren Graben zu kommen. Schon schallen uns die frohen
Stimmen der spielenden Kinder entgegen. Bald sitzen wir essend und erzählend
auf der "Hausbank". Gerne möchte man sich einer ruhigen Siesta
hingeben. Ich sitze wie träumend da. Die lieben, zarten Blättchen unserer Bäume
haben es mir angetan. Man sieht sie sogar hier im Graben förmlich wachsen.
Schon haben wir durch das junge Grün der Buchen eine ganz gute
Fliegerdeckung. Die Fliegertätigkeit ist überaus lebhaft. Alles fliegt in
Richtung Wien. Die Kinder spielen "Russen". Ihre Wintermützen sind
die richtigen Russenkappen. Försters Liesl spielt ein Flintenweib, wie sie es
mit den andern Kindern in Sittendorf sah, daß ein weiblicher Soldat den
Verkehr regelte. Nur als sie sich sogar die Gesichter mit Ruß beschmieren
wollten, mußten wir es abwehren. Nachmittags wurde uns ein großes Geschenk
zuteil, Professor Grill, der in Heiligenkreuz gewesen war, - dort ist es nicht
besser wie in Sittendorf - hat die großen Hostien noch weiter zerteilt und
will uns die Kommunion reichen. In dem kleinen Bunker können wir nicht recht
stehen, so nieder ist er. Etwa acht bis zehn Leute knien wir rundum, in einer
Nische brennen vor dem Kreuzbild und der Dose mit dem heiligen Brot zwei
Kerzen. Und so stärkt uns der Herr wiederum und schenkt uns Kraft und
Zuversicht. Wer noch nicht "Communio" in seiner tiefsten Bedeutung
erfahren hatte, der wurde jetzt tief ins Mysterium hineingetaucht. Da die Bauern nach und nach ihre Strohsäcke,
Decken und Geschirre holen, ziehen die Familien des Oberförsters und Kuthans
und noch ein Ehepaar auf den Füllenberg. Wir sind nun in unserem Bunker nur
noch neun Leute und haben fürstlich Platz. Friede senkt sich nach dem
gemeinsamen Abendgebet über unsere Hütten. Die Kinder und auch meine Mutter,
diesmal warm zugedeckt, schlafen bald. Mit Herrn Pundy plaudere und
philosophiere ich noch bis in die Nacht hinein. Das ausgestreckte Liegen tut,
weil der Leib recht müde ist. _ Moritz: Dienstag, dem 10. April 1945.
Wiederum waren wir, Herr Pundy, Hanni Pepperl und ich in Wildegg. Dem kleinen
Hannes bleibt ein Erlebnis recht lebhaft in Erinnerung. Wir gehen von der
Sittendorfer Kirche nicht gleich auf die Straße, sondern den schmalen Weg über
die Wiese, um erst beim Gemeindebrunnen in den Ort zu kommen. Da kommt uns
sogar hier ein russischer Lastkraftwagen entgegen. Gerade als wir zur Wiese
abbiegen wollen, bleibt er stehen. Ein Offizier steigt aus. Da erblickt er den
Hanni, der sein Wintermanterl an hat. Es sieht wahrlich arm aus mit seinen
vielen Flecken von den diversen Mahlzeiten im Zwickelgraben und mit den vielen
Knittern, da er doch als warmer Schlafmantel dient. Die goldenen Matrosenknöpfe
packt lächelnd der Mann und sagt "Bourgeois"! Ich lache wohl auch
und sage sofort: "Nix Bourgeois"! Wir schauen schnell, daß wir
weiterkommen. Hannes hat jetzt noch mehr Grund, sich gegen das Waschen und Bürsten
zu wehren. Wir sehen alle herabgekommen genug aus. Ohne Kopftuch gibt es für
kein Mädchen und keine Frau ein Ausgehen. In Wildegg ist alles ruhig. So
verfestigt sich unser Entschluß, wieder ins Schloß zurückzukehren. Am Rückweg
zum Zwickelgraben begegnen wir nach der Reith einer Viehherde. Da sprengt ein
Kosak auf Herrn Pundy zu: "Zwo Kilometre Sulz!" Er soll bis Sulz
Viehtreiben helfen. Frau mit Kindern heimgehen! Also, da gibt’s nichts zu
machen, wir müssen allein durch das Dorf zum Füllenberg hinauf. Ich beruhige
Frau Pundy, daß ihr Mann schlau genug sein wird, sich möglichst günstig
durchzuschlagen. Und es war auch so. Er zeigte sich beim Viehtreiben so
eifrig, daß die andern Treiber kaum nachkamen. Und nach einer
Dreiviertelstunde schickte ihn der Kosak, nach Hause. Durch diesen
Zwischenfall war es für ein Weggehen an diesem Tag zu spät. Nachmittags
machen wir noch einen Besuch bei der Försterfamilie auf dem Füllenberg. Auch
die Mutter geht mit. Oben kann sie es, können wir es kaum fassen, wie warm
und schön es ist. Da blühen schon in weißer Pracht die Obstbäume. Wohin
das Auge blickt, Blumen, Blüten, lichtes Grün. Wie auf einer friedlichen Alm
liegen die Häuschen da heroben. Die letzte Nacht im Zwickelgraben war die
unheimlichste. Wohl hörten wir Frauen mit unserem leichteren Schlaf auch in
den früheren Nächten Artilleriebeschuß, die ekelhafte Stalinorgel, das
Maschinengewehrfeuer oft aus nächster Nähe; in dem Graben verfängt sich
jedes Geräusch - aber diese Nacht rollen auf der Straße Heiligenkreuz -
Alland unaufhaltsam die Panzer. Manchmal bleibt einer stecken, man hört Männer
rufen, Hammerschläge, dann wieder nur das Rollen und Knattern, dazwischen Schüsse.
In den nächsten Tagen erfahren wir ja, warum die Nacht so bewegt war: von
Alland gegen das Triestingtal und bei Raisenmarkt und am Peilstein ist die SS
eingekesselt. Da geht es heiß her. Frau Pundy, Mutter und ich sitzen mitten
in der Nacht auf der "Hausbank". Der Lärm läßt uns kein Auge
schließen. Ein tiefdunkler Himmel wölbt sich über uns und die Sterne
leuchten von ihm wie klares Gold. Mit dieser wohl unruhigen, aber so schönen
Nacht enden wir unsere Bleibe im Zwickelgraben. _ Moritz: Mittwoch, den 11. April 1945. Der
Morgen stand schon ganz im Zeichen des Aufbruchs. Die Bauern haben nun fast
alles geholt, was hier versteckt war; so bleibt uns eigentlich auch keine
Wahl. Zum letzten Mal stehen wir, nachdem unser "Gepäck" bereit
ist, vor unserer hohen Tanne, an die wir ein Christusbild nach Guido Reni und
das Madonnenbild nach Dürer genagelt hatten. Um besonderen Schutz beten wir
beim Tagesheiligen, St. Josef. Nach kurzer und inniger Abschiedsandacht machen
wir uns auf den Weg. Auf dem Füllenberg gleißt die Sonne. Gewitzigt von
unserem letzten Erlebnis, bleiben wir im Wald versteckt, als wir eine
Viehherde in Richtung Sittendorf treiben sehen. Vorsichtig schicken wir zwei
Buben zum Spähen hinunter. Das paßt ihnen natürlich. Froh sind wir, als wir
wohlbehalten mit unseren schweren Lasten wieder in Wildegg einlagen. In der
Meierei werden wir schon von Frau Ritter herrlich bewirtet. Gestärkt begeben
wir uns in unsere Räume, um ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Die
harten Strohsäcke dünken uns des Abends wie weiche Federbetten im Vergleich
zu unserem Freilager im Zwickelgraben. Unser liebes, altes Schloß bereitet
wieder schützend seine Mauern um uns. _ Moritz: Freitag, den 13. April 1945. Wie
gefällt es uns trotz allem Durcheinander doch wieder in Wildegg! Wohl möchte
ich am liebsten durch das Fenster blicken und das Grün der Lärchen und
Buchen bewundern, aber wirtschaftliche Fragen sind zu klären. Herr und Frau
Pundy und ich gehen in das Sittendorfer Pfarrhaus und versuchen dort zu
retten, was noch an Lebensmitteln zu finden ist. Ich bin nervös und ängstlich,
besonders als ich sehe, daß der Herr Major dort schon am hellichten Tag
besoffen ist. Gerne schleppe ich Försters schwere Schmalzdose auf dem Buckel
heim: nur heraus, heraus! Dafür haben wir vom Förster später eine schöne
Schmalzgabe bekommen. Der Nachmittag findet uns mit Ofenaufstellen beschäftigt.
Den großen Schlafraum der "Bergheimat" - Herberge wollen wir als
gemeinsamen Koch-, Wohn- und vielleicht auch Schlafraum adaptieren. Wir
glauben, besser mit dem Vorhandenen durchzukommen, wenn wir gemeinsam kochen.
Noch am Freitag kommen wieder die ersten Russen ins Schloß. Allgemeine
Aufregung. Diesmal geht es harmlos vorüber. So schöpfen wir Hoffnung, daß
es doch besser bleibt. _ Moritz: Samstag, den 14. April 1945. Da
meine Mutter so schwach und matt ist - sie scheint nach unseren bisherigen
Erlebnissen fast ans Ende ihrer Kräfte gekommen zu sein, was ja auch nicht zu
verwundern ist - mache ich mir ernstlich Sorge um sie. Uns alle verzehrt ja
auch die bange Sorge um unsere Lieben. Keiner gibt es dem andern gegenüber
zu. Ich beschließe daher, mit Herrn Pundy einen Vorstoß nach Mauer zu
versuchen. Vielleicht kann man dort auch etwas über Wien erfahren. Am frühen Morgen wandern wir zu zweit,
gestärkt durch das gemeinsame Gebet, in den schönen Morgen hinein. Wie
wunderschön ist es im Wald! Der Lärchenhain oberhalb Neuweg hat es mir ja
schon immer angetan. Und so friedlich ist es. Lange bleiben wir allein. Eine
Mutter mit ihrem erwachsenen Sohn, die von Wien flüchteten und jetzt aus den
Gefahren, denen sie in Sulz ausgesetzt waren, herauskommen wollen, schließt
sich uns an. Die beiden hätten den Weg nach Wien kaum gefunden. In Rodaun
schloß sich dann noch ein Mann an, der ebenso wie die beiden nach Meidling
wollte. Er trug eine rote Binde. Beinahe hatte unsere kleine Expedition einen
halbamtlichen Anstrich. Auf der Hochstraße treffen wir keinen
Menschen. Aber wie schaut es da aus! Sie trägt die Spuren eines noch nicht
lange zurückliegenden Kampfes. Unzählige Handschuhe, Patronen,
Schulterklappen, aber auch zerfetzte und blutbefleckte Wäschestücke,
Speisereste, Nestle - Milchdosen, zerdroschene Fahrzeuge, Holztrümmer,
Handgranaten, Munitionskisten, Harmonika und viele Reste von geplünderten und
ruinierte Sachen säumen unseren Weg. Russenmützen, Mäntel, deutsche
Uniformstücke lassen immer wieder auf einen jähen Aufbruch schließen. Die
vielen Schützenlöcher und schnell gegrabene Laufgräben sowie viele
herumliegende Tarnungsbäume deuten darauf hin, daß Widerstand geplant war,
der sich aber nicht lange gehalten hatte. Bange wird uns noch im nachhinein,
wie nah von uns sich der Kampf abgespielt hatte. Vor dem Gasthaus Seewiese
steht ein radloses ungarisches Sanitätsauto. Aber wie schaut das sonst so
schmucke Wirtshaus aus? Alles ist bis auf die Mauern abgebrannt! Noch
trostloser und verlassener sieht das völlig abgebrannte Gasthaus Kugelwiese
aus. Nur die Kamine ragen zum Himmel. Im Keller glost noch der Koks und große
Fässer voll Wein liegen angekohlt dort. Was mag sich hier abgespielt haben?
Keine Menschenseele ist weit und breit zu sehen. Einige Russengräber liegen
an unserem Wege. Dort und da finden wir auch Gräber deutscher Soldaten. Bis
zum Parapluiberg erstreckt sich das Kampfgebiet, dann ist die Straße völlig
sauber und unbefahren. Trostlos sehen auch die vielen zerschossenen Bäume
aus. Auf dem Parapluiberg liegen ein paar Tote, Ausländer, wie Herr Pundy
feststellt, und auch auf der Perchtoldsdorfer Heide liegt ein toter Russe.
Sosehr uns die lebenden Russen Furcht einflößten, so menschlich spricht uns
dieser Tote an. Man hat ihm die Schuhe ausgezogen, wer weiß, wer die wieder
mitnahm. Bei den verbrannten Häusern auf der Hochstraße bereitete ich mich
innerlich darauf vor, in Mauer alles verbrannt vorzufinden. Wir sind überrascht,
als sich uns von der Heide ein Blick auf friedliche unzerstörte Häuser
darbietet. Anfangs sind wir scheu, aus der Deckung des Waldes hervorzutreten,
denn immer wieder hört man Schüsse. Ein Student, den die Russen aus einem
Wiener Lazarett heimlaufen ließen, belehrt uns jedoch, daß diese Schüsse
ganz ungefährlich seien. Die Russen probieren in ihrer kindischen Freude am
Schießen ihre Waffen aus, wo sie auch stehen oder gehen mögen. Der nette
junge Mann warnte uns davor, uns abfangen zu lassen zum Arbeiten;
beispielsweise nehmen sie jeden mit zum Begraben. Herr Pundy und ich
beschlossen, falls wir wirklich angehalten werden sollten, beisammen zu
bleiben, denn dann gehen die Arbeiten wenigstens schneller weiter, und Tote
begraben ist ja ein Werk christlicher Barmherzigkeit. Wir haben heillos Glück:
während ein Russe mit einem Mann, den er mitnehmen will, streitet, schlüpfen
wir rasch durch und kommen gut in die Wittgensteinstraße. Unsere Hausfrau ist
ganz allein im Haus. Sie geht zu den Nachbarn, wie sie auch die Tage des
Artilleriebeschusses im Nachbarkeller verbrachte. Unsere Wohnung wurde noch
nicht geplündert, nur sollten wir bald heimkommen, weil schon nach der leeren
Wohnung von Polen und anderen Ausländern gefragt wurde. Im Pfarrhof von Mauer erfahren wir dann, daß
auch in Mauer viel geplündert wurde, und daß die Mädchen noch immer
versteckt sind, weil die Russen hier so viel Wein fanden und dann wie die
Tiere hinter Mädchen und Frauen her sind. Am härtesten trifft uns die
Botschaft, die Hochwürden Dr. Strobl gerade in den Pfarrhof bringt: die
Innere Stadt wurde schwer heimgesucht. Die SS hatte sich am Donaukanal
verschanzt. Durch. das stete wechseln der deutschen Kanonen von einem Platz
zum andern in der Inneren Stadt wurden von den feindlichen Fliegern viele schöne
Plätze und Gebäude beschädigt. Die schlimmste Nachricht trifft uns richtig
ins Herz: der Dom von Sankt Stephan ist bis auf die Mauern ausgebrannt, das
Gewölbe, die Innenausstattung, die wundervolle Orgel wurden ein Raub der
Flammen. Dr. Strobl meint, daß die anfängliche Brandstelle mit einem
einzigen Wasserschlauch gelöscht hätte werden können, wenn einer dagewesen
wäre. Der Abzug aller Löschwagen von Wien, sowie die beabsichtigte Sprengung
der Wiener Hochquellenleitung waren eine ausgesprochene Gemeinheit. Dazu ist
es aber durch das Eingreifen mutiger Männer nicht gekommen. Wir erfahren
noch, daß der Dompfarrer im Krankenhaus liegt, weil er bei den letzten
Angriffen von Granatsplittern verletzt wurde. Leider konnten wir keine
Nachricht über unsere Lieben erhalten. Nur so viel erfuhren wir, daß
Margareten- und Wiednergürtel Kampfgebiet gewesen waren. Schweren Herzen
wandern wir wieder zurück nach Wildegg. Die Toten liegen noch herum, die tun
uns aber nichts mehr. Unbehelligt, doch todmüde kommen wir in Wildegg an.
Gott sei Dank, hier ist alles in Ordnung, nur ein paar harmlose Russen hatten
das Schloß tagsüber "besucht". _ Moritz: Sonntag, dem 15. April 1945. Um
neun Uhr waren fast alle vom Schloß in Sittendorf beim Gottesdienst. Viel
mehr Menschen als sonst waren im Sittendorfer Kirchlein versammelt. Wenn
dieser Eifer anhalten würde für die hoffentlich bald wieder kommenden Tag
der Ruhe und des Friedens! Der Sonntag vergeht gottlob ohne Aufregung, wir
genießen den Frühling und freuen uns der Waldeinsamkeit. _ Moritz: Dienstag, dem 17. April 1945.
Langsam glauben wir, daß doch wieder eine ruhige Alltagsordnung möglich sein
wird. Aus jeder ruhigen Stunde schöpft man Vertrauen. Um Holz wagen wir uns
noch nicht in den Wald hinein. So nehmen wir es beim Oberförster. Wir
bekommen in der Meierei Milch soviel wir nur wollen. Wir können die Milch
nach Durst trinken. Bis mittags ging’s uns gut, dann erschallt wieder einmal
die Hiobsbotschaft: "Russen sind beim Ritter!" Sie kommen auch zu
uns herauf, suchen und suchen. Manchmal versteckten wir uns in der Dachkammer
des Herrn Gschwandtner. Durch Kalkanstrich und aufgehängte Wäsche suchte ich
die Türe zu Tarnen. Und trotzdem hatten wir ein ungutes Gefühl. Wenn sie uns
da drin finden, sind wir ihnen ganz preisgegeben. Später haben sie auch
dieses Zimmerchen entdeckt und darin gehaust. Gott sei Dank, daß da niemand
versteckt war! Die ständigen Russenbesuche zehren an
unseren Nerven. Dazu kommt die Sor-ge um unsere Verwandten. Bei Tag kann man
ruhig und mutig scheinen, will man anderen beistehen darf, aber die
schlaflosen Nächte sind endlos. Mittwoch, dem 18. April 1945. Die Arbeit
ist ein Segen in unserer Lage. Ich habe nun drei Tage Kochdienst und man muß
schon dahinter sein, um neun Personen für den ganzen Tag zu verköstigen. Da
wir viel ans Haus gefesselt sind, bleibt sogar noch Zeit zu anderen Arbeiten.
Auch Mutter näht und flickt an den alten zurückgelassenen Sachen wie eine
Biene. In der Emsigkeit kann sie ihre Unruhe leichter verbergen. Aber ich darf
nicht mutlos werden, wann ich anfange zu weinen, dann hört sie nicht auf zu
weinen. Über Wien herrscht Ruhe von Fliegern und
Bomben. So nehmen wir an, daß auch Wien gefallen ist. Im Laufe des Tages
bringt ein Bub, der mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Sittendorf
evakuiert ist, einen Brief. Die arme Mutter hat erst vor kurzem die
Todesnachricht ihres Mannes bekommen und gibt uns erschütternden Aufschluß,
wie es nachts in Sittendorf zugeht. "Bitte, haben Sie für die Nacht ein
Plätzchen für uns? Ich brauche nur ein kleines Fleckerl auf dem Boden, wo
ich sitzen und der Kleine zwei Sesseln, worauf er liegen kann. Wir hatten
heute in der Nacht ein fürchterliches Erlebnis. Fünf Russen sind ... Ich
getraue mich nicht mehr hierzubleiben. Wir liegen so knapp an der Straße. Ist
es im Schloß ruhig?" ... Da merken wir erst, um wieviel besser wir im
Schloß dran sind. Wir helfen dieser Frau gerne, auch Frau Tromayer kommt mit
ihren zwei Buben aus dem kleinen Häuschen ins Schloß zum Schlafen .An diesem
Tag, an dem die Kirche das Hochfest des heiligen Josef feiert, beten wir
miteinander eine St. Josefsandacht. Wohl kracht es um uns herum, aber wir
werden ruhiger und vertrauen uns der Fürbitte des Schirmherrn der Kirche an. Freitag, dem 20. April 1945. Die saubere Wäsche
hatten uns die Russen weggetragen (oder war es jemand anderer?), aber den Sack
mit Schmutzwäsche ließen sie unbehelligt. Da wir nichts Sauberes haben, muß
ich waschen. Zu Hause gibt es kein Wasser. Oft wird mir allein in der Waschküche
bange. Wenn Russen kommen, suche ich Zuflucht in Försters Küche. Den ganzen
Tag erleidet die Arbeit solche unliebsame Unterbrechungen. Ich bin heilfroh,
daß mir von Pundys nachmittags jemand hilft, sodaß alles fertig wird. In Sittendorf soll es schlechter und
schlimmer denn je sein. Auch an unseren Nerven zehren diese ständigen
"Besuche". Aufregend ist es heute, als drei Russen im letzten Zimmer
eine Flasche Bier (sie stammt noch von Ostern und war für eventuelle Besucher
bestimmt ) und ein Fläschchen Wein finden. Herr Pundy und ich hatten
"warmen" Wein als Medizin für Verkühlungsanfälle aus den
angekohlten Fässern des Kellers vom Gasthaus Kugelwiese mitgenommen. Nun
hatten wir längst auf diese "große Menge" Alkohol vergessen und
den Russen ahnungslos versichert, wird hätten weder Bier noch Wein in im
Hause. So gründlich haben sie aber gesucht, daß sie diese kleinen Reste
fanden, und waren darüber zuerst recht zornig, weil sie glaubten, wir hätten
sie anschwindeln wollen. Kaum waren die drei Männer draußen, so stürmen
sieben Russen gleichzeitig herein und jeder zieht sich in ein anderes Zimmer
zurück. Was ihnen in die Augen stach, nahmen sie mit, sogar die letzten
versteckten Uhren und Armbänder mancher müssen daran glauben. Darüber wäre
beinahe unter den Bewohnern des Schlosses ein Streit entstanden. Gott sei Dank
ließ sich der Friede bald wieder herstellen. Was bedeutet schon ein goldenes
Armband. Selbst wenn es ein Andenken ist gegenüber dem Glück, die Russen
wieder draußen zu haben. Abends hätte Professor Grill kommen
sollen, um in der. Schloßkapelle eine hl. Messe mit uns zu feiern, aber es
wurde nichts daraus. Gerade in dieser Nacht, in der wir ohne männlichen
Schutz waren, weil Herr Pundy allein nach Wien gewandert war, um nach
Favoriten zu schauen, wurden wir durch ein fürchterliches Dröhnen - uns
schien es vom Schloßtor zu kommen - wach. Nun stehen wir Frauen zitternd auf
dem Gang im zweiten Stock und vernehmen das Trommeln noch lauter: es hört
sich an, als ob mehrere Männer mit dem Gewehrkolben gegen das Tor schlagen würden.
Loisl kommt gottlob mit der beruhigenden Nachricht, daß dies keine Russen
seien. Der Beschuß auf das Widerstandnest der SS in Alland ist von der
anderen Seite wieder aufgenommen worden. Lieber wäre uns ein
Artillerietreffer, als daß die Russen in der Nacht ...wollten. Am nächsten Tag war ich schon recht
mutlos, auch weil sich die Folgen einer argen Verkühlung unangenehm bemerkbar
machen, die ich mir in der kalten Waschküche geholt habe. Doch der Tag
vergeht samt der folgenden Nacht ohne besondere Ereignisse. In meinem Zustand
bringt auch der Sonntag noch keine Erleichterung, als mitten drin die Tür
aufgeht und meine zwei Schwestern .und die Schwester der Frau Pospischil mit
Onkel hereinkommen. Sie hatten den Weg von Wien nicht gescheut, um endlich zu
erfahren, was mit uns in Wildegg los sei. Das gegenseitige Erzählen will kein
Ende nehmen. Wir hören von den Fronten, die sich mitten in Wien versteiften
und den bangen Nächten, die unsere Lieben in den Kellern verbracht haben. Die
Freude über das Wiedersehen übertönt alle Schwächen und allen Kummer. Ein
einziges Mal erleben meine Schwestern die Russenbesuche, müssen mit ansehen,
wie ein völlig besoffener Russe mit seiner Pistole herumfuchtelt und dann
endlich doch hinaustorkelt: "Ja, warum geht ihr denn nicht nach
Hause?" ist ihre Reaktion. Da wir nun Verstärkung für das Mitnehmen des
Gepäcks haben, - was können die alten Frauen und die Kinder schon tragen -
beschließen wir, am nächsten Tag nach Wien aufzubrechen. So schlafen wir die
letzte Nacht im lieben, alten Schloß. Wir leihen uns von Tromayer einen zweirädrigen
Karren aus, den wir mit dem Nötigsten beladen: besonders für drei Familien
heißt es Bettzeug für Kinder und alte Leute mitzunehmen. So ziehen eine
kleine Karawane von Herzfeld, Pospischil und Moritz los. Jeder hat für seine
Person genug zu tragen. Sogar die Kinder nehmen in ihren Schultaschen
Spielzeug und Schulsachen mit. Mühselig gestaltet sich das Schieben des
Karrens durch das Spekkammerl hinauf zum Kreuzsattel. Aber gefährdeter wird
unsre Zug durch die bewohnten Gebiete, vor deren meisten Häusern Russen
patrouillierten oder herumlungern. Gut, daß die eine Schwester in
Schwesterntracht und mit Rot-Kreuz-Binde ausgestattet ist, so hat man mit uns
höchstens Mitleid. Die erste Station ist unsere Wohnung in
Mauer. Erst nach ein oder zwei Tagen wandern die andern Familien zu Fuß
wieder weiter nach Wien. Wer weiß, wie ihre Wohnungen aussehen werden! Bevor wir Wildegg verlassen hatten,
versuchten wir noch, unsere vom Plündern übriggebliebenen Habseligkeiten zu
verstecken. Alles wurde im Laufe weiterer "Besuche" gefunden und
durchsucht oder mitgenommen. Nur die par Gepäckstücke. Die wir alle
gemeinsam durch die Liebenswürdigkeit des Oberförsters im Geheimverstecke
hatten, konnten wir nach Monaten unversehrt heimholen. Ihr Inhalt hat uns viel
geholfen. Schon am nächsten Tag trifft Familie Pundy
in Mauer ein. Frau Kuthan, ihr Sohn und die Frau des Oberförsters mit ihrer
Tochter kommen einen Tag nachher zu uns. Es war im Schloß nicht mehr
auszuhalten. Ganz allein mit einer alten Frau verblieb der Oberförster im
Schloß zurück. Etliche Male sind wir in diesem Frühjahr
und Sommer herzklopfend, still betend und doch beglückt über die Hochstraße
nach Wildegg gewandert, um aus dem Wust der zurückgelassenen Sachen
Brauchbares herauszuholen. Langsam wurde es zum Schluß auch in seiner
Umgebung doch ruhiger. In einer überwältigenden Fülle von Blüten
und Blumen hatte sich in diesen Kriegstagen der Frühling in unserem
Wienerwald und im Wildegg eingestellt ... Immer wie er wird es uns in
Erinnerung bleiben: Todmüde und verzagt rasteten wird auf unsrer ersten
"Heimreise" mit dem Karren. Da wurde uns ein beglückendes Erlebnis
zuteil: wo die schweren Panzer die Wiesen und die Weg vernichtet hatten, -
ihre Spuren waren deutlich zu sehen - drängen sich die Primeln, die Veilchen
und die Leberblümchen hervor. Sie hatten Mut und Lebenskraft genug, trotz der
verstümmelten Erde zu wachsen und zu blühen. Und wir hatten noch die innere
Kraft, ihre Schönheit zu bewundern und Gott für dieses Gleichnis zu danken,
das er uns offenbarte. Es würde alles wieder gut werden. Wir hatten in
Wildegg kein Menschenleben und keine verlorene Frauen- oder Mädchenehre zu
beklagen, was wollten wir mehr, als Gott danken. _ Chr III 89-93. _ Ebd. 94f. _ Ebd. 96f. _ Ebd. 97. _ Ebd. _ Das zur Zeit wieder in der Kapelle
befindliche Vortragskreuz wurde im Dornbachgraben Richtung Heiligenkreuz
gefunden; die Räuber haben es dort unterwegs verloren. _ Ebd. 98. _ Ebd. 99 _ Ebd. _ Ebd. 99f. _ Ebd. 100. _ Ebd. 101. _ Ebd. 103. _ Ebd. 104. _ Ebd. 106. _ Ebd. 107. Ich verlasse mich auf den
Zeitungsausschnitt, der ebd. 106 eingeklebt ist. P. Hadmar hat nämlich die
Gedenktafel-Enthüllung auf den "letzten Sonntag des April"
vorverlegt! _ Ebd. 108. _ Ebd. 109. _ Ebd. _ Ebd. 110. _ Ebd. _ Ebd. 111f. _ Ebd. 113-115. _ Ein Priestersitz, zwölf neue Stockerl,
zwei Bänke und neue Ministrantengewänder werden angeschafft. _ Die bisherigen Hauptzelebranten
Abendmesse am Festbeginn 1976 und 1977 (in der Pfarrkirche) P. Benedikt Stary
OCist - ab 1978 am Marienfeierplatz am Waldrand - 1978 Exz. Weihbischof
Florian Kuntner (Wr. Neustadt), 1979 Studienpräfekt Ernst Faktor
(Sachsenbrunn), 1980 Prälat Propst Maximilian Fürnsinn CanReg
(Herzogenburg), 1981 P. Meinrad Tomann OCist, 1982 Exz. Bischof Maximilian
Aichern OSB (Linz), 1983 Prälat Abt Lic.theol. Otto Strohmaier OSB (St.
Lambrecht), 1984 Prälat Abt Gerhard Hradil OCist (Heiligenkreuz), 1985 Prätat
Abtpräses Dr. Clemens Lashofer OSB (Göttweig), 1986 Eminenz Dr. Alfons Maria
Kardinal Stickler SDB (Rom), 1987 Erzb. Dr. Hans Hermann Gro(r (Wien), 1988
Exz. Auxiliarbischof Prof. Dr. Kurt Krenn (Wien), 1989 Eminenz Erzb. Dr. Hans
Hermann Kardinal Gro(r (Wien), 1990 Mag. P. Marian Gruber OCist, 1991 P. Leo
Kuchar SSS, 1992 Bischofsvikar P. Dr. Ildefons Fux OSB, 1993 GL des Senatus Österreich
der Legion Mariens P. Columban Luser OSB, 1994 Exzellenz Bischof Karel Ot(ená(ek
(Hradec Králové), 1995 Exzellenz Weihbischof Franti(ek Lobkowicz OPraem
(Prag), 1996 P. Maurus Zerb OCist. _ Das erstmals gesungene "Gloria
Patri" am 13. Juni 1988, nach den einzelnen Geheimnissen während der
Rosenkranzmeditation, verbindet uns geistig mit den Betern in Fatima. Über
die Monatswallfahrten in Maria Kirchbüchl sollte eine eigene historische
Abhandlung geschrieben werden. _ Es folgen viele hervorragende
musikalische Ereignisse, vor allem die Sittendorfer Sommerkonzerte. Darüber
sollte ein selbständiger Artikel erscheinen. _ Mittwoch, 12. August 1992 spricht ab
19.30 Se. Exzellenz Mons. Karel Ot(ená(ek (Hradec Králové - Königgrätz):
"Zur Situation der Diözese Königgrätz - aus der Erfahrung ihres
derzeitigen Bischofs." - Samstag, 31. Oktober - Freitag, 13. November
1992 Studienreise Ägypten "Osiris, Kreuz und Halbmond",
Reiseleitung Prof. Dr. P. Augustinus Kurt Fenz - Anmeldung: Biblische Reisen,
Silberburgstraße 121, D-7000 Stuttgart 1. - Donnerstag, 19. November 1992
erscheint Band 1 der ITS A. K. Fenz, Ich ziehe mit. Meditationen über Exodus,
wiederholt am Sinai durchdacht, 1. Aufl. Sittendorf 1992. - Samstag, 12.
Dezember 1992 spricht ab 19.30 Uhr Pfarrer Rudolf Nußbaumer, Steinen - Diözese
Chur: "Schweizer Kirche in der Zerreißprobe." - Donnerstag, 10.
Juni 1993, am Fronleichnamsfest, spricht ab 19.00 Uhr Dr. Erling Brodersen,
Priester und Notar im Diözesangericht Kopenhagen: "Zur Situation der
katholischen Kirche in Dänemark." - Sonntag, 12. Dezember 1993 spricht
ab 17.00 Uhr Generalvikar Mons. Johann Kühner: "Das Zeitgeschehen um
Erzbischof Josef Grösz aus persönlicher Erfahrung." - Erzbischof Josef
Grösz, ein gebürtiger Burgenländer aus Halbturn, war Vorgänger von
Erzbischof Dr. László Dankó in Kalocsa <Ungarn>; Generalvikar Kühner
war der letzte Zeremoniär und Sekretär von Erzbischof Grösz. - Samstag, 12.
Februar 1994 spricht ab 19.30 Uhr Gesandter Prof. DDr. Robert Prantner:
Freidenkertum: Herausforderung für Kirche und Gesellschaft. - Samstag, 12. März
1994 sprechen Facharzt für Dermatologie Dr.med.univ. Karl Vosicky und
Hochschulprofessor Lic.theol. Dr.theol. P. Bernhard Vosicky: "AIDS -
medizinische Versorgung - Sorge der Kirche." - Samstag, 11. Juni 1994
spricht ab 19.30 Uhr Se. Exzellenz Erzbischof Dr. Giovanni Ceirano,
Apostolischer Nuntius in Kopenhagen: Informationen über meine Aufgabe als
Nuntius in Skandinavien und Erinnerungen aus meinem Leben. - Samstag, 27.
August 1994 ab 20.00 Uhr Podiumsgespräch mit Se. Exzellenz Karel Ot(ená(ek,
Bischof von Hradec Králové (Königgrätz): Anfragen der Jugend an Bischof
Ot(ená(ek über seine 40 Jahre Amtsbehinderung: 10 Jahre Kerker, 10 Jahre
Strafarbeit, 20 Jahre Exil. - Dienstag, 13. September 1994 Buchpräsentation
der ITS A. K. Fenz, Alles Wandlung, ISBN 3-901327-00-2, 1. Aufl Sittendorf
1994 in Maria Kirchbüchl. - Montag, 12. Dezember 1994 spricht ab 19.30 Uhr
Se. Exzellenz Dr. Franti(ek Tondra, Bischof von Spi( (Slowakei): Kirche und
Volksgruppen in der Slowakei - Probleme und Chancen. - Musikalische Umrahmung
Vienna Piano Duo und Wienerwald Kammerensemble. - Samstag, 1. April 1995
spricht ab 19.30 Uhr Prälat DDr. Ernst Burkhart, Regionalvikar des Opus Dei für
Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn: Das Opus Dei in der Kirche
heute." - Mittwoch, 14. Juni 1995 ab 19.30 Uhr Gesandter Prof. DDr.
Robert Prantner: "Linksliberalismus als Herausforderung an die
Kirche." - Samstag, 26. August 1995 ab 20.00 Uhr Podiumsgespräch mit Se.
Exzellenz Franti(ek Lobkowitz OPraem, Weihbischof in Prag, Titularbischof von
Catabum castra: Anfragen der Jugend an Bischof Lobkowisz über seine Aufgaben
Lebenserfahrung und Situation der CZ-Kirche. - Samstag, 14. Oktober 1995
spricht ab 19.30 Uhr Se. Exzellenz Dr. Marian Jaworski, Erzbischof von Lemberg
(Ukraine): Stellungnahme zum aktuellen kirchlichen Zeitgeschehen. - Freitag,
8. Dezember 1995 ab 16.00 Uhr Adventkonzert zu Ehren der ohne Erbsünde
empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria (Sittendorfer Chor) und Buchpräsentation
der ITS, In Liebe zusammenhalten (Kol 2,2), Sammelband Maria Kirchbüchler-
sowie Brennender Dornbusch-Homilien und ITS-Studien, Festschrift ISBN
3-901327-01-0, 1. Aufl. Sittendorf 1995. - Donnerstag, 14. März 1996 ab 19.30
verliest Prälat Bernhard Rachwalski das Referat des erkrankten Weihbischofs
Georg Weinhold (Dresden-Meißen) "3 Städte - ein Bistum. Zur Situation
im Bistum Dresden-Meißen" und spricht: "Zur pastoralen
Standortbestimmung nach dem politischen Neuanfang 1989/90." - Samstag,
16. November 1996 sprechen ab 19.30 Uhr aus der jungen Theologengeneration:
Kp. Dr.theol. Michael Stickelbroeck, HS-Prof. Dr.theol. P. Karl Wallner, Kp.
Dr.theol. Josef Spindelböck: "Der Mensch als Mann und Frau." -
Sonntag, 22. Dezember 1996 ab 16.00 Uhr Konzert des Kinderchores Boni
discipuli aus Brno unter Leitung von Prof. Dr. Karla Havelková und Referat
von P. Augustinus: "Meine Forschungsergebnisse zur Geschichte von
Sittendorf und Dornbach." - Freitag, 14. Februar 1997 sprechen ab
19.30 Uhr Weihbischof László Bíró, Rektor des Zentralseminars in Budapest:
"Akute Familienprobleme und Lösungsversuche in Ungarn." - Buchpräsentation
von A. K. Fenz, Liebgewonnen und erwählt (Dtn 4,37). Einführende
Perspektiven in die Theologie des Alten Testaments, EOS-Verlag St. Ottilien
durch Dr. Josef Spindelböck und Cand.techn. Herbert Reinhold Meister. -
Kurzreferat von Univ.-Doz. Prof. Dr. P. Augustinus K. Fenz: "Neueste
Forschungsergebnisse zur Geschichte von Sittendorf und Dornbach." -
Musikalisches Rahmenprogramm (Schubert): Helga Kohl, Sopran - Klaus Hehn,
Klavier (beide Wien). - Samstag, 12. April 1997 spricht ab 19.30 Uhr Se.
Eminenz Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky: "Zur Situation der Erzdiözese
Berlin." - Musikalisches Rahmenprogramm Hannes Marek (Klavier) und Co. _ Vom Bauamt des Stiftes Heiligenkreuz
wurde die Firma Breymesser & Co GesmbH 1021 Wien, Rasumofskygasse 21
empfohlen, die auch die "Begasung gegen Holzschädlinge" in der
Pfarrkirche Sittendorf vornahm: 18. - 25. 10. 1995, Freigabe zu Aufräumungsarbeiten
ab 26. 10. 1995. _ BvW = Besitzer (Burgherr) von Wildegg. _ Hermann Watzl 42. _ Ottokar (Przemysl O., Premysl Otakar ['pòemysel,
tschech. 'pròemislç]), Name zweier Könige von Böhmen: 1) Ottokar I., * um
1155, + 15.12. 1230, König (seit 1198). 1197 von Kaiser Heinrich)VI. mit Böhmen
belehnt. 2) Ottokar II., genannt der eiserne oder goldene König, * 1233,
Schlacht bei Dürnkrut 26. 8. 1278, König (seit 1253). Auf Grund seiner
Heirat mit Margarete, einer Schwester des letzten Babenbergers, nahm Ottokar
1251 Österreich in Besitz, hinzu kamen 1260 die Steiermark, 1269 Kärnten und
Krain. Rudolf von Habsburg, dem er 1273 die Huldigung verweigerte, zwang
Ottokar 1276, Österreich, die Steiermark und Kärnten abzutreten. Sein
Versuch, die Gebiete zurückzugewinnen, führte zu seinem Tod auf dem
Marchfeld. _ Matthias I. Corvinus (M. Hunyadi), *
Klausenburg 23.2. 1440 (1443?), + Wien 6.4. 1490, König von Ungarn (seit
1458), von Böhmen (seit 1469). Sohn von János Hunyadi; mit dem böhmischen
Gegenkönig Wladislaw II., mit Georg von Podiebrad und Kunstatt und Kaiser
Friedrich III. schloß er 1479 den Frieden von Olmütz, der ihm Schlesien, Mähren
und die Lausitz brachte; vertrieb Friedrich III. (ab 1477) aus Niederösterreich,
der Steiermark und Wien. _ Maximilian I., * Wiener Neustadt 22.3.
1459, + Wels 12.1. 1519, Römischer König (seit 1486), Erwählter Römischer
Kaiser (ab 1508). Sohn Kaiser Friedrichs III.; verheiratet ab 1477 mit Maria
von Burgund (+ 1482), deren Erbe er 1479 bei Guinegate gegen Ludwig XI. von
Frankreich verteidigte. Nach Verlusten im Frieden von Arras (1482) gewann er
durch den Sieg von Salins über Karl VIII. 1493 einen großen Teil der
burgundichen Länder zurück, konnte aber die Reichsrechte in Italien gegen
Karl VIII. nicht wieder geltend machen. Überdies schied die Schweiz nach dem
Schwabenkrieg von 1499 faktisch aus dem Reichsverband aus. Dagegen gelang
Maximilian nach dem Tod von Matthias I. Corvinus 1490 die Rückeroberung der
habsburgischen Erblande. Auch bahnte Maximilian durch dynastische
Doppelverbindungen mit Aragonien-Kastilien und Böhmen-Ungarn eine weitere
Vergrößerung der habsburgischen Hausmacht an. Um die Reichsstände für
seine Politik zu gewinnen, kam er den Bestrebungen zur Reichsreform entgegen. _ Martin Luther, * Eisleben 10. 11. 1483,
ebd. 18. 2. 1546, deutscher Reformator. Leben: Der zweite Sohn des Bergmanns
Hans Luther (* 1459, + 1530) und dessen Frau Margarethe, geborene Lindemann (*
1459, + 1531) besuchte seit 1501 die Universität in Erfurt; nach Erlangung
des Magistergrades 1505 und der Aufnahme des Jurastudiums sah sich Luther noch
im selben Jahr durch sein bei Todesgefahr (während eines Gewitters schlug ein
Blitz unmittelbar neben ihm ein) abgelegtes Gelübde zum Eintritt ins Erfurter
Augustiner-Eremitenkloster bewogen. 1507 empfing er die Priesterweihe und
begann Theologie zu studieren. 1510/11 in Ordensangelegenheiten nach Rom
entsandt, wurde Luther 1512 als Nachfolger von J. von Staupitz Professor an
der theologischen Fakultät in Wittenberg. Am 31. 10. 1517 veröffentlichte
Luther seine gegen J. Tetzel gerichteten 95 Streitsätze (Thesen) über den
Ablaßhandel in Wittenberg. Er mußte sich 1518 vor Kardinal Cajetan in
Augsburg verantworten, unterwarf sich aber nicht. Im Streitgespräch 1519 mit
J. Eck in Leipzig, der Leipziger Disputation, bestritt er den Primat des
Papstes und die Unfehlbarkeit der Konzilien. Die Kirche drohte daraufhin mit
der Bulle "Exsurge Domine" den Kirchenbann an, Luther antwortete mit
den entscheidenden Reformationsschriften ("An den christlichen Adel
deutscher Nation...", "Von der Babylonischen Gefangenschaft der
Kirche", "Von der Freiheit eines Christenmenschen"). Auch in 2
Verhandlungen auf dem Reichstag in Worms (1521) lehnte Luther jeglichen
Widerruf ab, woraufhin im Wormser Edikt der Reichsbann über ihn verhängt
wurde. Um Luther zu schützen, ließ Friedrich der Weise ihn zum Schein
gefangennehmen und als "Junker Jörg" auf die Wartburg bringen. 1522
kehrte er nach Wittenberg zurück, grenzte sich in den folgenden Jahren aber
von radikalen Reformversuchen des entstehenden Protestantismus, vom Humanismus
(Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam über den freien Willen) und
revolutionären sozialen Forderungen im Bauernkrieg ("Wider die räuberischen
und mörderischen Rotten der Bauern", 1525) ab. 1525 heiratete er die
ehemalige Zisterzienser-Nonne Katharina von Bora (* 1499, + 1552). Seine Bemühungen
galten bis zu seinem Tod der Einwurzelung der Reformation (Gestaltung eines
einheitlichen evangelischen Kirchenwesens, Unterstützung Melanchthons
[Billigung des von diesem verfaßten Augsburger Bekenntnisses ]) und der Bibelübersetzung. _ Nach einem ersten Versuch zum Ausgleich
in der Glaubensfrage (Augsburger Interim, 1548) wurde im Augsburger
Religionsfrieden (1555) die Trennung der Protestanten von der kath. Kirche
reichsrechtlich anerkannt; die Untertanen mußten die Konfession des
Landesherren übernehmen, der auch die geistliche Aufsicht ausübte. Bemühungen
um eine innere Neugestaltung (Tridentinum) oder eine Mehrung des Einflusses
(Gegenreformation) führten letztlich erst nach dem Dreißigjährigen Krieg im
Westfälischen Frieden zur Rechtsgleichheit der drei christl. Konfessionen
(Katholiken, Lutheraner, Reformierte). _ Chr I 86. _ Schloß und Gut Wildegg wird wiederholt
von sogenannten Meiern betreut, die im Rang von Oberschweizer standen. _ Koalitionskriege (französische
Revolutionskriege), 4 Kriege verschiedener Koalitionen europäischer Mächte
gegen das revolutionäre und napoleonische Frankreich 1792-1806/07. Der 1.
Koalitionskrieg 1792-97 führte trotz erheblicher Erweiterung der anti-französischen
preußisch-österreichischen Koalition (Großbritannien, Spanien,
Generalstaaten[niederl. Staten-Generaal, 1. die Generalstände der niederländischen
Provinzen unter burgundischer und habsburgischer Herrschaft; 2. ab dem 16. Jh.
die gemeinsame Versammlung der von den 7 souveränen Provinzstaaten zur
Leitung des niederländischen Staatenbundes gewählten Abgeordneten; 3. dann
auch Bezeichnung für die Republik der Vereinigten Niederlande; 4. seit 1814
das niederländische Parlament], Sardinien, Neapel, Toskana, deutsche Reichsstände)
zu großen französischen Erfolgen: Besetzung linksrheinischer Reichsgebiete
und der gesamten Niederlande, Annexion Savoyens und Nizzas; beendet durch den
Basler Frieden (1795) und den Frieden von Campoformio (1797).- Im
2.Koalitionskrieg 1798-1801/02 schlossen sich 1798/99 Rußland, Österreich,
Großbritannien, Neapel, Portugal und das Osmanische Reich zusammen. Der
britische Admiral Nelson konnte 1798 durch den Sieg über Bonaparte vor Abukir
die britische Seeherrschaft im Mittelmeer sichern. Dem Zerfall der Koalition
(1799) folgte der Friede von Lunéville (1801; Gewinnung des linken Rheinufers
und italienischer Gebiete für Frankreich).- Den 3.Koalitionskrieg 1805 führten
Großbritannien, Schweden, Rußland und Österreich gegen Frankreich. Napoleon
I. reagierte mit einem direkten Schlag gegen Österreich (Einnahme Ulms
[17.10.] und Wiens [13./ 14. )11.]). Zwar gelang Nelson am 21.10. ein
umfassender Seesieg bei Trafalgar, doch schlug Napoleon die Verbündeten
entscheidend in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz (2.12.) und setzte im
Frieden von Preßburg (26.12.) die Gründung des 2. Rheinbundes und die Auflösung
des Heiligen Römischen Reiches durch.- Im 4.Koalitionskrieg 1806/07 erlitt
das lediglich von Kursachsen, Sachsen-Weimar und Braunschweig unterstützte
Preußen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt (14.10. 1806) einen völligen
Zusammenbruch. Im Frieden von Tilsit (1807) erzwang Napoleon eine beträchtliche
Verkleinerung Preußens. _ Geheimpolizei, Geheimdienst,
Spionageabwehr, Abwehr, politische Polizei während der Zeit der
nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland: Geheime Staatspolizei,
Gestapo. _ Die Numerierung der Pfarrer entspricht
der Chr I 95 nach der letzten Eintragung durch P. Dr. Severin Grill (an der
Handschrift zu erkennen) und stimmt, wenn man jene beiden Patres, die zwei
Amtszeiten hatten, nur einmal zählt. |
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